• Suche
  • Lerntipps
    • Karteikarten
      • Strafrecht
      • Zivilrecht
      • Öffentliches Recht
    • Examensvorbereitung
    • Fallbearbeitung und Methodik
    • Für die ersten Semester
    • Mündliche Prüfung
  • Examensreport
    • 2. Staatsexamen
    • Baden-Württemberg
    • Bayern
    • Berlin
    • Brandenburg
    • Bremen
    • Hamburg
    • Hessen
    • Lösungsskizzen
    • Mecklenburg-Vorpommern
    • Niedersachsen
    • Nordrhein-Westfalen
    • Rheinland-Pfalz
    • Saarland
    • Sachsen
    • Sachsen-Anhalt
    • Schleswig-Holstein
    • Thüringen
    • Zusammenfassung Examensreport
  • Interviewreihe
    • Alle Interviews
  • Rechtsgebiete
    • Strafrecht
      • Klassiker des BGHSt und RGSt
      • StPO
      • Strafrecht AT
      • Strafrecht BT
    • Zivilrecht
      • AGB-Recht
      • Arbeitsrecht
      • Arztrecht
      • Bereicherungsrecht
      • BGB AT
      • BGH-Klassiker
      • Deliktsrecht
      • Erbrecht
      • Familienrecht
      • Gesellschaftsrecht
      • Handelsrecht
      • Insolvenzrecht
      • IPR
      • Kaufrecht
      • Kreditsicherung
      • Mietrecht
      • Reiserecht
      • Sachenrecht
      • Schuldrecht
      • Verbraucherschutzrecht
      • Werkvertragsrecht
      • ZPO
    • Öffentliches Recht
      • BVerfG Leitentscheidungen & Klassiker
      • Baurecht
      • Europarecht
      • Europarecht Klassiker
      • Kommunalrecht
      • Polizei- und Ordnungsrecht
      • Staatshaftung
      • Verfassungsrecht
      • Versammlungsrecht
      • Verwaltungsrecht
      • Völkerrrecht
  • Rechtsprechungsübersicht
    • Strafrecht
    • Zivilrecht
    • Öffentliches Recht
  • Juri§kripten
  • Click to open the search input field Click to open the search input field Suche
  • Menü Menü
Du bist hier: Startseite1 > Dioxin

Schlagwortarchiv für: Dioxin

Dr. Johannes Traut

Der Dioxin-Skandal aus juristischer Sicht: Öffentliches Recht

Europarecht, Öffentliches Recht, Verwaltungsrecht

Der Dioxin-Skandal: Eine öffentlich-rechtliche Einordnung
Dieser Beitrag wirft einen Blick auf die öffentlich-rechtliche Seite des Dioxinskandals und beschäftigt sich mit der Zulässigkeit von Betriebsschließungen in Folge des Dioxinverdachts oder im Falle einer vorgefundenden Belastung. Auch hier gilt: Es geht um einen ersten Blick auf die Rechtslage und darum Denkanstöße zu geben, nicht aber um die Abfassung eines erschöpfenden Gutachtens. Verbesserungsvorschläge sind willkommen.
A. Primärebene – Betriebsschließungen
Auch hier besteht ein nebeneinander von europäischen und nationalen Rechtsvorschriften. Auf der europäischen Ebene existiert eine EU-Lebensmittel-Rahmenverordnung (VO (EG) 178/2002), die die Grundsätze des Lebensmittelrechts enthält, so etwa in Art. 14 Abs. 1 das grundlegende Verbot, unsichere Lebensmittel in Verkehr zu bringen:

Art. 14 Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit

(1) Lebensmittel, die nicht sicher sind, dürfen nicht in Verkehr gebracht werden.
[…]

Art. 15 Anforderungen an die Futtermittelsicherheit

(1) Futtermittel, die nicht sicher sind, dürfen nicht in Verkehr gebracht oder an der Lebensmittelgewinnung dienende Tiere verfüttert werden.

Diese VO wird durch weitere Verordnungen auf europäischer Ebene konkretisiert. Hier interessiert insbesondere die  VO (EG) 882/2004 E(G-Lebens-/FuttermittelR-KontrollVO), dazu sogleich mehr. Ferner existiert auf der nationalen Ebene das deutsches Lebens- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB), das die Rahmenverordnung konkretisiert und teilweise erweitert.
Eine Erweiterung besteht darin, dass das deutsche Recht nicht nur das Inverkehrbringen von gesundheitsschädlichen Lebensmitteln verbietet, sondern auch ihre Herstellung:

§ 5 Verbote zum Schutz der Gesundheit

(1) 1Es ist verboten, Lebensmittel für andere derart herzustellen oder zu behandeln, dass ihr Verzehr gesundheitsschädlich im Sinne des Artikels 14 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 ist.
[…]

I. EGL
1. Europarecht?

Wegen des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts ist zunächst hier nach einer Ermächtigungsgrundlage zu suchen. Sie könnte sich aus aus  Art. 54 der VO (EG) 882/2004 EG-Lebens-/FuttermittelR-KontrollVO ergeben.

Art. 54 VO (EG) 882/2004 Maßnahmen im Fall eines Verstoßes

(1) 1Stellt die zuständige Behörde einen Verstoß fest, so trifft sie die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Unternehmer Abhilfe schafft. 2Sie berücksichtigt dabei die Art des Verstoßes und das bisherige Verhalten des betreffenden Unternehmers mit Blick auf Verstöße.
(2) Dazu können gegebenenfalls folgende Maßnahmen gehören:

  • a)Verhängung von Gesundheitsschutz- oder anderen Maßnahmen, die als notwendig erachtet werden, um die Sicherheit von Futtermitteln oder Lebensmitteln oder die Einhaltung des Futtermittel- oder Lebensmittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz zu gewährleisten;
  • b)Einschränkung oder Untersagung des Inverkehrbringens und der Ein- oder Ausfuhr von Futtermitteln, Lebensmitteln oder Tieren;
  • c)Überwachung und, falls erforderlich, Anordnung der Rücknahme, des Rückrufs und/oder der Vernichtung der Futtermittel oder Lebensmittel;
  • d)Genehmigung zur Verwendung des Futtermittels oder Lebensmittels für andere als die ursprünglich vorgesehenen Zwecke;
  • e)Betriebsaussetzung oder Schließung des ganzen oder eines Teils des betreffenden Unternehmens für einen angemessenen Zeitraum;
  • f)Aussetzung oder Entzug der Zulassung des Betriebs;
  • g)Maßnahmen gemäß Artikel 19 in Bezug auf Sendungen aus Drittländern;
  • h)sonstige Maßnahmen, die von der zuständigen Behörde für angemessen erachtet werden.

