• Lerntipps
    • Examensvorbereitung
    • Fallbearbeitung und Methodik
    • Für die ersten Semester
    • Mündliche Prüfung
  • Examensreport
    • 2. Staatsexamen
    • Baden-Württemberg
    • Bayern
    • Berlin
    • Brandenburg
    • Bremen
    • Hamburg
    • Hessen
    • Lösungsskizzen
    • Mecklenburg-Vorpommern
    • Niedersachsen
    • Nordrhein-Westfalen
    • Rheinland-Pfalz
    • Saarland
    • Sachsen
    • Sachsen-Anhalt
    • Schleswig-Holstein
    • Thüringen
    • Zusammenfassung Examensreport
  • Interviewreihe
    • Alle Interviews
  • Rechtsgebiete
    • Strafrecht
      • Klassiker des BGHSt und RGSt
      • StPO
      • Strafrecht AT
      • Strafrecht BT
    • Zivilrecht
      • AGB-Recht
      • Arbeitsrecht
      • Arztrecht
      • Bereicherungsrecht
      • BGB AT
      • BGH-Klassiker
      • Deliktsrecht
      • Erbrecht
      • Familienrecht
      • Gesellschaftsrecht
      • Handelsrecht
      • Insolvenzrecht
      • IPR
      • Kaufrecht
      • Kreditsicherung
      • Mietrecht
      • Reiserecht
      • Sachenrecht
      • Schuldrecht
      • Verbraucherschutzrecht
      • Werkvertragsrecht
      • ZPO
    • Öffentliches Recht
      • BVerfG Leitentscheidungen & Klassiker
      • Baurecht
      • Europarecht
      • Europarecht Klassiker
      • Kommunalrecht
      • Polizei- und Ordnungsrecht
      • Staatshaftung
      • Verfassungsrecht
      • Versammlungsrecht
      • Verwaltungsrecht
      • Völkerrrecht
  • Rechtsprechungsübersicht
    • Strafrecht
    • Zivilrecht
    • Öffentliches Recht
  • Karteikarten
    • Strafrecht
    • Zivilrecht
    • Öffentliches Recht
  • Suche
  • Menü Menü
Du bist hier: Startseite1 > Borussia Dortmund

Schlagwortarchiv für: Borussia Dortmund

Dr. Jan Winzen

VG Arnsberg: Borussia Dortmund Fahne darf weiter wehen

Baurecht, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Startseite

Pünktlich zur neuen Bundesligasaison hat das VG Arnsberg mit Urteil vom 15.07.2013 (8 K 1679/12) die Klage zweier Grundstückseigentümer, gerichtet auf Beseitigung einer auf dem Nachbargrundstück aufgestellte Fahnenstange nebst BVB-Fahne, abgewiesen.
A. Sachverhalt
Der Nachbar hatte zur Fussball Weltmeisterschaft 2010 auf seinem Grundstück einen 5 m hohen Fahnenmast errichtet und die deutsche Flagge gehisst. Im April 2012 ersetzte er die Deutschland-Flagge durch eine 1×2 m große Flagge des Bundesligavereins Borussia Dortmund (BVB). Der Flaggenmast befindet sich im rückwärtigen Bereich des Grundstücks (Garten) in ca. 11,5 m Entfernung von dem Grundstück der Kläger. Der Bebauungsplan weist das streitgegenständliche Gebiet als reines Wohngebiet aus. Die Kläger verfügen hinter ihrem Haus über eine gepflasterte Terrassenanlage. Auf dieser ist ein Fischteich mit stetiger Wasserzu- und abfuhr und damit verbundenem Plätschern angelegt.
Nach erfolgloser Durchführung eines Vorverfahrens begehren die Kläger von der zuständigen Behörde (Beklagte) im Wege der Verpflichtungsklage den Erlass einer an den Nachbarn gerichteten Beseitigungsverfügung. Sie sind der Ansicht, bei der Fahne handele es sich um eine Werbeanlage für den BVB als börsennotiertes Unternehmen, die nicht der Nutzung der Wohngrundstücke diene und im Wohngebiet einen Störfaktor darstelle. Diese sei nicht nur von ihrer Terrasse, sondern auch aus ihrem Wohnzimmer heraus dauernd sichtbar. Außerdem entstünden durch das Schlagen der Fahne im Wind erhebliche Geräusche, die nicht zu akzeptieren seien.
B. Rechtliche Würdigung
Die zulässige Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) ist begründet, wenn den Klägern ein Anspruch auf Einschreiten gegen die Beklagte in Form der Beseitigungsanordnung bezogen auf die auf dem Nachbargrundstück aufgestellte Fahnenstange nebst BVB-Fahne zusteht.
I. Anspruchsgrundlage: § 61 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BauO NRW
Ein solcher Anspruch könnte sich aus § 61 Abs. 1 S. 1 und 2 BauO NRW ergeben.
Danach haben die Bauaufsichtsbehörden bei der Errichtung, der Änderung, dem Abbruch, der Nutzung, der Nutzungsänderung sowie der Instandhaltung baulicher Anlagen sowie anderer Anlagen und Einrichtungen im Sinne des §§ 1 Abs. 1 S. 2 BauO NRW darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften und die aufgrund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen eingehalten werden. Sie haben in Wahrnehmung dieser Aufgaben nach pflichtgemäßem Ermessen die erforderlichen Maßnahmen zu treffen.
II. Prüfungsmaßstab bei Beseitigungsanordnung

