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Schlagwortarchiv für: BGB AT

Gastautor

Keine Hinweispflicht des Verkäufers auf Doppelmord in Wohnhaus: Urteil des LG Coburg vom 06.10.2020 – 11 O 92/20

BGB AT, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Zivilrecht

Wir freuen uns, einen Gastbeitrag von Philippe Keller veröffentlichen zu können. Der Autor hat Rechtswissenschaften in Bonn studiert und verfolgt dort derzeit ein Promotionsvorhaben. Außerdem ist er Wissenschaftlicher Mitarbeiter in einer Kölner Großkanzlei.

Das LG Coburg hatte sich in einem erst kürzlich veröffentlichten Urteil vom 06.10.2020 (Az. 11 O 92/20) mit der Anfechtung eines Kaufvertrags wegen arglistiger Täuschung durch Verschweigen, und damit einem klassischen und examensrelevanten Problem des BGB-AT, zu beschäftigen. Kurz gesagt ging es darum, dass die Verkäuferin eines Wohnanwesens die Käuferin nicht darüber informiert hatte, dass sich in dem Haus ein Doppelmord an einer Frau und ihrem kleinen Kind ereignet hatte.

I.       Sachverhalt

Hintergrund war ein Immobilienerwerb im Jahr 2018. Die Klägerin (K) kaufte mit notariellem Vertrag vom 13.12.2018 ein Wohnanwesen von der Beklagten (B) zur Eigennutzung. Ein knappes Jahr später fand K heraus, dass es sich bei der Immobilie um den Schauplatz eines Doppelmordes an einer Frau und ihrem Kleinkind im Jahre 1998 handelte. Durch die Geschichte des Hauses ist K nun psychisch belastet. Sie hätte das Anwesen nicht gekauft, wenn sie von der düsteren Vorgeschichte gewusst hätte. Am 13.12.2019 erklärte K deshalb gegenüber B die Anfechtung des Kaufvertrags wegen arglistiger Täuschung und verlangte die Rückabwicklung des Vertrags.

B, die das Anwesen ihrerseits 2004 erworben hatte, erfuhr damals auch erst nach dem Kauf von dessen Geschichte, hatte somit aber jedenfalls zu dem Zeitpunkt der Veräußerung an K Kenntnis. Sie informierte K jedoch hiervon im Rahmen des Immobilienerwerbs nicht. B und ihr damaliger Ehemann hatten vielmehr auch nach Kenntniserlangung von dem Doppelmord noch mehr als zehn Jahre dort gewohnt, da dieser für sie keine große Rolle gespielt hatte und sie sich keine weiteren Gedanken darüber gemacht hatten.

II.    Rechtliche Einordnung

Das rechtliche Kernproblem liegt in der Frage, wann eine arglistige Täuschung durch Verschweigen vorliegt. Nachfolgend soll diese durch das LG Coburg (unter Rückgriff auf die Rechtsprechung des BGH) für den konkreten Fall beantwortete Frage erläutert werden.

Zur Geltendmachung ihres Anspruchs auf Rückzahlung des Kaufpreises aus rechtsgrundloser Bereicherung nach erfolgreicher Anfechtung wegen arglistiger Täuschung Zug um Zug gegen die Rückübereignung des Wohnanwesens kann K sich hier zunächst auf § 812 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BGB i.V.m. §§ 142 Abs. 1, 123 Abs. 1 Var. 1 BGB berufen.

B hat den Kaufpreis durch Leistung von K erlangt. Fraglich ist jedoch, ob der Rechtsgrund durch Anfechtung des Kaufvertrags ex tunc (nach der m.M. ex nunc und damit § 812 Abs. 1 S. 2 Var. 1) entfallen ist. Wenn wie hier die Anfechtung eines Kaufvertrags aus Gründen erfolgt, die auch einen Mangel darstellen könnten, ist zumindest gedanklich zu prüfen, ob die Anfechtung nicht durch den Vorrang der §§ 437 ff. BGB ausgeschlossen ist (tatsächlich ist dies nur bei einem Eigenschaftsirrtum nach § 119 Abs. 2 BGB der Fall)[1]. Die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ist jedenfalls aufgrund des unterschiedlichen Schutzzwecks nicht ausgeschlossen.[2] K als Anfechtungsberechtigte hat die Anfechtung gegenüber B als richtiger Anfechtungsgegnerin gemäß § 143 Abs. 1, 2 BGB erklärt.[3] Auch die einjährige Anfechtungsfrist nach Kenntniserlangung gemäß § 124 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Abs. 1 BGB wurde eingehalten.

