Der BGH hat soeben entschieden, dass ein Fußball-Bundesligaverein berechtigt ist, ein bundesweites Stadionverbot für einzelne Fans auszusprechen (Pressemitteilung Nr. 221/09).
Sachverhalt
Der Kläger war inhaber von Dauerkarten für Heim- und Auswärtsspiele des FC Bayern München. Nach einer Partie gegen den MSV Duisburg kam es zwischen Anhängern beider Vereine zu gewalttätigen Auseinandersetzungen, an denen laut Polizeibericht auch der Kläger beteiligt war. Das gegen ihn eingeleitete Strafverfahren wurde aber nach § 153 StPO eingestellt. Der Beklagte (es ist nicht ganz klar, gegen wen geklagt wurde – den FC Bayern oder den DFB) verhängte gleichwohl ein rund zwei Jahre dauerndes bundesweites Stadionverbot für Spiele der Bundesligen, der Regionalligen sowie des DFB gegen den Fan.
Entscheidung
Der Bundesgerichtshof hält das Stadionverbot aufgrund des Hausrechts für gerechtfertigt. In der Pressemitteilung heißt es dazu:
„Das Hausrecht unterliegt allerdings Einschränkungen. Bei Fußballspielen gewährt der Veranstalter in Ausübung der in Art. 2 Abs. 1 GG garantierten Vertragsfreiheit grundsätzlich jedermann gegen Bezahlung den Zutritt zu dem Stadion. Will er bestimmte Personen davon ausschließen, muss er deren mittelbar in das Zivilrecht einwirkende Grundrechte beachten; ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) und das aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende Gebot der Gleichbehandlung lassen es nicht zu, einen einzelnen Zuschauer willkürlich auszuschließen. Vielmehr muss dafür ein sachlicher Grund bestehen. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob der von dem Ausschluss Betroffene in vertraglichen Beziehungen zu dem Hausrechtsinhaber steht oder nicht.
Da die Verhängung eines Hausverbots seine Grundlage in einem Unterlassungsanspruch nach §§ 862 Abs. 1 Satz 2, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB hat, setzt es voraus, dass eine künftige Störung zu besorgen ist. Konkret geht es darum, potentielle Störer auszuschließen, die die Sicherheit und den reibungslosen Ablauf von Großveranstaltungen wie einem Liga-Fußballspiel gefährden können. Daran hat der Veranstalter ein schützenswertes Interesse, weil ihn gegenüber allen Besuchern Schutzpflichten treffen, sie vor Übergriffen randalierender und gewaltbereiter „Fans“ zu bewahren. Solche Schutzpflichten bestehen entweder aufgrund Vertrages mit den Besuchern der Veranstaltung oder unter dem Gesichtspunkt allgemeiner Verkehrssicherungspflichten. Ein sachlicher Grund für ein Stadionverbot besteht daher, wenn aufgrund von objektiven Tatsachen, nicht aufgrund bloßer subjektiver Befürchtungen, die Gefahr besteht, dass künftige Störungen durch die betreffenden Personen zu besorgen sind. Eine derartige Gefahr wird regelmäßig bei vorangegangenen rechtswidrigen Beeinträchtigungen vermutet, kann aber auch bei einer erstmals drohenden Beeinträchtigung gegeben sein.
Bei der Verhängung von Stadionverboten sind an die Annahme der Gefahr von Störungen keine überhöhten Anforderungen zu stellen. Das ergibt sich aus den Besonderheiten sportlicher Großveranstaltungen, insbesondere von Fußballgroßereignissen. Diese werden häufig zum Anlass für Ausschreitungen genommen. Angesichts der Vielzahl der Besucher und der häufig emotional aufgeheizten Stimmung zwischen rivalisierenden Gruppen ist daher die Bemühung der Vereine sachgerecht, neben Sicherungsmaßnahmen während des Spiels etwa durch Ordnungskräfte und bauliche sowie organisatorische Vorkehrungen auch im Vorfeld tätig zu werden und potentiellen Störern bereits den Zutritt zu dem Stadion zu versagen.“
Bewertung
Dem Urteil ist im Ergebnis zuzustimmen. Insbesondere betont der BGH, dass die Vereine von einem Stadionverbot auch zwecks Gewaltprävention Gebrauch machen können und dass der Grundsatz in dubio pro reo nicht gilt. Angesichts zunehmender rechtsextremer Entgleisungen auch in den deutschen Stadien (zuletzt etwa beim Spiel des FC St. Pauli gegen Energie Cottbus, wo „Fans“ der Cottbusser meinten, einen farbigen Paulispieler mit Feuerzeugen bewerfen zu müssen) gibt dies den Vereinen ein scharfes Schwert an die Hand.
Aus juristischer Sicht ist bedeutsam, dass der BGH die mittelbare Drittwirkung der Grundrechte erörtert. Angesichts des „populären“ Sachverhaltes und den damit verbundenen rechtlichen Fragen wird der Fall in nächster Zeit mit Sicherheit im Examen geprüft werden.
Urteil vom 30. Oktober 2009 – V ZR 253/08