Wir freuen uns, Euch heute einen Gastbeitrag von Dr. Ole Sachtleber vorstellen zu können. Er ist Richter in der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Schleswig-Holstein. In seinem Gastbeitrag spricht Ole auch einige grundsätzliche Fragen des Betreuungsrechts an. Grundwissen in dem Bereich sollte nämlich zum juristischen Allgemeinwissen zählen.
Erfüllungswirkung bei Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts?
Der Gastbeitrag ist eine klausurmäßige Aufbereitung des BGH-Urteils vom 21.4.2015 (Az. XI ZR 234/14). Da der Fall bekannte Probleme des Schuldrechts in einem etwas ungewöhnlicheren Kontext behandelt (betreute Person mit Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts) eignet sich der Fall hervorragend, um in eine Prüfungsaufgabe einzufließen.
Sachverhalt (leicht abgewandelt)
Durch Beschluss des zuständigen Amtsgerichts vom 17. November 2014 wurde für den geschäftsfähigen K u.a. für den Aufgabenkreis der Vermögenssorge ein Betreuer (B) bestellt und angeordnet, dass Willenserklärungen des K, die seine Vermögenssorge betreffen, zu ihrer Wirksamkeit der Einwilligung des Betreuers bedürfen (Einwilligungsvorbehalt).
Am 18. Juli 2015 verstirbt die Mutter (M) des K, der Alleinerbe ist. M unterhielt bei der S-Sparkasse ein Girokonto. K hebt am 30. Juli 2015 von diesem Konto am Schalter das gesamte Guthaben in Höhe von 1.500 € ab und übergibt das Geld unmittelbar nach dem Empfang an seinen Freund F zur Begleichung einer Kaufpreisschuld. Sein Betreuer hat hiervon keine Kenntnis und hat weder in die Abhebung noch in die Weitergabe des Geldes eingewilligt und diese Vorgänge auch nicht nachträglich genehmigt.
B verlangt von S im Namen des K die (nochmalige) Auszahlung des Guthabens in Höhe von 1.500 €. S wendet ein, dass sie – was zutrifft – von dem Einwilligungsvorbehalt keine Kenntnis hatte. Zudem rechnet sie mit Ansprüchen gegen K auf und beruft sich hilfsweise auf ein Zurückbehaltungsrecht.
Lösungsvorschlag
Anspruch des K auf Zahlung von 1.500 € aus §§ 700 I 1, 488 I 2 i.V.m. § 1922 I BGB
K könnte gegen S ein Anspruch auf Auszahlung des Guthabens in Höhe von 1.500 € aus einem unregelmäßigen Verwahrungsvertrag nach §§ 700 I 1, 488 I 2 BGB zustehen.
I. Anspruch entstanden
M war Inhaberin eines Girokontos bei der S-Sparkasse. Während sich die Abwicklung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs im Rahmen eines Girokontos nach den Vorschriften über den Zahlungsdiensterahmenvertrag (§ 675f II BGB) richtet, ist davon zu trennen die rechtliche Einordnung der Einlage des Geldes als solche (zur Definition des Einlagengeschäfts siehe § 1 I 2 Nr. 1 KWG). Darin kann ein Darlehensvertrag (§ 488 BGB) oder ein unregelmäßiger Verwahrungsvertrag (§ 700 BGB) liegen („unregelmäßig“ deshalb, weil – abweichend von §§ 695, 688 BGB – kein Anspruch auf die Herausgabe des konkret „verwahrten“ Geldes (Münzen und Scheine), sondern „nur“ auf Auszahlung einer entsprechenden Summe besteht). Für die Abgrenzung zwischen Darlehen und unregelmäßiger Verwahrung kommt es nach h.M. auf die Interessenlage der Parteien an. Bei dem unregelmäßigen Verwahrungsvertrag liegt das Interesse an der Überlassung des Geldes (der „Verwahrung“) bei dem Hinterleger. Bei der Einlage von Geld auf einem Girokonto hat in erster Linie der Bankkunde ein Interesse an der Geldüberlassung. Er möchte das Girokonto nutzen, um seinen bargeldlosen Zahlungsverkehr abzuwickeln. Die Bank hingegen muss jederzeit damit rechnen, dass der Kunde von seinem Auszahlungsanspruch in voller Höhe Gebrauch macht (sogenannte Sichteinlage), weswegen ihr eigenes Interesse an der Geldüberlassung demgegenüber gering ausfällt. Daher handelte es sich bei dem zwischen M und der S-Sparkasse geschlossenen Vertrag um einen unregelmäßigen Verwahrungsvertrag (sogenannte Termineinlagen hingegen sind als Darlehen einzuordnen). M stand damit ein Anspruch auf Auszahlung des Guthabens aus §§ 700 I 1, 488 I 2 BGB zu. Dieser Anspruch ist auf K als Alleinerben übergegangen (§ 1922 I BGB).