III.  Anfechtungsgrund: arglistige Täuschung durch Verschweigen

Die entscheidende Frage ist jedoch, ob eine arglistige Täuschung durch B und damit ein Anfechtungsgrund nach § 123 Abs. 1 Var. 1 BGB vorlag. Das LG Coburg führt hierzu aus:

„Bei einer Täuschung durch Verschweigen eines offenbarungspflichtigen Umstandes handelt arglistig, wer den Umstand kennt oder ihn für möglich hält und gleichzeitig weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Vertragspartner den Umstand nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit diesem Inhalt geschlossen hätte (BGH, NJW 1995, Seite 1549f.).“

1.      Täuschung

a)      Offenbarungspflicht

Eine Täuschung kann auch durch ein Unterlassen begangen werden. Grundsätzlich muss aber jede Vertragspartei selbst ihre eigenen Interessen wahrnehmen. Es gibt keine allgemeine Pflicht zur Offenbarung aller Umstände, die für die andere Partei von Bedeutung für den Vertragsschluss sein könnten. Nur ausnahmsweise kommt eine Offenbarungspflicht in Betracht. Ganz im Sinne der Rechtsprechung des BGH[4] verlangt das LG Coburg für das Vorliegen einer solchen, dass

„[…] der andere Teil nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung redlicherweise Aufklärung über den betreffenden. Umstand erwarten darf.“

Ist nun die Tatsache, dass ein grausames Verbrechen in einem Wohnanwesen stattgefunden hat, ein solcher offenbarungspflichtiger Umstand, über den der Vertragspartner Aufklärung erwarten darf? Wie so oft heißt es auch hier wieder „es kommt drauf an“.

b)     Zeitfaktor: Bedeutung eines Verbrechens nimmt mit der Zeit ab

Grundsätzlich ist nach der Überzeugung des Gerichts die Tatsache, dass in einem zum Verkauf stehenden Haus ein Verbrechen stattgefunden hat, schon aufklärungspflichtig. Allerdings spiele der zeitliche Faktor eine entscheidende Rolle,

„[…] da bei objektiver Bewertung die Bedeutung eines derartigen Umstandes für die Kaufentscheidung mit zunehmendem Zeitablauf geringer wird.“

Hier lagen zwischen dem Doppelmord und dem Vertragsschluss gut 20 Jahre. Eine Zeitspanne, die nach Ansicht des Gerichts dazu führt, dass

„[…] über ein so lange zurückliegendes Verbrechen ohne Nachfrage oder ohne Hinzutreten besonderer Umstände […]“

nicht aufgeklärt werden muss. Vorliegend hat weder K nachgefragt, noch lagen besondere Umstände vor, die an der Beurteilung etwas geändert hätten. Es liegt somit schon keine Täuschung vor.

2.      Arglist

Sicherheitshalber und im Hinblick auf das Gewährleistungsrecht taktisch geschickt widmet sich das LG aber auch noch dem Merkmal der Arglist. Arglistig handelt, wie bereits oben erwähnt, nur der,

„[…] der damit rechnet bzw. billigend in Kauf nimmt, dass der Vertragspartner den Umstand nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit diesem Inhalt geschlossen hätte.“

Das Gericht stellt darauf ab, dass das Verbrechen für B und ihren damaligen Ehemann keine Bedeutung gehabt habe. Dies zeige sich daran, dass beide auch nach Kenntniserlangung noch über ein Jahrzehnt selbst in dem Anwesen gewohnt hätten. Insoweit glaubt das Gericht der B, dass sie sich bei dem Verkauf keine Gedanken über die tragische Geschichte des Hauses gemacht habe.