(3) Die zuständige Behörde unterrichtet den betreffenden Unternehmer oder einen Vertreter

  • a)schriftlich über ihre Entscheidung über Maßnahmen nach Absatz 1 und die Gründe hierfür;
  • b)über sein Widerspruchsrecht gegen derartige Entscheidungen sowie über geltende Verfahren und Fristen.

(4) Gegebenenfalls teilt die zuständige Behörde ihre Entscheidung auch der zuständigen Behörde des versendenden Mitgliedstaats mit.
(5) Alle infolge der Durchführung dieses Artikels anfallenden Kosten sind von dem betreffenden Futtermittel- und Lebensmittelunternehmer zu tragen.

Zunächst ist allerdings zu klären, ob Art. 54 Abs. 1 S. 1 VO (EG) 882/2004 überhaupt eine Ermächtigungsgrundlage darstellt. Als Teil einer europäischen Verordnung ist sie unmittelbar anwendbar und damit geeignet, der Behörde Rechte einzuräumen, vgl. Art. 288 Abs. 2 AEUV und die Schlussformel der VO. Allerdings könnte sie als Ermächtigungsgrundlage zu wenig konkret sein. Diese Bedenken verfangen jedoch nicht. Sie lässt, insbesondere durch den Maßnahmenkatalog in Abs. 2 konkretisierter, Weise erkennen, welche Maßnahmen die Behörden ergreifen können und vor allem an welchem Zweck der Eingriff zu messen ist. Deshalb totz ihres Charakters als Generalklausel hinreichend bestimmt, um unmittelbar als Ermächtigungsgrundlage herangezogen zu werden.
Allerdings ist ihre Reichweite nicht klar. Dem bloßen Wortlaut des Art. 54 folgend, kann man ihn als Ermächtigungsgrundlage dafür lesen, gegen sämtliche Verstöße gegen das europäische Recht vorzugehen, etwa gegen das in Art. 14 der EU-Lebensmittel-Rahmenverordnung (VO (EG) 178/2002) normierte Verbot, unsichere Lebensmittel in Verkehr zu bringen. Aus dem systematischen Zusammenhang folgt jedoch, dass sich Art. 54 der VO (EG) 882/2004 nur auf Verstöße gegen diese Verordnung bezieht. Da die VO nur die Durchführungen von Kontrollen regelt, ist damit nicht jeder Verstoß gegen die materiellen Verbote der Rahmen-VO auch einer gegen die Kontroll-VO. Demnach sind Maßnahmen nach Art. 54 VO (EG) 882/2004 etwa dann möglich, wenn ein Bauer entgegen den Vorgaben der VO nicht ordnungsgemäß mit den Behörden zusammenarbeitet. Hat er dagegen seine Kontrollverpflichtungen eingehalten – davon gehen wir hier aus – dann hat er nicht gegen die Kontroll-VO verstoßen und entsprechend kann Art. 54 nicht als EGL herangezogen werden.
Ein Indiz für den begrenzten Anwendungsbereich der Kontroll-VO ergibt sich aus Art. 17 Abs. 2 der Rahmen-VO, den sie konkretisiert , Meyer/Streinz, LFBG – BasisVO, 1. Auflage 2007, VO 178/2002/EG Art. 17  Rn. 47f. Angesichts ihres begrenzten Anwendungsbereichs bezieht sie sich nicht auf den gesamten Abs. 2, sondern nur auf Abs. 2 UAbs. 2. Die allgemeine Vorgehen gegen Verstöße gegen die Rahmen-VO ist den Mitgliedsstaaten überlassen, Art. 17 Abs. 2 UAbs. 1.

Art. 17 Zuständigkeiten

[…]
(2) Die Mitgliedstaaten setzen das Lebensmittelrecht durch und überwachen und überprüfen, dass die entsprechenden Anforderungen des Lebensmittelrechts von den Lebensmittel und Futtermittelunternehmern in allen Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen eingehalten werden.
Hierzu betreiben sie ein System amtlicher Kontrollen und führen andere den Umständen angemessene Maßnahmen durch, einschließlich der öffentlichen Bekanntgabe von Informationen über die Sicherheit und Risiken von Lebensmitteln und Futtermitteln, der Überwachung der Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit und anderer Aufsichtsmaßnahmen auf allen Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen.
1Außerdem legen sie Vorschriften für Maßnahmen und Sanktionen bei Verstößen gegen das Lebensmittel- und Futtermittelrecht fest. 2Diese Maßnahmen und Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.

Damit ist Art. 54 Abs. 1 der VO (EG) 882/2004 E(G-Lebens-/FuttermittelR-KontrollVO)vorliegend nicht als Ermächtigungsgrundlage einschlägig. [Anmerkung: Das ist die Ansicht des Verfassers, eine andere ist ebenfalls vertretbar. In der Literatur wurde, soweit ersichtlich, das Thema bisher nicht behandelt, vgl. Zipfke/Rathke, Lebensmittelrecht, 141. Ergänzungslieferung 2010, § 39 LFGB Rn. 53a. Meine Ansicht beruht entscheidend darauf, dass der Anwendungsbereich der Kontroll-VO im obigen Sinne eingeschränkt ist. Da ich kein Experte im Lebens- und Futtermittelrecht bin, lasse ich mich diesbezüglich jedoch gerne eines besseren Belehren.]
2. Deutsches Recht
Somit ist eine Ermächtigungsgrundlage im deutschen Recht zu suchen. In Betracht kommt hier vor allem § 39 Abs. 2 S. 1 Lebens- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB):

39 Aufgabe und Maßnahmen der zuständigen Behörden

(1) 1Die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes, der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes über Erzeugnisse und lebende Tiere im Sinne des § 4 Absatz 1 Nummer 1 ist Aufgabe der zuständigen Behörden. 2Dazu haben sie sich durch regelmäßige Überprüfungen und Probennahmen davon zu überzeugen, dass die Vorschriften eingehalten werden.
(2) 1Die zuständigen Behörden treffen die notwendigen Anordnungen und Maßnahmen, die zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes oder zur Beseitigung festgestellter Verstöße oder zur Verhütung künftiger Verstöße sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung erforderlich sind. 2Sie können insbesondere

