Wir freuen uns, heute einen Gastbeitrag von Tobias veröffentlichen zu können. Tobias studiert Jura im achten Semester an der HU Berlin.
In einem nun veröffentlichten Urteil (VI ZR 23/09) hat der VI. Zivilsenat des BGH die deutsche Gerichtsbarkeit für zuständig erklärt, sobald ein im Internet von internationalen Medien veröffentlichter Artikel deutliche Bezüge nach Deutschland aufweist. In dem noch nicht veröffentlichten Urteil ging es um folgenden Sachverhalt:
Der in Deutschland wohnhafte Kläger nimmt die Verlegerin der Tageszeitung „The New York Times“ sowie den in New York ansässigen Autor eines am 12. Juni 2001 in den Internetauftritt der Zeitung eingestellten und dort im „Online-Archiv“ zum Abruf bereit gehaltenen Artikels, durch den sich der Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt sieht, auf Unterlassung in Anspruch.
Im Rahmen der rechtlichen Würdigung musste sich der BGH vor allem mit einer – auch klausurrelevanten – Grundnorm der ZPO auseinandersetzen: Laut § 32 ZPO, der einen besonderen Gerichtsstand begründet, ist für Klagen aus unerlaubten Handlungen das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist. Begehungsort der deliktischen Handlung ist dabei nach der Rspr. sowohl der Handlungs- als auch der Erfolgsort.
Laut BGH liegt der Erfolgsort hier in Deutschland, weil der Eingriffserfolg in bezug auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht in der Bundesrepublik drohe. Aufgrund der Sachlage – dem Kläger wurden Verbindungen zur russischen Mafia vorgeworfen – sei damit zu rechnen, dass der Artikel im Inland zur Kenntnis genommen wurde. Zudem sei die NYT ein internationales Presseerzeugnis, das einen weltweiten Leserkreis erreichen wolle; auch seien über 14000 deutsche Nutzer auf den Seiten der NYT registriert.
Eine Klage gegen den fraglichen Artikel ist deshalb in Deutschland zulässig, weshalb der BGH den Fall an das vorinstanzlich zuständige OLG Düsseldorf zur weiteren Beweiserhebung zurückverwies.
Anmerkung: § 32 ZPO begründet einen besonderen Gerichtsstand, der Kläger kann also zwischen dem allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten – hier ua. der New York Times – und dem besonderen Gerichtsstand wählen. Hier war für den in Deutschland lebenden Kläger der besondere Gerichtsstand gem. § 32 ZPO natürlich besonders erstrebenswert: Er war die einzige Möglichkeit auf einen Prozess vor der deutschen Gerichtsbarkeit.
Die Entscheidung zeigt, wie über den Umweg des Handlungs- und Erfolgsortes Probleme des Verstoßes gegen das allgemeine Persönlichkeitsrechts durch Internetanbieter in die ZPO einwirken.