„Sie hat daher gerade nicht billigend in Kauf genommen, dass die Klägerin den Vertrag bei Kenntnis der entsprechenden Umstände nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte.“

B hätte das Verbrechen somit auch nicht arglistig verschwiegen, wenn es sich dabei um einen offenbarungspflichtigen Umstand gehandelt hätte.

3.      Mängelgewährleistungsrechte

Die Frage, ob es sich bei der Geschichte des Hauses um einen Sachmangel handelt, konnte vorliegend unbeantwortet bleiben, da der Kaufvertrag einen Haftungsausschluss für Sach- und Rechtsmängel enthielt

„[…] und somit nur arglistig verschwiegene Mängel entsprechende Gewährleistungsansprüche des Käufers auslösen könnten.“

Mangels Arglist scheiden deshalb auch Gewährleistungsansprüche, wie die Rückabwicklung oder Schadensersatz für vergebens getätigte Aufwendungen, aus.

IV. Fazit

Auch hinter einer reißerischen Überschrift und einem tragischen Doppelmord kann sich am Ende ein klassisches Anfechtungsproblem des BGB-AT verbergen. Eine Offenlegungspflicht des Verkäufers besteht nur in Ausnahmefällen und zwar dann, wenn es sich um Umstände handelt, bei denen der andere Teil nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung redlicherweise Aufklärung erwarten darf. Ein solch schweres Verbrechen wie ein Doppelmord ist grundsätzlich ein solcher Umstand. Allerdings nimmt seine Bedeutung nach objektiver Betrachtung mit der Zeit an Bedeutung für die Kaufentscheidung ab. Ohne das Hinzutreten besonderer Umstände ist diese Information mehr als 20 Jahre nach dem Verbrechen nicht mehr unbedingt offenzulegen.

Das Urteil bietet eine hervorragende Grundlage für einen Klausurfall mit dem Schwerpunkt auf der Arglistanfechtung. Ergänzen ließe sich eine Klausur gut durch eine im Originalsachverhalt angelegte Vertretungsproblematik. Bei fortgeschrittenen Klausuren sind auch eine prozessuale Einkleidung sowie die vertiefte Problematisierung des Haftungsausschlusses denkbar.

Das Schema zur Anfechtungsprüfung findet sich hier.

[1] Vgl. m.w.N. MüKoBGB/Armbrüster, 9. Aufl. 2021, BGB § 119 Rn. 29-34.

[2] BeckOK BGB/Wendtland, 60. Ed. 1.11.2021, BGB § 123 Rn. 40.

[3] Im Ausgangsfall ließ K sich hierbei vertreten, so dass in einer Klausur an dieser Stelle ein Anknüpfungspunkt für stellvertretungsrechtliche Probleme sein kann.

[4] BGH NJW 2001, 64; NJW-RR 1998, 1406; NJW-RR 1991, 439; NJW 1989, 763.

04.03.2022/0 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2022-03-04 09:25:002022-07-21 09:44:15Keine Hinweispflicht des Verkäufers auf Doppelmord in Wohnhaus: Urteil des LG Coburg vom 06.10.2020 – 11 O 92/20
Redaktion

Zivilrecht I – Oktober 2020 – Hessen

Examensreport, Hessen

Nachfolgend erhaltet ihr ein Gedächtnisprotokoll zu einer Examensklausur im Zivilrecht, die im Oktober 2020 in Hessen gestellt wurde. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen. Wir danken sehr herzlich für die Zusendung.
Unser Examensreport lebt von Eurer Mithilfe. Deshalb bitten wir Euch, uns Gedächtnisprotokolle Eurer Klausuren zuzuschicken, damit wir sie veröffentlichen können. Nur so können eure Nachfolger genauso von der Seite profitieren, wie ihr es getan habt.
 