  • 1.anordnen, dass derjenige, der ein Erzeugnis hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht hat oder dies beabsichtigt,
    • a)eine Prüfung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Prüfung mitteilt,
    • b)ihr den Eingang eines Erzeugnisses anzeigt,

    wenn Grund zu der Annahme besteht, dass das Erzeugnis den Vorschriften dieses Gesetzes, der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen oder der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes nicht entspricht,

  • 2.vorübergehend verbieten, dass ein Erzeugnis in den Verkehr gebracht wird, bis das Ergebnis einer entnommenen Probe oder einer nach Nummer 1 angeordneten Prüfung vorliegt,
  • 3.das Herstellen, Behandeln oder das Inverkehrbringen von Erzeugnissen verbieten oder beschränken,
  • 4.eine Maßnahme überwachen oder, falls erforderlich, anordnen, mit der verhindert werden soll, dass ein Erzeugnis, das den Verbraucher noch nicht erreicht hat, auch durch andere Wirtschaftsbeteiligte weiter in den Verkehr gebracht wird (Rücknahme), oder die auf die Rückgabe eines in den Verkehr gebrachten Erzeugnisses abzielt, das den Verbraucher oder den Verwender bereits erreicht hat oder erreicht haben könnte (Rückruf),
  • 5.Erzeugnisse, auch vorläufig, sicherstellen und, soweit dies zum Erreichen der in § 1 Absatz 1 Nummer 1 oder 4 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa oder Absatz 2, stets jeweils auch in Verbindung mit Absatz 3, genannten Zwecke erforderlich ist, die unschädliche Beseitigung der Erzeugnisse veranlassen,
  • 6.das Verbringen von Erzeugnissen, einschließlich lebender Tiere im Sinne des § 4 Absatz 1 Nummer 1, in das Inland im Einzelfall vorübergehend verbieten oder beschränken, wenn
    • a)die Bundesrepublik Deutschland von der Kommission hierzu ermächtigt worden ist und dies das Bundesministerium im Bundesanzeiger bekannt gemacht hat oder
    • b)Tatsachen vorliegen, die darauf schließen lassen, dass die Erzeugnisse oder lebenden Tiere ein Risiko für die Gesundheit von Mensch oder Tier mit sich bringen,
  • 7.anordnen, dass diejenigen, die einer von einem in Verkehr gebrachten Erzeugnis ausgehenden Gefahr ausgesetzt sein können, rechtzeitig in geeigneter Form auf diese Gefahr hingewiesen werden,
  • 8.Anordnungen zur Durchsetzung der Pflicht des Lebensmittelunternehmers zur Unterrichtung der Verbraucher nach Artikel 19 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Pflicht des Futtermittelunternehmers zur Unterrichtung der Verwender nach Artikel 20 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 treffen und
  • 9.die Öffentlichkeit nach Maßgabe von § 40 informieren.

3Artikel 54 Absatz 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz (ABl. L 165 vom 30.4.2004, S. 1, L 191 vom 28.5.2004, S. 1, L 204 vom 4.8.2007, S. 29), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 1029/2008 (ABl. L 278 vom 21.10.2008, S. 6) geändert worden ist, über Maßnahmen im Fall eines Verstoßes bleibt unberührt.
(3) Eine Anordnung nach

  • 1.Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 5 kann auch in Bezug auf das Verwenden eines zugelassenen Erzeugnisses ergehen, soweit dies erforderlich ist, um eine unmittelbare drohende Gefahr für die Gesundheit des Menschen abzuwehren; die Anordnung ist zu befristen, bis über die weitere Zulassung des betroffenen Erzeugnisses von der zuständigen Stelle entschieden ist,
  • 2.Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 bis 3 und 5 kann auch in Bezug auf das Verfüttern eines Futtermittels ergehen.

(4) Die Absätze 1 bis 3 Satz 1 und 2 sowie § 40 gelten für mit Lebensmitteln verwechselbare Produkte entsprechend.
[…]
(7) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Anordnungen, die der Durchführung von Verboten nach

  • 1.Artikel 14 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
  • 2.Artikel 15 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 erster Anstrich der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 oder
  • 3.§ 5, § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, § 26 oder § 30

dienen, haben keine aufschiebende Wirkung.
(7a) Soweit im Einzelfall eine notwendige Anordnung oder eine sonstige notwendige Maßnahme nicht auf Grund der Absätze 2 bis 4 getroffen werden kann, bleiben weitergehende Regelungen der Länder, einschließlich der Regelungen auf dem Gebiet des Polizeirechts, auf Grund derer eine solche Anordnung oder Maßnahme getroffen werden kann, anwendbar.

II. Formelle Rechtmäßigkeit

  • Zuständigkeit: § 38 Abs. 1 LFGB: Richtet sich nach Landesrecht, dort suchen. In NRW grundsätlich Kreisordnungsbehörde, § 1 Abs. 1 Nr. 1 Zuständigkeitsverordnung Verbraucherschutz NRW – ZustVOVS NRW.
  • Verfahren: Anhörung häufig entbehrlich nach § 28 Abs. 2 Nr. 1 VwvfG
  • Form: § 37 Abs. 2 S. 1 VwvfG

III. Materielle Rechtmäßigkeit
Die zuständigen Behörden treffen die notwendigen Anordnungen und Maßnahmen, die zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes oder zur Beseitigung festgestellter Verstöße oder zur Verhütung künftiger Verstöße sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung erforderlich sind. Letzter Var. ist freilich überflüssig, da durch die vorherigen bereits abgedeckt, s. auch Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, 141. Erg.-Lfg 2010, § 39 LFGB Rn. 23.
1. Materielle Voraussetzungen der EGL
a) Vorliegen eines Verstoßes (Var. 2)
„Verstoß“ bedeutet im Zusammenhang mit § 39 Abs. 1 LFGB Verstoß gegen die Vorschriften dieses Gesetzes, gegen die der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und gegen die unmittelbar geltenden Rechtsakte  der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes. Man subsumiert also die Verbote die oben bereits kurz angerissen wurden:

  • Art. 14 Abs. 1 VO (EG) 178/2002: Verbot, unsichere Lebensmittel in den Verkehr zu bringen
  • Art. 15 Abs. 1 Alt. 2 VO (EG) 178/2002: Verbot, unsichere Futtermittel zu verfüttern
  • § 5 LFGB: Verbot, unsichere Lebensmittel herzustellen

