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Schlagwortarchiv für: Demonstration

Dr. Maike Flink

BVerfG: Keine „rechte“ Versammlung vor links-geprägtem Kulturzentrum

BVerfG Leitentscheidungen & Klassiker, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Verfassungsrecht, Versammlungsrecht

Das Bundesverfassungsgericht hat am 11.1.2020 (Az. 1 BvQ 2/20) einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung einer dem rechten politischen Spektrum zuzuordnenden Gruppierung abgelehnt. Diese hatte unter Berufung auf ihre Versammlungsfreiheit gem. Art. 8 Abs. 1 GG begehrt, eine Demonstration – entgegen der Entscheidung der zuständigen Behörde – an dem von ihr gewünschten Versammlungsort durchführen zu dürfen. Die Entscheidung des Gerichts ist dabei gleich unter mehreren Gesichtspunkten von hoher Examensrelevanz: Wegen ihrer enormen Aktualität bietet sie sich hervorragend als Anknüpfungspunkt verfassungsrechtlicher Fragen in einer mündlichen Prüfung an, zudem gibt sie Gelegenheit sich noch einmal umfassend mit den Voraussetzungen der – in der Examensvorbereitung häufig zu Unrecht vernachlässigten – einstweiligen Anordnung gem. § 32 BVerfGG und der in Prüfungen beliebten Versammlungsfreiheit auseinanderzusetzen.
 
I. Sachverhalt
Der – dem rechten politischen Spektrum zuzuordnende – Antragsteller wollte im Zeitraum vom 11.1.2020 (15 Uhr) bis zum 12.1.2020 (7 Uhr) eine Versammlung in einer Entfernung von 20 Metern zur „Roten Flora“ in Hamburg durchführen. Die „Rote Flora“ gilt als Zentrum der Autonomen-Szene, der unter anderem Mitglieder linksradikaler Bewegungen angehören. Das Motto der Veranstaltung sollte „Rote Flora – ein Ort undemokratischer Denkweise und Verfassungsfeindlichkeit“ lauten. Die Versammlungsbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg erteilte dem Antragsteller die – für sofort vollziehbar erklärte – Auflage, die Veranstaltungen an einem anderen, etwa einen Kilometer von der „Roten Flora“ entfernten Ort stattfinden zu lassen. Dies begründete die Behörde damit, dass andernfalls mit gewalttätigen Ausschreitungen gerechnet werden müsse. Denn der Antragsteller – und damit der Veranstalter der Versammlung – sei eher dem rechten politischen Spektrum zuzuordnen, sodass eine Versammlung vor der „Roten Flora“, die gerade Zentrum des linksextremistischen Spektrums sei, als besondere Provokation verstanden werden könnte. Gestützt auf die in der Vergangenheit gesammelten Erfahrungen sei mit einer Mobilisierung der linksextremen Szene und mit einer von ihr ausgehenden massiven Gewalttätigkeit zu rechnen. Insbesondere sei davon auszugehen, dass mit gefährlichen Gegenständen von den Dächern der „Roten Flora“ und umliegenden Gebäuden geworfen werden könnte. Die Behörde sehe sich – unabhängig von der Zahl der eingesetzten Polizisten – nicht in der Lage, diese Gefahr zu verhindern. Der Antragsteller erhob daraufhin Widerspruch und beantragte – erfolglos – verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz.
 
II. Die Entscheidung des Gerichts
Das Bundesverfassungsgericht trifft eine vorläufige Regelung eines Zustandes im Wege der einstweiligen Anordnung „wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist“ (§ 32 Abs. 1 BVerfGG). Maßgebliches Kriterium sind insofern die Erfolgsaussichten des Rechtsstreits in der Hauptsache, d.h. einer durch den Antragsteller erhobenen Verfassungsbeschwerde (BVerfG v. 23.6.2004 – 1 BvQ 19/04, NJW 2004, 2814). Daher beschränkt sich die Prüfung des Bundesverfassungsgerichts im Rahmen des § 32 Abs. 1 BVerfGG regelmäßig darauf, ob eine solche Verfassungsbeschwerde von vornherein unzulässig oder offensichtlich unbegründet wäre (BVerfG v. 23.6.2004 – 1 BvQ 19/04, NJW 2004, 2814). Ist der Ausgang einer möglichen Verfassungsbeschwerde jedoch vollkommen offen, sind die Folgen, die eintreten würden, wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde aber später Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen abzuwägen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, die Verfassungsbeschwerde jedoch später keinen Erfolg hätte.
 
1. Die Anforderungen des Art. 8 GG
Dem Antragsteller entstehen indes für den Fall, dass die einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde aber später Erfolg hätte, nur dann Nachteile, wenn eine spätere Verfassungsbeschwerde überhaupt denkbar wäre, er sich also auf eine möglicherweise verletzte Grundrechtsposition stützen kann. In Betracht kommt insofern eine mögliche Verletzung der aus Art. 8 Abs. 1 GG folgenden Versammlungsfreiheit. Gemäß Art. 8 Abs. 1 GG haben alle Deutschen das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln, wobei dieses Recht gem. Art. 8 Abs. 2 GG für Versammlungen unter freiem Himmel durch oder aufgrund eines Gesetzes beschränkt werden kann.
In diesem Zusammenhang steht es dem Veranstalter auch frei, die Modalitäten der Versammlung frei zu wählen, d.h. sowohl die Versammlungszeit als auch den Versammlungsort selbst zu bestimmen.

„Art. 8 Abs. 1 GG gewährleistet auch das Recht, selbst zu bestimmen, wann, wo und unter welchen Modalitäten eine Versammlung stattfinden soll. Als Abwehrrecht, das auch und vor allem andersdenkenden Minderheiten zugute kommt, gewährleistet das Grundrecht den Grundrechtsträgern so nicht nur die Freiheit, an einer öffentlichen Versammlung teilzunehmen oder ihr fern zu bleiben, sondern zugleich ein Selbstbestimmungsrecht über Ort, Zeitpunkt, Art und Inhalt der Veranstaltung (vgl. BVerfGE 69, 315 <343>). Die Bürger sollen damit selbst entscheiden können, wo sie ihr Anliegen – gegebenenfalls auch in Blick auf Bezüge zu bestimmten Orten oder Einrichtungen – am wirksamsten zur Geltung bringen können.“ (BVerfG v. 22.2.2011– 1 BvR 699/06, NJW 2011, 1201, 1204 Rn. 64)

Jedoch ist kein Zutrittsrecht zu nicht allgemein oder nur zu bestimmten Zwecken zugänglichen Orten vom Gewährleistungsinhalt des Art. 8 Abs. 1 GG erfasst. Denn Art. 8 Abs. 1 GG verbürgt die Durchführung von Versammlungen an Orten, die einem allgemeinen öffentlichen Verkehr geöffnet sind und Orte öffentlicher Kommunikation bilden. Klassischerweise fällt hierunter insbesondere der öffentliche Straßenraum. Für die Frage, ob ein anderer Ort als der öffentliche Straßenraum ein öffentlicher Kommunikationsraum ist, ist das Leitbild des öffentlichen Forums maßgeblich. Dieses ist dadurch charakterisiert, dass dort, im Gegensatz zu Orten, die nur eine bestimmte Funktion haben, eine Vielzahl von verschiedenen Tätigkeiten und Anliegen verfolgt werden kann und hierdurch ein vielseitiges und offenes Kommunikationsgeflecht entsteht. Ein solchermaßen für die Allgemeinheit geöffneter Ort kann nicht gegen politische Auseinandersetzung in Form einer Versammlung abgeschirmt werden. Denn die kollektive Meinungskundgabe und die Möglichkeit, in öffentlichen Foren Aufmerksamkeit zu erregen, sind konstitutive Elemente der Demokratie.
Im vorliegenden Fall sollte die Versammlung auf der Straße in unmittelbarer Nähe zur „Roten Flora“ durchgeführt werden. Die Wahl dieses Veranstaltungsortes – nämlich der öffentliche Straßenraum – ist ohne Zweifel von der Versammlungsfreiheit des Art. 8 Abs. 1 GG umfasst. Eine spätere, darauf gestützte Verfassungsbeschwerde ist mithin denkbar. Dem Antragsteller können somit bei Ablehnung der einstweiligen Anordnung Nachteile entstehen.
 
2. Die Folgenabwägung des Gerichts im Einzelnen
Daher kommt es entscheidend darauf an, welche Folgen eintreten würden, wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde aber später Erfolg hätte, und welche Nachteilen demgegenüber entstünden, wenn die bergehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, die Verfassungsbeschwerde jedoch später keinen Erfolg hätte. Seitens des Antragstellers ist – wie dargestellt – eine Verletzung seines Grundrechts aus Art. 8 Abs. 1 GG denkbar. So formuliert auch das BVerfG:

„Wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, sich nach Durchführung eines Hauptsacheverfahrens jedoch herausstellte, dass die versammlungsbeschränkende Auflage mit der Verfassung nicht vereinbar ist, so wäre der Antragsteller in seinem Grundrecht aus Art. 8 Abs. 1 GG verletzt, das grundsätzlich auch die Bestimmung des Versammlungsorts umfasst. Der von dem Antragsteller ins Auge gefasste Versammlungsort in unmittelbarer Nähe der „Roten Flora“ ist für die geplante Versammlung und ihr gerade auf die „Rote Flora“ bezogenes kommunikatives Anliegen von erheblicher Bedeutung. Der Antragsteller hätte aber die Möglichkeit gehabt, die Versammlung – wenngleich an einem etwa einen Kilometer entfernten anderen Ort – unter dem vorgesehenen Motto und in der vorgesehenen Form überhaupt durchzuführen.“

Insofern muss in die Waagschale geworfen werden, dass der Antragsteller zwar in seinem Recht zur freien Wahl des Versammlungsortes verletzt ist, ihm aber – wenngleich unter der Auflage einer abweichenden Ortswahl – die Durchführung der Versammlung dennoch möglich gewesen wäre. Demgegenüber steht eine drohende Beeinträchtigung höchstwertiger Rechtsgüter wie Leib und Leben auch unbeteiligter Dritter, wie beispielsweise von Passanten, die das Gebiet um die „Rote Flora“ lediglich zufälligerweise betreten. So führt auch das Gericht aus:

„Erginge demgegenüber eine einstweilige Anordnung und würde sich später herausstellen, dass die Versammlung am ursprünglich vorgesehenen Ort […] wegen der von der Versammlungsbehörde befürchteten, nicht anders abwendbaren gewalttätigen Ausschreitungen nach § 15 Abs. 1 VersG hätte untersagt werden dürfen, so wäre es zu einer Gefährdung und gegebenenfalls auch Schädigung auch höchstwertiger Rechtsgüter einer ganz erheblichen Zahl von Personen gekommen, obwohl der Auslöser hierfür – die Versammlung an dem ursprünglich vorgesehenen […] Ort – wegen Vorliegens der Voraussetzungen eines polizeilichen Notstands rechtmäßigerweise hätte verhindert werden können.“

Angesichts der erheblichen Gefahr für die Rechtsgüter Leib und Leben auch Unbeteiligter muss das Interesse des Veranstalters an der freien Wahl des Versammlungsortes zurücktreten. Die ihm entstehenden Nachteile wiegen nicht so schwer, dass dies die zu befürchtenden Folgen auch für gänzlich unbeteiligte Dritte aufwiegen könnte.
 