Ausgangsfall
A betreibt seit kurzer Zeit Yoga und möchte sich diesbezüglich eine Yogamatte zulegen. Besonders hat es ihm das Modell „Flow“ angetan, das er schon des Öfteren in Teleshopping-Sendungen gesehen an.
Da er jedoch beruflich sehr eingespannt ist, bittet er seinen befreundeten Nachbarn N, die Yogamatte „Flow“ für ihn zu kaufen.
Schon am nächsten Tag begibt sich N in das Sportgeschäft des V. Dort teilt er dem angestellten Mitarbeiter M mit, dass er für A die Yogamatte „Flow“ kaufen soll, jedoch nicht wisse, wo er sie im Laden finde. M teilt ihm daraufhin wahrheitswidrig mit, dass die Yogamatte „Flow“ für den von A beabsichtigten Hausgebrauch nicht geeignet sei. Die Yogamatte des Modells „Namaste“ sei viel besser dafür geeignet. Die beiden Modelle sind funktional gleichwertig.
Dabei kommt es M lediglich darauf an, möglichst viel Umsatz zu machen. V hatte von den Machenschaften des M keine Kenntnis.
Überzeugt von den Ausführungen des M nimmt N die Yogamatte „Namaste“ im Kaufpreis von 150 € mit. Damit möchte N dem A vor einem Fehlkauf bewahren und geht davon aus, dass diese Matte den Ansprüchen des A schon genügen wird.
Als er den A jedoch aufklärt und die Yogamatte „Namaste“ übergeben will, ist dieser nicht begeistert. So einen Müll würde er niemals kaufen. Den Kaufvertrag möchte er nicht gegen sich gelten lassen.
V verlangt daraufhin Zahlung der 150 €. N entgegnet, dass er ja schon gar nicht Vertragspartner des V geworden wäre. Dabei könne es ja nicht sein, dass er so von M getäuscht wurde und trotzdem zahlen müsse. Er sei keinesfalls an einen möglichen Vertag gebunden.
Kann V von A und/oder N den Kaufpreis i.H.v. 150 € verlangen?
 
Fortsetzungsfall
Als A in Geldsorgen gerät, fällt ihm ein, dass er F vor einem Jahr 8.000 € geliehen hat, damit dieser sein Auto aufbessern kann. Dabei wurde vereinbart, dass F die 8.000 € spätestens bis Ende Mai 2019 zurückzahlen sollte.
Einen Anruf des A nimmt F nicht entgegen. Auf die darauffolgende E-Mail des A antwortet F:
„Das Geld kannst du vergessen. Die siehst keinen Cent. Du kommst ja nur angekrochen, weil du selbst wieder pleite bist.“
A will das nicht auf sich sitzen lassen und begibt sich im Juni 2019 in die Rechtsanwaltskanzlei R-GbR. Diese besteht aus den Gesellschaftern X und Y. In einem rechtwirksamen Gesellschaftsvertrag wurde vereinbart, dass jeder Gesellschaft bei der Annahme und Bearbeitung von Mandanten alleinvertretungsbefugt ist. Ansonsten sollen die gesetzlichen Regelungen gelten.
A schließt mit dem X, der die R-GbR dabei alleine vertritt, einen Anwaltsvertrag ab. Daraufhin wird F auf die Rückzahlung des Darlehens verklagt. Das erstinstanzliche Gericht geht dabei jedoch fälschlicherweise von einer Verwirkung des Anspruchs aus.
Wegen eines Versehens legt X einen Tag zu spät Berufung gegen das Urteil ein. Die Berufung wäre sonst zulässig gewesen. Das erstinstanzliche Urteil des Landgericht Frankfurt am Main wird damit rechtskräftig.
A ist außer sich und begibt sich in die Kanzlei. Dabei trifft er auf Y und äußert ihm gegenüber seinen Unmut. Es könne doch nicht sein, dass die Berufungsfrist versäumt wurde. Es sei doch gerade die Pflicht von Anwälten, solche Fristen einzuhalten. Dafür müsse jemand zahlen.
Y räumt ein, dass das Ganze unglücklich gelaufen sei. Allerdings wäre es nicht ihre Schuld, wenn das LG Frankfurt am Main fehlerhaft entscheide. Nur deshalb hätten sie ja überhaupt erst die Berufungsfrist versäumt.
A ist über diese Aussage so erbost, dass er absichtlich eine im Eigentum der R-GbR stehende Vase im Wert von 1.000 € zerstört und die Kanzlei verlässt.
A erhebt daraufhin Klage gegen Y auf Zahlung von Schadensersatz i.H.v. 8.000 €.
Y rechnet diese Forderung ohne Kenntnis des X mit den 1.000 € der zerstörten Vase auf. Zudem entgegnet Y, dass er sowieso nur subsidiär hafte. Schließlich müsse A erst die R-GbR verklagen.
Ist die zulässige Schadensersatzklage des A gegen Y begründet?
 
