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Schlagwortarchiv für: Dashcam

Dr. Sebastian Rombey

BGH: Dashcam-Aufnahmen können als Beweismittel zulässig sein

Examensvorbereitung, Lerntipps, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite

Mit Urteil vom heutigen Tage (15.05.2018 – VI ZR 233/17) hat der VI. Zivilsenat des BGH über die Verwertbarkeit sog. Dashcam-Aufnahmen entschieden. Als Dashcam wird eine Videokamera bezeichnet, die an der Windschutzscheibe oder dem Armaturenbrett des Fahrzeugs befestigt wird und während der gesamten Fahrt Aufzeichnungen anfertigt. Im Falle eines Unfalls liegt dann ein valides Beweismittel vor – soweit es denn zugelassen wird.
Dies wurde bislang recht unterschiedlich gehandhabt. Häufig wurde aber ein Beweisverwertungsverbot angenommen, wenn die Kamera dauerhaft aufzeichnete. Der Grund dafür liegt in der Persönlichkeitsrechtsrelevanz der Aufnahmen (Recht am eigenen Bild). Nach dem informationellen Selbstbestimmungsrecht hat jeder nämlich dem Grundsatz nach selbst das Recht „über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen“ (BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 – 1 BvR 209/83 u.a., BVerfGE 65, 1, 43). So hat es das BVerfG bereits in seinem Volkszählungsurteil klargestellt. Personenbezogene Daten vorbeilaufender Fußgänger, Kennzeichen anderer Autos, usw. könnten ebenfalls aufgenommen werden. Dies wiederum könnte zu einer anlasslosen und uferlosen Ausweitung der Überwachung des öffentlichen Straßenverkehrs führen – datenschutzrechtlich hoch problematisch.
Nach § 4 Abs. 1 BDSG gilt ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Eine Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten ist danach nur zulässig, soweit das BDSG oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder aber der Betroffene eingewilligt hat – anderenfalls bleibt sie verboten. Ähnlich formuliert es die ab dem 25.05.2018 anwendbare DS-GVO in Zusammenschau der Art. 5 und 6. Da weder eine Einwilligung noch eine andere Rechtsvorschrift in Betracht kommen, mag allein der Erlaubnistatbestand des § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG (künftig Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f) DS-GVO) weiterhelfen. Danach ist die Datenverwendung zulässig, soweit sie zur Wahrung berechtigter Interessen erforderlich ist und keine schutzwürdigen Interessen des Betroffenen entgegenstehen. Der Begriff der datenschutzrechtlichen Erforderlichkeit ist als Abwägungsparameter zu verstehen. Insoweit ist also die Durchführung einer strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung zur Herstellung praktischer Konkordanz angezeigt – wäre die einschlägige Datenschutznorm im Sachverhalt abgedruckt, wäre eine entsprechende Klausur durchaus denkbar.
Da Videoaufnahmen jedoch besonders sensibel zu behandeln sind, gilt nach § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG darüber hinaus ein strengerer Maßstab. Sie müssen zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich sein.
Im Rahmen der erwähnten Abwägung zwischen informationellem Selbstbestimmungsrecht einerseits und Beweissicherungsinteresse andererseits hat der BGH nun folgende Leitlinien entwickelt:

  • Die vorgelegte Dashcam-Aufzeichnung ist datenschutzrechtlich unzulässig, soweit es um eine permanente und anlassbezogene Aufzeichnungen geht. Demnach liegt ein Beweiserhebungsverbot vor.
  • Das Beweissicherungsinteresse kann ebenso gut durch Aufzeichnungen geschützt werden, da es technisch möglich ist, anlassbezogene Aufnahmen im unmittelbar räumlich-zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen anzufertigen (etwa durch stetige Überschreibung der Aufnahmen, soweit es nicht zu einer Kollision kommt).
  • Dies führt jedoch nicht zwangsläufig zu einem Beweisverwertungsverbot. Dazu die Pressemitteilung Nr. 88/2018 des BGH: „Die Unzulässigkeit oder Rechtwidrigkeit einer Beweiserhebung führt im Zivilprozess nicht ohne Weiteres zu einem Beweisverwertungsverbot. Über die Frage der Verwertbarkeit ist vielmehr aufgrund einer Interessen- und Güterabwägung nach den im Einzelfall gegebenen Umständen zu entscheiden. Die Abwägung zwischen dem Interesse des Beweisführers an der Durchsetzung seiner zivilrechtlichen Ansprüche, seinem im Grundgesetz verankerten Anspruch auf rechtliches Gehör in Verbindung mit dem Interesse an einer funktionierenden Zivilrechtspflege einerseits und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Beweisgegners in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung und ggf. als Recht am eigenen Bild andererseits führt zu einem Überwiegen der Interessen des Klägers.“
  • Zunächst berücksichtigt der BGH, dass sich die Teilnehmer freiwillig in den öffentlichen Straßenverkehr begeben und damit einer Beobachtung durch andere Verkehrsteilnehmer ausgesetzt haben.
  • Weiterhin weist der BGH auf die Beweisnot hin, die in Unfallsituationen häufig besteht.
  • Ferner ziele das Datenschutzrecht auch nicht auf Beweisverwertungsverbote ab.
  • Zudem zeige ein systematischer Vergleich mit § 142 StGB, dass der Gesetzgeber den Beweisinteressen des Unfallgeschädigten ein besonderes Gewicht beigemessen habe, zumal Unfallbeteiligte ohnehin Angaben zur Person machen müssten.