Als rechtlicher Betreuer des K kann B die Zahlung in dessen Namen verlangen (§§ 1896, 1902 BGB).
Exkurs: Grundlagen der rechtlichen Betreuung
Kann ein Volljähriger auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen, so bestellt das Betreuungsgericht (eine besondere Abteilung des Amtsgerichts: § 23c GVG) auf seinen Antrag oder von Amts wegen für ihn einen Betreuer (§ 1896 I BGB). Die Bestellung eines rechtlichen Betreuers ist „ultima ratio“ und darf nur erfolgen, soweit das erforderlich ist (§ 1896 II 1 BGB). Einer Betreuung ist etwa eine (Vorsorge-)Vollmacht als Instrument der privaten und selbstbestimmten Vorsorge vorrangig (das Bundesjustizministerium stellt dazu auf seiner Homepage (Link) Musterformulare zum Download bereit), aber auch „andere Hilfen“ tatsächlicher und rechtlicher Art, die den Fürsorgebedarf der Person decken können (§ 1896 II 2 BGB). Dieser sogenannte Erforderlichkeitsgrundsatz hat als Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsprinzips Verfassungsrang. Auch Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskonvention, der jedem Menschen die gleiche Anerkennung vor dem Recht garantiert, fordert – im Range eines Bundesgesetzes – eine strikte Beachtung des Erforderlichkeitsgrundsatzes.
Aus dem Erforderlichkeitsgrundsatz folgt auch, dass sich die Betreuung in der Regel nicht automatisch auf sämtliche Angelegenheiten der betroffenen Person bezieht, sondern auf bestimmte Lebensbereiche. Das Gesetz spricht insofern von Aufgabenkreisen des Betreuers (vgl. §§ 1896 II 1, III, 1902 BGB; bspw. „Gesundheitsfürsorge“, „Vermögenssorge“ oder „Aufenthaltsbestimmung“); diese Aufgabenkreise werden vom Betreuungsgericht im Beschluss über die Bestellung eines Betreuers festgelegt (s. § 286 I Nr. 1 FamFG). Gegen den freien Willen des Volljährigen darf ein Betreuer nicht bestellt werden (§ 1896 Ia BGB).
Entsprechend dem Leitbild einer rechtlichen Betreuung (s. § 1901 I BGB: „…um die Angelegenheiten des Betreuten … rechtlich zu besorgen“) ist der Betreuer gesetzlicher Vertreter des Betreuten. Im Rahmen seiner Aufgabenkreise vertritt der Betreuer die betreute Person gerichtlich und außergerichtlich (§ 1902 BGB), ist dabei aber („im Innenverhältnis“) an die Wünsche und das Wohl der betreuten Person gebunden (siehe dazu § 1901 II, III BGB). Für eine Reihe von besonders grundrechtsrelevanten Entscheidungen bedarf der Betreuer zudem der Genehmigung des Betreuungsgerichts (vgl. bspw. §§ 1904 – 1907 BGB; sog. Genehmigungsvorbehalte). Das Betreuungsgericht beaufsichtigt die gesamte Tätigkeit des Betreuers (§§ 1908i I, 1837 BGB). Bei Pflichtverletzungen haftet der Betreuer der betreuten Person auf Schadensersatz (§§ 1908i I, 1833 BGB).