Abwandlung des Fortsetzungsfalls
Neben X und Y war auch Z Gesellschafter der R-GbR. Dieser ist noch vor der Versäumnis der Berufungsfrist aus der R-GbR ausgeschieden.
A verlangt von Z Zahlung der 8.000 €. Zurecht? Etwaige Einwendungen der Gesellschaft sind nicht zu prüfen.

17.12.2020/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2020-12-17 09:00:292020-12-17 09:00:29Zivilrecht I – Oktober 2020 – Hessen
Redaktion

Zivilrecht I – Juli 2020 – Berlin/Brandenburg – 1. Staatsexamen

Berlin, Brandenburg, Examensreport

Nachfolgend erhaltet ihr ein Gedächtnisprotokoll zu einer Examensklausur im Zivilrecht, die im Juli 2020 in Berlin und Brandenburg gestellt wurde. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen. Wir danken sehr herzlich für die Zusendung.
Unser Examensreport lebt von Eurer Mithilfe. Deshalb bitten wir Euch, uns Gedächtnisprotokolle Eurer Klausuren zuzuschicken, damit wir sie veröffentlichen können. Nur so können Eure Nachfolger genauso von der Seite profitieren, wie Ihr es getan habt.
Der 17-Jährige M hat von seinen Eltern ein Handy geschenkt bekommen, welches er ausschließlich nutzen soll. Eines Tages verkauft er es im Geschäft des Händlers H für 250€ (Verkehrswert 300€). Die Eltern des M sind natürlich nicht einverstanden. Der M geht zurück in das Geschäft des H, der meint, dass ja jeder behaupten könne, er sei minderjährig, um ein schlechtes Geschäft rückgängig zu machen. H schmeißt M aus seinem Geschäft. M hatte dabei nur auf die Herausgabe des Verkehrswertes in Geld gepocht, nicht aber auch auf die Herausgabe des Telefons. Jedoch hatte er dem H ggü. offengelegt, dass seine Eltern alles andere als einverstanden sind.
Es kommt wie es kommen muss: In der Nacht wird bei H eingebrochen und das Telefon von gänzlich unbekannten Tätern entwendet. Die Diebe sind nicht auffindbar. Irgendwann taucht das Telefon jedoch wieder auf, und zwar bei G, der das Handy gutgläubig von einem unbekannten Kleinanzeigenhändler erworben hatte. G selbst kennt einen Jurastudenten, der schon mal davon gehört hat, dass das Handy trotzdem als abhanden i.S.d. § 935 BGB geltend könnte. Diese Beurteilung sei jedoch sehr kompliziert und bedürfe längerer Ausführungen.
Frage 1: Hat M gegen G einen Anspruch auf Herausgabe des Telefons?
Frage 2: Welche Ansprüche hätte M gegen H, wenn das Handy nicht bei G auftauchen würde?

26.08.2020/3 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2020-08-26 08:40:092020-08-26 08:40:09Zivilrecht I – Juli 2020 – Berlin/Brandenburg – 1. Staatsexamen
Dr. Melanie Jänsch

OLG Frankfurt zur Auslegung beim Vertragsschluss über eBay: Kein Auto für 1€

BGB AT, Examensvorbereitung, Für die ersten Semester, Lerntipps, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Schuldrecht, Startseite, Zivilrecht

Das OLG Frankfurt hat mit Hinweisbeschluss vom 14.05.2020 (Az.: 6 U 155/19) festgestellt, dass ein Verkäufer, der einen Pkw versehentlich zum Sofortkauf-Preis von einem Euro auf eBay einstellt, dem Käufer keinen Schadensersatz leisten muss. Die Internetplattform eBay ist nicht nur eines der beliebtesten Examensthemen im BGB AT und Schuldrecht, sondern findet – da diverse Probleme des Vertragsschlusses, des Schuldrecht AT oder des Gewährleistungsrechts abgeprüft werden können – auch immer wieder Einzug in Zwischenprüfungsklausuren. Die Entscheidung soll daher zum Anlass genommen werden, Grundprobleme des Zivilrechts unter Fokussierung des Vertragsschlusses bei eBay darzustellen und zu erläutern.
 