  • Die Beseitigung einer genehmigungsbedürftigen baulichen Anlage setzt voraus, dass die Anlage formell und materiell illegal ist, d.h. weder genehmigt worden noch zu irgend einem Zeitpunkt genehmigungsfähig gewesen ist.
  • Handelt es sich um eine nicht genehmigungsbedürftige baulichen Anlage, kommt es allein auf die materielle Illegalität an.
  • Verlangt – wie hier – ein Nachbar die Beseitigung einer baulichen Anlage im Wege des bauaufsichtlichen Einschreitens, reicht die bloße Rechtswidrigkeit der baulichen Anlage freilich nicht aus. Die Rechtswidrigkeit muss sich vielmehr aus einem Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften des öffentlichen Rechts ergeben.
  • Siehe ausführlich zum Nachbarschutz im Baurecht hier.

III. Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften
Der Fahnenmast  nebst BVB Fahne (bei dem es sich um eine bauliche Anlage im Sinne des § 2 Abs. 1 BauO NRW handelt) müsste gegen nachbarschützende Vorschriften verstoßen.
1. Art der baulichen Nutzung
In dem Umstand, dass der Fahnenmast in einem reinen Wohngebiet (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 3 BauNVO)  errichtet wurde, könnte ein Verstoß gegen die (generell drittschützenden) bauplanungsrechtlichen Festsetzungen hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung liegen.
Zur Erinnerung: Das BVerwG billigt jedem Grundstückseigentümer das Recht zu, sich innerhalb des von ihm bewohnten Baugebiets gegen jede artfremde Bebauung zur Wehr zu setzen, unabhängig davon, ob sie ihn tatsächlich beeinträchtigt (sog. Gebietserhaltungsanspruch).
Nach § 3 Abs. 2 BauNVO sind im reinen Wohngebiet nur Wohngebäude zulässig.
a) Fahnenmast kein Gewerbebetrieb
Zunächst handelt es sich bei der Fahnenstange nicht um einen im reinen Wohngebiet unzulässigen Gewerbebetrieb.

Bei der Fahnenstange handelt es sich selbst dann nicht um einen Gewerbebetrieb, wenn diese mit aufgezogener BVB-Fahne rechtlich als Werbeanlage qualifiziert würde. Ein Gewerbebetrieb im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO 1968 liegt hier nicht vor. „Gewerbebetrieb“ im Sinne des § 8 BauNVO ist ein gerichtlich in vollem Umfang überprüfbarer unbestimmter Rechtsbegriff. Ein solches Gewerbe ist jede selbständige, auf Dauer und auf Gewinnerzielung angelegte Tätigkeit. Die Beigeladenen betreiben jedoch mit der am Fahnenmast gehissten Fahne von Borussia Dortmund ganz erkennbar keine selbstständige, auf Dauer und auf Gewinnerzielung angelegte Tätigkeit.