Mithin waren die aus der Dashcam-Aufnahme gewonnen Beweise im vorliegenden Unfallhaftpflichtprozess ausnahmsweise verwertbar. Ein dauerhafter Freifahrtschein für die Verwendung von Dashcams sieht allerdings anders aus – nur in engen Grenzen können entsprechende Aufnahmen als Beweismittel vor Gericht dienen. Einmal mehr entscheidet der konkrete Einzelfall.

15.05.2018/3 Kommentare/von Dr. Sebastian Rombey
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Sebastian Rombey https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Sebastian Rombey2018-05-15 10:40:562018-05-15 10:40:56BGH: Dashcam-Aufnahmen können als Beweismittel zulässig sein
Gastautor

Wem helfen Dashcams, wenn es kracht? Die aktuelle StPO-Zusatzfrage in der Verkehrsklausur

Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Schon gelesen?, Startseite, StPO, Strafrecht, Strafrecht

Einführung in die Thematik
„Dashcams“ halten seit mehreren Monaten Einzug in die Gerichte – sowohl vor den Zivil- als auch den Strafgerichten. Dabei handelt es sich um kleine Kameras, die meistens in der Windschutzscheibe eines Autos angebracht werden, um den Verkehrsraum zu überwachen. Der Aufzeichnende schafft sich mittels einer Dashcam nicht selten eine gute Beweislage: Er hat alles auf Video. Die Rechtsprechung beschäftigte sich bisher nur in den unteren Instanzen mit der Verwertbarkeit solcher Aufnahmen. Nun bezieht das OLG Stuttgart (NJW 2016, 2280) Stellung in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren. Inwiefern dessen Entscheidungsgründe auch für andere Verfahren von Bedeutung sein werden, bleibt abzuwarten.
Entscheidung des Gerichts
Im Ausgangspunkt – und das ist auch für eine Klausurbearbeitung wichtig – sind die Grundrechte und das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) in den Blick zu nehmen:

„Die Fertigung der Bildaufzeichnung stellte einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen aus Art. 2 I iVm Art. 1 I GG in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar. Dieses Recht umfasst die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden und daher grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten zu bestimmen. Durch die Aufzeichnung des gewonnenen Bildmaterials wurden die beobachteten Lebensvorgänge technisch fixiert. Sie konnten später zu Beweiszwecken abgerufen, aufbereitet und ausgewertet werden. Eine Identifizierung des Fahrzeugs bzw. des Fahrers war beabsichtigt und technisch auch möglich (vgl. BVerfG, NJW 2009, 3293 = NZV 2009, 618 Rn. 15). Ob und unter welchen Umständen ein solcher Eingriff – auch durch Private – zulässig sein kann, regelt unter anderem § 6 b BDSG.“

Ein Gesetzesauszug des BDSG sollte dem Klausursachverhalt beigelegt sein. Wer die entsprechende Norm ansonsten selbst in die Diskussion der Verwertbarkeit einbringt, kann mit Zusatzwissen beeindrucken.
Die konkrete Abwägung fällt das OLG Stuttgart teilweise zugunsten der Verwertbarkeit, teilweise geht es der Beantwortung der Frage aus dem Weg, da nicht genug entscheidungserhebliche Feststellung durch die Vorinstanz getroffen wurden:

„Aus § 6 b BDSG, insbesondere dessen Absatz 3 Satz 2, folgt kein gesetzlich angeordnetes Beweisverwertungsverbot für das Bußgeldverfahren. Weder der Gesetzeswortlaut noch die Gesetzgebungsmaterialien geben Hinweise, dass der Gesetzgeber ein solches Beweisverwertungsverbot regeln wollte. Ein solches kennt das deutsche Strafprozessrecht – und über § 46 OWiG auch das Verfahrensrecht im Bußgeldverfahren (BVerfG, NJW 2011, 2783 Rn. 13; Seitz in Göhler, OWiG, 16. Aufl., § 46 Rn. 10 c) – ohnehin nur in Ausnahmefällen. In § 6 b III 2 BDSG ging es dem Gesetzgeber um eine Ausnahme von der strikten Zweckbindung des § 6 b III 1 BDSG für die durch Videoüberwachung gewonnenen Daten (BT-Drs. 14/5793, 62). Zur weitergehenden Frage eines Beweisverwertungsverbots im Straf- oder Bußgeldverfahren äußerte er sich jedoch gerade nicht, so dass auf die allgemeinen Grundsätze zurückzugreifen ist.“

Zudem hebt das Gericht die geringe Intensität des Eingriffs hervor, die zur Verwertbarkeit der Aufnahmen führen soll.