Immer ist die Subsumtion gefordert. Die Verbote erfordern kein Verschulden, ein objektiver Verstoß reicht aus. Umfangreiche Definitionen sowohl am Anfang der VO wie auch am Anfang des LFGB.
Man beachte: Wenn man die Anscheinsgefahr nicht unter die Var. 1 (dazu sogleich) fast, wird man sie hier zulassen müssen, analog zum allgemeinen Ordnugnsrecht (vgl. § 14 Abs. 1 OBG). Bei so wichtigen Gütern muss man auch bei einem ernsthaften Verdacht sofort handeln können.
b) Hinreichender Verdacht auf einen Verstoß (Var. 1)
Fraglich wie auszulegen, da der Begriff des hinreichenden Verdachts aus dem Strafrecht stammt (hinreichender Tatverdacht = wenn Verurteilung wahrscheinlich). Man kann dies entsprechend eng auslegen. Damit wären nur dann Eingriffe zulässig, wenn es sehr wahrscheinlich ist, dass tatsächlich ein Verdachte vorliegt. Gefahrerforschungseingriffe wäre damit eher nicht zulassen, Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, 141. Erg.-Lfg 2010, § 39 LFGB Rn. 20.
Damit hätte die Variante praktisch keine eigene Bedeutung. M.E. ist es sinnvoller, hier mit den üblichen ordnungsrechtlichen Begriffen zu hantieren und hinreichenden Verdacht als Anscheinsgefahr zu verstehen. Dann Abgrenzung zur Scheingefahr. Ferner darauf achten, dass, obwohl eine „Gefahr“ vorliegt, erstmal Gefahrerforschungseingriffe vorzunehmen sind.
c) Gefahr künftiger Verstöße (Var. 3)
Gefahr im ordnungsrechtlichen Sinne? Jedenfalls nicht allzu engherzig auslegen, das Rechtsgut ist ja von überragender Bedeutung.
2. Störerverantwortlichkeit?
Ist nicht ausdrücklich erwähnt, könnte sich aber aus § 12 Abs. 2 OBG NRW i.V.m. §§ 17ff. OBG ergeben. Daher die Frage: Lässt das LFGB dafür Raum? Eher nicht, eigene Regelung z.B. in § 39 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 „derjenige“. Die §§ 17ff. OBG würden aber vor allem zu einer zu engen Bindung führen. Letztlich kann man hier aber offen diskutieren.
IV. Rechtsfolge: Ermessen
Formulierung des § 39 Abs. 2 S. 1 LFGB ist insofern nicht ganz klar, s. aber  § 39 Abs. 2 S. 2 „kann“. Hier kann man dann recht frei argumentieren. Folgende Leitlinien sind zu beachten:
– Anbindung an den Katalog des § 39 Abs. 2 S. 2 LFGB.
– Gesundheit der Bevölkerung ist ein überragend wichtiges Rechtsgut und kann daher sehr einschneidende Maßnahmen rechtfertigen.
– Bei der Verhältnismäßigkeit ist die wirtschaftliche Schädigung zu beachten, insofern aber auch Ausgleichsansprüche (soweit werthaltig) usw.
– Die Bauern sind je schutzwürdiger desto „unverschuldeter“ sie in die Lage gekommen sind.
– Differenzierung zwischen Gefahrbeseitigungs- und erforschungseingriffen
B. Sekundärrechtliche Ebene – Ausgleichsansprüche für Inanspruchnahme?
Hier nur ein paar Stichworte. M.E. dürften, so lange die Behörden nach pflichtgemäßem Ermessen gehandelt habe, leer ausgehen.
I. Aus enteignendem/enteignungsgleichen Eingriff
§ 39 Abs. 1 OBG NRW i.V.M. § 12 OBG NRW?

§ 39 Zur Entschädigung verpflichtende Maßnahmen

(1) Ein Schaden, den jemand durch Maßnahmen der Ordnungsbehörden erleidet, ist zu ersetzen, wenn er

  • a)infolge einer Inanspruchnahme nach § 19 oder
  • b)durch rechtswidrige Maßnahmen, gleichgültig, ob die Ordnungsbehörden ein Verschulden trifft oder nicht,

entstanden ist.
[…]

(-) weil 1. Nicht Inanspruchnahme nach § 19 OBG (entweder eigene Regelung oder Bauer Handlungs-/Zustandsstörer nach §§ 17f. OBG).und 2. nicht rechtswidrig.
II. § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG?
(-) bei rechtmäßiger Maßnahme

19.01.2011/0 Kommentare/von Dr. Johannes Traut
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Johannes Traut https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Johannes Traut2011-01-19 15:35:312011-01-19 15:35:31Der Dioxin-Skandal aus juristischer Sicht: Öffentliches Recht
Dr. Johannes Traut

Der Dioxin-Skandal aus juristischer Sicht: Zivilrecht

Deliktsrecht, Schuldrecht, Zivilrecht

Der Dioxin-Skandal: Eine zivilrechtliche Einordnung
Die folgenden Ausführungen basieren auf einaem fiktiven Sachverhalt und geben nur eine erste Einschätzung des Autors wieder. Sie sind insofern eher Denkanstöße als eine umfassend Prüfung der Rechtslage. Verbesserungs- und Ergänzungsvorschläge sind willkommen.
Soweit es um Ansprüche wegen der Gesundheitsschädigung der Verbraucher geht, sind vor allem Fragen der kaufrechtlichen Gewährleistung sowie der Produkt- und Produzentenhaftung zu lösen, wofür jedoch Grundkenntnisse ausreichen. Juristisch interessanter sind die Ansprüche der Bauern gegen Futtermittelhersteller und Fettlieferant. Hier geht es vor allem um die § 823 Abs. 1 und 2 BGB. Leitentscheidung ist hier BGH NJW 1989, 707 (Unzulässige Verfütterun von Breitbandantibiotika). Eine öffentlich-rechtliche Einordnung folgt noch.
A. Gesundheitsschädigungen beim Verbraucher
1) Gegen den Verkäufer dioxin-belasteter Produkte (Supermarkt)