III. Ausblick
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gibt nicht nur Anlass, sich mit den Voraussetzungen des Erlasses einer einstweiligen Anordnung gem. § 32 BVerfGG auseinander zu setzen, sondern greift zugleich bekannte Probleme der Versammlungsfreiheit auf. Insbesondere eine saubere Herausarbeitung des Schutzbereichs der Versammlungsfreiheit sollte jedem Examenskandidaten gelingen. Dabei gilt es nicht nur, die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Leitbild des öffentlichen Forums zu verinnerlichen. Jedenfalls in der mündlichen Prüfung erscheint auch eine Anknüpfung an die Problematik gewaltbereiter Gegendemonstrationen denkbar: Was wäre, wenn der Veranstalter seine Versammlung hätte durchführen dürfen, diese auch friedlich verlaufen wäre, die Polizei sie aber dennoch wegen der gewalttätigen Gegendemonstration linksextremistischer Gruppierungen aufgelöst hätte? Zudem bietet die Entscheidung die Möglichkeit, verwaltungsrechtliche Problemstellungen mit den Prüflingen zu erörtern, denn sie weist einerseits mit Blick auf die vorangegangenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen einen Bezug zum vorläufigen Rechtsschutz im Verwaltungsverfahren und insbesondere den Voraussetzungen des § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO auf. Andererseits ist auch der Sprung in das Versammlungsrecht nicht weit.

17.02.2020/1 Kommentar/von Dr. Maike Flink
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Maike Flink https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Maike Flink2020-02-17 10:00:462020-02-17 10:00:46BVerfG: Keine „rechte“ Versammlung vor links-geprägtem Kulturzentrum
Dr. Yannik Beden, M.A.

Die Versammlungsfreiheit nach Art. 8 GG: Definitionen und Streitstände

Examensvorbereitung, Lerntipps, Öffentliches Recht, Polizei- und Ordnungsrecht, Rechtsgebiete, Schon gelesen?, Startseite, Versammlungsrecht, Verschiedenes

Das Recht auf Versammlung ist in seiner grundrechtlichen Dimension regelmäßig Prüfungsgegenstand, oftmals werden auch in verwaltungs- bzw. polizeirechtlichen Klausurkonstellationen Kenntnisse zum Versammlungsrecht vorausgesetzt. Einige Problemstellungen zur Versammlungsfreiheit gehören dabei zu „Klausurklassikern“, bei denen von jedem Prüfling Grundkenntnisse bis hin zu vertieften Kenntnissen erwartet werden. Neben den notwendigen Definitionen müssen auch eine Reihe von Meinungsstreitständen zu Problemstellungen, die überdurchschnittlich häufig abgefragt werden, bekannt sein. Der nachstehende Beitrag gibt einen Überblick zu den klausur- bzw. examensrelevantesten Definitionen und zeigt zudem – nicht abschließend – die wichtigsten Streitstände mit kurzen Erläuterungen zu den jeweils vertretenen Ansichten in Rechtsprechung und Literatur auf.
I. Definitionen
1. Versammlung
(1) Enger Versammlungsbegriff (BVerfG): Nach dem engen Versammlungsbegriff, den das BVerfG vertritt, ist eine Versammlung eine örtliche Zusammenkunft mehrerer Personen zwecks gemeinschaftlicher Erörterung und Kundgebung mit dem Ziel der Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung (BVerfG v. 12.7.2001 – 1 BvQ 28/01 und BvQ 30/01, NJW 2001, 2459 (2460)).  
(2) Erweiterter Versammlungsbegriff: Nach dem erweiterten Versammlungsbegriff bedeutet Versammlung eine örtliche Zusammenkunft mehrerer Personen zwecks gemeinschaftlicher Meinungsbildung und Meinungsäußerung (so noch BVerwG v. 21.4.1989 – 7 C 50/88, NJW 1989, 2411 (2412)).
→ Im Gegensatz zum engen Versammlungsbegriff muss die kollektive Meinungsbildung nicht auf öffentliche Angelegenheiten gerichtet sein.
(3) Weiter Versammlungsbegriff: Nach dem weiten Versammlungsbegriff versteht man unter einer Versammlung eine örtliche Zusammenkunft mehrerer Personen, zwischen denen durch einen gemeinsamen Zwecke eine innere Verbindung besteht
→ Der weite Versammlungsbegriff verzichtet auf das Merkmal der kollektiven Meinungsäußerung und Meinungsbildung und lässt jede Art von Verbundenheit der Teilnehmer ausreichen.
2. Friedlich
Friedlich ist eine Versammlung, die keinen gewalttätigen bzw. aufrührerischen Verlauf annimmt oder von vornherein auf die Begehung von Straftaten ausgerichtet ist. Entscheidend sind im Zweifel das Verhalten der Versammlungsleitung und/oder die Mehrzahl der Versammlungsteilnehmer.
3. Ohne Waffen
Die Versammlung findet ohne Waffen statt, wenn keine Waffen im Sinne von § 1 Abs. 2 WaffG mitgeführt werden und auch keine gefährlichen Werkzeuge, die zum Zwecke des Einsatzes mitgeführt werden, vorhanden sind.
4. Unter freiem Himmel
Die Begrifflichkeit aus dem allgemeinen Gesetzesvorbehalt nach Art. 8 Abs. 2 GG ist nicht wortwörtlich zu verstehen. Vielmehr muss nach Sinn und Zweck zwischen Versammlungen unter freiem Himmel und solchen in geschlossenen Räumlichkeiten differenziert werden: Die Versammlung „unter freiem Himmel“ birgt vergleichsweise eher die Gefahr einer unmittelbaren Konfrontation mit Unbeteiligten, sie hat ein größeres Konfliktpotential mit Blick auf Rechte Dritter. Die Versammlung in geschlossenen Räumen ruft hingegen üblicherweise weniger regelungsbedürftige Konflikte hervor. Entscheidend ist deshalb für die Versammlung unter freiem Himmel, dass eine erhöhte Gefährlichkeit dadurch besteht, dass ein unkontrollierter Zugang grundsätzlich für jedermann möglich ist. Davon ist auszugehen, wenn keine Eingangs- bzw. Zugangskontrollen existieren.
II. Problemstellungen / Streitstände
Im Zusammenhang mit der Versammlungsfreiheit werden einige Problemfälle wiederkehrend abgefragt. Oftmals geht es dabei nur um verfassungsrechtliche Spezifika, teilweise werden auch versammlungsrechtsspezifische Fragestellungen aufgeworfen. Die nachstehenden Klausurkonstellationen sind – ohne dass man sich in der Vorbereitung hierauf beschränken sollte – diejenigen, die jedem Prüfling für eine erfolgreiche Fallbearbeitung bekannt sein sollten.
1. Unmittelbare Grundrechtsbindung Privater
Ein echter Klausurklassiker dürfte mittlerweile die Fraport Entscheidung des BVerfG v. 22.2.2011 – 1 BvR 699/06, NJW 2011, 1201 sein. Zwei der zentralen Rechtsfragen des Urteils sind die Grundrechtsbindung öffentlich beherrschter (privater) Unternehmen sowie das Verständnis des Forums, das für die Versammlung genutzt wird.
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt (aus dem Urteil entnommen) zugrunde:

Der Flughafen Frankfurt a. M. wird von der Fraport-AG, der Bekl. des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Bekl.), betrieben, in deren Eigentum auch das Flughafengelände steht. Zum Zeitpunkt des den Anlass für den Zivilrechtsstreit bildenden „Flughafenverbots“ gegenüber der Bf. im Jahr 2003 besaßen das Land Hessen‚ die Stadt Frankfurt a. M. und die Bundesrepublik Deutschland zusammen circa 70% der Aktien, während sich der Rest in privater Hand befand. Seit dem Verkauf der Bundesanteile halten das Land Hessen und die Stadt Frankfurt a. M., Letztere über eine 100%-ige Tochter, zusammen nunmehr rund 52% der Aktien. Die übrigen Anteile befinden sich in privatem Streubesitz. Bei Verhängung des Meinungskundgabe- und Demonstrationsverbots befanden sich auf dem Flughafen Frankfurt a. M. sowohl auf der „Luftseite“, dem nur mit Bordkarte zugänglichen Bereich hinter den Sicherheitskontrollen, als auch auf der „Landseite“, dem ohne Bordkarte zugänglichen Bereich vor den Sicherheitskontrollen, eine Vielzahl von Läden und Serviceeinrichtungen sowie eine Reihe von Restaurants, Bars und Cafés.
Die Benutzung des Flughafengeländes durch Flugpassagiere und andere Kunden regelte die Bekl. durch die vom Land Hessen genehmigte Flughafenbenutzungsordnung in der für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Fassung vom 1. 1. 1998. Diese enthielt in Teil II (Benutzungsvorschriften) unter anderem folgende Bestimmung:
4.2. Sammlungen, Werbungen, Verteilen von Druckschriften. Sammlungen, Werbungen sowie das Verteilen von Flugblättern und sonstigen Druckschriften bedürfen der Einwilligung des Flughafenunternehmers.
In der derzeit geltenden Fassung vom 1. 12. 2008 erklärt die Flughafenbenutzungsordnung Versammlungen in den Gebäuden des Flughafens ausdrücklich für unzulässig.
Die Bf. betrat gemeinsam mit fünf weiteren Aktivisten der „Initiative gegen Abschiebungen“ am 11. 3. 2003 den Terminal 1 des Flughafens, sprach an einem Abfertigungsschalter Mitarbeiter der Deutschen Lufthansa an und verteilte Flugblätter zu einer bevorstehenden Abschiebung. Mitarbeiter der Bekl. und Einsatzkräfte des Bundesgrenzschutzes beendeten die Aktion. Mit Schreiben vom 12. 3. 2003 erteilte die Bekl. der Bf. ein „Flughafenverbot“ und wies sie darauf hin, gegen sie werde Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs gestellt, sobald sie „erneut hier unberechtigt angetroffen“ werde. Mit einem erläuternden Schreiben vom 7. 11. 2003 wies die Bekl. die Bf. unter Verweis auf ihre Flughafenbenutzungsordnung darauf hin, sie dulde „mit uns nicht abgestimmte Demonstrationen im Terminal aus Gründen des reibungslosen Betriebsablaufs und der Sicherheit grundsätzlich nicht“. 