„Die Intensität und Reichweite des Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung durch die Videoaufzeichnung des fließenden Verkehrs ist hier zudem sehr gering. Die aufgezeichneten Daten betreffen insbesondere nicht den Kernbereich privater Lebensgestaltung des Betroffenen oder seine engere Privat- oder gar Intimsphäre. Vielmehr setzte sich der Betroffene durch die Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr selbst der Wahrnehmung und Beobachtung durch andere Verkehrsteilnehmer wie auch der Kontrolle seines Verhaltens im Straßenverkehr durch die Polizei- und die Ordnungsbehörden aus. Der Betroffene selbst ist auf dem Video nicht bzw. allenfalls in Umrissen von hinten, sondern im Wesentlichen nur sein Fahrzeug abgebildet. Die Verpflichtung, als Halter die im öffentlichen Straßenverkehr verwendeten Kraftfahrzeuge mit Kennzeichen zu versehen (§§ 8 und 10 FZV) und gegebenenfalls ein Fahrtenbuch zu führen, wenn bei Verstößen der Fahrer nicht feststellbar ist (§ 31 a StVZO), zeigt, dass der Gesetz- und Verordnungsgeber eine Identifizierung von Regelverletzern zumindest grundsätzlich ermöglichen möchte und sich keiner auf eine anonyme Teilnahme am Straßenverkehr verlassen und berufen können soll.“

Auswirkungen auf das Examen
Eine in der Praxis so wichtige und technisch neue Erscheinung wird – mit einer hohen Wahrscheinlichkeit – Gegenstand von Examensklausuren sein, auch oder insbesondere für Referendare im Zweiten Examen. In Klausuren des Ersten Examens wird die Fragestellung wohl in Form einer strafprozessualen Zusatzfrage auftauchen. Thematisch lassen sich Verkehrsstraftaten hervorragend mitprüfen. Hier führen den Bearbeiter schon Grundzüge zu einer erfolgreichen Klausurbearbeitung.
Der Beitrag wurde uns von jur:next zur Verfügung gestellt. In Kooperation mit juraexamen.info stellt jur:next (Dein Partner für juristischen Einzelunterricht, Nachhilfe & Coaching; www.jurnext.de) jeweils ein Urteil des Monats aus den drei Rechtsgebieten vor. Diskutiere im Kommentarfeld direkt mit anderen die Entscheidung. Du suchst Erfolg und Spaß im Jurastudium und hervorragenden juristischen Einzelunterricht (Nachhilfe & Coaching) auf Augenhöhe? Weitere Informationen dazu findest Du auf www.jurnext.de.
 

07.09.2016/0 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2016-09-07 10:15:012016-09-07 10:15:01Wem helfen Dashcams, wenn es kracht? Die aktuelle StPO-Zusatzfrage in der Verkehrsklausur
Gastautor

„Big Data“ in Alltag und Examen

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Wir freuen uns Euch einen Gastbeitrag von Stefan Glasmacher veröffentlichen zu können. Stefan arbeitete als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Öffentliches Recht an der Universität Bonn bei Herrn Prof. Dr. Löwer. Derzeit ist er in Station bei Dr. Axel Spies (Morgan, Lewis & Bockius LLP) in Washington, D. C.

„Big Data“ in Deinem Alltag und Examen: Welche datenschutzrechtlichen Fragestellungen sind im Ersten und Zeiten Staatsexamen aktuell?
Der Umgang mit Deinen Daten begleitet Dich nicht nur im Alltag, sondern auch in beiden juristischen Examina. Er kann zum Gegenstand von Klausuren, aber aufgrund aktueller politischer Bezüge auch leicht der mündlichen Prüfung gemacht werden. Liest Du vor der mündlichen Prüfung die überregionalen Zeitungen? Dann wirst Du regelmäßig auf ein datenschutzrechtliches Thema stoßen. Wir machen einen „datenschutzrechtlichen Streifzug“ anhand aktueller Themen durch Deutschland und Europa und schlagen die transatlantische Brücke in die USA.[1]
 

  1. „Verwertbarkeit von „Dash-Cam“-Aufzeichnungen im Zivil- und Strafprozess – Pro und Contra