Die Bestellung eines rechtlichen Betreuers als solche hat – anders als die im Jahre 1992 abgeschaffte Entmündigung – auf die Geschäfts- und Handlungsfähigkeit der betreuten Person keinen Einfluss. Ist der Betreute nicht geschäftsunfähig (§§ 104 Nr. 2, 105 BGB), kann er weiterhin (rechtsgeschäftlich) selbständig tätig werden – auch in den Aufgabenkreisen, in denen ein Betreuer bestellt ist. Von diesem Grundsatz gibt es drei Ausnahmen:
- Ist ein Betreuer „für alle Angelegenheiten“ bestellt (was eher selten vorkommen dürfte), ist die betreute Person vom Wahlrecht ausgeschlossen (§ 13 Nr. 2 BWahlG; ähnliche Regelungen finden sich in den Landeswahlgesetzen).
- Das Betreuungsgericht kann einen sogenannten Einwilligungsvorbehalt anordnen, soweit dies zur Abwendung einer erheblichen Gefahr für die Person oder das Vermögen des Betreuten erforderlich ist (§ 1903 I BGB). Das führt dazu, dass Willenserklärungen der betreuten Person der Einwilligung des Betreuers bedürfen. Willenserklärungen ohne die erforderliche Einwilligung sind – wie im Recht der beschränkt Geschäftsfähigen – schwebend unwirksam; ihre Wirksamkeit ist von einer Genehmigung des Betreuers abhängig (§§ 1903 I 2, 108 I BGB; zu Ausnahmen vom Erfordernis einer Einwilligung siehe §§ 1903 I 2, 110 BGB („Taschengeldparagraf“), §§ 1903 I 2, 112 BGB (selbständiger Betrieb eines Erwerbsgeschäfts), §§ 1903 I 2, 113 BGB (Dienst- oder Arbeitsverhältnis), § 1903 III 1 BGB (lediglich rechtlicher Vorteil, vgl. auch § 107 BGB) und § 1903 III 2 BGB (geringfügige Angelegenheit des täglichen Lebens, vgl. auch § 105a BGB). Das kommt vor allem vor bei Willenserklärungen auf dem Gebiet von Vermögensangelegenheiten.
- Nach § 53 ZPO steht eine betreute Person einer nicht prozessfähigen Person (s. dazu §§ 51, 52 ZPO) gleich, wenn sie in einem Rechtsstreit von ihrem Betreuer vertreten wird. Voraussetzung des § 53 ZPO ist demnach, dass der Betreuer in den Prozess eintritt, also von seiner Vertretungsmacht Gebrauch macht. Solange das nicht der Fall ist, bleibt die betreute Person prozessfähig. § 53 ZPO regelt damit im Interesse eines sachgerechten Prozessverlaufs den Kompetenzkonflikt zwischen Betreuer und betreuter Person, um divergierendes Prozessverhalten zu vermeiden. Im Betreuungsverfahren ist aber jede Person verfahrensfähig; auf die Geschäftsfähigkeit kommt es nicht an (§ 275 FamFG).
Das gerichtliche Verfahren bestimmt sich nach § 271 ff. FamFG. In Eilfällen kann das Gericht im Wege einer einstweiligen Anordnung entscheiden (s. §§ 300, 301 FamFG). Das kommt etwa vor bei Unfällen, in deren Folge dringend ärztliche Maßnahmen ergriffen werden müssen, die verunfallte Person aber nicht selbst einwilligen kann (siehe § 630d I 2 BGB). Die Person, die das Betreuungsverfahren betrifft, nennt das Gesetz „Betroffener“ (vgl. § 274 I Nr. 1 FamFG). Funktionell zuständig ist grundsätzlich der Rechtspfleger, dem Betreuungsrichter sind aber einige „wesentliche“ Entscheidungen vorbehalten, etwa die Bestellung eines Betreuers und die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts (siehe dazu §§ 3 Nr. 2b, 15 RPflG).
II. Anspruch erloschen
Der Anspruch des K könnte erloschen sein. In Betracht kommt ein Erlöschen durch Erfüllung nach § 362 I BGB (dazu 1.) und durch Aufrechnung nach § 389 BGB (dazu 2.).