Fraglich war zunächst, ob die Fraport AG als privates Unternehmen überhaupt unmittelbar an die Grundrechte gebunden ist. Ausgangspunkt ist dabei Art. 1 Abs. 3 GG, wonach die Grundrechte Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht binden. Zwischen Bürgern wirken die Grundrechte grundsätzlich nicht unmittelbar, sondern nur im Wege der sog. mittelbaren Drittwirkung, die im Zivilrecht wiederum durch „Einfallstore“ wie Generalklauseln und unbestimmte Rechtsbegriffe stattfindet.
Was gilt aber, wenn ein privatrechtlich organisiertes Unternehmen sowohl im Eigentum Privater, als auch der öffentlichen Hand steht? Das BVerfG stellt in der Fraport Entscheidung fest: „Ein gemischtwirtschaftliches Unternehmen unterliegt dann der unmittelbaren Grundrechtsbindung, wenn es von den öffentlichen Anteilseignern beherrscht wird. Dies ist in der Regel der Fall, wenn mehr als die Hälfte der Anteile im Eigentum der öffentlichen Hand stehen. Insoweit kann grundsätzlich an entsprechende zivilrechtliche Wertungen angeknüpft werden“ (BVerfG v. 22.2.2011 – 1 BvR 699/06, NJW 2011, 1201 (1203)). Auf die konkreten Einwirkungsbefugnisse soll es hingegen nicht ankommen. Die Gegenansicht lehnt eine unmittelbare Grundrechtsbindung des Unternehmens insgesamt ab, vielmehr soll die Grundrechtsbindung und Grundrechtsverpflichtung nur den einzelnen öffentlich-rechtlichen Anteilseigner treffen. Im Übrigen kann danach allenfalls eine mittelbare Drittwirkung von Grundrechten in Betracht kommen. Anknüpfungspunkt für diese Ansicht ist der Wortlaut aus Art. 1 Abs. 3 GG. In tatsächlicher Hinsicht obläge es dann dem öffentlich-rechtlichen Anteilseigner, auf das privatrechtlich organisierte Unternehmen einzuwirken und dadurch seinen grundrechtlichen Pflichten nachzukommen. Vermieden werden soll dadurch in erster Linie eine übermäßige Belastung der privaten Anteilseigner. Dieses Argument wird seitens der Rechtsprechung entkräftet, indem auf die Freiwilligkeit einer Beteiligung am Unternehmen abgestellt wird. Den privatrechtlichen Akteuren stehe es danach frei, sich am Unternehmen zu beteiligen oder nicht, was auch dann gelte, wenn die Eigentumsverhältnisse erst nachträglich durch Eintritt der öffentlichen Hand verändert werden. In der Klausur sind beide Ansichten vertretbar, allerdings wird man mit Blick auf den Aufbau des Gutachtens im Zweifel besser fahren, wenn man der Ansicht des BVerfG folgt.
Zuletzt muss auch mit Blick auf das Forum, in dem eine Versammlung zulässig ist, nach den Vorgaben des BVerfG unterschieden werden: Art. 8 GG berechtigt nicht dazu, Versammlungen überall und uneingeschränkt abzuhalten. Das bedeutet allerdings im Umkehrschluss nicht, dass nur der öffentliche Straßenraum genutzt werden darf. Das Gericht weitet das Grundrecht in seiner örtlichen Dimension aus: „Entsprechendes gilt aber auch für Stätten außerhalb des öffentlichen Straßenraums, an denen in ähnlicher Weise ein öffentlicher Verkehr eröffnet ist und Orte der allgemeinen Kommunikation entstehen. Wenn heute die Kommunikationsfunktion der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze zunehmend durch weitere Foren wie Einkaufszentren, Ladenpassagen oder sonstige Begegnungsstätten ergänzt wird, kann die Versammlungsfreiheit für die Verkehrsflächen solcher Einrichtungen nicht ausgenommen werden, soweit eine unmittelbare Grundrechtsbindung besteht oder Private im Wege der mittelbaren Drittwirkung in Anspruch genommen werden können. Dies gilt unabhängig davon, ob die Flächen sich in eigenen Anlagen befinden oder in Verbindung mit Infrastruktureinrichtungen stehen, überdacht oder im Freien angesiedelt sind.“ (BVerfG v. 22.2.2011 – 1 BvR 699/06, NJW 2011, 1201 (1204)).
2. Spontanversammlungen
Versammlungen sind nicht immer von langer Hand geplant, sie können auch spontan, etwa aufgrund eines aktuellen, möglicherweise unerwarteten Geschehens entstehen. Die Versammlungsfreiheit gem. Art. 8 GG schützt auch solche Versammlungen. § 14 Abs. 1 VersG sieht nun vor, dass öffentliche Versammlungen unter freiem Himmel spätestens 48 Stunden vor Bekanntgabe bei der zuständigen Behörde unter Angabe des Gegenstands der Versammlung anzumelden sind.
Das Spannungsverhältnis zwischen Spontanversammlungen und der Anmeldepflicht aus § 14 Abs. 1 VersG muss im Wege der verfassungskonformen Auslegung gelöst werden: Die Pflicht zur rechtzeitigen Anmeldung von Spontanversammlungen bzw. Spontandemonstrationen entfällt, sofern sich diese aus aktuellem Anlass augenblicklich ergeben. Die versammlungsrechtlichen Bestimmungen sind auf Spontanversammlungen nach der Rechtsprechung des BVerfG nicht anwendbar, „soweit der mit der Spontanveranstaltung verfolgte Zweck bei Einhaltung dieser Vorschriften nicht erreicht werden könnte. Ihre Anerkennung trotz Nichtbeachtung solcher Vorschriften lässt sich damit rechtfertigen, dass Art. 8 Abs. 1 GG grundsätzlich die Freiheit garantiert, sich “ohne Anmeldung oder Erlaubnis” zu versammeln, dass diese Freiheit zwar nach Absatz 2 für Versammlungen unter freiem Himmel auf gesetzlicher Grundlage beschränkbar ist, dass solche Beschränkungen aber die Gewährleistung des Absatz 1 nicht gänzlich für bestimmte Typen von Veranstaltungen außer Geltung setzen dürfen, dass vielmehr diese Gewährleistung unter den genannten Voraussetzungen von der Anmeldepflicht befreit.“ (BVerfG Beschl. v. 14.5.1985 – 1 BvR 233/81, 1 BvR 341/81, NJW 1985, 2395 (2397)). 
3. Hervorrufen gewaltbereiter Gegendemonstration
Verursacht eine Versammlung eine Gegendemonstration, kollidieren regelmäßig verfassungsrechtlich geschützte Güter. Das Selbstbestimmungsrecht des Veranstalters hinsichtlich des Ortes der Versammlung ist im Ausgangspunkt zwar von Art. 8 GG geschützt, allerdings kann es durch Rechte Dritter beschränkt sein. Die gegenläufigen Interessen müssen dabei austariert werden. Trifft eine Veranstaltung auf eine Gegendemonstration und sind damit Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung  – etwa aufgrund Konfrontationsgefahren – verbunden, so ist der zuerst angemeldeten Versammlung grundsätzlich Priorität einzuräumen (VGH München v. 16.9.2015 – 10 CS 15.2057). Etwas anderes gilt jedoch, wenn wichtige Gründe wie etwa die besondere Bedeutung des Ortes und des Zeitpunktes für die Verfolgung des jeweiligen Versammlungszwecks für eine andere Vorgehensweise sprechen. Maßgebend ist der Prioritätsgrundsatz jedenfalls, wenn die später angemeldete Versammlung allein oder überwiegend den Zwecke verfolgt, die zuerst angemeldete Versammlung an einem bestimmten Ort zu verhindern (BVerfG Beschl. v. 6.5.2005 – 1 BvR 961/05, NVwZ 2005, 1055 (1055)).
4. Auflösen der Versammlung bei einzelnen unfriedlichen Teilnehmern
Probleme bereiten Versammlungen oftmals, wenn sie zwar in ihrer Gesamtheit keinen aufrührerischen bis hin zu einem gewalttätigen Verlauf nehmen, allerdings einzelne Teilnehmer der Veranstaltung unfriedliches Verhalten aufweisen. Das Spannungsverhältnis ergibt sich daraus, dass diejenigen Teilnehmer der Versammlung, die sich friedlich verhalten, nicht in ihren verfassungsrechtlichen geschützten Positionen durch unfriedliches Verhalten anderer Teilnehmer beeinträchtigt bzw. beschränkt werden sollen. Das BVerfG geht davon aus, dass die Versammlungsfreiheit auch dann geschützt werden muss, wenn mit Ausschreitungen durch einzelne Teilnehmer oder eine Minderheit zu rechnen ist. Das gilt jedenfalls, soweit nicht zu befürchten ist, dass die Veranstaltung im Ganzen einen unfriedlichen Verlauf annehmen wird. Ein präventives Verbot der gesamten Versammlung ist nur unter Zugrundelegung eines strengen Maßstabs an die Gefahrenprognose möglich. Erforderlich ist deshalb eine „hohe Wahrscheinlichkeit“ des Schadenseintritts (vgl. Drosdzol, JuS 1983, 414 (415)). Zudem müssen alle sonstigen in Betracht kommenden Mittel zuvor ausgeschöpft worden sein (vgl. insgesamt hierzu BVerfG Beschl. v. 14.5.1985 – 1 BvR 233/81, 1 BvR 341/81, NJW 1985, 2395).   
5. Versammlungen mit musikalischen/künstlerischen Elementen
Sind politisch motivierte Veranstaltungen, die auch musikalische Darbietungen und kommerzielle Elemente enthalten, unter den Schutz der Versammlungsfreiheit zu fassen? Mit dieser Fragestellung befasste sich u.a. das VG Hannover, Beschl. v. 8.11.2013 – 10 B 7448/13. Bei einer dem linken Spektrum zuzuordnenden mit dem Leitthema „Für ein menschenwürdiges Leben – Gegen Sozialabbau und Behördenwillkür“ fanden neben Reden und Diskussion zu politischen Inhalten auch öffentliche Konzerte sowie der Verkauf von CDs und Merchandise Produkten statt. Legt man den engen Versammlungsbegriff des BVerfG an, ist fraglich, ob in einer solchen Konstellation noch von einer gemeinschaftlichen Erörterung und Kundgebung mit dem – ausschließlichen – Ziel der Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gesprochen werden kann. Nach der Rechtsprechung bedarf es einer Schwerpunktbetrachtung: Der Schutz von Art. 8 GG entfällt jedenfalls dann, wenn die musikalischen und kommerziellen Bestandteile der Veranstaltung den eigentlichen Zweck – Einflussnahme auf die öffentliche Meinungsbildung – „an den Rand drängen“. Andererseits ist es nicht unüblich und für die Durchsetzung der kollektiven Meinungsbildung sogar oftmals förderlich, wenn Inhalte der Versammlung durch musikalische Begleitung unterstützt bzw. verstärkt werden. Dies gilt umso mehr, wenn die musikalische Darbietung einen Kontext zur politischen Diskussion aufweist.
 