a) §§ 280 Abs. 1, 437 Nr. 3, 434 BGB
[Ergänzung: Ein Rücktritt wäre bei dioxinbelasteten Eiern gem. § 437 Nr. 2 BGB möglich, hilft aber bei der Gesundheitsschädigung nicht weiter.] Die Dioxinbelastung von Eiern stellt in jedem Fall einen Sachmangel dar, man kann lediglich disktuieren, ob § 434 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 1 oder 2 BGB einschlägig sind. Ich würde dazu tendieren, bereits § 434 Abs. 1 S. 1 BGB anzunehmen, da auf dem Produkt letztlich „Lebensmittel“ oder ähnliches steht. Hier kommt es vor allem darauf an, die Varianten sauber abzugrenzen und sich für eine zu entscheiden.
Bis auf das Vertretenmüssen liegen auch die sonstigen Voraussetzungen des Schadensersatzes neben der Leistung vor. Fraglich ist somit allein, ob der Verkäufer die Pflichtverletzung „nicht zu vertreten“ hat, § 280 Abs. 1 S. 2 BGB. Man beachte die Darlegungslast: Das hat der Verkäufer darzulegen und zu beweisen. Gelingt es ihm nicht, bleibt es bei der Grundregel des § 280 Abs. 1 S. 1 und der Haftung.
Eine Zurechnung des Verschuldens des Herstellers nach § 278 BGB scheidet regelmäßig aus, weil der Verkäufer keinen Einblick in den Produktsprozess hat und auch keine Möglichkeit, hier einzugreifen (BGH NJW 1968, 2238 f.; 1989, 1955; vgl. auch MüKo/Westermann § 437 BGB Rn. 27ff.). Im Einzelfall kann dies jedoch anders sein. Ist der Verkäufer gleichmäßig Hersteller, so haftet er aus eigenem Verschulden.
Im Hinblick auf das eigene Verschulden des Verkäufers wird man zwei Fälle unterscheiden müssen: Vor Bekanntwerden des Skandals hatte der Verkäufer wenig Anlass, eine Überprüfung der Produkte vorzunehmen. Der BGH führt aus:

„Ein Zwischenhändler ist in der Regel zur Untersuchung der von ihm angekauften und weiterverkauften Waren gegenüber seinem Abnehmer nicht verpflichtet (Senat, NJW 1968, 2238). Ausnahmen können sich zwar aus besonderen Umständen ergeben […]“ (aus NJW 1977, 1055, 1056; vgl. auch NJW 1981, 928)

Zumindest vor dem Skandal bestand somit wohl keine Untersuchungspflicht. Hier kann man – etwa mit dem Verweis darauf, dass es um Lebensmittel geht, anderer Ansicht sein (andererseits: das obige Urteil bezieht sich auf Gebrauchtwagen). Zumindest wenn Stichproben vorgenommen wurden, hat er seiner Pflicht genügt. Man könnte auch vertreten, dass man sich auf die öffentlich-rechtliche Überprüfung verlassen kann. Hier kommt es auf die Angaben im Sachverhalt an. Es bleibt stets abzuwägen zwischen dem Aufwand und dem möglichen Nutzen. Verlangt man nur Stichproben, können Kausalitätsprobleme hinzukommen – hätte der konkrete Schaden durch bl0ße Stichproben, bei denen die Sendung hätte durchgehen können, verhindert werden können?
Nach Bekanntwerden des Skandals hatte der Händler wohl Anlass, sich Gedanken über die Qualität seiner Produkte zu machen. Man wird sicherlich annehmen müssen, dass er in irgendeiner Weise tätig werden musste, um die Einwandfreiheit derselben zu sichern. Viel kommt in Betracht, eigene Untersuchungen oder die bloße Nachfrage bei dem eigenen Lieferanten oder Behörden. Man kann auch daran denken, dass er über das Risiko aufklären müsste.
Zu dem Ganzen MüKo/Westermann § 437 Rn. 27ff.
b) § 823 Abs. 1 BGB
Handlung oder Unterlassen? Würde als Handlung „Inverkehrbringen“ eines Produkts nehmen, das ist zwar eigentlich auf die Produzentenhaftung bezogen, aber auch der Händler bietet ja „aktiv“ an. Dann stellen sich die entscheidenen Fragen bei der Rechtswidrigkeit (Lehre vom Handlungsunrecht, vermittelnde Meinung) oder Verschulden (Lehre vom Erfolgsunrecht). Sollte man „Unterlassen“ wählen, stellen sie sich schon bei der Frage nach einer Handlungspflicht (Verkehrspflichten).
Hier kann man praktisch auf die obigen Ausführungen verweisen, vgl. MüKo/Wagner § 823 Rn. 606:

„Ein Handelsunternehmen ist grundsätzlich nicht gehalten, die von ihm vertriebenen Waren auf ihre Sicherheitseigenschaften zu überprüfen, sondern hat lediglich solche Fehler zu verantworten, die sich ohne Überprüfung erkennen lassen. Ein Ferrari-Vertragshändler muss sich vor der Auslieferung eines Gebrauchtwagens im Wege einer Sichtkontrolle vergewissern, dass die Reifen nicht überaltert sind. Weitergehende Untersuchungspflichten bestehen nur dann, wenn aus besonderen Gründen Anlass zu einer Überprüfung besteht.“

c) § 823 Abs. 2 i.V.m. Art. 14 VO (EG) 178/2002
In Betracht kommt wegen eines Verstoßes gegen das Lebens- und Futtermittelrecht. Letzteres ist relativ kompliziert geregelt. Es existiert eine EU-Lebensmittel-Rahmenverordnung (VO (EG) 178/2002) und ein deutsches Lebens- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB), das die Rahmenrichtlinie konkretisiert. Da es unwahrscheinlich ist, dass die Kenntnis auch nur einer der beiden Normen erwartet wird, erfolgen die folgenden Ausführungen eher der Abrundung halber und eher skizzenhaft.

„Art. 14 Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit
(1) Lebensmittel, die nicht sicher sind, dürfen nicht in Verkehr gebracht werden.“

Schutzgesetz? Gesetz (+), Art. 2 EGBGB, Schutz? Könnte man erwägen, das Verbot dem Gesundheitsschutz der Verbraucher (Art. 1 VO). Der BGH hat die deutsche Vorgängernorm als Schutzgesetz eingeordnet (BGH NJW 1989, 707, 708). Hier ohnehin irrelevant. Das Verbot ist zwar auch dann verletzt, wenn die Verletzung nicht fahrlässig erfolgt (vgl. § 58 Abs. 6 LFGB), aber § 823 Abs. 2 S. 2 BGB fordert Verschulden, das hier (s.o.) nicht vorliegt. Vgl. zu den Informations-, Untersuchungs- und Aufklärungspflichten auch Art. 19 Abs. 2-3 der VO.
2. Gegen den Zwischenhändler
§ 823 Abs. 1 und 2 BGB: s. oben.
3. Gegen den Hersteller (bei Eiern: den Bauern)