 
Seit geraumer Zeit streiten die unterinstanzliche Rechtsprechung und Literatur über die Zulässigkeit von sog. „Dash-Cam“-Aufzeichnungen. Dann verwundert es kaum, dass das Thema auf die Agenda des 54. Verkehrsgerichtstages gesetzt wurde. Eine „Dash-Cam“ ist eine Kamera, die in einem Fahrzeug ständig oder anlassbezogen mitläuft und den Straßenraum aufzeichnet. Der Aufzeichnende verspricht sich von den Bildern der Kamera bessere Erfolgsaussichten in der Beweisführung. Doch genau diese Zulässigkeit in der Beweisführung wird im Zivil- und Strafprozess datenschutzrechtlich infrage gestellt. Eine Einladung an Studenten und Referendare beim Auslegungskanon aus dem Vollen zu schöpfen. Das Thema ist auch der Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht fremd, wie ein Urteil des VG Ansbach[2] zeigt, in dem sich die Filmende gegen eine Unterlassungsverfügung des Ordnungsamts wehrt. Taucht das Thema der Verwertbarkeit von Dash-Cam Aufnahmen in der Prüfung auf, sollte anhand der folgenden Argumente Stellung zu den drei maßgeblichen Fragen genommen werden:

  1. Ist der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht (APR) gem. Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I GG gerechtfertigt?
  2. Liegt ein Verstoß gegen § 6b I BDSG vor?
  3. Liegt ein Verstoß gegen § 22 I KunstUrhG vor?

Hier sind die wesentlichen Argumente der Rechtsprechung und Literatur tabellarisch aufgearbeitet:

Pro Zulässigkeit Contra Zulässigkeit
Gerechtfertigter Eingriff in das APR[3]
·         Kein absoluter Kernbereich
·         Keine wesentlichen Nachteile des Gefilmten, Daten werden mit der Zeit überschrieben
·         Aufklärung von Straftaten und materielle Wahrheit wird gestärkt
Nicht gerechtfertigter Eingriff in das APR[4]
·         Stetige und gezielte Überwachung ist ein heftiger Eingriff
·         Im Vorfeld unklar, ob Videoaufzeichnungen gebraucht werden (Möglichkeit nicht ausreichend)
Aufdeckung von provozierten Unfällen wird deutlich erleichtert[5] und Beweisnotstand der geschädigten Partei wird beseitigt Verstoß gegen § 6b I BDSG
·         Anwendbar (nicht nur für stationäre Kameras)
·         Verbot von Videoaufzeichnungen ohne Grund
·         Datensammlung möglich ohne individuelle Einwilligung
Prozessrecht offen für technische Innovationen Verstoß gegen § 22 S. 1 KunstUrhG, da Gefilmte insbes. nicht bloß „Beiwerk“ von Landschaften gem. § 23 I Nr. 2 KunstUrhG sind[6] und die Aufzeichnungen in einer öffentlichen Hauptverhandlung (vgl. § 169 GVG) wiedergegeben werden sollen
Personen in fremden Fahrzeugen oft nicht identifizierbar, wenn es nicht zu einem Unfall kommt[7] Permanenter Überwachungsdruck auf Gefilmten[8]
Auch Anscheinsbeweise behalten im Kern eine signifikante Ungewissheit eines anderen Unfallhergangs

 
Der 54. Verkehrsgerichtstag hat sich für eine gesetzliche Lösung dieser Fragen ausgesprochen. Bis zu einer Novelle des Gesetzgebers werden sie aber in der Praxis virulent bleiben. Während sich eine „gefestigte“ einheitliche Meinung dort noch nicht gebildet hat, spricht eine Tendenz bei jedenfalls anlassbezogenen Aufzeichnungen für eine Verwertbarkeit. Bei dauerhaften nicht anlassbezogenen Aufzeichnungen hingegen nimmt die „herrschende Meinung“ eine Unverwertbarkeit an. Das Problem wurde bislang wenig aus einer europäischen Perspektive betrachtet, obwohl der Straßenverkehr in großen Teilen grenzübergreifend in Europa „rollt“.
 

  1. WLAN-Gesetzgebungsverfahren

Ein anderes aktuelles Spannungsfeld betrifft das WLAN-Gesetzgebungsverfahren. Es lädt dazu ein, die staatsrechtlichen Grundlagen des Gesetzgebungsverfahrens abzufragen. Gleichzeitig stellt sich aber auch die Frage: Warum ist ein Gesetz notwendig geworden? Wie ist die Haftung überhaupt entstanden?
In seiner Entscheidung aus dem Jahre 2010 legte der BGH den Betreibern von WLAN eine hohe Verantwortung auf: Sie müssen das WLAN gegen die unbefugte Nutzung durch Dritte ausreichend absichern, um nicht in Haftung genommen werden zu können: „Der Inhaber eines WLAN-Anschlusses, der es unterlässt, die im Kaufzeitpunkt des WLAN-Routers marktüblichen Sicherungen ihrem Zweck entsprechend anzuwenden, haftet als Störer auf Unterlassung, wenn Dritte diesen Anschluss missbräuchlich nutzen, um urheberrechtlich geschützte Musiktitel in Internettauschbörsen einzustellen.“[9] Dabei umfasst „marktüblich“ eine ganze Menge an Pflichten: Absicherung durch Virenschutz, Aktualisierung des Virenschutzes, Nutzung einer Firewall und Aktualisierung des Systems durch Patches und Updates sowie die Verschlüsselung des WLAN.[10] Vor dem Hintergrund dieser umfangreichen Pflichten erscheint es für den Betreiber von WLAN nicht einfach, ein „marktüblich“ gesichertes Netzwerk zu unterhalten. Die Bundesregierung wollte Abhilfe schaffen und hat den Ausbau des kabellosen Netzwerks zum Ziel erklärt, ist dabei aber immer wieder auf Kritik gestoßen. Wie weit sollten die Pflichten der WLAN-Betreiber reichen? Solange diese Frage ungeklärt ist, kommt der Netzausbau in Deutschland jedenfalls nicht weiter.
 