1. Erfüllung (§ 362 I BGB)
Nach § 362 I BGB erlischt das Schuldverhältnis (im engeren Sinne), wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.
a) Bewirken der geschuldeten Leistung
Die S-Sparkasse müsste die geschuldete Leistung bewirkt haben. Die geschuldete Leistung bestand in der Übereignung von Geldscheinen (und ggf. Münzen) im Wert von 1.500 Euro. Diese könnte hier nach § 929 S. 1 BGB erfolgt sein. Eine Übergabe liegt vor, fraglich könnte allenfalls sein, ob sich die S-Sparkasse – vertreten durch eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter – und K wirksam über den Eigentumsübergang im Sinne von §§ 145 ff. BGB geeinigt haben. Zwar ist K geschäftsfähig, woran auch die Bestellung eines Betreuers nichts ändert. Möglicherweise steht der Wirksamkeit seiner Willenserklärung aber die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts entgegen.
Der Einwilligungsvorbehalt führt dazu, dass Willenserklärungen des K der Einwilligung des Betreuers bedürfen (§ 1903 I BGB). Willenserklärungen ohne die erforderliche Einwilligung sind schwebend unwirksam; ihre Wirksamkeit ist von einer Genehmigung des Betreuers abhängig (§§ 1903 I 2, 108 I BGB). Der Betreuer des K hat weder eingewilligt noch genehmigt. Allerdings hat K durch die Willenserklärung im Rahmen der Einigung nach § 929 S. 1 BGB lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, nämlich das Eigentum an den Geldscheinen. Für diese Willenserklärungen bedarf es nach § 1903 III 1 BGB keiner Einwilligung des Betreuers (vgl. auch § 107 BGB), auch ein Zugang der Willenserklärung der S-Sparkasse bei K ist möglich (§§ 1903 I 2, 131 II BGB). Daher hat K wirksam Eigentum erworben und die S-Sparkasse damit die geschuldete Leistung bewirkt.
Umstritten ist, ob die tatsächliche Bewirkung des Leistungserfolges bereits eine Erfüllung darstellt oder ob es dazu eines weiteren (subjektiven) Erfordernisses bedarf.
So fordern die sogenannten Vertragstheorien – mit Unterschieden im Einzelnen – den Abschluss eines zusätzlichen Vertrages. Dieser Vertrag wäre für K wegen des Verlusts seines Anspruchs aus §§ 700 I 1, 488 I 2 BGB rechtlich nachteilig, so dass dem K ein solcher Vertragsschluss ohne Zustimmung seines Betreuers nicht möglich wäre (§§ 1903 I 2, 108 I BGB). Danach wäre keine Erfüllung eingetreten.
Nach der ganz h.M. allerdings genügt das Bewirken der geschuldeten Leistung; weitere Erfordernisse bestehen danach nicht („Theorie der realen Leistungsbewirkung“).
Für die h.M. spricht der Wortlaut des § 362 I BGB, der keine Anhaltspunkte für das Erfordernis einer weiteren rechtsgeschäftlichen Vereinbarung enthält. Zudem wird nur dieser Ansatz Fällen gerecht, in denen die Leistung ohne Wissen des Gläubigers erbracht wird (z.B. bei Unterlassungspflichten).
b) An den Gläubiger
Die S-Sparkasse müsste die geschuldete Leistung zudem an den Gläubiger bewirkt haben. Zwar war K als Inhaber des Anspruchs Gläubiger. Allerdings würde diese Sichtweise dazu führen, dass K seinen Anspruch, dem Vermögenswert zukommt, verlieren, er also einen rechtlichen Nachteil erleiden würde, ohne dass sein Betreuer davon Kenntnis hat. Ein Ergebnis, das mit dem Schutzzweck des Einwilligungsvorbehalts nicht zu vereinbaren wäre. Der Einwilligungsvorbehalt dient ausweislich des Wortlauts des § 1903 BGB nämlich gerade dazu, erhebliche Gefahren für das Vermögen des K abzuwehren. Es soll also verhindert werden, dass K über sein Vermögen interessenwidrig verfügt. Ein solches Ergebnis würde auch § 1903 III 1 BGB widersprechen, der nur für lediglich rechtlich vorteilhafte Willenserklärungen Ausnahmen von dem Einwilligungsvorbehalt vorsieht.