Hier ist es naheliegend § 1 Abs. 1 S. 1 ProdHaftG zuerst zu prüfen, weil es um Personenschäden geht und daher keine Selbstbeteiligung (§ 11 ProdHaftG) droht.
a) § 1 Abs. 1 S. 1 ProdHaftG
(+); Produkt=auch landwirtschaftliche Erzeugnisse? Ja, eine begrenzte Ausnahme (hätte ohnehin wohl Eier nicht erfasst) ist im Jahr 2000 weggefallen, vgl. MüKo/Wagner § 2 Rn. 11). Gesundheitsschädigung durch Fehler (§ 3 Abs. 1) eines Produkts, kein Ausschluss nach § 1 Abs. 2. Umfang: §§7, 8 ProdHaftG, M.E. kein Mitverschulden (§ 6), M.E. auch nicht nach Bekanntwerden des Skandals, weil man dennoch davon ausgehen kann, dass man im Laden angebotene Eier unproblematisch essen kann.
b) § 823 Abs. 1 BGB
Produkthaftung. Man beachte die Beweislastumkehr in Hinblick auf das Verschulden (bzw. die Verkehrspflicht im Rahmen der Rechtswidrigkeit). Kann sich der Bauer davon entlasten? Das hängt von den Angaben des Sachverhalts ab. Hätte er den Fehler des Futtermittels erkennen müssen? Angesichts der umfangreichen öffentlich-rechtlichen Überprüfungen kann man darüber streiten. Andererseits könnten solche Überprüfungen auch gerade vorgeschrieben, sein was dann auch ein Indiz für die zivilrechtlichen Pflichten wäre. Vgl. dazu Art. 19 Abs. 1 der VO
c) § 823 Abs. 2 i.V.m. § 14 Abs. 1 S. 1 LFGB bzw. Art. 15 Abs. 1 VO (EG) 178/2002

Art. 14 Abs. 1 der VO verbietet nur das Inverkehrbringen (Art. 3 Nr. 8) nicht sicherer Lebensmittel. Die Herstellung nicht sicherer Lebensmittel (vgl. § 3 Nr. 2 LFGB) wird von der VO nicht erfasst und ist deshalb im nationalen LFGB geregelt. Auch gegen dieses Verbot wurde objektiv verstoßen, aber auch hier stellen sich die zwei Fragen: Schutzgesetz? Verschulden nach § 823 Abs. 2 S. 2 BGB.
Ebenfalls verbietet die VO (Art 15) das Verfüttern nicht sicherer Futtermittel. Gleiche Fragen.
4. Gegen den Futtermittelhersteller
a) § 1 Abs. 1 S. 1 ProdHaftG
Auch hier grds. (+), er ist nämlich ebenfalls „Hersteller“, er liefert wohl ein „Teilprodukt“, § 4 Abs. 1 S. 1 oder aber einen Grundstoff (vgl. auch MüKo/Wagner § 4 ProdHaftG Rn. 16ff.)
b) § 823 Abs. 1 BGB
Produkthaftung. Beweislastumkehr. Hier wird wohl eine Entlastung noch schwerer fallen als beim Bauern.
c) § 823 Abs. 2 i.V.m. § 17 LFGB bzw. Art. 15 Abs. 1 VO (EG) 178/2002
Das entsprechende Verbot, „gefährliche“ Futtermittel herzustellen bzw. in den Verkehr zu bringen (Art. 15 Abs. 1 VO). Auch insofern objektiver Verstoß (+), Frage nach Schutzgesetzcharakter und Verschulden.
5. Gegen den Fetthersteller
a) § 1 Abs. 1 S. 1 ProdHaftG
Siehe Futtermittellieferant.
b) § 823 Abs. 1 BGB
Produkthaftung. Hier wohl (+), er bringt zwar nicht das Endprodukt, aber sein eigenes in Verkehr und haftet für die Fehler dessen (vgl. MüKo/Wagner § 823 Rn. 605). Da er dabei – so wie es in der Presse berichtet wurde – wohl fahrlässig gehandelt hat, haftet er auch – jedenfalls kann die Verschuldensvermutung nicht widerlegt werden.
c) § 823 Abs. 2 i.V.m. § 17 LFGB bzw. Art. 15 Abs. 1 VO (EG) 178/2002
Dann auch klar (+), soweit man Schutzgesetzcharakter bejaht.
6. Ergebnis
Eierhersteller (Bauer), Futtermittel- und Fetthersteller haften für mögliche Gesundheitsschädigen beim Verbraucher nach § 5 ProdHaftG als Gesamtschuldner, zumindest der Fetthersteller auch noch aus § 823 Abs. 1 BGB.
B. Ansprüche des Bauern gegen Futtermittelhersteller und Fettlieferant

Hier wird es interessant.
I. Vertragliche Ansprüche gegen den Futtermittelhersteller: [Ergänzung: Auch ein Rücktritt wäre bei dioxinbelasteten Eiern gem. § 437 Nr. 2 BGB möglich.] §§ 280 Abs. 1, 437 Nr. 3, 434 BGB. Wie immer ist das Problem das Verschulden. Das hängt vom Einzelfall ab. Sollte man es bejahen können, etwa indem man eine Pflicht zur Überprüfung des Futters animmt, so kommt man zu einem zweiten Problem: Dem Schaden.
– „Verseuchung“ der Eier / der Hühner durch falsches Futter: Der Schadensposten ist erfasst. Es handelt sich um die direkte Folge des fehlerhaften Futters (vgl. BGH NJW 1989, 707, 709).
– Betriebsausfallschaden wegen der Sperrung des Betriebes? Hier ist das Problem der Kausalität bzw. Zurechenbarkeit. Stichwort: Dazwischentreten Dritter. Das hindert aber die Zurechnung des Schadens wohl nicht (vgl. BGH NJW 1989, 707, 709).
II. Deliktische Ansprüche gegen Futtermittelhersteller
1. § 823 Abs. 1 BGB
Hier ist es wichtig, sauber zu subsumieren und die verschiedenen Rechtsgüter zu trennen. Eine Eigentumsverletzung kann allenfalls an den Hühner eingetreten sein. Die Eier sind nämlich, so lange sie nicht gelegt sind, nicht sonderrechtsfähig, sondern Teil der Gesamtsache „Huhn“ (§ 93 BGB). Sind die Eier einmal gelegt (§ 953 BGB), besteht keine Rechtsgutsverletzung, weil der Zustand der Eier von Anfang an im Dioxin angelegt war (obwohl das beim Menschen anders gesehen wird, BGHZ 58, 49; 86, 253). Ist das Eigentum an den Hühner durch die Fütterung mit falschem Futter verletzt? Der BGH (NJW 1989, 707, 708) bejaht dies:

„Das BerGer. geht selbst davon aus, daß der Kl. den hinsichtlich der verendeten Äschen geltend gemachten Schadensersatzanspruch auf § 823 Absatz I BGB stützen kann, da er behauptet hatte, die Fische seien aufgrund des in dem von der Bekl. gelieferten Futtermittel enthaltenen CAP eingegangen. Bezüglich der von den Verkaufsverboten betroffenen Forellen kann die Bekl. dem Kl. ebenfalls eine Eigentumsverletzung i. S. des  § 823 Absatz I BGB zugefügt haben. Soweit die Forellen durch das CAP-haltige Futter mit diesem Antibiotikum kontaminiert waren, hatte sich ihre Befindlichkeit in einer Weise verändert, die ohne weiteres als Eigentumsverletzung angesehen werden kann. Aber auch die Fische, die möglicherweise mit der Nahrung kein CAP aufgenommen hatten, waren wegen der Beimengung des an sie verfütterten Futtermittels der Bekl. mit dem Makel belastet, ebenso wie die untersuchten Forellen einen CAP-Gehalt zu haben. Da sie infolgedessen vom Kl. zeitweise nicht veräußert und damit nicht bestimmungsgemäß verwertet werden durften, waren insoweit jedenfalls seine Eigentumsbefugnisse durch die Futterlieferungen verkürzt. Auch das reicht für eine Eigentumsverletzung i. S. des § BGB § 823 Absatz I BGB aus.“ (Hervorhebungen vom Verfasser)

Was ist mit einer Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb? Dieses subsidiär gegenüber der Eigentumsverletztung (BGH NJW 1989, 707, 708) und wohl auch gegenüber § 823 Abs. 2 iV.m. Schutzgesetzen, die dem Schutz des Gewerbebetriebes dienen (Palandt/Sprau § 823 Rn. 126). Daher hier nicht einschlägig.
Rechtswidrigkeit bzw. Verschulden. Hier kann man wieder diskutieren, allerdings gilt die Beweislastumkehr der Produzentenhaftung auch im gewerblichen Verkehr (BGH NJW 1989, 707, 708) . Man beachte beim Schaden den von den kaufrechtlichen Ansprüchen abweichenden Bezugspunkt des Schadensersatzes. Der Schaden muss kausal auf der Rechtsgutsverletzung beruhen. Daher kann man hier zu anderen Ergebnissen kommen als oben. Vgl. auch insofern BGH NJW 1989, 707, 709:

„Nach §  823 Absatz I BGB hat der Kl. allerdings nur Anspruch auf Ersatz des aus der Rechtsgutverletzung entstandenen Schadens. Folgen der Eigentumsverletzung und damit ersatzfähig sind aber nur der Mehraufwand durch den Zukauf von Portionsforellen, der Gewinnverlust durch Verkaufswertminderung der übergroß gewordenen Fische, die Verminderung der Setzlingsproduktion und der zusätzliche Arbeits- und Verwaltungsaufwand, soweit er durch die vorerwähnten Schadensposten erforderlich wurde. Nicht ersatzfähig sind insoweit dagegen die Kosten, die dem Kl. aufgrund der Futtermittelbeschlagnahme entstanden sind, sowie der Wert der beschlagnahmten Futtermittel; denn diese Schäden beruhen nicht auf der Verletzung des Eigentums des Kl. an den Forellen, sondern ausschließlich auf der Fehlerhaftigkeit des gelieferten Futtermittels. Da dieses von Anfang an für den Kl. unbrauchbar war, liegt in dessen Lieferung begrifflich noch keine Eigentumsverletzung.“

2. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 11 Abs. 2 Nr. 1 LFGB
Schützen die obigen Verbotsgesetz auch das Vermögensinteresse der Bauern? Hier muss man wohl differenzieren. Die VO dient wohl nur dem Gesundheitsschutz (Art. 1), das deutsche Recht dagegen auch „vor Täuschung beim Verkehr mit Lebensmitteln, Futtermitteln, kosmetischen Mitteln und Bedarfsgegenständen zu schützen“ (1 Abs. 1 Nr. 2 LFGB) und der „Unterrichtung der Wirtschaftsbeteiligten“ (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 LFGB). Insofern kommt auch eine Schutzrichtung für die Endverkäufer in Betracht. Insofern ist in § 11 Abs. 2 Nr. 1 LFGB normiert. Der Vorgängernorm maß der BGH (NJW 1989, 707, 709) jedenfalls Schutzgesetzcharakter bei.  Dabei ging er sehr weit:

„aa) Diese Vorschrift verbietet es, Futtermittel, die hinsichtlich ihrer Beschaffenheit oder Zusammensetzung von der Verkehrsauffassung abweichen und dadurch in ihrem Wert, insbesondere ihrem Futterwert, oder in ihrer Brauchbarkeit nicht unerheblich gemindert sind, ohne ausreichende Kenntlichmachung gewerbsmäßig in den Verkehr zu bringen. Auch hierbei handelt es sich aus den gleichen Gründen wie bei §  § 3 Nr. 2 a FuttermittelG um ein Schutzgesetz i. S. des § § 823 Absatz II BGB, das – abweichend von diesem – sogar den Zweck hat, die kaufrechtlichen Gewährleistungsrechte deliktsrechtlich zu verstärken.
bb) In den Schutzbereich des  § 3 Nr. 3 lit. b FuttermittelG sind auch Schäden einbezogen, die durch die amtliche Beschlagnahme von Futtermitteln entstehen, welche aufgrund ihrer Beschaffenheit oder Zusammensetzung nicht verkehrsfähig sind. Alle in Nr. 3 zusammengefaßten Tatbestände dienen dem Schutz des Käufers oder sonstigen Erwerbers von Futtermitteln. Es soll dadurch die berechtigte Erwartung der am Verkehr mit Futtermitteln Beteiligten geschützt werden, die diese in die normale handelsübliche Beschaffenheit oder Zusammensetzung eines Erzeugnisse setzen (vgl. BT-Dr 7/2990 v. 16. 12. 1974, S. 15).“