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18.03.2019/0 Kommentare/von Dr. Yannik Beden, M.A.
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Tom Stiebert

BVerfG: Nicht alles, was schlecht ist, ist Schmähkritik

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Spätestens seit dem juristischen Proseminar Jan Böhmermanns (wir haben ausführlich darüber berichtet) ist nicht nur Juristen das Schlagwort „Schmähkritik“ ein Begriff. Eine solche kann sich bekanntlich nicht auf den grundrechtlichen Schutz der Presse- und Meinungsfreiheit berufen. Dies hat entscheidende Auswirkungen für die Strafbarkeit einer Äußerung.
Aus diesem Grund hatte sich das BVerfG in einem aktuellen Beschluss vom 8. Februar 2017 (veröffentlicht am 5. April 2017 – 1 BvR 2973/14) mit der Reichweite der Schmähkritik zu befassen.
1. Sachverhalt
Zugrunde lag folgender Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer war Versammlungsleiter einer ordnungsgemäß angemeldeten Demonstration aus dem rechten Spektrum in Köln. Die Demonstration stieß auf zahlreiche Gegendemonstranten. Unter diesen war auch ein Bundestagsabgeordneter der Partei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vor Ort, um die Durchführung des Aufzuges aktiv zu verhindern. Er bezeichnete die Teilnehmer der Demonstration mehrfach wörtlich und sinngemäß als „braune Truppe“ und „rechtsextreme Idioten“. Der Beschwerdeführer äußerte sich über den Bundestagsabgeordneten wörtlich wie folgt:
„Ich sehe hier einen aufgeregten grünen Bundestagsabgeordneten, der Kommandos gibt, der sich hier als Obergauleiter der SA-Horden, die er hier auffordert. Das sind die Kinder von Adolf Hitler. Das ist dieselbe Ideologie, die haben genauso angefangen.“
Das Amtsgericht verurteilte den Beschwerdeführer wegen Beleidigung in Form einer Schmähkritik zu einer Geldstrafe. Auf die Berufung des Beschwerdeführers verwarnte das Landgericht den Beschwerdeführer und behielt sich die Verurteilung zu einer Geldstrafe vor. Die Revision zum Oberlandesgericht blieb erfolglos. Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die gerichtlichen Entscheidungen und rügt im Wesentlichen die Verletzung seiner Meinungsfreiheit. Er berief sich insbesondere darauf, die Eingruppierung als Schmähkritik sei hier zu Unrecht erfolgt. Es handle sich um eine grundrechtlich geschützte Äußerung.
2. Wann beginnt Schmähkritik
Zunächst muss aber erst geklärt werden, wann grundsätzlich Schmähkritik vorliegt: Das BVerfG legt dazu dar (Beschluss v. 26.6.1990):

Eine herabsetzende Äußerung nimmt vielmehr erst dann den Charakter der Schmähung an, wenn in ihr nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht. Sie muß jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik in der Herabsetzung der Person bestehen.

Die Äußerung ist damit auszulegen und zu werten. Es ist zu prüfen, ob sie allein der Schmähung dient oder auch einen sachlichen Kern beinhaltet.
3. Wie ist das im konkreten Fall?
Hier ist man zunächst geneigt eine Strafbarkeit anzunehmen, scheint der Beschwerdeführer doch ob seiner wenig sachlichen Äußerung wenig schutzwürdig. Betrachtet man dies aber einmal juristisch genauer, stellt sich dies, wie auch das BVerfG bestätigt, abweichend dar: Das BVerfG prüft hier zurecht eine Verletzung der Meinungsfreiheit und zurecht nicht unmittelbar die Klassifizierung der Äußerung.

Das Bundesverfassungsgericht ist auf eine Nachprüfung begrenzt, ob die Fachgerichte die Grundrechte ausreichend beachtet haben (vgl. BVerfGE 93, 266 <296 f.>; 101, 361 <388>). Bedeutung und Tragweite der Meinungsfreiheit sind auch dann verkannt, wenn eine Äußerung unzutreffend als Tatsachenbehauptung, Formalbeleidigung oder Schmähkritik eingestuft wird.

Inhaltlich legt es dar:

Unter den Schutz der Meinungsfreiheit fallen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Werturteile und Tatsachenbehauptungen, wenn und soweit sie zur Bildung von Meinungen beitragen (vgl. BVerfGE 85, 1 <15>). Das Grundrecht auf Meinungsfreiheit ist allerdings nicht vorbehaltlos gewährt. Es findet seine Schranken in den allgemeinen Gesetzen.

Es weist dabei explizit darauf hin, dass der Schutz recht weit reicht und erst bei der Schmähung endet:

Zu beachten ist hierbei indes, dass Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG nicht nur sachlich-differenzierte Äußerungen schützt, sondern gerade Kritik auch pointiert, polemisch und überspitzt erfolgen darf; insoweit liegt die Grenze zulässiger Meinungsäußerungen nicht schon da, wo eine polemische Zuspitzung für die Äußerung sachlicher Kritik nicht erforderlich ist (vgl. BVerfGE 82, 272 <283 f.>; 85, 1 <16>). Einen Sonderfall bilden hingegen herabsetzende Äußerungen, die sich als Formalbeleidigung oder Schmähung darstellen. Dann ist ausnahmsweise keine Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit und dem Persönlichkeitsrecht notwendig, weil die Meinungsfreiheit regelmäßig hinter dem Ehrenschutz zurücktreten wird (vgl. BVerfGE 82, 43 <51>; 90, 241 <248>; 93, 266 <294>).

Da somit der grundrechtliche Schutz entfällt, muss hier restriktiv vorgegangen werden:

Diese für die Meinungsfreiheit einschneidende Folge gebietet es aber, hinsichtlich des Vorliegens von Formalbeleidigungen und Schmähkritik strenge Maßstäbe anzuwenden (vgl. BVerfGE 93, 266 <294>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 29. Juni 2016 – 1 BvR 2646/15 -, juris). Wegen seines die Meinungsfreiheit verdrängenden Effekts ist der Begriff der Schmähkritik von Verfassungs wegen eng zu verstehen. Auch eine überzogene oder gar ausfällige Kritik macht eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Eine Äußerung nimmt diesen Charakter erst dann an, wenn nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern – jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik – die Diffamierung der Person im Vordergrund steht (vgl. BVerfGE 82, 272 <283 f.>; 85, 1 <16>; 93, 266 <294>).

Diese Maßstäbe hatten die Strafgerichte hier verkannt, indem sie die Äußerung als Schmähkritik ansahen, nicht aber ihren Kontext würdigten:

Die angegriffenen Entscheidungen verkennen, dass der Beschwerdeführer mit seiner Äußerung auch das Handeln des Geschädigten kommentierte, der sich maßgeblich an der Blockade der vom Beschwerdeführer als Versammlungsleiter angemeldeten Versammlung beteiligte und die Teilnehmenden auch seinerseits – wie die Gerichte als wahr unterstellt haben – als „braune Truppe“ und „rechtsextreme Idioten“ beschimpft hatte. Es ging dem Beschwerdeführer nicht ausschließlich um die persönliche Herabsetzung des Geschädigten. Bereits die unzutreffende Einordnung verkennt Bedeutung und Tragweite der durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten Meinungsfreiheit.

Darauf hingewiesen wird dabei auch, dass die Äußerung als Reaktion auf eine vergleichbare Provokation erfolgte. Auch dies ist zu beachten (vgl. hierzu unseren Beitrag zu einer ähnlichen Thematik).
4. Was lernen wir daraus?
Lernen kann man aus diesem Fall zweierlei: Zum einen erkennen wir juristisch die Reichweite der Meinungsfreiheit, die immer wieder Bestandteil von Entscheidungen des BVerfG und damit fast notwendig auch von Examensklausuren ist.
Zum anderen macht der Beschluss aber auch deutlich, dass auch unangenehme Äußerungen im Sinne des toleranten Rechtsstaats hinzunehmen sind, sofern eine hohe Schwelle nicht überschritten ist. Man denke sich den Fall anders herum – hier hätte vielleicht intuitiv das Ergebnis anders ausgesehen. Bei Justitia, die nicht zu Unrecht blind ist, kann dies aber keine Rolle spielen. Die Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut, sodass Meinungen von allen Seiten – schön oder unschön, appetitlich oder unappetitlich – hinzunehmen sind.

07.04.2017/0 Kommentare/von Tom Stiebert
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Tom Stiebert https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Tom Stiebert2017-04-07 09:35:252017-04-07 09:35:25BVerfG: Nicht alles, was schlecht ist, ist Schmähkritik
Dr. Sebastian Rombey