  1. Vorratsdatenspeicherung

Ein aus der politischen Diskussion und der (Prüfungs-) Praxis nicht mehr hinwegzudenkendes Thema betrifft die Vorratsdatenspeicherung. Seitdem die CDU die Ausweitung der Vorratsdatenspeicherung plant, kommt neue Bewegung in das Thema. Wo hat alles angefangen? Angefangen hat es bei der Idee, dass die europäischen Sicherheitsbehörden in der digitalen Welt neue Mittel zur Strafverfolgung an die Hand bekommen sollen. Dazu wurde eine europäische Richtlinie erlassen, die wiederum in deutsches Recht umgesetzt wurde. Im Jahre 2010 urteilte schließlich das BVerfG über die Vorratsdatenspeicherung: „Eine sechsmonatige, vorsorglich anlasslose Speicherung von TK-Verkehrsdaten durch private Diensteanbieter, wie sie die RL 2006/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.3.2006 (RL 2006/24/EG) vorsieht, ist mit Art. 10 GG nicht schlechthin unvereinbar; auf einen etwaigen Vorrang dieser RL kommt es daher nicht an.“[11] Das BVerfG erkannte einen Eingriff in Art. 10 I GG, stellte aber gleichzeitig klar, dass weder dessen Menschenwürdekern (Art. 1 I GG) noch dessen Wesensgehalt (Art. 19 II GG) angetastet seien. Dennoch: „Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt, dass die gesetzliche Ausgestaltung einer solchen Datenspeicherung dem besonderen Gewicht des mit der Speicherung verbundenen Grundrechtseingriffs angemessen Rechnung trägt. Erforderlich sind hinreichend anspruchsvolle und normenklare Regelungen hinsichtlich der Datensicherheit, der Datenverwendung, der Transparenz und des Rechtsschutzes.“
Im Anschluss entschied der EuGH, dass die Vorratsdatenspeicherungsrichtlinie[12] ungültig sei.[13] Positiv gesprochen machte die Entscheidung den Weg frei für eine Novellierung. Das Ergebnis ist noch heute eine Rechtsunsicherheit, die in einem Dickicht an Entscheidungen und Vorgaben nach einer neuen Regelung sucht.
 

  1. „Privacy Shield“ als neuer „Safe Harbor“ in den USA

Wer auf Facebook, Twitter & Co angemeldet ist, muss damit rechnen, dass seine Daten an Server in den Vereinigten Staaten weitergeleitet werden. Nach Art. 25 IV EG-Datenschutzrichtlinie[14] ist ein Datentransfer aus den Mitgliedstaaten der Union in ein Drittland nur möglich, wenn ein „angemessenes Schutzniveau“ besteht. Dies war in die Vereinigten Staaten, insbesondere unter dem Freedom Act, lediglich möglich, weil sich die Parteien mit „Safe Harbor“ auf einen besonderen Schutz europäischer Daten in den USA einigten. Dieser modus vivendi blieb solange bestehen bis der EuGH die Regelung in der vielbeachteten Schrems-Entscheidung[15] missbilligte. Was waren die Gründe des EuGH?
Durch die Veröffentlichung geheimer Dokumente durch Edward Snowden wurde evident, dass europäische Daten in den Vereinigten Staaten nicht in einem „sicheren Hafen“ waren. Diese Bedenken nahm der Generalanwalt auf und wurde durch den EuGH bestätigt. Dieser erkannte in den Vereinigten Staaten kein „angemessenes“ Schutzniveau der Daten und stellte Verstöße gegen Art. 7 „Achtung des Privat- und Familienlebens“, Art. 8 „Schutz personenbezogener Daten“ und Art. 47 „Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht“ EU-GrCH fest und verwarf die Angemessenheitsentscheidung der Kommission gegenüber den Vereinigten Staaten. Dazu heißt es in dem Urteil des EuGH lediglich: „Die Entscheidung 2000/520 ist ungültig.“
Mit Hochdruck wurde an einer neuen Regelung gearbeitet, die fortan den Namen „Privacy Shield“ trägt. An erster Stelle der Beratungen zu einer neuen Vereinbarung steht die Notwendigkeit einer Beschränkung des Zugangs der Daten durch US-Behörden. Darüber hinaus sollen US-Unternehmen transparenter machen, was sie über ihre Nutzer wissen und wie sie ihre Daten verwenden. Damit dies nicht in bloßen „Absichtserklärungen“ mündet, soll eine unabhängige Kontrolle durch einen Ombudsmann stattfinden und der Zugang zu den Gerichten vollumfänglich eröffnet werden. Damit gehen die Individualbeschwerde und die Streitschlichtung einher, die auch den einzelnen Nutzern offen stehen sollen. Schließlich wackelt noch die Rechtsgrundlage, auf der das Abkommen stehen soll. Derzeit wird dazu ein diplomatischer Briefwechsel fixiert, der spannende Fragen nach der Verbindlichkeit und den rechtlichen Anknüpfungspunkten aufwirft.
 