b) Fahnenmast keine Werbeanlage
Sodann kann der Einwand der Kläger, es handele sich bei dem Fahnenmast um eine im Wohngebiet unzulässige Werbeanlage, nicht durchgreifen. Zwar sind Werbeanlagen gemäß § 13 BauNVO in reinen Wohngebieten unzulässig. Selbst wenn es sich bei dem Fahnenmast vorliegend um eine Werbeanlage handeln sollte, kommt es aber nach Ansicht des Gerichts

nicht darauf an, dass gemäß § 13 BauO NRW Werbeanlagen in Wohngebieten unzulässig sind. Denn § 13 BauO NRW entfaltet bezogen auf die Kläger keine nachbarschützende Wirkung. Die darin enthaltenen Verunstaltungsvorschriften dienen dem allgemeinen Interesse an einer einwandfreien Einfügung des Bauwerks in seine Umgebung.

c) Fahnemast = zulässige Nebenanlage
Vielmehr handelt es sich nach Ansicht des Gerichts bei dem Fahnenmast um eine nach § 14 BauNVO zulässige Nebenanlage. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO sind außer den in den §§ 2 bis 13 genannten Anlagen auch untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen zulässig, die dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst dienen und die seiner Eigenart nicht widersprechen.

Der Fahnenmast mit Fahne stellt sich seiner Dimension nach gegenüber dem Wohngebäude als untergeordnet dar. Er dient dem Nutzungszweck des Wohnens, weil er eine nach außen dokumentierte Verbundenheit der Bewohner des Grundstücks mit bestimmten Ereignissen, Hobbys oder ähnlichem dokumentiert. Als solcher ist er auch nur dort sinnvoll, wo sich die Personen regelmäßig aufhält, um hier den nach außen sichtbaren gewünschten Bezug zu erreichen. An einer anderen Stelle aufgebaut und aufgezogen kann dieser Zweck nicht erreicht werden, weil dann der nötige Bezug der gemäß Art. 5 Abs. 1 des Grundgesetzes geschützten Meinungsfreiheit sinngemäß dergestalt „Der Fußballverein BVB ist derjenige, dem meine sportliche Verbundenheit und Unterstützung gilt“ nicht hergestellt werden kann. Das ist aber typischerweise beim Wohnhaus der Fall, weil hier ein ersichtlicher Bezug zwischen dem persönlichen Lebensbereich des Vereinsfans und seiner äußeren Meinungsbekundung besteht.

d) Maß der baulichen Nutzung?
Dass der Fahnenmast angesichts seiner Höhe möglicherweise außerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen liegt, ist schon deshalb hier nicht beachtlich, weil den Festsetzungen des Bebauungsplans über das Maß der baulichen Nutzung nach hM keine drittschützende Wirkung zugunsten des Nachbarn zukommt. Sie dienen ausschließlich dem öffentlichen Interesse an einer geordneten städtebaulichen Entwicklung. Gleichwohl verweist das Gericht hilfsweise auch noch auf § 23 Abs. 5 BauNVO, wonach bauliche Nebenanlagen gegebenenfalls auch außerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche zulässig sind.

Als bauliche Nebenanlage ist die Anlage gemäß § 23 Abs. 5 BauNVO auch gegebenenfalls außerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche zulässig. Im Übrigen entfalten Regelungen über die überbaubaren Grundstücksflächen auch keine nachbarschützende Wirkung zugunsten der Kläger.

2. § 15 Abs. 1 Satz 2 NauNVO i.V.m. dem Gebot der Rücksichtnahme
Abschließend prüft das Gericht einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Drittschutz folgt allerdings nach heute überwiegender Meinung nicht aus dem Rücksichtnahmegebot selbst, sondern stets aus einer einfach-gesetzlichen Norm als dessen Ausprägung. Dass das Gericht vorliegend insoweit prüft, ob von dem Fahnenmast für die Kläger keine für diese unzumutbaren Beeinträchtigungen ausgehen, deutet auf die materielle Prüfung des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO als einfachgesetzliche Ausprägung des Rücksichtnahmegebots hin.
Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme (objektiv-rechtlich) begründet, hängt – nach st. Rspr. des BVerwG – wesentlich von den jeweiligen Umständen ab.

Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung derer ist, denen die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt, um so mehr kann an Rücksichtnahme verlangt werden. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, um so weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen.

Gemessen daran ergibt sich ein Anspruch der Kläger auf Beseitigung des Fahnenmasts auch nicht aus § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO i.V.m. demRücksichtsnahmegebot. Weder der Umstand, dass die BVB-Fahne gerade bei Nässe und starkem Wind nicht unerhebliche Geräusche verursacht, noch der Blick auf die flatternde Fahne begründen nach der Abwägung des Gerichts eine unzumutbare Beeinträchtigung der Kläger. Zu Lasten der Kläger berücksichtigt das Gericht dabei auch, dass auch ihr Grundstück angesichts des plätschernden Teichs nicht immissionsneutral ausgestaltet ist.