Versammlungsverbot in Heidenau ist rechtswidrig

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Die aufgeheizte Stimmung in der Diskussion um Flüchtlinge war vor allem in der kleinen sächsischen Stadt Heidenau in den vergangenen Tagen spürbar. Die Stadt fühlte sich überfordert und verbot alle Versammlungen in der Stadt von Freitag bis Montagmorgen. „Wir dürfen Rechtsextremen nicht das Feld überlassen!“, kritisierte zB Cem Özdemir (Grüne), Jörg Radek (Gewerkschaft der Polizei) wertete es als „Kniefall vor dem braunen Mob“. Das VG hat das umstrittene Verbot nun aufgehoben.
I. Ausgangslage
Das zuständige Landratsamt hatte ein Versammlungsverbot für alle öffentlichen Versammlungen und Aufzüge unter freiem Himmel in Heidenau von gestern, 28.08. (14.00 Uhr) bis Montagmorgen, 31.08.2015 (6.00 Uhr) ausgesprochen. Das für die gesamte Stadt Heidenau über das gesamte Wochenende geltende Demonstrationsverbot wurde von der Behörde mit Hinweis auf eine erhebliche Gefährdung für die öffentliche Sicherheit begründet.
Hintergrund des behördlichen Handelns waren neben den allgemein im Dresdner Raum bekannten rechtsextremen Gruppierungen sowie den enormen Problemen bei der Handhabung der zunehmenden Anzahl von Flüchtlingen insbesondere Vorfälle in der Nähe des Erstaufnahmelagers für Flüchtlinge in Heidenau, wo sich über mehrere Tage hinweg Rechtsradikale zu Demonstrationen gegen die Asylpolitik und die untergebrachten Asylanten versammelt hatten. So waren am vergangenen Wochenende u. a. mehr als 30 Polizisten verletzt worden. Darüber hinaus wurde von der Behörde angeführt, dass nicht genug Kapazitäten bestünden, um gegen die Störer vorgehen und die in Frage stehenden Rechtsgüter schützen zu können. Des Weiteren könnten die von der Polizei bei derartigen Umständen einzusetzenden Mittel wie Wasserwerfer unbeteiligte Dritte sowie friedliche Versammlungsteilnehmer unverhältnismäßig schädigen. Mithin sei insgesamt ein polizeilicher Notstand gegeben.
II. Eilentscheidung
Die 6. Kammer des VG Dresden hat nun auf den Eilantrag eines Bürgers, der an der geplanten Demonstration „Dresden Nazifrei“ teilnehmen wollte, nach summarischer rechtlicher Sachverhaltsprüfung entschieden, dass das allgemeine Verbot für alle geplanten Versammlungen im Stadtgebiet „offensichtlich rechtswidrig“ sei (AZ 6 L 815/15). Damit hat der Antrag des Bürgers nach § 80 V VWGO Erfolg, so dass der Suspensiveffekt wieder hergestellt wird. Die geplanten und angemeldeten Versammlungen rechter Gruppierungen und gemäßigter Gegenbewegungen sowie das Willkommensfest für Flüchtlinge können nun doch stattfinden. Zur Begründung führte das Gericht aus (Wortlaut der Pressemitteilung):
Die Rechtswidrigkeit „ (…) des Verbots folge zum einen aus dem Umstand, dass der polizeiliche Notstand, der zur Begründung der Allgemeinverfügung herangezogen worden sei, schon nicht hinreichend vorgetragen und belegt worden sei. So stütze sich die  vorgenommene Gefahrenprognose lediglich auf die Ereignisse des vergangenen Wochenendes ohne sich konkret mit den für das kommende Wochenende angezeigten Versammlungen auseinanderzusetzen und darzulegen, wie von der zu erwartenden Teilnehmerzahl eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgehen solle. Insoweit reiche es nicht aus, auf die aus dem gesamten Bundesgebiet erwarteten übrigen Demonstranten zu verweisen.
Das VG sieht also die Begründung des polizeilichen Notstandes als nicht ausreichend an. Insbesondere kann durch den alleinigen Verweis auf nicht genügend vorhandene Polizeikräfte ein derartig einschneidendes Verbot nicht begründet werden.
Darüber hinaus erscheine die Allgemeinverfügung, die ein vollständiges Verbot sämtlicher Versammlungen für das gesamte Wochenende umfasse, unverhältnismäßig. Sie stelle nach Überzeugung der Kammer schon nicht das mildeste Mittel dar, um den von der Behörde angenommenen Gefahren, die von den angezeigten Demonstrationen ausgehen sollen, wirksam zu begegnen. So seien für Freitag, den 28. August 2015 lediglich zwei Demonstrationen in Heidenau angemeldet und eine weitere für Samstag, den 29. August 2015. Es sei weder vorgetragen noch ersichtlich, aus welchen Gründen diese Versammlungen nicht beispielsweise in örtlicher oder zeitlicher Hinsicht beauflagt worden seien, um ein Aufeinandertreffen der unterschiedlichen politischen Lager zu unterbinden.“
Das VG verneint zudem die Verhältnismäßigkeit des allgemeinen Verbotes, genauer gesagt die Erforderlichkeit, es hätten mildere und gleich geeignete Mittel zur Sicherstellung der Öffentlichen Sicherheit bestanden, so zB die zeitliche oder auch örtliche Trennung der Demonstrationen.
Rechtlich stellt sich weitergehend aber die Frage, wie das generelle Versammlungsverbot einzustufen ist. Nach Ansicht des VG Dresden handelt es sich hierbei richtigerweise um eine Allgemeinverfügung. Eine solche stellt einen Unterfall eines Verwaltungsaktes dar (sodass sie mit der Anfechtungsklage im Hauptverfahren angegriffen werden kann) und richtet sich an einen nur nach allgemeinen Merkmalen bestimmbaren Adressatenkreis.
Zweifeln könnte man bei der rechtlichen Betrachtung auch daran, ob sich das geplante Willkommensfest für Flüchtlinge überhaupt als Versammlung im Sinne des Versammlungsrechts qualifizieren lässt. Eine Versammlung ist nach der Definition des BVerfG eine örtliche Zusammenkunft mehrerer Personen zur gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung (BVerfGE 104, 92, 104). Dieser für Art. 8 I GG entwickelte Grundsatz findet unstreitig auch im VersG Anwendung.
Die Personengruppe, die an dem Willkommensfest teilnimmt, muss u. a. innerlich durch einen gemeinsamen Zweck verbunden sein. Streitig ist dabei, worin genau der gemeinsame Zweck liegen muss. Nach dem BVerfG ist – wie an der vorstehenden Definition gesehen – die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung erforderlich; das Gericht vertritt also den engen Versammlungsbegriff. Dies wird u. a. bei der Betrachtung von Großveranstaltungen wie der Love Parade deutlich, bei der zwar eine gewisse politische Intention vorhanden war, die Musik sowie der Spaß aber eindeutig im Vordergrund standen, so dass der Versammlungscharakter verneint wurde. Grund dessen ist, dass derartige Events nicht grundlos in den Schutzbereich des Art. 8 GG einbezogen werden sollen. Aufgrund des Bezugs der Versammlungsfreiheit zur Meinungsfreiheit des Art. 5 I GG (Versammlungsfreiheit als „kollektive Meinungsfreiheit“; Komplementärfunktion) und der historischen Intention des Versammlungsbegriffs ist eine enge Begriffsdefinition also unvermeidbar; abzulehnen sind damit der weite, aber auch der engste Versammlungsbegriff.
Bei dem Willkommensfest handelt es sich zwar um eine Grillparty, bei der man annehmen könnte, dass lediglich das gesellige Zusammensein mit Spaßcharakter vordergründig sei. Vor dem politischen Hintergrund der Brisanz der Flüchtlingsdebatte, den Ausschreitungen im Dresdner Raum, und der Tatsache, dass gerade durch das Willkommensfest eine deutsche Willkommenskultur für Flüchtlinge bzw. Asylsuchende gelebt werden sollte, wird man die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung aber nicht verneinen können. Eine Versammlung ist deshalb anzunehmen.
III. Beschluss des Sächsischen OVG
Das Sächsische OVG in Bautzen hat auf die Beschwerde des Landkreises gegen die Eilentscheidung des VG Dresden hin nun in einem Beschlussverfahren beschlossen, dass lediglich die Versammlungen des Bündnisses „Dresden Nazifrei“ stattfinden dürfen. Für die stattfindenden Veranstaltungen bestehen aber strenge Auflagen, so dürfen zB Flaschen, die als Wurfgeschosse dienen könnten, nicht mitgeführt werden (Auflagen dürfen von der Polizei in Bezug auf Demonstrationen ausschließlich auf Grundlage des VersG erlassen werden; Stichwort „Polizeifestigkeit des Versammlungsrechts“). Das Demonstrationsverbot bleibt damit für rechte Gruppierungen und deren Aufmärsche am Wochenende bestehen.
Entgegen einer hohen Anzahl von Falschmeldungen in der Presse ist darauf hinzuweisen, dass das OVG Sachsen nicht entschieden hat, dass das Verbot nur in Teilen rechtswidrig ist. Der Antragssteller, der an der Veranstaltung „Dresden Nazifrei“ teilnehmen wollte, ist nämlich lediglich in Bezug auf diese Versammlung antragsbefugt, so dass nur diesbezüglich ein Beschluss ergehen kann. Die Rechtmäßigkeit oder auch Rechtswidrigkeit des Verbots in Bezug auf die anderen Versammlungen stand also gar nicht gerichtlich in Frage, so dass das VG Dresden dazu nicht hätte Stellung nehmen dürfen und das Demonstrationsverbot deshalb insoweit bestehen bleibt.
IV. Ausblick
Ein Antrag nach § 32 BVerfGG ist nach verschiedenen Pressemitteilungen anhängig. Es erscheint aber fraglich, ob das BVerfG eine einstweilige Anordnung aussprechen wird, da eine solche grds. bewusst nur unter strengen Anforderungen ergeht.
Vgl. zu den Problemen im Versammlungsrecht näher hier.
Update! 29.08.2015, 13.20 Uhr:
Das BVerfG hat das Demonstrationsverbot per einstweiliger Anordnung iSd § 32 BVerfGG in vollem Umfang für rechtswidrig erklärt und damit die Ausgangsentscheidung des VG bestätigt (AZ 1 BvQ 32/15)! Es müssten alle Demonstrationen ermöglicht werden. Zu beachten ist vor diesem Hintergrund, dass das BVerfG bei einer derartigen Anodnung nicht wie das VG Dresden oder das OVG Sachsen allein die Interessen des antragsbefugten Antragsstellers in den Blick nehmen, sondern alle widerstreitenden Interessen gegeneinander abwägen kann.
Im Zuge dieser Folgenabwägung hat das BVerfG insbesondere beanstandet, dass das OVG das Antragsbegehren nicht hinreichend im Lichte des Art. 8 I GG ausgelegt habe. Das OVG wäre dazu verpflichtet gewesen, den Antragssteller konkret zu fragen, ob er noch an weiteren Veranstaltungen habe teilnehmen wollen. Dann wäre die Aufhehbung des Verbots nämlich – wie bei der Eilentscheidung des VG Dresden geschehen – auf alle Versammlungen zu erstrecken gewesen.
Die Verfassungsrichter argumentierten zudem, dass die hohen Anforderungen für eine Anordnung nach § 32 BVerfGG deshalb gegeben seien, weil ohne eine solche Anordnung bei späterer erfolgreicher Verfassungsbeschwerde gegen das Demonstrationsverbot dieVersammlungsfreiheit durch den Staat hätte beschränkt und in dem hier doch sehr engen und räumlich begrenzten Zusammenhang gänzlich außer Kraft gesetzt werden können. Anderenfalls hätte viele Bürger außerhalb des Wochenendes nur wenige bis gar keine Möglichkeiten, um ihre Meinungen öffentlich kundtun zu können.
Im rechtlichen Kern wurden die Bedenken der Fachgerichte (VG und OVG) hinsichtlich des Vorliegens eines polizeilichen Notstandes sowie der Verhältnismäßigkeit des Verbots geteilt (vgl. näher die Pressemitteilung).