Daher muss § 362 I BGB so gelesen werden, dass nur eine Leistung an den „zur Annahme der Leistung befugten“ Gläubiger zur Erfüllung führt. Diese Befugnis (sogenannte Empfangszuständigkeit) deckt sich – wie ein Vergleich mit den §§ 362 II, 1812, 1813 BGB; § 829 ZPO; §§ 80, 82 InsO zeigt – mit der Verfügungsmacht. Fehlt dem Gläubiger die Verfügungsmacht, so liegt auch keine Empfangszuständigkeit vor. Eine Leistung an den nicht empfangszuständigen Gläubiger befreit dann nicht.
K könnte wegen des angeordneten Einwilligungsvorbehalts nur mit Zustimmung seines Betreuers über die Forderung gegen die Sparkasse (nach § 398 BGB) oder über das im Empfang genommene Geld (nach §§ 929 ff. BGB) verfügen. Rechtlich nicht lediglich vorteilhafte Willenserklärungen sind ohne Einwilligung des Betreuers schwebend unwirksam; ihre Wirksamkeit hängt von der Genehmigung des Betreuers ab (§§ 1903 I 2, 108 I BGB). Insoweit fehlt ihm also die Verfügungsmacht. Daher ist K auch nur bei Zustimmung seines Betreuers empfangszuständig.
Eine Zustimmung wurde nicht erteilt, so dass die Zahlung der S-Sparkasse an K nicht nach § 362 I BGB zum Erlöschen der Forderung geführt hat. Insoweit ähnelt der Fall einer betreuten Person mit Einwilligungsvorbehalt dem Fall einer beschränkt geschäftsfähigen Person. Das ist wegen des Verweises in § 1903 I 2 BGB auf einige zentrale Vorschriften des Minderjährigenrechts auch nicht weiter verwunderlich.
Diese Parallele zum Minderjährigenrecht führt auch noch zu einer weiteren Überlegung: Der gute Glaube an die Volljährigkeit/unbeschränkte Geschäftsfähigkeit wird nicht geschützt. Insoweit fehlt es schon an einem Rechtsscheinsträger (das Aussehen?) und einer gesetzlichen Grundlage. Zudem würde das auch dem Schutzzweck der §§ 107 ff. BGB zuwiderlaufen. Dieselben Erwägen müssen aber gelten, wenn – wie hier – eine betreute Person mit Einwilligungsvorbehalt tätig wird. Auch hier muss der mit § 1903 BGB bezweckte Schutz der betreuten Person Vorrang vor dem Schutz des Rechtsverkehrs genießen. Der Einwand der S-Sparkasse, sie habe von der Anordnung des Einwilligungsvorbehalts keine Kenntnis gehabt, ist also unerheblich.
2. Aufrechnung (§ 389 BGB)
Als Gestaltungsrecht setzt die Aufrechnung eine Aufrechnungslage (§ 387 BGB), eine Aufrechnungserklärung (§ 388 BGB) und das Nichtbestehen von Ausschlussgründen (§§ 392 – 394 BGB) voraus.
Nach § 387 BGB müssten sich gegenseitige und gleichartige Ansprüche von K und der S-Sparkasse gegenüberstehen. Die Hauptforderung des K (auch: Passivforderung) besteht in dem Anspruch aus §§ 700 I 1, 488 I 2 BGB; sie ist auch erfüllbar. Fraglich ist, ob der S-Sparkasse eine fällige und einredefreie (§ 390 BGB) Gegenforderung (auch: Aktivforderung) zusteht.
a) Gegenforderung aus § 812 I 1 Var. 1 BGB
Denkbar wäre zunächst ein Anspruch der S-Sparkasse aus § 812 I 1 Var. 1 BGB.
K hat durch die Leistung der S-Sparkasse etwas erlangt, nämlich Besitz und Eigentum an den Geldscheinen. Mangels Erfüllungswirkung (s.o.) ist der mit der Zuwendung der Sparkasse verfolgte Zweck (nämlich: Erfüllung des Anspruchs des K aus §§ 700 I 1, 488 I 2 BGB) nicht eingetreten, so dass die Leistung ohne Rechtsgrund erfolgte.
Danach schuldet K der S-Sparkasse grundsätzlich die Herausgabe des Erlangten, also Rückübereignung und Herausgabe der empfangenen Geldscheine. K hat die Scheine an F weitergegeben. Zwar hat er dadurch – mangels Zustimmung des Betreuers – wegen §§ 1903 I 2, 108 I BGB das Eigentum an den Geldscheinen nicht verloren, wohl aber den Besitz daran.