A) Sachverhalt
Auf der Internetauktionsplattform eBay bot der V einen BMW 318d, Erstzulassung April 2011, Laufleistung 172.000 km, mit einem Wert von ca. 13.000 Euro an. Nach ausführlicher Beschreibung des Fahrzeugs und der Ausstattung formulierte er: „Preis: Euro 1,00“ sowie: „Fahrzeug muss innerhalb drei Tagen noch Auktionsende – vom Höchstbietenden abgeholt und bar vor Ort gezahlt werden…, Sofortkaufangebote sind gerne erwünscht.“ Versehentlich legte der V den Preis von einem Euro jedoch nicht als Starpreis der Auktion, sondern als Sofortkauf-Preis fest. Der K stieß auf das Inserat, bot einen Euro und erhielt automatisiert den Zuschlag. Vor regulärem Ende der Auktion beendete der V manuell die Auktion und wies den K darauf hin, dass der Preis von einem Euro als Start- und nicht als Sofortkaufpreis gemeint gewesen sei. Zu einem Verkauf für einen Euro sei er keinesfalls bereit. K sah dies nicht ein; schließlich sei die Summe von einem Euro ausdrücklich als Sofortkauf-Preis und nicht als Gebotsuntergrenze ausgewiesen. Er begehrt nunmehr Schadensersatz in Höhe von 13.000 Euro, die er für ein vergleichbares Fahrzeug aufbringen müsste.
 
B) Rechtsausführungen
Die Entscheidung des Landgerichts (Urt. v. 18.07.2019, Az. 2-20 O 77/18), das die Klage abgewiesen hatte, ist rechtskräftig, nachdem der klagende Käufer nach einem Hinweisbeschluss des OLG Frankfurt (Hinweisbeschl. v. 14.05.2020, Az. 6 U 155/19) seine Berufung zurückgenommen hatte. Doch der Reihe nach:
 
I. Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB
Den Verkäufer trifft die Pflicht, die von ihm angebotene Ware zu liefern. Er hat den Kaufgegenstand gemäß § 433 Abs. 1 S. 1 BGB zu übergeben und zu übereignen. Tut er dies nicht, so kann der Käufer unter bestimmten Voraussetzungen Schadensersatz statt der Leistung nach §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB verlangen. Der Schaden bemisst sich nach der Differenzhypothese und beträgt grundsätzlich den Wert des Kaufgegenstandes abzüglich des Kaufpreises. Ein Anspruch des K gegen V auf Schadensersatz statt der Leistung in Höhe von 13.000 Euro könnte sich also aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB ergeben.
 
Achtung: Zwar geht es hier um einen Kaufvertrag, jedoch greift – mangels Anwendungsbereichs – nicht das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht. Damit ein Anspruch aus §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB hergeleitet werden kann, ist ein Mangel bei Gefahrübergang erforderlich. Im vorliegenden Fall geht es aber um eine Nichtleistung vor Gefahrübergang, sodass die Grundsätze des Schuldrecht AT Anwendung finden.
 