29.08.2015/1 Kommentar/von Dr. Sebastian Rombey
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Sebastian Rombey https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Sebastian Rombey2015-08-29 12:08:382015-08-29 12:08:38Versammlungsverbot in Heidenau ist rechtswidrig
Gastautor

Jur:Next Urteil: DÜGIDA vs. Oberbürgermeister

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Wir freuen uns, auch heute wieder einen Beitrag aus der gemeinsamen Kooperation mit jur:next veröffentlichen zu können. Nachfolgend wird ein Beschluss des OVG NRW besprochen, der wegen der hohen Relevanz des Eilrechtsschutzes in der Ersten Staatsprüfung Anlass bietet, sich anhand einer politisch aktuellen Situation in das Thema einzudenken.
Beschluss des OVG Nordrhein-Westfalen vom 12. Januar 2015 ·
Az. 15 B 45/15

Leitsatz: „Zulässigkeit und Grenzen von staatlichen Aufrufen an die Bevölkerung zu Kundgebungen oder ähnlichen politischen Aktionen sind jedoch bislang in der verfassungs- und verwaltungsrechtlichen Rechtsprechung nicht hinreichend geklärt. Zwar wird die Antragstellerin durch den Aufruf des Antragsgegners jedenfalls in ihren Grundrechten aus Art. 5 und 8 GG berührt. Sie kann aber ihre Versammlung gleichwohl wie geplant durchführen.“

I. Zum Sachverhalt
Der PEGIDA-Ableger DÜGIDA hatte für den 12.01.15 eine Demonstration mit dem allseits bekannten Thema der Islamisierung des Abendlandes geplant. Der Oberbürgermeister der Stadt Düsseldorf wollte dies nicht ohne weiteres hinnehmen. Angelehnt an die Maßnahme des Erzbistums Köln den Dom zu verdunkeln, sollten auch hier sämtliche städtische Einrichtungen als Zeichen der Ablehnung das Licht ausschalten. Auf der Internetseite der Stadt Düsseldorf wurden die Bürger gar zu einer Gegendemonstration aufgerufen. Darüber hinaus wurden auf der öffentlichen Plattform auch die regional ansässigen Betriebe dazu aufgefordert gegen DÜGIDA das Licht  auszuknipsen. Ein Antrag einer Demonstrantin D auf einstweilige Untersagung des Handelns des OB von Düsseldorf hatte vor dem ansässigen VG Erfolg.[1] Das Stadtoberhaupt legte jedoch Beschwerde gegen die Untersagung beim OVG in Münster ein, welcher am 12.01.15 stattgegeben wurde.
II. Problemaufriss
Zunächst ein kurzer Überblick zur Zulässigkeit des verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutzes:
Gem. § 123 V VwGO ist die einstweilige Anordnung nach § 123 I VwGO subsidiär zu § 80 V VwGO. Dieser Fall tritt ein, wenn in der Hauptsache eine Anfechtungsklage statthaft wäre, also sich das Begehren des Klägers auf die Abwehr eines nicht erledigten Verwaltungsakts richtet. Mangels Regelungsgehalts der Aufforderungen des OB im Internet an die Unternehmen ist eine Verwaltungsaktqualität zu verneinen. Bei der Anweisung das Licht in den Verwaltungsgebäuden auszuschalten handelt es sich ferner um eine innerbehördliche Maßnahme, der folglich eine Aussenwirkung fehlt. Vorliegend wäre somit nur eine Leistungsklage in Form des öffentlichrechtlichen Abwehr- und Unterlassungsanspruchs statthaft in der Hauptsache. Die einstweilige Anordnung ist nach § 123 Abs. 1 VwGO zur Sicherung einer vorhandenen Rechtsposition (S. 1) als auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes (S. 2) möglich. Die Anordnung nach Satz 1 ergeht bspw. bei sicherungsfähigen Unterlassungsansprüchen (Sicherungsanordnung). Eine solche nach Satz 2 hingegen zur Erweiterung des Rechtskreises bspw. durch Verpflichtungsverhältnisse (Regelungsanordnung). Das OVG bejaht vorliegend ohne weitere Prüfung eine Regelungsanordnung. Dafür spricht, dass man das Verlangen der D auf ein Lichtanlassen als ein „Mehr“ im Vergleich zur bereits genehmigten und gesicherten Versammlung sehen könnte. Dagegen spricht jedoch klar die dargestellte Unterlassungskonstellation. Die D möchte ihre bereits gesicherte Rechtsposition aus Art. 8 I GG vor einer Gefährdung durch das Handeln des OB schützen. Damit liegt der Fall einer Sicherungsanordnung vor, wobei letztlich jedoch mit guten Argumenten beiden Alternativen gefolgt werden kann. D ist auch gemäß § 42 II VwGO analog antragsbefugt, da sie auch im etwaigen Hauptsacheverfahren möglicherweise in ihrem Rechten aus Art. 8 I, 5 I 1 GG gefährdet wäre. Richtiger Antragsgegner nach § 78 I Nr. 1 VwGO analog ist die Stadt D als Rechtsträger des als in seiner Funktion als Behörde handelnden OB. Das Rechtsschutzbedürfnis im einstweiligen Rechtsschutz kann fehlen, wenn es einfachere Wege zur Erreichung des Begehrens des Antragstellers, bspw. durch einen Antrag bei der Behörde gibt oder auch das Hauptsacheverfahren insgesamt offensichtlich unzulässig wäre. Diesbezügliche Annahmen gibt es nicht, sodass der Antrag der D auf Erlass einer Sicherungsanordnung auch insgesamt zulässig ist.
In der Begründetheit müssen ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund gegeben sein. Ein  Anordnungsanspruch besteht wenn die Klage in der Hauptsache nicht offensichtlich unbegründet ist. Demnach ist hier die Unterlassungsklage der D summarisch zu prüfen. Sowohl Art. 8 I GG als auch dessen einfach gesetzliche Konkretisierung in § 1 VersG garantieren das subjektive öffentliche Recht der Freiheit einer Versammlung. Bei der PEGIDA- Demo handelt es sich um ein Zusammentreffen zur politischen Meinungskundgabe und somit bereits nach der engsten Definition um eine Versammlung. Es stellt sich die Frage, ob in diese Rechtsposition hoheitlich eingegriffen worden sein könnte. Der Düsseldorfer OB veröffentlichte die Aufforderungen auf der städtischen Internetplattform und gab innerbehördliche Anweisungen aus, sodass er in seiner hoheitlichen Funktion als gemeindliche Behörde (§ 62 II 2, 63 I GONW) handelte. Gesichert wird durch Art. 8 I GG das umfassende Recht Ort, Zeit und Umfang einer Versammlung frei zu gestalten. Auch in Dunkelheit öffentlicher und gewerblicher Gebäude kann die D ihre Versammlung wie geplant durchführen, da Straßen- und Wegebeleuchtung ihren Marsch sichern. Sinn und Zweck der Versammlungsfreiheit ist jedoch neben der organisatorischen Durchführung eine bestimmte meinungsbildende Wirkung nach außen tragen zu können. Einer vorher öffentlich „ausgeknipsten“ Veranstaltung ist dies nicht in gleicher Weise möglich, wie unter den Alltagsvoraussetzungen, die gerade die Besonderheit einer solchen Kundgebung hervorheben. Ihr wird in diesem Sinne die ausübende Wirkung erschwert. Auch wird sie von staatlicher Seite nicht in gleicher Weise wie eine gewöhnliche Demonstration behandelt. Diese vorliegende Beeinträchtigung der Rechtsposition aus Art. 8 I GG war auch gerade in funktionaler Weise das Ziel des Handelns des OB. Ein darüber hinaus gehender Eingriff in die Meinungsfreiheit aus Art. 5 I GG, kann, wenn man wiederum auf die Wirkungsweise und die Darstellung der Demonstration als beeinträchtige Äußerung abstellt, gleichfalls bejaht werden.
Fraglich ist demnach, ob der Eingriff rechtswidrig war, also insbesondere von der D zu dulden sein könnte. Anmeldepflichtige und nicht verbotene Versammlungen können grds. nur unter den tatbestandlichen Voraussetzungen der §§ 14 ff. VersG beschränkt werden. Eine mögliche Duldungspflicht gegnüber dem Handeln des OB findet sich hier und somit insgesamt nicht. Die öffentlichen Aufrufe könnten jedoch als im politischen Meinungskampf gerechtfertigt sein. Dies wäre nicht der Fall, wenn das Amt des Bürgermeisters, das der OB wie dargestellt ausgenutzt hat, dem staatlichen Neutralitätsgebot unterworfen ist. Das BVerfG hatte erst kürzlich entschieden, dass auch im öffentlichen Meinungskampf zwischen politischen Vertretern und parteilich organisierten Bürgern das staatliche Neutralitätsgebot aus Art. 20 I, II und Art. 21 I GG zu beachten ist. [2] Ob diese Grundsätze auf einen kommunalen Vertreter gegenüber einer politischen Organisation anwendbar sind, wurde, wie auch das OVG feststellt, bisher nicht entschieden.[3] Klar ist, dass Grundsätze der verfassungsmäßigen Ordnung über Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG auch für die Länder und Kommunen gelten. Zwar zielt der Grundsatz auf die besondere Stellung der Parteien und deren Freiheit in Wahlkampfzeiten ab, dies darf jedoch nicht ausschließen, dass die demokratische Willensbildung, die auch gerade durch politische Organisationen erst entstehen kann, gleichfalls geschützt sein muss. Ferner sind Gründe warum dieses verfassungsrechtlich normierte Gebot, das so an Funktion und Ausübung eines Mandats eine Neutralitätspflicht knüpft, nicht auch für einen Gemeindevorsteher gegenüber einer politischen Organisation gelten soll nicht ersichtlich. In beiden Fällen geht es um die Ausnutzung der hoheitlichen Amtsstellung zur Beeinflussung politischer Willensbildung. In beiden Fällen führt dies so zu einem öffentlichkeitswirksamen Vorteil gegenüber den politischen Gegnern. Ausnahmen gelten nur dann, wenn es um offensichtlich verfassungsfeindliche Bestrebungen geht, die innerhalb der Demokratie zu bekämpfen ausdrücklich erlaubt ist (Art. 20 IV GG).[4] All diese Ausführen finden sich wenn überhaupt nur unvollständig in der Entscheidung des OVG wieder. Demnach liegt ein rechtswidriger Eingriff in Art.8 I, 5 I GG vor, ein Erfolg in der Hauptsache wäre zu erwarten und ein Anordnungsanspruch besteht.
Ein Anordnungsgrund liegt vor, wenn eine Eilentscheidung nötig ist, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gefahren zu verhindern (Interessenabwägung). Zunächst ist richtig, dass es sich aufgrund der Kürze der Zeit vorliegend um eine endgültige Entscheidung handelt, das die Hauptsache letztlich vorwegnimmt.[5] Dies liegt jedoch offensichtlich in der Natur der Sache einer Eilentscheidung, die mit einem zeitlich stark befristeten Unterlassungsbegehren verbunden ist. Nach ständiger Rechtsprechung muss das Abwarten für den Antragsteller schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge haben. Ein Abwarten des Hauptsacheverfahrens war offensichtlich mit nicht mehr zu beseitigenden Nachteilen verbunden, da die Versammlung unmittelbar bevorstand. Zudem wurde der nicht unerhebliche Einfluss auf Art und Umfang der Kundgebung bereits dargestellt. Die schon erwähnten gegenteiligen Argumente können aber auch hier zu einer Ablehnung eines Anordnungsgrunds kommen. Sicher ist jedoch, dass die Feststellung durch das OVG: „Sie [die D] (Anm. d. Verf.) kann aber ihre Versammlung gleichwohl wie geplant durchführen“[6], welche zugleich mit dem Ausbleiben einer Würdigung der Hauptsache einherging, offensichtlich unzureichend ist. Das Gericht verwies dafür zwar auf die Kürze der Zeit, wollte aber Mehr oder Minder sagen: „ Ist doch nicht so schlimm, stellen Sie sich nicht so an!“
Nach dem Vorliegen eines Anordnungsgrundes ist dessen Glaubhaftmachung gemäß den §§ 920, 294 ZPO erforderlich. Die Rechtsfolgen einer einstweiligen Anordnungen stehen grds. im Ermessen des Gerichts (§ 123 III iVm § 938 I ZPO). Bezüglich des Ob der Anordnung ist nach ganz herrschender Auffassung bei Bejahung der vorhergehenden Merkmale kein Raum. Jedenfalls muss aber der Inhalt der Entscheidung vom Gericht bestimmt werden. Hier dürfen grds. keine Vorwegnahme und auch kein Überschreiten des Begehrens der Hauptsache erfolgen. Vorliegend handelte es sich wie dargestellt jedoch gerade um einen solchen Ausnahmefall, sodass ein Abwarten in der Hauptsache unzumutbar war. Schließlich konnte damit hier die Anordnung getroffen werden, dass der OB sowohl seine öffentliche Aufforderung als auch seine innerbehördliche Anweisung zur „Lichtblockade“ gegen DÜGIDA zu unterlassen bzw. zurückzunehmen hat.
III. Bedeutung für die Ausbildung
Der verwaltungsgerichtliche Eilrechtsschutz ist ein Dauerbrenner im Examen, da hier die einzelnen Ö- Rechtsgebiete übergreifend beherrscht werden müssen. Sind jedoch die dargestellten Grundzüge der §§80 V, 123 I klar, kann mit guter Argumentation und Überblick gepunktet werden. Das Urteil des OVG selbst ist aus den genannten Gründen zwar nicht lesenswert, jedoch besitzt die Fallkonstellation höchste Aktualität und somit auch Relevanz für die Erste Staatsprüfung.
 
