Das OLG Frankfurt hat in einem Beschluss (Az.: 1 Ss 336/08) entschieden, dass jemand, der ohne Fahrkarte in Bus oder Bahn steigt, nicht automatisch als Schwarzfahrer verurteilt werden darf.
Die Richter hoben damit ein Urteil des Landgerichts Frankfurt gegen einen Mann auf, der in Frankfurter U- und Straßenbahnen viermal ohne Fahrkarte erwischt worden war.
Nach Auffassung des OLG reicht es für eine vollendete Schwarzfahrt noch nicht aus, wenn der Fahrgast im Wagen ohne Fahrschein angetroffen wird. Maßgeblich für die Leistungserschleichung sei die Tatsache, dass sich das Fahrzeug bereits in Bewegung gesetzt habe und die Fahrt nicht mehr abbreche.
OLG Frankfurt: Es kommt auf die Täuschung an
Das Gericht müsse dem Beschuldigten deshalb nachweisen, dass er zum Zeitpunkt der Kontrolle bereits eine gewisse Wegstrecke in der Bahn zurückgelegt hat. Dazu gehörten Angaben zur Haltestelle, an der er eingestiegen ist, und zum Fahrtweg des Schwarzfahrers, die in dem Urteil des Landgerichts fehlten.
Der „objektive Tatbestand der Leistungserschleichung“ sei nicht dann schon erfüllt, wenn der Fahrgast das Verkehrsmittel unberechtigt nutze, so das OLG Frankfurt. Er müsse vielmehr vortäuschen, dass er berechtigt sei, die Bahn zu benutzen.
Damit folgt hier das OLG Frankfurt der h.M. im Schrifttum. (s.u.)
Prüfschema für § 265a StGB
I. Tatbestand des § 265a StGB
1. Objektiver Tatbestand
a. Tathandlung: (P) Erschleichen
b. Tatobjekt
– Leistung eines Automaten
– Leistung eines öffentlichen Zwecken dienenden Kommunikationsnetzes
– Beförderung durch ein Verkehrsmittel
– Zutritt zu einer Veranstaltung oder Einrichtung
2. Subjektiver Tatbestand
a. Vorsatz
b. Absicht, Entgelt nicht zu entrichten
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld
IV. Strafantrag, § 265a III
V. Subsidiarität, § 265 I aE
Klassiker im Strafrecht BT: Wann liegt ein „Erschleichen“ der Beförderungsleistung vor?
Der Streit, wann ein Erschleichen der Beförderungsleistung durch ein Verkehrsmittel vorliegt, ist ein Klassiker im Strafrecht BT.
Die im Schrifttum inzwischen herrschenden Meinung ist der Ansicht, dass ein Erschleichen einer Beförderung durch ein Verkehrsmittel im Sinne des § 265 a Abs. 1 StGB voraussetze, dass der Täter sich mit einem täuschungsähnlichen oder manipulativen Verhalten in den Genuss der Leistung bringe. Allein die Entgegennahme einer Beförderungsleistung ohne gültigen Fahrausweis, die nicht mit der Umgehung von Kontroll- oder Zugangssperren oder sonstigen Sicherheitsvorkehrungen verbunden sei, reiche nicht aus. Dies folge zum einen aus dem Wortsinn des Begriffs „Erschleichen“, zum anderen aus der systematischen Stellung der Vorschrift im Rahmen der §§ 263 bis 265 b StGB.
Die Rechtsprechung vertritt die Auffassung, dass unter dem Erschleichen einer Beförderung im Sinne des § 265 a Abs. 1 StGB jedes der Ordnung widersprechende Verhalten zu verstehen sei, durch das sich der Täter in den Genuss der Leistung bringt und bei welchem er sich mit dem Anschein der Ordnungsmäßigkeit umgibt. Eines heimlichen Vorgehens des Täters, einer List, einer Täuschung oder einer Umgehung von Sicherungen oder Kontrollen bedürfe es nicht; das Erschleichen einer Beförderung entfalle auch nicht deshalb, weil der Zugang zum Verkehrsmittel nicht kontrolliert werde.
In einem aktuellen Beschuss vom 8. 1. 2009 – 4 StR 117/08 hat der BGH definiert, wann ein „Erschleichen“ einer Beförderungsleistung i.S.d. § 265a StGB vorliegt:
„Eine Beförderungsleistung wird bereits dann im Sinne des § 265 a Abs. 1 StGB erschlichen, wenn der Täter ein Verkehrsmittel unberechtigt benutzt und sich dabei allgemein mit dem Anschein umgibt, er erfülle die nach den Geschäftsbedingungen des Betreibers erforderlichen Voraussetzungen.“
Die Entscheidung ist lesenwert, weil sie schlagkräftige Argumente enthält, um der Ansicht der Rechtsprechung zu folgen. Hier geht’s zum Volltext.