Kürzlich hat der BGH (Urteil. v. 17.01.2012 – II ZR 197/10) einen interessanten und für das Examen sehr relevanten gesellschaftsrechtichen Fall entschieden, der sich mit der Frage befasste, ob ein ausgeschiedener GbR-Gesellschafter für bereicherungserchtliche Ansprüche gegen die Gesellschaft einzustehen hat, deren Grundlage vor seinem Ausscheiden gelegt war, die aber erst nach seinem Ausscheiden entstanden sind.
Sachverhalt
Folgender Sachverhalt lag zugrunde: Der Kläger hatte ab Juli 2003 eine vertragliche Pflicht zur Zahlung eines monatlichen Gebühr für die Verwaltertätigkeit der GbR. Diese Vergütung wurde monatlich per Dauerauftrag überwiesen. Dennoch erhielt der Kläger Im April 2006 für die Jahre 2005 und 2006 versehentlich zusätzlich eine Rechnung, die durch eine Mitarbeiterin beglichen wurde. Der Kläger begehrt nun Rückzahlung dieses aufgrund der Doppelzahlung gewährten überzähligen Betrags für 2005 und 2006 vom Beklagten. Dieser war allerdings bereits im September 2005 aus der GbR ausgeschieden.
Lösung des BGH
Auch der Gesellschafter haftet entsprechend § 128 HGB für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Die Einzelheiten der Haftung des Gesellschafters ergeben sich hier aus § 736 Abs. 2 BGB der auf die Regelungen für Personalhandelsgesellschaften verweist. Maßgeblich ist damit der § 160 HGB. Der Gesellschafter haftet damit für diejenigen Ansprüche, die vor seinem Ausscheiden begründet wurden. Fraglich ist aber, ob in dem bereicherungsrechtlichen Anspruch eine Altverbindlichkeit zu sehen ist. Dies wird vom BGH zurecht verneint.
„Altverbindlichkeiten sind alle Schuldverpflichtungen, deren Rechtsgrundlage bis zum Ausscheiden gelegt worden ist, auch wenn die einzelnen Verpflichtungen erst später fällig werden (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2002 – II ZR 330/00, BGHZ 150, 373, 376).“
Hier muss dann aber differenziert werden, um welchen bereicherungsrechtlichen Anspruch es sich handelt: Bei einem „normalen“ bereicherungsrechtlcihen Anspruch aufgrund eines vermeintlichen Vertrages, ist der Rechtsgrund schon gelegt, wenn der vermeintliche Vertrag während der Gesellschafterzeit geschlossen wurde. Bei einer Doppelzahlung gebietet sich aber eine andere Wertung.
„Bei einem Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung wegen einer rechtsgrundlosen Leistung des Bereicherungsgläubigers liegt zwar grundsätzlich eine Altverbindlichkeit vor, wenn der vermeintliche Rechtsgrund, auf den geleistet wurde, bereits beim Ausscheiden bestand; der Zeitpunkt der Leistungshandlung des Gläubigers ist ohne Bedeutung. Die Gläubiger vertrauen beim Abschluss eines Geschäfts mit einer Gesellschaft darauf, auf das Privatvermögen der Gesellschafter zurückgreifen zu können. Diese Möglichkeit muss ihnen erhalten bleiben, wenn ein Gesellschafter ausscheidet (BGH, Urteil vom 6. Juni 1968 – II ZR 118/66, BGHZ 50, 232, 235).
Für eine versehentliche Doppelzahlung ist bei der hier gegebenen Fallgestaltung eine Rechtsgrundlage aber nicht schon mit dem ursprünglichen Vertrag gelegt. In einer vertraglich eingegangenen Zahlungsverpflichtung, die für eine zur Tilgung dieser Zahlungsschuld führende Leistung einen tatsächlichen und nicht nur vermeintlichen Rechtsgrund darstellt, ist nicht angelegt, dass die Leistung ein zweites Mal erbracht wird. Der vermeintliche Rechtsgrund für die Überweisung vom 20. April 2006 sowie für die danach erbrachten Leistungen aufgrund des Dauerauftrags war hier zwar die Zahlungsverpflichtung aus dem Verwaltervertrag und nicht, wie das Berufungsgericht meint, die Rechnungstellung.“
Diese Unterscheidung des BGH gilt es zwingend bei einer Lösung zu beachten. Hier darf damit nicht vorschnell vorgegangen werden. Rechtsgedanke der Nachhaftung des Gesellschafters ist, dass er für diejenigen Verbindlichkeiten noch haftet, auf die er einen Einfluss als Gesellschafter hatte – bspw. durch Schließen eines unwirksamen Vertrags. Wenn aber der Vertrag wirksam ist und nur versehentlich eine Doppelzahlung vorlag, so hat der ausgeschiedene Gesellschafter hierauf keinen Einfluss. Einem Vertrag ist nicht die Gefahr immanent, dass hierauf doppelt geleistet wird. Die Doppelzahlung beruhte ausschließlich auf die zusätzliche Rechnungsstellung im April 2006, die aber erst anch dem Ausscheiden des Gesellschafters erfolgte. Damit kann der Gedanke der Nachhaftung hier nicht greifen.
Examensrelevanz
Die Differenzierung bei der bereicherungsrechtlichen Haftung kann sehr gut in einer Klausur abgeprüft werden. Hier kann gut nachgewiesen werden, ob man die Grundsätze dieser Haftung verstanden hat, oder ob nur oberflächlich Gelerntes wiedergegeben wird, ohne dass eigene Gedanken angestellt werden. Gerade das Erkennen dieser differenzierung würde aber für eine hohe Benotung sorgen. Das hier dargestellte Ergebnis ist auch überzeugend, besteht doch kein sachlicher Grund, den ausgeschiedenen Gesellschafter hier noch für die Ansprüche einstehen zu lassen.
Hinweis
Zusätzlich wurde vom BGH auch noch eine Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters als Scheingesellschafter angeprüft. Dies beruhte darauf, dass er nach außen weiterhin als Gesellschafter in erscheinung trat. ür den Rechtsverkehr wirkt es damit so, als ob er weiterhin Gesellschafter ist. Die Grundsätze der Haftung als Scheingesellschafter werden vom BGH kurz wiederholt:
„Personen können als Scheingesellschafter nach Rechtsscheingrundsätzen haften, wenn sie in zurechenbarer Weise den Rechtsschein einer existierenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts und ihrer Zugehörigkeit zu dieser Gesellschaft gesetzt haben oder gegen den durch einen anderen gesetzten Rechtsschein nicht pflichtgemäß vorgegangen sind und der Dritte sich bei seinem geschäftlichen Verhalten auf den Rechtsschein verlassen hat.“