  1. Zusammenfassung

 
Datenschutzrechtliche Fragen sind im Allgemeinen im Spannungsfeld zwischen dem (staatlichen) Sicherheitsinteresse und den (individuellen) Freiheitsrechten angesiedelt. Wie stark darf der Staat in die Sphäre der Bürger eingreifen, um seinem Strafverfolgungsauftrag gerecht zu werden? Wie weit dürfen die Bürger selbst gehen, um zur Aufklärung von Straftaten oder Fehlverhalten (Unfällen etc.) beizutragen? Diese Fragen wurden anhand aktueller Berichterstattung, Rechtsprechung und Literatur exemplarisch aufbereitet und dennoch stellen sie nur ein Fragment der aktuellen datenschutzrechtlichen Fragen dar. Technische Innovation durchzieht alle Lebensbereiche und wirft immer schneller neue juristische Fragen auf, die mehr nach einer internationalen und europäischen als nach einer deutschen Lösung rufen.
[1] Die Themen werden im Folgenden nur exemplarisch behandelt. Spannend bleiben auch Fragen zu der Ausrüstung von Polizisten mit Kameras sowie die Videoüberwachung von Demonstrationen, um nur einige weitere Beispiele zu nennen.
[2] AG Ansbach, Urt. v. 12.8.2014, AN 4 K 13.01634.
[3] In diese Richtung: Greger, NZV 2015, 114 (115f.).
[4] LG Heilbronn, Urt. v. 3.2.2015, I 3 S 19/14, 3 S 19/14.
[5] Franzke/Nugel, NJW 2015, 2071 (2076f.).
[6] AG München, Beschl. v. 13.8.2014, 345 C 5551/14.
[7] AG Nürnberg, Urt. v. 8.5.2015, 18 C 8938/14.
[8] LG Memmingen, Urt. v. 14.1.2016, 22 O 1983/13.
[9] BGH, Urt. v. 12.5.2010, I ZR 121/08.
[10] Aufzählung nach: Borges, NJW 2010, 2624 (2624) m. w. N.
[11] BVerfG, MMR 2010, 356.
[12] Richtlinie 2006/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über die Vorratsspeicherung von Daten, die bei der Bereitstellung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste oder öffentlicher Kommunikationsnetze erzeugt oder verarbeitet werden, und zur Änderung der Richtlinie 2002/58/EG.
[13] EuGH, Urteil vom 08.04.2014, C-293/12.
[14] Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr.
[15] EuGH, ZD 2015, 549 (m. Anm. Spies)

22.02.2016/1 Kommentar/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2016-02-22 09:00:392016-02-22 09:00:39„Big Data“ in Alltag und Examen
Gastautor

Dashcams – Einsatz von Minikameras im Straßenverkehr

Examensvorbereitung, Lerntipps, Mündliche Prüfung, Öffentliches Recht, Schon gelesen?, Startseite, Verschiedenes