1. Schuldverhältnis
Dies setzt zunächst das Vorliegen eines Schuldverhältnisses voraus. Vorliegend kommt ein vertragliches Schuldverhältnis in Form eines Kaufvertrags i.S.v. § 433 BGB in Betracht. Ein solcher verlangt eine Einigung, also zwei übereinstimmende, in Bezug aufeinander abgegebene Willenserklärungen. Ein Vertragsschluss bei eBay richtet sich nach allgemeinen Grundsätzen, d.h. ein Vertrag kommt durch Angebot und Annahme gemäß den §§ 145 ff. BGB zustande – nicht etwa durch Zuschlag nach § 156 BGB, da eBay-Auktionen keine Versteigerungen i.S.d. Norm darstellen. Dabei handelt es sich bereits bei dem Erstellen einer Auktion auf eBay bzw. beim Einstellen eines Sofortangebots um ein verbindliches Angebot, das durch die Bestellung des Kunden angenommen wird, so dass in diesem Moment der Vertrag geschlossen ist (also unmittelbar bei der Option „Sofort-Kaufen“) oder mit Zeitablauf einer Auktion zustande kommt (s. zum Zustandekommen eines Vertrags über die Sofort-Kaufen-Option auch unseren Beitrag). Dies ergibt sich aus den AGB von eBay, die zwar zwischen Käufer und Verkäufer nicht unmittelbar gelten, aber nach h.M. bei der Auslegung der Willenserklärungen zu berücksichtigen sind (s. hierzu BGH, Urt. v. 15.2.2017, Az.: VIII ZR 59/16).
Nach diesen Maßstäben hat der V zweifelsohne durch Einstellen des Autos auf der Plattform eBay ein verbindliches Angebot abgegeben. Jedoch ist problematisch – und Schwerpunkt der vorliegenden Entscheidung –, ob er ein Angebot für einen Sofortkauf des Pkw für einen Euro oder für die Option „Auktion“ mit dem Startgebot in Höhe von einem Euro abgegeben hat. Die Auslegung empfangsbedürftiger Willenserklärungen erfolgt gemäß §§ 133, 157 BGB nach Maßgabe des objektiven Empfängerhorizonts; das heißt, zu prüfen ist, wie sich das Angebot aus der Sicht eines verständigen, objektiven Betrachters darstellt. Hiervon ausgehend durfte der K die Preisangabe von einem Euro nach Ansicht des OLG Frankfurt nicht als Angebot zum Sofortkauf-Preis von einem Euro auffassen. Das Gericht erachtet die Auslegung der Willenserklärung des V nach dem objektiven Empfängerhorizont insofern als „eindeutig“: Er müsse sich nicht daran festhalten lassen, dass ihm bei der Eingabe seines Angebots ein Fehler unterlaufen sei, indem er versehentlich den Sofortkauf-Preis und nicht den Starpreis der Auktion festgelegt habe. Vielmehr sei aus dem Kontext klar ersichtlich, dass eine Versteigerung gewollt gewesen sei. Damit liege schon kein Sofortkauf-Angebot vor, das angenommen werden könnte.
 
Anmerkung: Unterstellt man eine wirksame Einigung, wäre in einem zweiten Schritt eine mögliche Nichtigkeit nach § 142 Abs. 1 BGB infolge einer Anfechtung seitens des V zu prüfen. Dass wirksam angefochten werden könnte, hat auch das OLG Frankfurt betont: Indem V gegenüber dem K erklärt habe, dass der Preis als Startpreis, nicht als Sofortkauf-Preis gemeint gewesen sei und die Transaktion abgebrochen habe, habe er konkludent die Anfechtung erklärt. In einer Klausur wäre sodann schwerpunktmäßig zu diskutieren, welcher Anfechtungsgrund – Inhaltsirrtum gemäß § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB oder Erklärungsirrtum gemäß § 119 Abs. 1 Alt. 2 BGB – in Betracht kommt. Geklärt werden müsste also, ob der Fehler bereits auf der Ebene der Willensbildung (dann Inhaltsirrtum) oder bei der Vornahme der Erklärungshandlung, also etwa durch Vertippen / Verklicken (dann Erklärungsirrtum), erfolgt ist – hierzu bedürfte es ergänzender Hinweise im Sachverhalt. Auch über den Schadensersatzanspruch des § 122 Abs. 1 BGB könnte dann aber keine Zahlung der 13.000 Euro verlangt werden, denn hiernach wird lediglich das negative und nicht das positive Interesse ersetzt.
 
2. Zwischenergebnis
Mithin liegt schon kein wirksamer Kaufvertrag und damit kein Schuldverhältnis zwischen den Parteien vor.
 
