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Schlagwortarchiv für: Bundestagswahl

Dr. Marius Schäfer

Regierungsfindung – Wie geht es weiter mit Deutschland?

Examensvorbereitung, Schon gelesen?, Startseite, Tagesgeschehen

Ausgangslage
Das Ergebnis der vergangenen Bundestagswahlen ist erst drei Tage alt, doch kristallisiert sich bereits jetzt heraus, dass es um eine Regierungsbildung nicht allzu gut bestellt ist: Der Bundeskanzlerin scheint ein williger Koalitionspartner zu fehlen, den sie angesichts der fehlenden fünf Sitze der Union zur absoluten Mehrheit benötigt. Eine Minderheitsregierung, mit der damit ständig verbundenen Suche nach wechselnden Mehrheiten, kommt von Unionsseite jedenfalls nicht in Frage. Doch wie geht es weiter und was steht Deutschland in den nächsten Tage, Wochen oder gar Monaten bevor? Grund genug jedenfalls aus staatsrechtlicher Sicht – auch im Hinblick auf eine Mündliche Prüfung – den derzeitigen Stand zu analysieren.
 
Geschäftsführung der Regierung
Während die Suche nach einer neuen Regierungskoalition beginnt, ruhen die Geschäfte der „alten“ Bundesregierung nicht, da die Bundesrepublik Deutschland weiterhin regierungsfähig bleiben muss. Auszugehen ist zunächst von Art. 39 II GG, nach dem der neu gewählte Bundestag spätestens 30 Tage nach der Wahl zu einer konstituierenden Sitzung zusammentreten muss. In diesem Zusammenhang bestimmt Art. 69 II GG, dass das Amt des Bundeskanzlers sowie die Ämter der Bundesminister erst durch dieses Zusammentreten des neuen Bundestages enden. Der noch amtierende Bundestagspräsident Norbert Lammert hat bereits angekündigt, dass diese Übergangsfrist voll ausgeschöpft werden soll, sodass die erste Sitzung des 18. Deutschen Bundestages spätestens am 22. Oktober anzuberaumen wäre. Solange befinden sich jedenfalls die fünf FDP-Minister auf ihrer Abschiedstour. So verweilt Guido Westerwelle derzeit in New York, um Deutschland bei der Vollversammlung der Vereinten Nationen zu repräsentieren.
Solange die Koalitionsverhandlung aber bis Ende Oktober zu keinem Ergebnis führt, und danach sieht es derzeit aus, gewährt Art. 69 III GG dem Bundespräsidenten die Möglichkeit, den Bundeskanzler und die Bundesminister zu verpflichten „die Geschäfte bis zur Ernennung seines Nachfolgers weiterzuführen“. Dieser geschäftsführende Zustand wird auch als Interregnum (lat. für „Zwischenregierung“; Plural: Interregna) bezeichnet und ist zeitlich nicht limitiert, sodass der ein oder andere Experte bereits mit einer Übergangsphase bis zum Ende des Jahres rechnet. Es ist gut möglich, dass der bisher längste Zeitraum einer Übergangsregierung aus dem Jahre 1976 (insgesamt 73 Tage) überschritten wird.
 
Rechte der Opposition
Spekulativ sind zwar auch die Fragen über einen möglichen Koalitionspartner der Union, doch sollte man sich zumindest die staatsrechtlichen Konsequenzen vor Augen führen, sollte es eine aus CDU/CSU und SPD bestehende „Große Koalition“ geben. Diese Regierungskoalition bestände aus 503 Sitzen, was in etwa 80 % der insgesamt 630 Sitze entsprechen würde. Die Oppositionsparteien Grüne und Linke kämen im Gegensatz dazu auf lediglich 127 Sitze.
Auswirkungen hätte eine solche Konstellation auf bedeutende Minderheitsrechte der Opposition, der im Wesentlichen der Auftrag zukommt, die Regierung zu kontrollieren. Dazu gehören aber auch die Kritik sowie das Aufzeigen von Alternativen an den Gesetzesvorschlägen der Regierung.
Nach Art. 93 I Nr.2 GG und § 76 ff BVerfGG ist für die Antragsberechtigung eines abstrakten Normenkontrollantrages im Hinblick auf die Opposition erforderlich, dass dieser mindestens von einem Viertel der Mitglieder des Bundestages gestellt wird. Damit sind jedenfalls 158 Parlamentarier erforderlich, welche Grüne und Linke nicht einmal annähernd alleine aufbringen könnten. Zudem erfordert auch die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses gemäß Art. 44 I GG den Antrag eines Viertels der Mitglieder des Bundestages. Die bedeutsame Stellung eines solchen Untersuchungsausschusses wurde in der Vergangenheit insbesondere im Falle des 1. Untersuchungsausschusses zum Luftangriff bei Kundus deutlich. Insofern würde äußerst fraglich bleiben, ob die Opposition im Falle einer Großen Koalition überhaupt in der Lage sein würde, ihrer demokratischen Rolle gerecht zu werden. Dies war nach den Bundestagswahlen im Jahre 2005 noch anders, als die Oppositionsparteien FDP, PDS und Grüne zusammen auf 166 von insgesamt 614 Sitzen kamen.
 