Insofern ist den Klägern, was auch die Beigeladenen einräumen, zuzugeben, dass die Fahne, gerade bei Nässe verbunden mit starkem Wind nicht unerhebliche Geräusche verursacht (…) Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Beigeladenen sowohl schriftsätzlich als auch mündlich im Rahmen des Erörterungstermins glaubhaft versichert haben, die jeweiligen Fahnen bei stürmischer Wetterlage und starkem Wind auch aus eigenem Interesse einzuholen. Sofern sie dies gelegentlich aufgrund vorübergehender Abwesenheit verabsäumen, gehen die von der Fahne ausgehenden Beeinträchtigungen nach Auffassung der Kammer jedoch nicht über das im nachbarlichen Austauschverhältnis zumutbare Maß hinaus und verpflichten die Beklagte insbesondere nicht, im bauordnungsrechtlichen Verfahren die Beseitigung anzuordnen.
(…)
Im diesem Zusammenhang ist insbesondere auch von Bedeutung, dass die Fahnenstange in einer Entfernung von über 10 Metern zum Grundstück der Kläger hin angebracht sind. Sofern diese darauf verweisen, die Fahne tauche immer wieder in ihrem Blickwinkel auf, wenn sie im Wohnzimmer in ihren Sitzmöbeln säßen und dadurch sei insbesondere auch ein ungestörtes Fernsehen nicht möglich, stellt das Flattern der Fahne in Richtung des Grundstücks der Kläger keine gegen öffentlich-rechtliche Bestimmungen verstoßende, für diese unzumutbare und nicht mehr hinnehmbare Beeinträchtigung dar. Zunächst weht der Wind im T. nicht ständig mit hoher Windstärke und wenn er weht, geschieht dies auch nicht immer aus westlicher Richtung, so dass die Fahne in Richtung des Grundstücks der Kläger flattert. Es handelt sich daher bei dem Flattern um eine nur gelegentlich auftretende Einwirkung auf das Grundstück der Kläger. Auch bei Wohngrundstücken müssen aber gewisse, gelegentlich auftretende und von Nachbargrundstücken ausgehende Beeinträchtigungen hingenommen werden, sofern diese – wie hier – mit der Wohnnutzung in Zusammenhang stehen. Dazu gehören neben Lebensäußerungen der Bewohner auch bei der Gartennutzung etwa auch gelegentliche Geräusche, die bei der Gartenpflege, zum Beispiel durch Rasenmäher, entstehen. Über solche gelegentliche Beeinträchtigungen gehen die von dem Fahnenmast verursachten Immissionen auf dem Grundstück der Kläger aber selbst ihrem eigenen Vorbringen zufolge nicht hinaus.
(…)
Dabei berücksichtigt das Gericht auch, dass auch der rückwärtige Grundstücksbereich der Kläger keineswegs vollkommen immissionsneutral gestaltet ist. Dort haben diese nämlich einen Teich angelegt, der durch dauernden Wasserzu- und -abfluss ein stetig plätscherndes Geräusch erzeugt, das auch auf den Nachbargrundstücken – insbesondere nachts – wahrnehmbar sein dürfte.

Im Ergebnis ist die Klage daher mangels eines Verstoßes des Fahnenmasts gegen nachbarschützende Vorschriften unbegründet.
C. Fazit
Ein Fall mit populärem Bezug ohne größere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten. Gerade deshalb aber als Aufhänger für ein baurechtliches Prüfungsgespräch nicht uninteressant. Die Genehmigungsfreiheit der baulichen Anlage wird in den Entscheidungsgründen übrigens gar nicht angesprochen, dürfte sich aber entsprechend des Vortrags der Beklagten im Vorverfahren aus § 65 Abs. 1 Nr. 22 BauO NRW ergeben. Im Rahmen der Abwägung muss man argumentieren. Da die von der Fahne ausgehenden Immissionen nicht über das Maß der Beeinträchtigung anderer im Nachbarschaftverhältnis üblicher Immissionen (Rasenmähen) hinausgehen und die Nachbarn außerdem glaubhaft ihre Bereitschaft bekundet haben, die Fahne einzuholen, wenn mit außergewöhnlichen starken Immissionen zu rechnen ist (Sturm, Gewitter), fällt die Abwägung hier zu Lasten der Kläger aus. Dies könnte natürlich im Einzelfall auch anders sein.
Für die Assessorklausur ist zu beachten, dass die Nachbarn durch das Gericht beigeladen wurden. Da sie keinen Antrag gestellt haben und deshalb keinem Kostenrisiko ausgesetzt waren (§ 154 Abs. 3 VwGO), sind etwaige aussergerichtliche Kosten für sie auch nicht erstattungsfähig (§ 162 Abs. 3 VwGO). Das ist im Kostentenor deutlich zu machen („Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen“).
Sehr instruktiv zum baurechtlichen Nachbarschutz ist im Übrigen der zweitplatzierte Beitrag aus unserem Aufsatzwettberwerb des vergangenen Jahres.
 