Wir freuen uns heute einen Gastbeitrag von Juliane Böcken veröffentlichen zu können.
Dashcams – Einsatz von Minikameras im Straßenverkehr
Der Einsatz von Minikameras (sog. Dashcams) im Straßenverkehr wird immer beliebter und ihre Zulässigkeit seit längerem diskutiert. Denn ihre Verwendung ist aufgrund möglicher Eingriffe in das Persönlichkeits- und Datenschutzrecht höchst bedenklich. Mittlerweile wird das Thema auch bei den Prüfern immer beliebter und erhält damit hohe Examensrelevanz – sowohl für das Erste als auch für das Zweite Examen. In der Mündlichen Prüfung ist es schon häufig gelaufen und auch für Klausuren ist es „heiß“!
Zum Hintergrund
Bei Dashcams („dash“ = engl. f. Armaturenbrett) handelt es sich um kleine Kameras, die z.B. auf dem Armaturenbrett oder der Windschutzscheibe eines Fahrzeugs angebracht werden. Während der Fahrt zeichnen sie dann das gesamte Verkehrsgeschehen und damit auch andere Verkehrsteilnehmer auf. Die Fahrer erhoffen sich dadurch regelmäßig die Erlangung eines Videobeweises, etwa für den Fall eines späteren Unfalls.
Daraus ergibt sich folgendes Problem: Die betroffenen Verkehrsteilnehmer wissen meist nicht, dass sie gefilmt und ihre Daten (wie z.B. Auto-Kennzeichen) gespeichert werden.
Entscheidungen des AG Münchens
Besondere Brisanz erhält die Diskussion um die Zulässigkeit von Dashcams auch deshalb, weil dasselbe Gericht, nämlich das Amtsgericht München, diese Frage uneinheitlich beantwortet hat. So hat das Gericht ihre Verwendung einmal für zulässig (vgl. Urt. v. 06.06.2013, Az.: 343 C 4445/13) und in einer anderen Entscheidung für unzulässig (vgl. Beschl. v. 13.08.2014, Az.: 345 C 5551/14) erachtet.
In beiden Entscheidungen hatte sich die Frage nach der Verwertbarkeit des gewonnenen Videomaterials als Beweismittel im Zivilprozess gestellt.
In der Entscheidung vom 06.06.2013 (Az.: 343 C 4445/13) hat das AG München die Verwertung einer von einem Fahrradfahrer mit einer Helmkamera aufgenommenen Videoaufzeichnung für zulässig erachtet. Nach Ansicht des Gerichts stellten die Aufzeichnungen keinen Eingriff in ein fremdes Grundrecht dar, da die Situation mit der Aufnahme von Urlaubsbildern vergleichbar sei. Zu der Zeit, als das Video aufgenommen wurde, habe der Aufnehmende damit allerdings auch noch keinen bestimmten Zweck verfolgt, so dass die Aufnahmen als verhältnismäßig anzusehen waren.
Etwa ein Jahr später in der Entscheidung vom 13.08.2014 (Az.: 345 C 5551/14) hat das Amtsgericht allerdings die Auffassung vertreten, dass die von einer in einem Pkw installierten Dashcam gemachten Aufnahmen im Zivilprozess nicht als Beweismittel verwertbar seien. Einer Verwertung würden Persönlichkeitsrechte sowie Bestimmungen des Datenschutzes und des Kunsturhebergesetzes entgegenstehen.
Zur Prüfung im Einzelnen:
Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

  1. Schutzbereich

Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts i.S.d. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 GG umfasst auch das Recht am eigenen Bild. Dazu gehört die Möglichkeit, sich in der Privatsphäre und in der Öffentlichkeit frei zu bewegen, ohne befürchten zu müssen ohne Kenntnis oder Zustimmung von einer Videoaufnahme erfasst und aufgezeichnet zu werden (Balzer/Nugel NJW 2014, 1622).

  1. Eingriff

Durch die unbefugte Erstellung von Fotoaufnahmen wird in dieses Grundrecht eingegriffen. Mit Dashcams gemachte Videos ohne Einwilligung können somit grundsätzlich einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der anderen Verkehrsteilnehmer darstellen.