Ausblick
Angela Merkel wird einen der beiden potenziellen Koalitionspartner an ihre Verantwortung erinnern, zum Wohle der Bundesrepublik gemeinsam eine regierungsfähige Koalition zu bilden. Dass hier zähe und lange andauernde Verhandlungen bevorstehen, scheint vorprogrammiert zu sein. Dennoch sollte aber nicht vergessen werden, dass in unserem Verständnis von einer parlamentarischen Demokratie auch der Opposition ein bedeutender Beitrag zukommen soll und auch muss. Von daher muss sich die SPD überlegen, ob sie lieber an der Regierung beteiligt sein oder die Rolle der Oppositionsführung wahrnehmen möchte. Demgegenüber haben die Grünen die Wahl zwischen einer Regierungsbeteiligung oder der des Juniorpartners unter einem Oppositionsführer Gregor Gysi von der Linken, die im letzteren Fall sogar nach parlamentarischem Brauch den Vorsitz des Haushaltsausschusses innehaben würde. Unabhängig vom Ergebnis der Regierungsfindung verdeutlicht dieser Vorgang, wie sensibel aber auch spannend Politik und Staatsrecht miteinander verknüpft sind.
 

25.09.2013/3 Kommentare/von Dr. Marius Schäfer
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Marius Schäfer https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Marius Schäfer2013-09-25 12:30:532013-09-25 12:30:53Regierungsfindung – Wie geht es weiter mit Deutschland?
Dr. Stephan Pötters

Zur Gründung der „Alternative für Deutschland“: Wann darf eine Partei an Bundestagswahlen teilnehmen?

Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Schon gelesen?, Startseite, Verfassungsrecht, Verschiedenes, Verwaltungsrecht

An diesem Wochenende hat sich die „Alternative für Deutschland“ gegründet. Ihr erklärtes Ziel ist es an den kommenden Bundestagswahlen teilzunehmen. Aus wahlrechtlicher Sicht müssen dafür noch einige Hürden genommen werden. Diese sollen im Folgenden in kurzer Form dargestellt werden.
Voraussetzung für die Teilnahme an einer Bundestagswahl
Für die Wahlteilnahme von politischen Vereinigungen ist zunächst danach zu unterscheiden, ob es sich um solche handelt, die im Deutschen Bundestag oder einem Landtag seit deren letzter Wahl auf Grund eigener Wahlvorschläge ununterbrochen mit mindestens fünf Abgeordneten vertreten waren („etablierte Parteien“) oder nicht („nicht-etablierte Parteien“). Zu differenzieren ist außerdem zwischen der Erst- und Zweitstimme.
Die nicht-etablierten Parteien können nach dem BWahlG dann Wahlvorschläge für Kandidaten unterbreiten, wenn sie die Voraussetzungen des § 18 BWahlG erfüllen. Maßgebend ist insb. Abs. 2 (zur sog. Beteiligungsanzeige):