 

28.07.2013/1 Kommentar/von Dr. Jan Winzen
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Jan Winzen https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Jan Winzen2013-07-28 09:00:282013-07-28 09:00:28VG Arnsberg: Borussia Dortmund Fahne darf weiter wehen
Dr. Jan Winzen

OLG Hamm: BVB muss nicht an Spielerberater zahlen

Rechtsprechung, Startseite

Das OLG Hamm hat mit Beschluss vom 24.09.2012 (18 U 25/12, I-18 U 25/12) entschieden, dass dem ehemaligen Spielerberater des Bundesliga-Torhüters W. keine Ansprüche im Zusammenhang mit dessen im Januar 2011 erfolgter Vertragsverlängerung zustehen.
Der Fall ist aus verschiedenen Gründen interessant. Zum einen handelt es sich bei rechtlichen Themen aus dem Bereich Profisport stets um Diskussionsstoff für eine breitere (nicht ausschließlich juristische) Öffentlichkeit. Der ein oder andere Zivilrechtsprüfer in der mündlichen Prüfung könnte sich deshalb veranlasst sehen, den Fall als Aufhänger für das Prüfungsgespräch zu wählen (das könnte besonders für Prüfer aus dem Fan-Lager des BVB gelten – solche dürften ja vor allem in NRW kein Exotendasein fristen).  Zum anderen eignet sich die hier anzutreffende prozessuale Situation (der Kläger musste im Wege einer Stufenklage vorgehen – dazu sogleich) in beiden Examen zur Anknüpfung verfahrensrechtlicher Fragen.
Der Sachverhalt
Der zum Ende der Spielzeit 2010/2011 auslaufende Arbeitsvertrag des Stamm-Torhüters von Borussia Dortmund stand Ende des Jahres 2010 zur Verlängerung an. Da dem BVB an der vorzeitigen Verlängerung des Vertrages gelegen war, kontaktierte der BVB-Sportmanager im September 2010 dessen Spielerberater, den Rechtsanwalt C. C hatte den W in der Vergangenheit bereits mehrfach bei Vertragsverlängerungen mit Borussia Dortmund beraten. Ende September kam es dann auch in Dortmund zu einem Gespräch zwischen den genannte Personen und dem Geschäftsführer des BVB. Gegenstand des Gesprächs war die Ausgestaltung des neuen Vertrages (insbesondere dessen Laufzeit, das Grundgehalt und weitere Prämien). Noch am selben Tag unterbreitete der Verein seinem Torhüter ein konkretes Angebot. Die in diesem Zusammenhang vereinbarten Fortsetzungstermine (Oktober und November) sagte W ab. Darüber hinaus kündigte er Ende November den Vertrag mit seinem Berater. Dieser setzte wenige Tage später den BVB von der Kündigung in Kenntnis und bekundete zugleich die Absicht, für den Fall einer Vertragsverlängerung einen Anspruch auf „Honorarzahlung“ gegen den Verein geltend zu machen. Am selben Tag engagierte W einen neuen Berater und im Januar 2011 kam es (wie die BVB-Fans wissen) zu der angestrebten Vertragsverlängerung für weitere drei Jahre (in deren Folge der BVB ein Honorar an den neuen Berater des W zahlte).
Der C verlangte nun von Borussia Dortmund für jedes der drei Jahre die Zahlung eines Honorars in Höhe von 10 % des jeweiligen Jahresbruttogehalts. Da er naturgemäß nicht wissen konnte, wie hoch das letztlich vereinbarte Gehalt war, begehrte er zudem Auskunft über die Bedingungen des verlängerten Vertrages.
Die Entscheidung
Das Gericht geht die in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen durch.
 § 652 Abs. 1 BGB – kein konkludenter Vertragsschluss durch Kontaktaufnahme mit Spielerberater
Die typische Anspruchsgrundlage für die Geltendmachung von Vermittlungshonoraren ist § 652 Abs. 1 BGB. Danach ist derjenige, der für die Vermittlung eines Vertrags einen Mäklerlohn verspricht, zur Entrichtung des Lohnes verpflichtet, wenn der Vertrag infolge der Vermittlung des Mäklers zustande kommt. Die Norm erfasst – das sollte man sich klar machen – keineswegs nur den allseits bekannten Immobilienmakler.
Ein Zahlungsanspruch des Beraters gegen Borussia Dortmund aus § 652 Abs. 1 BGB setzt das Zustandekommen eines Maklervertrags zwischen den Parteien voraus. Da ein solcher weder schriftlich noch ausdrücklich mündlich (der Maklervertrag ist grundsätzlich nicht formbedürftig) geschlossen wurde, kommt nur ein konkludenter Vertragsschluss in Betracht.
Das Gericht prüft sodann, ob in der Kontaktaufnahme durch den BVB-Sportmanager im September 2010 ein konkludentes Angebot auf Abschluss eines Maklervertrags zu sehen sein könnte. Die Vorinstanz (LG Dortmund – 3 O 246/11) hatte – was man in der Prüfung unbedingt auch tun sollte – noch mustergültig den Prüfungsmaßstab zurecht gelegt:

Ob die Kontaktaufnahme mit einem Makler durch eine Partei ein bindendes Angebot zum Abschluss eines Maklervertrages darstellt, ist durch Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Danach ist die Erklärung einer Partei nach dem objektiven Empfängerhorizont auszulegen. Bei konkludenten Willenserklärungen ist im Ergebnis entscheidend, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben verstehen musste

Das OLG Hamm gibt insoweit zusätzlich Folgendes zu bedenken:

Zu beachten ist, dass der Makler für klare Verhältnisse zu sorgen hat. Zu bewerten sind insbesondere die konkreten Umstände des vorliegenden Falls.

An die Darlegungs- und Beweislast eines Spielerberaters, der Maklerlohn wegen einer Vertragsverlängerung geltend macht, sind folglich hohe Anforderungen zu stellen.
Gemessen daran sprechen aus Sicht des Gerichts verschiedene Umstände gegen das Zustandekommen eines Maklervertrags.
Zum einen kommt dem Umstand, dass der C nun einmal als Berater für die Vertragsverhandlungen des Torhüters (vielleicht sogar nach Maßgabe eines zwischen diesen bestehenden Beratervertrags) zuständig war, besondere Bedeutung zu. Vor diesem Hintergrund wurde er nämlich erkennbar nicht als Makler, sondern eben als Vertreter (der vertraglichen Interessen) des W angesprochen. Eine möglicherweise gewollte (gleichzeitige) Maklertätigkeit für den BVB hätte der C nach dem oben Gesagten ausdrücklich ansprechen müssen:

Hätte er auch als Makler für die Beklagte tätig werden sollen, um für sie einen Vertragsabschluss mit X zu vermitteln, hätte dies gesondert zum Ausdruck gebracht werden müssen. Darauf und auch auf den Umstand, dass Dr. C als angesprochener mutmaßlicher Makler insoweit für klare Verhältnisse Sorge zu tragen hatte, weist das Landgericht zu Recht hin.

Dies wird auch durch den Inhalt seitens des C anlässlich der Vertragsverhandlungen angefertigter Vermerke bestätigt. Darin gab er sich durch Formulierung wie „die von unserer Seite …“ und „es wurde (…) vereinbart, dass wir auf dieses Angebot in den nächsten 4 Wochen reagieren werden …“ und die Vorstellungen des BVB deutlich übersteigende Gehaltsforderungen als Interessenvertreter des W zu erkennen.
Zum anderen gibt das Gericht auch zu bedenken, dass