[1] VG Düsselsdorf: Beschl. v. 9.01.2015, Az. 1 L 54/15.
[2] BverfG, Urteil vom 16.12.2014, Az. 2 BvE 2/14.
[3] Rn. 8.
[4] So bspw. bei einem Aufruf eines Bürgermeisters zu einer Gegendemonstration gegen einen verfassungsfeindlichen Verein: Beschluss des OVG vom 12.06.2005 · Az. 15 B 1099/05.
[5 ] Rn. 6.
[6] So das OVG in diesem Urteil lapidar in Rn. 9.

22.03.2015/5 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2015-03-22 09:11:252015-03-22 09:11:25Jur:Next Urteil: DÜGIDA vs. Oberbürgermeister
Nicolas Hohn-Hein

VG Hannover: Open-Air-Konzert nicht durch Versammlungsrecht geschützt

Öffentliches Recht, Polizei- und Ordnungsrecht, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Versammlungsrecht, Verwaltungsrecht

In einer bereits im letzten Jahr veröffentlichten Entscheidung des VG Hannover (Beschluss vom 08.11.2013 – 10 B 7448/13) hat sich das Gericht mit der Frage beschäftigt, wann eine politisch motivierte Veranstaltung, die auch Musikdarbietungen beinhaltet, als Versammlung im Sinne von Art. 8 GG anzusehen ist und damit in den besonderen Schutzbereich des Versammlungsrechts fällt. Die nachfolgende Besprechung orientiert sich an der uns vorliegenden Pressemitteilung des VG Hannover.
Sachverhalt
A veranstaltet seit einiger Zeit Aktionen der sog. „Unabhängige Montagsdemo-Berlin“ (UMOD-Berlin), einer dem linken politischen Spektrum zuzuordnenden Aktivistengruppe. Die Veranstaltungen finden für gewöhnlich in der Innenstadt von Hannover unter freiem Himmel statt. Leitthema ist regelmäßig „Für ein menschenwürdiges Leben – Gegen Sozialabbau und Behördenwillkür“. Auf den Zusammenkünften werden Reden zu politischen Themen gehalten und Diskussionsrunden organisiert. Während der Veranstaltungen gibt es auch Musikdarbietungen der in der Szene bekannten Musikgruppe QULT.
Am 02.11.2013 meldet A bei der Polizeidirektion Hannover die für den 09.11.2013  in der Zeit von 13.00 bis 21.00 Uhr an der Kröpcke-Uhr/Georgstraße geplante Aktion an. Mit schriftlichem Bescheid vom 04.11.2013 untersagt die Polizeidirektion Hannover dem A die Durchführung der Veranstaltung und ordnet die sofortige Vollziehung dieser Verfügung an.
Als Begründung führt die Polizeidirektion aus, dass es sich nicht um eine Versammlung im Sinne von Art. 8 GG handele und damit nicht vom Niedersächsischen Versammlungsgesetz gedeckt sei. Zwar stelle der Antragsteller die „UMOD-Berlin“ in seinen Versammlungsanzeigen als eine Gruppe vor, welche „auf der Straße“ demonstriere. Inzwischen habe sich aber herausgestellt, dass diese Betätigungen, sofern sie überhaupt vorhanden seien, einen verschwindend geringen Anteil einnähmen. Vorrangige Ziele dieser Aktionen seien die Durchführung öffentlicher Konzerte und kommerzieller Handlungen für und durch die Gruppe „Qult“. So werden – was zutrifft – während der Aktionen u.a. T-Shirts und CDs der Musikgruppe gegen eine kleine Spende „verschenkt“. Der insgesamt kommerzielle Zweck ergebe sich auch aus den Äußerungen der Band im Internet.
A ist erschüttert und fühlt sich massiv in seiner Versammlungsfreiheit verletzt. Immerhin sei es nicht untypisch, dass auf solchen Veranstaltungen auch Bands auftreten, die für die politischen Ziele der Aktivistengruppen werben. Nur auf diese Weise könne man die notwendige Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit erhalten. Dass dabei auch u.a. CDs an die Teilnehmer der Aktionen verschenkt werden, diene allein der Förderung des übergeordneten Zwecks der politischen Meinungsbildung und sei nicht von kommerziellen Überlegungen der Musikgruppe QULT getragen.
A möchte sich im Wege des Eilrechtsschutzes gemäß § 80 Abs. 5 VwGO beim VG Hannover gegen die Verfügung der Polizeidirektion wehren, da er die Aktion am 09.11.2013 unbedingt durchführen will. Hat der Antrag des A Aussicht auf Erfolg?

Anmerkung: Hinsichtlich der Grundlagen und der zu prüfenden Fragen des verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutzes sei an dieser Stelle auf unsere Beitragsreihe „Einstweiliger Rechtsschutz im Verwaltungsverfahren“ verwiesen.

 
Reine Musikveranstaltungen nicht von Versammlungsrecht geschützt
Das Gericht geht zunächst von der Definition der „Versammlung“ im Sinne von Art. 8 GG aus. Wir erinnern uns: Versammlung ist das Zusammenkommen mehrerer – mindestens 2 – Personen zur Verfolgung eines gemeinsamen (kommunikativen) Zwecks bei Vorliegen einer gewissen inneren Verbundenheit. Nach dem „engen Versammlungsbegriff“ des BVerfG untermalen nur politische oder öffentliche Themen der Versammlungsfreiheit (grundsätzlich BVerfG NJW 2001, 2549).

Anmerkung: Das Niedersächsische Versammlungsgesetz hat diesen Versammlungsbegriff übrigens in § 2 NVersG übernommen. Die nachfolgenden Erwägungen haben jedoch für das gesamte Bundesgebiet Gültigkeit. In NRW bspw. findet mangels länderspezifischer Regelung das (Bundes-) Versammlungsgesetz Anwendung, in dem der Versammlungsbegriff nicht ausdrücklich aufgenommen worden ist.

Problematisch im vorliegenden Fall war, ob die Veranstaltung einen gemeinsamen kommunikativen Zweck im Sinne öffentlicher Meinungsbildung verfolgte oder reinen Unterhaltungszwecken diente. Eine Versammlung zeichnet sich u.a. insbesondere dadurch aus, dass die Teilnehmer gleichgerichtete (politische) Ziele verfolgen und sich im Wege der Zusammenkunft in der Öffentlichkeit Gehör bzw. zur öffentlichen Meinungsbildung beitragen verschaffen.
Nach der gängigen Auffassung in der Rechtsprechung reicht daher eine bloß „lose“ Verbindung der Teilnehmer nicht aus. So ist der gemeinsame Konsum (Musik, Alkohol) nicht von der Versammlungsfreiheit geschützt, weil nicht die gemeinsame öffentliche Meinungsbildung im Vordergrund steht, sondern die individuelle Unterhaltung (BVerfG, NJW 2001, 2459 (2460) oder hier bzgl. „Fuckparade“ und „Loveparade“ – lesenswert!).
Diese wichtigen Grundsätze hat das Gericht für seine Entscheidung zunächst vorausgesetzt, wenn es in der Pressemitteilung heißt

Den Schutz von Art. 8 GG könnten solche Veranstaltungen beanspruchen, die auf eine Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet seien, nicht aber reine Musikveranstaltungen. Erst wenn der auf die öffentliche Meinungsbildung gerichtete Zweck an den Rand gedrängt werde, weil der Unterhaltungszweck im Vordergrund stehe, könne die Veranstaltung nicht mehr den Schutz von Art. 8 GG in Anspruch nehmen. Dabei sei im Zweifel für die Versammlungsfreiheit zu entscheiden.

Abzustellen ist daher im Ergebnis darauf, welchen inhaltlichen Schwerpunkt eine Versammlung aufweist.
 
Zweck der öffentlichen Meinungsbildung durch Musikdarbietung nicht an den Rand gedrängt
Gleichwohl erscheint es äußerst naheliegend, nicht jeder öffentlichen Veranstaltung mit politischem Hintergrund, bei der auch Musikgruppen auftreten, den Schutz des Versammlungsrechts pauschal zu versagen. Stattdessen ist eine Abwägung im Einzelfall zu treffen und im Zweifel das Versammlungsgesetz anwendbar. Gerade bei politischen Veranstaltungen ist es durchaus üblich, die politische „Message“ nicht allein durch Reden, Vorträge o.ä. zu vermitteln, sondern auch auf Musikgruppen zu setzen, die u.a. auch junge Leute anziehen sollen.
Dass dabei auch auf „Merchandise-Maßnahmen“ gesetzt wird, um die Veranstaltung zu finanzieren, ist Teil der Durchführung der Veranstaltung und steht genauso wie der Auftritt einer Band nicht per se im Vordergrund, solange im konkreten Fall der Aspekt der politischen Meinungsbildung nicht völlig an den Rand gedrängt wird. Dies hat auch das VG Hannover Anlehnung an die insoweit eindeutige Rechtsprechung des BVerfG gesehen, denn

[e]s sei nicht erkennbar, dass der auf die öffentliche Meinungsbildung gerichtete Zweck der vom Antragsteller geplanten Veranstaltung an den Rand gedrängt werde. Selbst die Polizeidirektion gehe davon aus, dass der Antragsteller mit seinen Veranstaltungen Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung nehmen wolle. Dem entsprechend werte sie nach wie vor die Aktionen, die ohne Mitwirkung der Band „Qult“ erfolgten, als Versammlungen im Sinne des Niedersächsischen Versammlungsgesetzes. Dass diese Absicht bei Auftreten der Band „an den Rand gedrängt“ würden, lasse sich nicht feststellen. Zwar rückten die Äußerungen der Band auf ihrer Internetseite, das Aufstellen von Spendenkörben und das „Verschenken“ von CDs gegen eine Spende ihr Auftreten in die Nähe des Auftritts sonstiger Musikgruppen, wie es häufig in den Fußgängerzonen insbesondere von Großstädten anzutreffen sei. Zu berücksichtigen sei aber die vom Antragsteller dargelegte Absicht, durch den Auftritt von „Qult“ Aufmerksamkeit für sein „politisches“ Anliegen zu wecken und Passanten anzusprechen, die er ansonsten nicht erreichen würde. Darüber hinaus stünden die Darbietungen der Band selbst zumindest zum Teil auch in einem Kontext zu dem eigentlichen vom Antragsteller verfolgten Anliegen und unterschieden sich damit von Musikdarbietungen zur bloßen Unterhaltung von Veranstaltungsteilnehmern.