  1. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung

Ob ein solcher Eingriff ggf. gerechtfertigt ist, hängt von der Prüfung seiner Verhältnismäßigkeit unter Abwägung der Interessen aller Beteiligten ab.
Das Recht auf Informationelle Selbstbestimmung kann insbesondere durch konkurrierende Grundrechte Dritter eingeschränkt werden (Jarass/Pieroth, GG, Art. 2, Rn. 58 ff.). Als ein solches Grundrecht kommt das Interesse des Verwenders an einer fairen Handhabung des Beweisrechts in Betracht (vgl. AG München, BeckRS 2014, 16291). Dieses Interesse ist in seinem Grundsatz auch legitim, da sich gerade im Verkehrsrecht mitunter erhebliche Beweisprobleme und -schwierigkeiten ergeben können, etwa wenn Mitfahrer als Zeugen zu vernehmen sind.
Werden die Kameras zur Erlangung eines Videobeweises im Falle eines Verkehrsunfalls eingesetzt, stellt sich die Frage, ob eine Aufzeichnung während der gesamten Fahrt erforderlich ist. So wird vertreten, dass nur die Speicherung von Aufnahmen im engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis erforderlich ist und bei derart eingegrenzten Aufnahmen das Interesse der anderen Unfallbeteiligten an der Aufklärung des Unfallgeschehens zum Schutz zivilrechtlicher Schadensersatzansprüche den kurzfristigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht überwiegen kann (Balzer/Nugel NJW 2014, 1622, 1627). Das generelle Aufnehmen des Verhaltens anderer Verkehrsteilnehmer während der gesamten Fahrt sei jedoch eingriffsintensiver. Auch nach Auffassung des Düsseldorfer Kreises (einer Aufsichtsbehörde für den Datenschutz) werden die anderen Verkehrsteilnehmer bei permanenten Aufzeichnungen zum Objekt einer Videoüberwachung gemacht, die sie ohne Anlass unter einen Generalverdacht stellen, dem sie sich nicht entziehen können (Beschl. v. 25./26.02.2014). Die Interessen der anderen Verkehrsteilnehmer dürften dann überwiegen, so dass ein Eingriff nicht gerechtfertigt wäre.
Vereinbarkeit mit dem Datenschutz
Aufnahmen aus dem Einsatz einer Dashcam können gegen § 6b Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 3 BDSG verstoßen. Nach dieser Vorschrift ist die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit Videoüberwachung nur zulässig, wenn sie für einen konkreten Zweck erforderlich ist und nicht andere schutzwürdige Interessen überwiegen.
Die schutzwürdigen Interessen der anderen Verkehrsteilnehmer dürften überwiegen, sofern der Hauptzweck der Aufnahmen in der Dokumentation eines möglichen Unfallhergangs besteht. Das Interesse des Autofahrers, für den theoretischen Fall eines Unfalls Aufnahmen als Beweismittel zu haben, könne den gravierenden Eingriff durch die permanente Aufzeichnung in das Persönlichkeitsrecht der Verkehrsteilnehmer nicht rechtfertigen (Beschl. d. Düsseldorfer Kreises v. 25./26.02.2014).
Verstoß gegen § 22 S. 1 KustUrhG
Die Verwendung der Autokamera kann ferner gegen § 22 S. 1 KunstUrhG verstoßen. Danach dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Ein Verstoß könnte bei einer permanenten Verwendung ohne Anlass angenommen werden (vgl. AG München, BeckRS 2014, 16291).
Eine Ausnahme kann nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 KunstUrhG für Aufnahmen bestehen, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeiten erscheinen.
Verwertbarkeit der Aufnahmen im Zivilprozess
Selbst wenn die Erstellung der Aufnahmen als rechtswidrig zu qualifizieren ist, muss dies nicht zwingend zu einer Unverwertbarkeit führen (Bacher in: BeckOK ZPO, § 284, Rn. 22.2). Wenn die Videoaufnahmen einer Dashcam aber in das allgemeine Persönlichkeitsrecht eingreifen oder aus datenschutzrechtlichen Gründen als unzulässig anzusehen sind, sind sie im Zivilprozess wohl nur in engen Ausnahmefällen verwertbar (vgl. auch Balzer/Nugel NJW 2014, 1622, 1627). Und das auch nur, soweit den Grundsätzen der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit Rechnung getragen wird.
Zudem ist noch Folgendes zu beachten: Es besteht die Möglichkeit, dass das von dem Verwender der Kamera erlangte Beweismaterial – sofern es denn zugelassen ist – in einem Prozess auch gegen ihn verwendet werden kann (vgl. AG München, BeckRS 2013, 11584). So kann sich bei der Beweisaufnahme auch ergeben, dass der Verwender den aufgenommenen Unfall überwiegend selbst verschuldet hatte.
Fazit
Ob die Verwendung von Dashcams in Deutschland zulässig ist, ist bislang noch nicht abschließend geklärt. In der Rechtsprechung und Literatur ist dennoch eine Tendenz dahingehend zu erkennen, dass die Verwendung der Kameras mit dem Ziel einen Beweis zu erlangen – zumindest bei permanenter Aufzeichnung – wohl als unzulässig anzusehen ist. Ihr Einsatz kann jedenfalls zu erheblichen Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und Unvereinbarkeit mit dem Datenschutzrecht führen. Dies kann gegen eine Verwertbarkeit von den gewonnenen Aufnahmen im Zivilprozess sprechen. Zulässig dürfte der Einsatz der Kamera hingegen für ausschließlich private Zwecke sein, zumindest solange die Aufzeichnungen nicht veröffentlicht werden.
Denkbare Examenskonstellationen
Sowohl im Ersten als auch im Zweiten Examen kann das Thema „Dashcams“ in der Mündlichen Prüfung abgefragt werden.
Im Zweiten Examen lässt sich die dargestellte Problematik zudem insbesondere in Verkehrsunfall-Klausuren sehr gut einbauen. Da sich die Verwender der Minikameras erhoffen im Falle einer verkehrsrechtlichen Auseinandersetzung einen Videobeweis zu erlangen, ist dann zu prüfen, ob das gewonnene Videomaterial vor Gericht als Beweismittel überhaupt zulässig ist.
Aber auch im Ersten Examen ist zumindest eine kleine StPO-Zusatzfrage denkbar, bei der dann eine gute Argumentation gefragt ist.
 

02.03.2015/3 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2015-03-02 10:48:042015-03-02 10:48:04Dashcams – Einsatz von Minikameras im Straßenverkehr

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