ein Verein nur solange mit einem Spielerberater verhandeln kann, solange dieser auch für den Spieler, mit dem eine vertragliche Vereinbarung abgeschlossen werden soll, tätig ist. Entscheidet sich ein Spieler (…) während laufender Verhandlungen zu einem Beraterwechsel, kann der abgelöste (erste) Berater nicht mehr für den Spieler tätig werden und auch eine Bereitschaft des Spielers zum Vertragsabschluss mit dem Verein nicht mehr herbeiführen. Insoweit wird dann der neue Spielerberater tätig, der bei einem Vertragsabschluss zwischen Spieler und Verein ebenfalls eine vom Verein zu übernehmende Provision erwartet.
Dieser denkbare und vom Verein im Hinblick auf den Beraterwechsel regelmäßig auch nicht zu beeinflussende Geschehensablauf spricht dagegen, dass sich ein Verein gegenüber einem Spielerberater zur Zahlung einer Courtage verpflichten will, solange nicht geklärt ist, dass dieser Berater den Spieler auch beim Abschluss des in Frage stehenden Vertrages betreut. Andernfalls liefe der Verein Gefahr, für denselben Vertragsschluss ggfls. beiden Beratern und mithin doppelt Provision zahlen zu müssen.

Diesem Umstand trägt auch die in der Vergangenheit zwischen dem Verein und dem C anlässlich anderer Vertragsverhandlungen geübte Praxis Rechnung, etwaige Honorarvereinbarungen erst nach einem erfolgreichen Vertragsschluss zu unterzeichnen.
Im Ergebnis fehlt es an einem Maklervertrag. Ein Zahlungsanspruch des C, gestützt auf § 652 Abs. 1 BGB, kommt nicht in Betracht.
§ 354 Abs. 1 HGB soll lediglich bestehende Verträge ergänzen

Das Gericht prüft als nächstes den handelsrechtlichen Provisionsanspruch aus § 354 Abs. 1 HGB. Danach kann derjenige, der in Ausübung seines Handelsgewerbes einem anderen Geschäfte besorgt oder Dienste leistet, dafür auch ohne Verabredung Provision verlangen. Anders als der Wortlaut zunächst vermuten lässt, setzt der Anspruch aus § 354 Abs. 1 HGB bestehende – aber in Einzelfragen ergänzungsbedürftige – Vertragsbeziehungen voraus. Dem Anspruch liegt der Gedanke zugrunde, dass ein Kaufmann noch weniger als ein Privatmann kostenlos tätig wird (da die Vorschrift nach Maßgabe der §§ 343, 344 Abs. 1 HGB auch auf einseitige Handelsgeschäfte Anwendung findet, musste sich das Gericht mit der Kaufmannseigenschaft des BVB gar nicht erst auseinandersetzen).
Mangels bestehender vertraglicher Beziehungen zwischen dem BVB und C besteht auch kein Zahlungsanspruch nach § 354 Abs. 1 HGB.
§§ 677 ff. BGB – kein objektiv fremdes Geschäft
Für eine Geschäftsführung ohne Auftrag durch den C fehlt es schon an einem objektiv fremden Geschäft. Der C kam in den Angelegenheiten rund um die Vertragsverlängerung lediglich seinen eigenen Pflichten aus dem zwischen ihm und dem W bestehenden Vertragsverhältnis nach und führe folglich ein sog. Eigengeschäft.
§ 242 BGB hilf ebenfalls nicht weiter

Dass der Kläger von der Beklagten keine Provision beanspruchen kann, ist bereits deswegen nicht treuwidrig, weil Dr. C und die K, deren Ansprüche der Kläger geltend macht, beim Vertragsabschluss zwischen der Beklagten und X für letzteren nicht mehr als Spielerberater tätig waren. Bereits hierin unterscheidet sich der vorliegende Fall von den früheren Konstellationen, bei denen sich die Beklagte gegenüber Dr. C oder der K zur Übernahme einer Courtage verpflichtet ansah.