(2) Parteien, die im Deutschen Bundestag oder einem Landtag seit deren letzter Wahl nicht auf Grund eigener Wahlvorschläge ununterbrochen mit mindestens fünf Abgeordneten vertreten waren, können als solche einen Wahlvorschlag nur einreichen, wenn sie spätestens am siebenundneunzigsten Tage vor der Wahl bis 18 Uhr dem Bundeswahlleiter ihre Beteiligung an der Wahl schriftlich angezeigt haben und der Bundeswahlausschuß ihre Parteieigenschaft festgestellt hat. In der Anzeige ist anzugeben, unter welchem Namen sich die Partei an der Wahl beteiligen will. Die Anzeige muß von mindestens drei Mitgliedern des Bundesvorstandes, darunter dem Vorsitzenden oder seinem Stellvertreter, persönlich und handschriftlich unterzeichnet sein. Hat eine Partei keinen Bundesvorstand, so tritt der Vorstand der jeweils obersten Parteiorganisation an die Stelle des Bundesvorstandes. Die schriftliche Satzung und das schriftliche Programm der Partei sowie ein Nachweis über die satzungsgemäße Bestellung des Vorstandes sind der Anzeige beizufügen. Der Anzeige sollen Nachweise über die Parteieigenschaft nach § 2 Absatz 1 Satz 1 des Parteiengesetzes beigefügt werden.
Nach § 18 Abs. 4 Nr. 2 BWahlG stellt der Bundeswahlausschuss spätestens am neunundsiebzigsten Tage vor der Wahl für alle Wahlorgane verbindlich fest, welche Vereinigungen, die ihre Beteiligung angezeigt haben, für die Wahl als Parteien anzuerkennen sind.

Landeslisten, über die bei Überschreiten der Fünf-Prozent-Hürde Bundestagsmandate entsprechend der Zweitstimmen vergeben werden, können gem. § 27 Abs. 1 S. 1 BWahlG nur von Parteien eingereicht werden. Nach § 2 Abs. 1 ParteienG sind Parteien Vereinigungen von Bürgern, die dauernd oder für längere Zeit für den Bereich des Bundes oder eines Landes auf die politische Willensbildung Einfluss nehmen und an der Vertretung des Volkes im Deutschen Bundestag oder einem Landtag mitwirken wollen, wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere nach Umfang und Festigkeit ihrer Organisation, nach der Zahl ihrer Mitglieder und nach ihrem Hervortreten in der Öffentlichkeit eine ausreichende Gewähr für die Ernsthaftigkeit dieser Zielsetzung bieten.
Die Landeslisten müssen von dem Vorstand des Landesverbandes oder, wenn Landesverbände nicht bestehen, von den Vorständen der nächstniedrigen Gebietsverbände, die im Bereich des Landes liegen, persönlich und handschriftlich unterzeichnet sein. Außerdem müssen nicht-etablierte Parteien wie die AfD, die der Regelung des oben zitierten § 18 Abs. 2 BWahlG unterfallen, zusätzlich gem. § 27 Abs. 1 S. 2 BWahlG Unterschriften „von 1 vom Tausend der Wahlberechtigten des Landes bei der letzten Bundestagswahl, jedoch höchstens 2.000 Wahlberechtigten“ für die jeweilige Landesliste sammeln. Dies wird für die AfD sicherlich keine einfache Herausforderung.
Beschwerderecht bei Nichtzulassung
Gegen die Wahl zum Deutschen Bundestag kann durch einen Antrag beim BVerfG eine Wahlprüfungsbeschwerde erhoben werden, Art. 93 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. Art. 41 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 GG, §§ 13 Nr. 3, 48 BVerfGG. Eine wichtige Zulässigkeitsvoraussetzung ist ein vorheriger Einspruch gegen die Wahl nach § 2 WahlPrG. Dieser Einspruch muss durch Beschluss des Bundestages nach § 13 WahlPrG abgelehnt worden sein.
Der Bundestag hat außerdem am 23.05.2012 eine Änderung mit der notwendigen Zwei-Drittel-Mehrheit beschlossen, nach der nun Parteien, die nicht zur Bundestagswahl vom Bundeswahlausschuss zugelassen sind, noch vor der Wahl den Rechtsweg zum Bundesverfassungsgericht beschreiten können (wir berichteten; s. hierzu auch den Beitrag auf der Homepage des BT).
Nach § 18 Abs. 4a S. 1 BWahlG kann eine Partei oder Vereinigung gegen die Feststellung des Bundeswahlausschusses nach § 18 Abs. 4 BWahlG (s.o.)  binnen vier Tagen nach Bekanntgabe Beschwerde beim BVerfG erheben. In diesem Fall ist die Partei oder Vereinigung gem. § 18 Abs. 4a S. 2 BWahlG von den Wahlorganen bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, längstens bis zum Ablauf des neunundfünfzigsten Tages vor der Wahl, wie eine wahlvorschlagsberechtigte Partei zu behandeln.
Weitere wichtige Problemstellungen aus dem Wahlrecht
Das Wahlrecht stand in letzter Zeit angesichts zahlreicher Entscheidungen des BVerfG und dadurch bedingter Reformen immer wieder im Fokus der Berichterstattung. Es ist daher im Moment besonders relevant für die mündliche Prüfung. Einige wichtige Themen sind u.a.:

  • Zum neuen Bundeswahlgesetz und der Vergrößerung des BT
  • Zum Wahlrecht von im Ausland lebenden Deutschen
  • Zur Verfassungswidrigkeit des (alten) BWahlG und möglichen Neuregelungen, s. hierzu auch diesen Beitrag
  • Zur Fünfprozenthürde bei Landtagswahlen
  • Zu Problemen der Wahlkreiseinteilung
  • Zur Fünfprozenthürde bei der Europawahl

15.04.2013/0 Kommentare/von Dr. Stephan Pötters
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Stephan Pötters https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Stephan Pötters2013-04-15 10:00:172013-04-15 10:00:17Zur Gründung der „Alternative für Deutschland“: Wann darf eine Partei an Bundestagswahlen teilnehmen?
Tom Stiebert

BVerfG: Verfassungswidrigkeit des Bundeswahlgesetzes

BVerfG Leitentscheidungen & Klassiker, Öffentliches Recht, Öffentliches Recht, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Schon gelesen?, Startseite, Verfassungsrecht

Am gestrigen 25.07.2012 hat das BVerfG (2 BvF 3/11;- 2 BvR 2670/11; 2 BvE 9/11) (nicht zum ersten Mal) Regelungen des Bundeswahlgesetzes für verfassungswidrig erklärt.
Eine sehr gute Zusammenfassung des Urteils findet ihr in der Pressemitteilung des BVerfG, die auch die einzelnen Kritikpunkte am Gesetz gut darstellt.
Das Wahlrecht ist offensichtlich ein absoluter Dauerbrenner des BVerfG in den letzten Jahren, sodass wir zunächst nur kurz auf unsere Beiträge hierzu hinweisen wollen: siehe zuletzt hier, vgl. ferner  hier, hier, hier, hier und hier.
Viel Neues bringt die Entscheidung des BVerfG nicht, sondern wiederholt vielmehr die bekannten Grundlagen des Wahlrechts. Dennoch sollen einige zentrale Aussagen nachfolgend kurz dargestellt werden. Meist sind diese aber so technisch, dass sie sich für eine Prüfung in der Klausur wenig eignen. Auch in einer mündlichen Prüfung ist eher davon auszugehen, dass Grundsätze des Wahlrechts (Art. 38 GG) geprüft werden und nicht die mathematischen Besonderheiten.
Zentraler Ansatzpunkt der Prüfung ist (erneut) der Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit (Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG). Das BVerfG formuliert den Obersatz wie folgt:

„Grundanforderungen an alle Wahlsysteme ergeben sich insbesondere aus dem Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit. Danach sind unabhängig von der jeweiligen Ausgestaltung des Wahlverfahrens alle Wähler bei der Art und Weise der Mandatszuteilung strikt gleich zu behandeln (vgl. BVerfGE 11, 351 <360>; 95, 335 <369>). Die Stimme eines jeden Wahlberechtigten muss grundsätzlich den gleichen Zählwert und die gleiche rechtliche Erfolgschance haben (vgl. BVerfGE 95, 335 <353, 369 f.>; 121, 266 <295>; 124, 1 <18>). Alle Wähler sollen mit der Stimme, die sie abgeben, den gleichen Einfluss auf das Wahlergebnis nehmen können (BVerfGE 121, 266 <295>).“

Fraglich ist, ob diese Gleichheit im jetzigen System gewahrt ist.
1. Verstoß des § 6 Abs. 1 Satz 1 BWahlG gegen Art. 38 GG
Nach dieser Norm ergibt sich der Anteil der Sitze für jedes Bundeslandes anhand des Verhältnisses zur Gesamtzahl der Stimmen. Das Land wird damit in voneinander abgetrennte Wahlkörper unterteilt. Eine solche Unterteilung ist auch grundsätzlich zulässig. Ein Verstoß gegen die Gleichheit der Wahl ergibt sich allerdings durch die Möglichkeit des negativen Stimmgewichts:

§ 6 Abs. 1 Satz 1 BWG verletzt die Grundsätze der Gleichheit und Unmittelbarkeit der Wahl sowie der Chancengleichheit der Parteien, soweit die Bildung der Ländersitzkontingente nach der Wählerzahl den Effekt des negativen Stimmgewichts ermöglicht. Ein Sitzzuteilungsverfahren nach dem Verteilungsprinzip der Verhältniswahl darf solche Effekte nur in seltenen Ausnahmefällen herbeiführen.