Darin könnte eine Entreicherung des K liegen (§ 818 III BGB). Allerdings steht K ein eigener Bereicherungsanspruch gegen F aus § 812 I 1 Var. 1 BGB zu. Auch im Verhältnis zwischen K und F ist keine Erfüllung eingetreten. Diesen Anspruch, der einen ausgleichenden Wert im Sinne von § 818 II BGB darstellt, hat K an die S-Sparkasse abzutreten (sogenannte Kondiktion der Kondiktion).
Ein darüber hinausgehender Wertersatzanspruch nach § 818 II BGB – gerichtet auf die Zahlung von 1.500 Euro – würde entgegen der gesetzlichen Wertung des § 1903 BGB zu einer faktischen Erfüllungswirkung der erfolgten Auszahlung führen. Die S-Sparkasse könnte sich dann nämlich durch Aufrechnung von dem Auszahlungsanspruch befreien und der schutzwürdige K würde die Gefahr der Realisierung seiner Ansprüche gegen F tragen. Um ein Unterlaufen des gesetzlichen Schutzes Schutzbedürftiger zu verhindern, ist aus diesem Grund auch die Nichtgeltung der sogenannten Saldotheorie gegenüber beschränkt Geschäftsfähigen anerkannt. Diese Wertung muss auch in der vorliegenden Fallkonstellation gelten.
Daher steht der S-Sparkasse nur ein Anspruch auf Abtretung des Bereicherungsanspruchs gegen F zu. Dieser Anspruch ist nicht gleichartig mit dem auf Zahlung von Geld gerichteten Anspruch des K aus §§ 700 I 1, 488 I 2 BGB. Eine Aufrechnung mit dieser Gegenforderung ist daher ausgeschlossen.
b) Gegenforderung aus §§ 280 I, 241 II BGB oder § 823 II BGB, § 263 StGB
Schadensersatzansprüche der S-Sparkasse könnten daraus folgen, dass K die S-Sparkasse nicht über die Anordnung des Einwilligungsvorbehalts aufgeklärt hat. Darin könnte eine Schutzpflichtverletzung (§ 241 II BGB) im Rahmen des auf K nach § 1922 I BGB übergegangenen unregelmäßigen Verwahrungsvertrags zu sehen sein. Allerdings würde eine solche Pflicht zur Aufklärung ohne Nachfrage der S-Sparkasse den Schutzzweck des § 1903 BGB unterlaufen. Wegen des Fehlens eines Gutglaubensschutzes im Hinblick auf die unbeschränkte Geschäftsfähigkeit besteht daher grundsätzlich keine Pflicht zur ungefragten Aufklärung des Vertragspartners über die Beschränkungen der Geschäftsfähigkeit. Das ist für beschränkt Geschäftsfähige anerkannt und muss auch für betreute Personen mit Einwilligungsvorbehalt gelten. Ein vertraglicher Schadensersatzanspruch aus §§ 280 I, 241 II BGB besteht somit nicht.
Ein Anspruch aus § 823 II BGB, § 263 StGB scheitert schon daran, dass für ein vorsätzliches Handeln des K (§ 15 StGB) keine Anhaltspunkte ersichtlich sind.
3. Zwischenergebnis
Der Anspruch des K ist weder durch Erfüllung erloschen noch – mangels gleichartiger Gegenforderung – durch die von der S-Sparkasse erklärte Aufrechnung.
III. Anspruch durchsetzbar
Der S-Sparkasse steht ein Bereicherungsanspruch gegen K zu, der auf Abtretung des Anspruchs gegen F gerichtet ist. Diesen Gegenanspruch kann die S-Sparkasse im Wege eines Zurückbehaltungsrechts dem K entgegenhalten (§ 273 BGB), was zu einer Verurteilung Zug um Zug führen würde (§ 274 BGB).
IV. Ergebnis
B kann – im Namen des K – von der S-Sparkasse die (nochmalige) Zahlung von 1.500 € verlangen, allerdings nur Zug-um-Zug gegen Abtretung des Bereicherungsanspruchs gegen F.