Ergebnis: Der Antrag des A hatte damit Erfolg. Die Versammlung fiel unter das Versammlungsgesetz, wonach ein behördliches Versammlungsverbot nur dann ergehen kann, wenn eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung besteht (vgl. bspw. § 8 I NVersG bzw. § 15 I VersG).
 
Fazit
Versammlungsrecht und Eilrechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO sind stets sehr beliebte Themen in beiden Examina. In einer Klausur ließe sich der Fall selbstverständlich noch mit weiteren zahlreichen Problemen des materiellen Rechts und des Prozessrechts verbinden.
Nachfolgend erhaltet ihr noch eine Auswahl weiterer lesenswerte Beiträge zum Versammlungsrecht:

  • https://www.juraexamen.info/vg-aachen-protestcamp-tagebau-hambach-muss-geraumt-werden/
  • https://www.juraexamen.info/vg-neustadt-verbot-eines-npd-trauermarsches-am-volkstrauertag-rechtmasig/
  • https://www.juraexamen.info/bverfg-zweite-reihe-rechtsprechung-bestatigt-sitzblockade-zudem-„versammlung“-nach-art-8-i-gg/
  • https://www.juraexamen.info/bverfg-1-bvr-140206-die-versammlungsfreiheit-schutzt-auch-die-non-verbale-meinungsauserung/

18.03.2014/1 Kommentar/von Nicolas Hohn-Hein
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Nicolas Hohn-Hein https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Nicolas Hohn-Hein2014-03-18 09:00:062014-03-18 09:00:06VG Hannover: Open-Air-Konzert nicht durch Versammlungsrecht geschützt
Redaktion

VG Stuttgart: Öffentlicher Verkehrsraum für Versammlung

Startseite, Verschiedenes



Der Verlag von JURA INTENSIV stellt uns monatlich zwei Beiträge aus der Ausbildungszeitschrift RA (Rechtsprechungs-Auswertung) zwecks freier Veröffentlichung auf juraexamen.info zur Verfügung.
Der heutige Beitrag

“Öffentlicher Verkehrsraum für Versammlung“

befasst sich mit einer weiteren Entscheidung aus dem Themenkomplex „Stuttgart 21″. Das Verwaltungsgericht musste in einem Eilrechtsschutz-Verfahren unter verschiedenen Gesichtspunkten die Vereinbarkeit einer Demonstration in der Kopfbahnsteighalle des Stuttgarter Hauptbahnhofs mit den Vorgaben des Versammlungsrechts überprüfen. Der Beschluss ist in den weiteren Kontext der Fraport-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuordnen und betrifft unter anderem die Frage, ob es sich bei einer Demonstration auch dann um eine Versammlung „unter freiem Himmel“ im Sinne des Art. 8 Abs. 2 GG iVm §§ 14 ff. VersG handeln kann, wenn sie mitten in einem Gebäude stattfindet (hier: Stuttgarter Hauptbahnhof). Wie immer werden die Erwägungen des Gerichts gutachterlich aufbereitet.
Den Beitrag findet Ihr hier.

29.01.2013/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2013-01-29 10:00:092013-01-29 10:00:09VG Stuttgart: Öffentlicher Verkehrsraum für Versammlung
Tom Stiebert

Verbot des Zeigens der Mohammed-Karikaturen

Aktuelles, Öffentliches Recht, Schon gelesen?, Startseite, Verfassungsrecht, Verwaltungsrecht

Nicht nur in NRW befassen sich die Medien zur Zeit mit den Ausschreitungen zwischen Salafisten und pro-NRW-Symphatisanten, bei denen mehrere Polizisten teils schwer verletzt wurden. Auslöser dieser (kalkulierten) Auseinandersetzung war das Zeigen der bekannten Mohammed-Karrikaturen durch Mitglieder der rechtsextremen Gruppierung pro-NRW.
Bereits im Vorfeld dieser Veranstaltung wurde ein Verbot des Zeigens dieser Karikaturen gefordert, dass aber vom OVG NRW abgelehnt wurde. Nach den Ausschreitungen von Bad Godesberg fordert NRW Innenminister Rolf Jäger erneut ein Verbot dieser Handlung und begründet dies mit der Eskalation der Gewalt. Das Verwaltungsgericht Minden entschied hingegen, dass eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nicht vorläge. Die Bälle werden sich damit hin- und her gespielt.
An dieser Stelle sollen einige rechtliche Eckpunkte aufgezeigt werden, die bei einer solchen Entscheidung zu beachten sind.
I. Anwendung Versammlungsrecht
Die Karrikaturen werden im Rahmen und als Teil einer Versammlung von pro-NRW gezeigt, die auch nicht verboten wurde. Aufgrund der Polizeifestigkeit der Versammlung ist damit allein das Versammlungsgesetz maßgeblich. Ein Verbot kann damit aus § 15 VersG resultieren.
II. Voraussetzung: Gefährdung öffentliche Sicherheit und Ordnung
Zudem müsste eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vorliegen. Das VG Minden weist dies mit der Begründung ab:

„Zwar gab es bei zwei entsprechenden Veranstaltungen in Solingen und Bonn gewalttätige Ausschreitungen, jedoch gab es nach den dem Gericht vorgelegten Unterlagen zahlreiche andere derartige Veranstaltungen, bei denen es nicht zu Ausschreitungen gekommen ist.“

Inwiefern diese Aussage tatsächlich zutreffend ist, das heißt in welchen Fällen tatsächlich eine vergleichbare Situation – Zeigen der Karikaturen vor oder in der Nähe von Moscheen oder Gebetshäusern – vorgelegen hat, kann hier nicht überprüft werden. Es bestehen aber m.E. ausreichend Indizien, dass es erneut zu Ausschreitungen kommen wird. Beispielhaft hierfür eine Aussage von Pierre Vogel:

„Ich sage euch: wir distanzieren uns nicht. Wir hätten nicht dazu aufgerufen, aber wenn wir da gewesen wären, wer weiß wie wir reagiert hätten? Wenn der Prophet beschimpft wird, das ist halt die rote Linie.“

Weitere Ausschreitungen sind damit zu befürchten.
Zu beachten ist dabei allerdings eines – unmittelbar gehen diese Ausschreitungen nicht etwa von den rechtsextremen Demonstranten, sondern von den Salafisten aus. So ablehnenswert die von pro-NRW verbreitete Ideologie auch sein mag, die Versammlung als solche ist friedlich und unterliegt damit dem besonderen Schutz des Art. 8 GG. Die Gewalttätigkeiten gingen unmittelbar allein von den Salafisten als Teil der Gegendemonstration aus. Neben der Versammlungsfreiheit genießt das Zeigen der Karikaturen auch noch den besonderen Schutz der Meinungsfreiheit aus Art. 5 GG. Auch wenn das Zeigen der Karikaturen zuvorderst als Provokation gedacht ist, impliziert es zumindest auch eine Meinung in Form der Ablehnung des Islams bzw. zumindest von dessen radikalen Tendenzen. Der weite Auslegung der Meinungsfreiheit (ausgenommen sind allenfalls „Meinungen“ zum Holocaust) fordert damit auch eine Beachtung dieses Grundrechts, sofern man die Meinungskundgabe nicht schon als Teil der Versammlungsfreiheit sehen möchte. Diese verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen sind damit zu beachten.
Sowohl das Verbot der Versammlung von pro-NRW als solcher als auch das Verhängen des Verbots des Zeigens der Karikaturen als Auflage ist damit grundsätzlich nicht zulässig.
Grenzen können allenfalls dann bestehen, wenn die pro-NRW-Versammlung als Zweckveranlasser für die Unruhen anzusehen ist und eine Vereitelung der Gegenproteste und der Ausschreitungen nicht oder zumindest faktisch nicht möglich ist. Hier ist die Situation so, dass pro-NRW zwar die Ausschreitungen wohlkalkuliert heraufbeschworen hat, allerdings kann eine entsprechend große Polizeipräsenz eine Eskalation verhindern, sodass damit den Grundrechten von pro-NRW zur Geltung verholfen werden kann.
Das BVerfG hat dies wie folgt dargelegt:

Drohen Gewalttaten als Gegenreaktion auf Versammlungen, so müssen sich behördliche Maßnahmen primär gegen die Störer richten (vgl. BVerfGE 69, 315 <360 f.>). Mit Art. 8 GG wäre nicht zu vereinbaren, dass bereits mit der Anmeldung einer Gegendemonstration erreicht werden kann, dass dem Veranstalter der zuerst angemeldeten Versammlung die Möglichkeit genommen wird, sein Demonstrationsanliegen zu verwirklichen. Es ist Aufgabe der zum Schutz der rechtsstaatlichen Ordnung berufenen Polizei, in unparteiischer Weise auf die Verwirklichung des Versammlungsrechts hinzuwirken. Gegen die Versammlung als ganze darf in einer solchen Situation grundsätzlich nur unter den besonderen Voraussetzungen des polizeilichen Notstandes eingeschritten werden (vgl. BVerfGE 69, 315 <360 f.>). Unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes muss die Versammlungsbehörde insoweit auch prüfen, ob ein polizeilicher Notstand durch Modifikation der Versammlungsmodalitäten entfallen kann, ohne dadurch den konkreten Zweck der Versammlung zu vereiteln.

III. Fazit
Grundrechtsschutz kann teuer sein – trotzdem ist er zu gewährleisten. Selbst wenn damit extremistische Ansichten geschützt werden müssen – egal ob links, rechts oder religiös – so muss der Staat dies tun – die Grundrechte gelten nicht allein für „die Guten“. Aus diesem Grund muss auch die pro-NRW-Demonstration geschützt werden. Nur in extremen Fällen – bspw. bei Abwägung mit der kollidierenden Religionsfreiheit Dritter und einem Überwiegen dieser Interessen – kann ein gegenteiliges Ergebnis bejaht werden.

08.05.2012/2 Kommentare/von Tom Stiebert
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Tom Stiebert https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Tom Stiebert2012-05-08 10:18:222012-05-08 10:18:22Verbot des Zeigens der Mohammed-Karikaturen

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