Nachfolgend wird erklärt, was darunter im Einzelnen zu verstehen ist:

Ein Sitzzuteilungsverfahren, das ermöglicht, dass ein Zuwachs an Stimmen zu Mandatsverlusten führt, oder dass für den Wahlvorschlag einer Partei insgesamt mehr Mandate erzielt werden, wenn auf ihn selbst weniger oder auf einen konkurrierenden Vorschlag mehr Stimmen entfallen, widerspricht aber Sinn und Zweck einer demokratischen Wahl (vgl. BVerfGE 121, 266 <299 f.>)
Das in § 6 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 BWG geregelte Sitzzuteilungsverfahren kann infolge der Bildung der Ländersitzkontingente nach der Wählerzahl dazu führen, dass in bestimmten Konstellationen abgegebene Zweitstimmen für Landeslisten einer Partei insofern negativ wirken, als diese Partei in einem anderen Land Mandate verliert oder eine andere Partei Mandate gewinnt. Umgekehrt ist es auch möglich, dass die Nichtabgabe einer Wählerstimme der zu unterstützenden Partei dienlich ist. Dieser Effekt des negativen Stimmgewichts ist verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt.

Aus diesem Grund verstößt diese Regelung gegen die Gleichheit der Wahl.
2. Verstoß des § 6 Abs. 2a BWahlG gegen Art. 38 GG
Eine schwer zu verstehende sehr technische Norm enthält § 6 Abs. 2a BWahlG. Diese neuaufgenommene Regelung sollte der Abmilderung von Ungleichheiten dienen und „Erfolgswertunterschiede unter den Landeslisten der Parteien, die aufgrund von Rundungsverlusten bei der Verteilung der Sitze in den 16 Sitzkontingenten entstehen“, durch die Vergabe weiterer Sitze (§ 6 Abs. 2a Satz 3 BWG) ausgleichen (vgl. BTDrucks 17/6290, S. 7 f., 15).
Vereinfacht gesagt summiert die Regelung „Bruchtteilssitze“ in den einzelnen Ländern auf und vergibt diese zusätzlich. Aufrundungsgewinne werden hingegen nicht entzogen. Dies führt zu einer ungleichen Gewichtung der Wählerstimmen.

Die Regelung identifiziert nur einseitig die Abrundungsverluste der Landeslisten einer Partei in den 16 Ländern, summiert diese bundesweit auf und vergibt, soweit sich dabei ganzzahlige Sitzanteile ergeben, hierfür zusätzliche Sitze. Aufrundungsgewinne der Landeslisten einer Partei lässt die Regelung außer Betracht. Dies hat zur Folge, dass bislang ohne Stimmerfolg gebliebene Stimmen zwar unter Umständen mandatswirksam werden, die vergleichsweise größere Erfolgskraft der bislang übergewichteten Stimmen jedoch unverändert bestehen bleibt.

3. Verstoß des § 6 Abs. 5 BWahlG gegen Art. 38 GG
Schließlich verstößt auch § 6 Abs. 2 BWahlG gegen die Gleichheit der Wahl, da er Überhangmandate weiterhin ohne Ausgleich ermöglicht. Das BVerfG erklärt diesen Fall wie folgt:

Der Gesetzgeber hat in § 6 Abs. 5 Satz 1 BWG klargestellt, dass die im jeweiligen Land in den Wahlkreisen errungenen Sitze einer Partei verbleiben. Wird das Ziel des Verhältnisausgleichs durch den Rechenschritt nach § 6 Abs. 4 Satz 1 BWG unvollständig erreicht, weil die Sitze, die einer Landesliste nach dem Verhältnis der Summen der Zweitstimmen zustehen, nicht ausreichen, um alle errungenen Wahlkreismandate abzuziehen, so erhöht sich die Gesamtzahl der Sitze des Bundestages um die Unterschiedszahl (§ 6 Abs. 5 Satz 2 BWG); es entstehen Überhangmandate jenseits der proportionalen Sitzverteilung.