Erfasst sind also auch die Kosten, die durch die amtliche Beschlagnahme entstehen. Man kann erwägen, noch weiter zu gehen und auch Betriebsschließungen hierunter zu subsumieren, weil auch diese die Folgen der Unsicherheit sind, die durch das Inverkehrbringen unsicherer Futtermittel entstanden. Auf dieser Linie liegt es dann auch, sogar Bauern einzubeziehen, die NICHT selbst unsicheres Futtermittel erhielten, sondern deren Höfe von den Behörden präventiv geschlossen worden.§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 11 Abs. 2 Nr. 1 LFGB ist also von der Rechtsfolge die günstigste Norm.
Allerdings muss auch insofern die Voraussetzung des Verschuldens eingehalten werden, worüber man beim Futtermittelhersteller streiten kann.
3. § 1 Abs. 1 S. 1 ProdHaftG
(-) schon wegen § 1 Abs. 1 S. 2 ProdHaftG
III. Fettlieferant
S. die deliktischen Ansprüche oben. Nur Verschulden i.Rahmen des § 823 Abs. 2 S. 2 BGB (+)
C. Ansprüche von Endverkäufer und Zwischenhändler
I. Ansprüche des Endverkäufers (Supermarkt)

Gegen den Zwischenhändler: Lieferung mangelhafter Sache, Ansprüche aus § 437 BGB. Meist aber keine Ansprüche, weil kein Schaden. Beachte § 478 BGB. § 823 Abs.1 BGB wohl auch (-). Frage: Welches Rechtsgut könnte überhaupt tangiert sein? Da Eigentum an den Eiern schon mangelhaft: Eingerichteter und ausgeübter Gewerbebetrieb? Abwägungsfrage. Gibt es überhaupt einen Eingriff? Das müsste man schon konkrete Nachweise haben, dass das Geschäfts gestört wurde. Betriebsbezogenheit? M.E. ingesamt eher abzulehnen, da au
§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Schutzgesetzen? Hier muss man wohl differenzieren. Die VO dient wohl nur dem Gesundheitsschutz (Art. 1), das deutsche Recht dagegen auch „vor Täuschung beim Verkehr mit Lebensmitteln, Futtermitteln, kosmetischen Mitteln und Bedarfsgegenständen zu schützen“ (1 Abs. 1 Nr. 2 LFGB) und der „Unterrichtung der Wirtschaftsbeteiligten“ (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 LFGB). Insofern kommt auch eine Schutzrichtung für die Endverkäufer in Betracht. Insofern ist in § 11 Abs. 2 Nr. 1 LFGB normiert. Der Vorgängernorm maß der BGH (NJW 1989, 707, 709) jedenfalls Schutzgesetzcharakter bei.
Gegen den Bauern: Keine vertraglichen Ansprüche. § 823 Abs. 1 BGB: Gleiche Frage wie oben, welches Rechtsgut? Eingriff in Gewerbebetrieb? Auch § 823 Abs. 2 BGB wie oben.
Gegen Futtermittelhersteller: Ebenso.
Gegen Fetthersteller: Wohl auch.
II. Ansprüche des Zwischenhändlers
Wie Endverkäufer, auch den Bauern trifft ja wohl kein Verschulden.

16.01.2011/1 Kommentar/von Dr. Johannes Traut
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Johannes Traut https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Johannes Traut2011-01-16 14:01:102011-01-16 14:01:10Der Dioxin-Skandal aus juristischer Sicht: Zivilrecht

Über Juraexamen.info e.V.

Deine Online-Zeitschrift für Jurastudium, Staatsexamen und Referendariat.

Wir sind ein gemeinnütziger Verein aus Bonn und auf Eure Unterstützung angewiesen, sei es als Mitglied oder durch Gastbeiträge. Über Zusendungen und Nachrichten freuen wir uns daher sehr!

Werbung

Anzeige

Neueste Beiträge

  • Verkehrspflichten in der zivilrechtlichen Klausur
  • Gedächtnisprotokoll Öffentliches Recht II April 2025 NRW
  • Tätowierungen als Einstellungshindernis im Polizeidienst?

Weitere Artikel

Auch diese Artikel könnten für dich interessant sein.

Gastautor

Verkehrspflichten in der zivilrechtlichen Klausur

Aktuelles, Deliktsrecht, Examensvorbereitung, Fallbearbeitung und Methodik, Karteikarten, Lerntipps, Rechtsgebiete, Startseite, Uncategorized, Verschiedenes, Zivilrecht, Zivilrecht

Im Ausgangspunkt ist klar: „Ein allgemeines Verbot, andere nicht zu gefährden, wäre utopisch“ (vgl. nur BGH, Urt. v. 19.1.2021 – VI ZR 194/18) Damit ist allerdings nicht geklärt, welche Anforderungen […]

Weiterlesen
12.06.2025/0 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2025-06-12 09:39:522025-06-12 09:39:53Verkehrspflichten in der zivilrechtlichen Klausur
Redaktion

Gedächtnisprotokoll Öffentliches Recht II April 2025 NRW

Aktuelles, Examensreport, Nordrhein-Westfalen, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Uncategorized, Verfassungsrecht

Wir freuen uns sehr, ein Gedächtnisprotokoll zur zweiten Klausur im Öffentlichen Recht des April-Durchgangs 2025 in Nordrhein-Westfalen veröffentlichen zu können und danken Tim Muñoz Andres erneut ganz herzlich für die […]

Weiterlesen
04.06.2025/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2025-06-04 08:43:322025-06-04 08:44:08Gedächtnisprotokoll Öffentliches Recht II April 2025 NRW
Miriam Hörnchen

Tätowierungen als Einstellungshindernis im Polizeidienst?

Aktuelles, Examensvorbereitung, Öffentliches Recht, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Startseite, Verwaltungsrecht

Die vom VG Berlin zu beantwortende Frage, ob die Ablehnung einer Bewerbung für den Polizeidienst wegen sichtbarer Tätowierungen rechtswidrig erfolgt, wirft eine Vielzahl examensrelevanter Fragestellungen auf: Aufgrund der Eilbedürftigkeit im […]

Weiterlesen
03.06.2025/0 Kommentare/von Miriam Hörnchen
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Miriam Hörnchen https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Miriam Hörnchen2025-06-03 08:45:032025-06-06 10:50:46Tätowierungen als Einstellungshindernis im Polizeidienst?

Mitmachen

Du hast Lust, Autor bei uns zu werden? Wir freuen uns!

Mitmachen
  • Über JE
  • Das Team
  • Spendenprojekt
  • Gastautor werden
  • Mitglied werden
  • Alumni
  • Häufige Fragen
  • Impressum
  • Kontakt
  • Datenschutz

© juraexamen.info e.V.

Nach oben scrollen Nach oben scrollen Nach oben scrollen