Im Ergebnis muss der BVB also auch nach Ansicht des OLG Hamm kein Honorar an den ehemaligen Spielerberater des W zahlen.
Fazit
Eine interessante Entscheidung zum Maklerrecht, die sich im Schwerpunkt mit Fragen der Auslegung nach den §§ 133, 157 BGB befasst. Der Berater hatte übrigens seine möglichen Ansprüche dem jetzigen Kläger übertragen, so dass der Kläger aus abgetretenem Recht (§ 398 BGB) vorging. Insoweit ließen sich gerade im zweien Examen prozessuale Fragen – etwa aus dem Bereich der Prozessstandschaft (vgl. § 265 ZPO) – einbauen.
Wie eingangs schon erwähnt, musste der Kläger hier im Wege der Stufenklage (§ 254 ZPO) vorgehen, da er den Provisionsanspruch ohne Kenntnis der Vertragsdetails nicht bestimmen konnte (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). In solchen Fällen (die sich etwa für eine Anwaltsklausur im zweiten Examen anbieten), behilft man sich typischerweise mit einer dreistufigen Klage. Auf der ersten Stufe wird eine Auskunft (z.B. über die genauen Vertragskonditionen) beantragt. Auf Grundlage der gewonnenen Informationen kann der Anspruch dann nämlich in einer dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügenden Weise beziffert werden. Die zweite Stufe der Stufenklage ist auf Glaubhaftmachung der Informationen (durch Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung) und die dritte Stufe auf Zahlung des (bei Klageerhebung noch zu beziffernden) Betrages gerichtet.
Der Fall bietet insgesamt also durchaus Stoff für eine mündliche Prüfung, in Teilen vielleicht auch für eine Klausur des zweiten Examens.
 

19.11.2012/0 Kommentare/von Dr. Jan Winzen
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Jan Winzen https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Jan Winzen2012-11-19 08:00:292012-11-19 08:00:29OLG Hamm: BVB muss nicht an Spielerberater zahlen

Über Juraexamen.info

Deine Zeitschrift für Jurastudium, Staatsexamen und Referendariat. Als gemeinnütziges Projekt aus Bonn sind wir auf eure Untersützung angewiesen, sei es als Mitglied oder durch eure Gastbeiträge. Über Zusendungen und eure Nachrichten freuen wir uns daher sehr!

Werbung

Anzeige

Neueste Beiträge

  • Neue Rechtsprechung des BGH zur Ersatzfähigkeit von „Schockschäden“
  • Praktikum in einer Großkanzlei – Einblicke in das FGS „Intern-Programm“
  • Human Rights and Labour – Modern Slavery – Effektive Durchsetzung von Menschenrechten in globalen Lieferketten

Weitere Artikel

Auch diese Artikel könnten für dich interessant sein.

Gastautor

Neue Rechtsprechung des BGH zur Ersatzfähigkeit von „Schockschäden“

Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Startseite, Zivilrecht

Wir freuen uns, nachfolgenden Gastbeitrag von Simon Mantsch veröffentlichen zu können. Er studiert Rechtswissenschaften an der Universität Bonn und ist als Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Flick Gocke Schaumburg tätig. Ein nach §§ 823 […]

Weiterlesen
16.01.2023/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2023-01-16 15:42:082023-01-25 11:42:19Neue Rechtsprechung des BGH zur Ersatzfähigkeit von „Schockschäden“
Gastautor

Praktikum in einer Großkanzlei – Einblicke in das FGS „Intern-Programm“

Alle Interviews, Für die ersten Semester, Interviewreihe, Lerntipps, Rezensionen, Startseite, Verschiedenes

Wir freuen uns, nachfolgend einen Gastbeitrag von Maximilian Drews veröffentlichen zu können. Der Autor studiert Rechtswissenschaften an der Universität Bonn und berichtet über sein absolviertes Pflichtpraktikum in einer Bonner Großkanzlei. […]

Weiterlesen
03.01.2023/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2023-01-03 07:26:222023-01-04 10:57:01Praktikum in einer Großkanzlei – Einblicke in das FGS „Intern-Programm“
Gastautor

Human Rights and Labour – Modern Slavery – Effektive Durchsetzung von Menschenrechten in globalen Lieferketten

Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Startseite, Tagesgeschehen, Uncategorized

Wir freuen uns, nachfolgend einen Gastbeitrag von Theo Peter Rust veröffentlichen zu können. Der Autor studiert Rechtswissenschaften im siebten Semester an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Mit dem vorliegenden […]

Weiterlesen
23.12.2022/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2022-12-23 07:42:522022-12-23 08:49:11Human Rights and Labour – Modern Slavery – Effektive Durchsetzung von Menschenrechten in globalen Lieferketten

Support

Unterstütze uns und spende mit PayPal

Jetzt spenden
  • Über JE
  • Das Team
  • Spendenprojekt
  • Gastautor werden
  • Mitglied werden
  • Alumni
  • Häufige Fragen
  • Impressum
  • Kontakt
  • Datenschutz

© 2022 juraexamen.info

Nach oben scrollen