Eine generelle Unzulässigkeit von Überhangmandaten verneint das BVerfG, wenn es darlegt:

Diese Ungleichheit könne nur hingenommen werden, soweit sie notwendig sei, um das Anliegen der personalisierten Verhältniswahl zu verwirklichen; diese wolle zumindest für die Hälfte der Abgeordneten eine enge persönliche Bindung zu ihrem Wahlkreis gewährleisten (vgl. BVerfGE 7, 63 <74>; 16, 130 <139 f.>; 79, 169 <171>; 95, 335 <358>).

Das Anfallen von Überhangmandaten kann also gerechtfertigt sein, wenn es bei dem aktuellen Wahlrechtskonzept zwingend ist.

Die durch die ausgleichslose Zuteilung von Überhangmandaten bewirkte ungleiche Gewichtung der Wählerstimmen ist durch die verfassungslegitime Zielsetzung der personalisierten Verhältniswahl, dem Wähler im Rahmen einer Verhältniswahl die Wahl von Persönlichkeiten zu ermöglichen, grundsätzlich gerechtfertigt. Der insoweit bestehende Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers wird allerdings durch den Grundcharakter der Bundestagswahl als eine Verhältniswahl begrenzt.

Diesbezüglich müssen allerdings Grenzen bestehen:

Das Erfordernis eines föderalen Proporzes zwischen den Landeslisten einer Partei untereinander rechtfertigt die ausgleichslose Zuteilung von Überhangmandaten nicht.
Die mit der ausgleichslosen Zuteilung von Überhangmandaten verbundene Differenzierung des Erfolgswertes der Wählerstimmen kann jedoch in begrenztem Umfang durch das besondere Anliegen einer mit der Personenwahl verbundenen Verhältniswahl gerechtfertigt werden.

Wie hoch dieser Umfang ist, kann aus dem Gesetz nicht klar hergeleitet werden, sondern ist eine eigene Entscheidung des Gerichtes, wie es auch selbst zugibt:

Vor diesem Hintergrund sieht der Senat einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Anliegen möglichst proportionaler Abbildung des Zweitstimmenergebnisses im Bundestag und dem mit der Personenwahl verbundenen Belang uneingeschränkten Erhalts von Wahlkreismandaten dann nicht mehr für gewahrt an, wenn die Zahl der Überhangmandate etwa die Hälfte der für die Bildung einer Fraktion erforderlichen Zahl von Abgeordneten überschreitet. Diese Größenordnung entspricht der vom Senat im Urteil vom 10. April 1997 gebilligten Quote von 16 Überhangmandaten bei einer regulären Abgeordnetenzahl von 656 […]

Der Senat ist sich bewusst, dass die Zahl von 15 Überhangmandaten als Akt richterlicher Normkonkretisierung nicht vollständig begründet werden kann.

Jedenfalls die jetzige Regelung, die einen unbegrenzten Anfall von Überhangmandaten ermöglicht, ist damit verfassungswidrig.
4. Fazit
Zumindest die Anknüpfung an Art. 38 GG sollte jedem Studenten bekannt sein. Ebenso sollte das Problem des negativen Stimmgewichts und der Überhangmandate zumindest bekannt sein und ansatzweise erklärt werden können. Gerade beim negativen Stimmgewicht kann allerdings nicht erwartet werden, dass die mathematischen Probleme bekannt sind.
Nicht beherrscht werden muss die Frage der Zusatzmandate, da dieser Regelung eine komplizierte mathematische Berechnung zugrundezulegen ist, die nicht abgeprüft werden kann (judex non calculat).
 
5. Möglichkeit eines verfassungskonformen Systems
Abschließend soll kurz dargestellt werden, wie ein verfassungsgemäßes Wahlrecht aussehen könnte.
a) Beseitigung negatives Stimmgewicht
Das negative Stimmgewicht beruht auf dem Verhältnis der unterschiedlichen Listen in den einzelnen Bundesländern. Es könnte damit beseitigt werden, wenn eine einheitliche Bundesliste eingeführt würde. Erst- und Zweitstimme könnten dann beibehalten werden.
Ebenso wäre es möglich, die Sitzvergabe der einzelnen Länder nicht mehr an die Anzahl der abgegebenen Stimmen zu koppeln, sondern als ausschlaggebendes Kriterium die Anzahl der Wahlberechtigten festzulegen. Dies bestätigt das BVerfG ausdrücklich:

Von Verfassungs wegen ist der Gesetzgeber nicht daran gehindert, diesen Ursachenzusammenhang innerhalb des von ihm geschaffenen Wahlsystems zu unterbinden, indem er zur Bemessung der Ländersitzkontingente statt der Wählerzahl die Zahl der Bevölkerung oder der Wahlberechtigten heranzieht. Denn jede vom Wahlverhalten der Wahlberechtigten nicht beeinflusste Größe als Grundlage der Bestimmung der Ländersitzkontingente würde den Effekt des negativen Stimmgewichts bei der Sitzzuteilung vermeiden.

Die daraus resultierende Erfolgsungleichheit der Stimmen in den einzelnen Ländern, scheint das BVerfG hinzunehmen.
b) Beseitigung der Überhangmandate
Eine generelle Beseitigung der Überhangmandate ist nicht erforderlich. Vielmehr genügt es, anderen Parteien entsprechende Ausgleichsmandate zuzuweisen (wie bspw. im Landtag von NRW). Dies hätte dann zwar zur Folge, dass der Bundestag im Zweifel stark aufgebläht würde, die Gleichheit der Wahl wäre aber gewahrt. Dies könnte auch erst ab einer Mindestanzahl von Überhangmandaten erfolgen.
c) Extrempositionen
Neben diesen milden Positionen, die das personalisierte Verhältniswahlrecht beibehalten, sind auch Extrempositionen denkbar. So könnte auch die Erst- bzw. Zweitstimme abgeschafft werden. Würde die Erststimme abgeschafft, liefe dies auf ein reines Verhältniswahlrecht hinaus. Dies könnte sowohl bundeseinheitlich als auch in den einzelnen Ländern separat erfolgen. In dem zweiten Fall müsste allerdings wieder die Gefahr des negativen Stimmgewichts gebannt werden (s.o.).
Als Extremposition ist wohl auch ein reines Mehrheitswahlrecht denkbar. Zwar liefe das auf eine starke Erfolgswertungleichheit der Stimmen hinaus, diese wäre aber systemimmanent. Insofern würde für die Ungleichheit wohl ein sachlicher Grund bestehen, handelt es sich beim Mehrheitswahlrecht doch um ein weltweit anerkanntes Wahlsystem, dem nicht die demokratische Legitimation abgesprochen werden kann.

26.07.2012/4 Kommentare/von Tom Stiebert
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Tom Stiebert https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Tom Stiebert2012-07-26 14:09:252012-07-26 14:09:25BVerfG: Verfassungswidrigkeit des Bundeswahlgesetzes
Dr. Gerrit Forst

BVerfG: Anträge auf Wahlzulassung nicht erfolgreich

Öffentliches Recht, Verfassungsrecht

Das BVerfG hat mit Kammerbeschlüssen vom 24.8.2009 (2 BvR 1898/09 und 2 BvQ 50/09) die Anträge der „Freien Union“ und der „PARTEI“ auf Zulassung zur Teilnahme an der Bundestagswahl zurückgewiesen. In beiden Fällen wurden die Anträge als unzulässig verworfen, da es an einer vorherigen Wahlprüfung durch den Deutschen Bundestag fehle (§ 48 BVerfGG).
Der Fall ist für die mündliche Prüfung insofern relevant, als hier ein aktuelles Thema auf allgemein-dogmatische Fragen trifft: Gesetzesbindung der Gerichte (Art. 20 Abs. 3 GG); Zweck der Zulässigkeitsprüfung (u.a. Popularklagen verhindern, hier wohl eher Schutz der Wahldurchführung); praktische Konkordanz (Artt. 19, 38 GG vs. Art. 41 Abs. 2 GG); Verhältnis der EMRK (Art. 6: Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz) zum GG.

31.08.2009/0 Kommentare/von Dr. Gerrit Forst
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Gerrit Forst https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Gerrit Forst2009-08-31 10:01:442009-08-31 10:01:44BVerfG: Anträge auf Wahlzulassung nicht erfolgreich

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