II. Ergebnis
Ein Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB scheidet infolgedessen aus.
 
C) Fazit
In summa: Wenn ein eBay-Verkäufer ein Auto zum Sofortkauf für einen Euro anbietet, muss er dem Verkäufer keinen Schadensersatz leisten, sofern nach der Auslegung der Willenserklärung vom objektiven Empfängerhorizont gemäß §§ 133, 157 BGB offensichtlich ist, dass es sich um ein Auktionsstartgebot und nicht um einen Sofortkauf-Preis handelt. Wer sich in einer entsprechenden Klausur also direkt auf die Anfechtung der Willenserklärung stürzt, der verkennt, dass der Auslegung stets  Vorrang gebührt. Ergibt diese bereits einen Versteigerungswillen, verbleibt für die Anfechtung kein Raum. Unklar bleibt freilich, ab welchem Preis auf einen „offensichtlichen“ Versteigerungswillen trotz versehentlicher Wahl der Sofortkauf-Option zu schließen ist, ist doch – auch vom BGH –anerkannt, dass durch die Nutzung der Plattform eBay ein auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung bewusst in Kauf genommen wird (hierzu beispielhaft BGH, Urt. v. 12.11.2014, Az.: VIII ZR 42/14).
 

23.07.2020/1 Kommentar/von Dr. Melanie Jänsch
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Melanie Jänsch https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Melanie Jänsch2020-07-23 08:35:432020-07-23 08:35:43OLG Frankfurt zur Auslegung beim Vertragsschluss über eBay: Kein Auto für 1€
Charlotte Schippers

Grundzüge des Minderjährigenrechts für die BGB-AT-Klausur

BGB AT, Für die ersten Semester, Lerntipps, Schon gelesen?, Startseite, Verschiedenes, Zivilrecht

In Kürze stehen die Abschlussklausuren, so auch im BGB AT, an. Besonders klausurrelevant ist hier das Minderjährigenrecht. Beherrscht werden sollte daher in diesem Zusammenhang die Prüfung des Zustandekommens von Verträgen mit beschränkt Geschäftsfähigen und von Herausgabeansprüchen. Wichtig zur gelungenen Klausur ist eine strukturierte Herangehensweise an die Falllösung, wobei der folgende Beitrag helfen soll.
 
A) Zustandekommen von Verträgen
Zunächst stellt sich also die Frage nach dem Abschluss eines Vertrags mit beschränkt Geschäftsfähigen. Prüft man einen solchen Vertragsschluss, gibt es verschiedene Möglichkeiten, die Normen und Überlegungen in die Prüfung einzubauen. So ist es möglich, zunächst den Vertragsschluss an sich zu bejahen und ihn dann auf seine Wirksamkeit hin zu untersuchen. Aber auch direkt iRd Willenserklärung des Minderjährigen kann eine Prüfung der Normen sinnvoll sein. Grundsätzlich steht der Aufbau insofern frei.
 
I. Ausgangspunkt der Prüfung: § 107 BGB
1. Rechtlich lediglich vorteilhaft?
Am Beginn der Prüfung steht die Frage, ob das Rechtsgeschäft für den beschränkt Geschäftsfähigen (Minderjährige zwischen 7 und 18 Jahren, §§ 2, 106 BGB) rechtlich lediglich vorteilhaft ist. Solche Rechtsgeschäfte darf er nämlich selbst vornehmen, sie fallen in seine eigene Rechtsmacht. Voraussetzung ist, dass seine Rechtsstellung hierdurch ausschließlich verbessert wird. Maßgeblich bei der Bestimmung, ob das der Fall ist, ist ausschließlich die rechtliche Sichtweise. Wirtschaftliche Gesichtspunkte bleiben nach dem insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut außer Betracht. Allerdings sind mit einer teleologischen Reduktion der Norm auch rechtlich neutrale Geschäfte hiervon erfasst (arg. ex § 165 BGB).
 
2. Beispiele

  • Der Abschluss eines Kaufvertrags bedeutet für den beschränkt Geschäftsfähigen einen rechtlichen Nachteil: Er verpflichtet sich hierdurch gem. § 433 Abs. 2 BGB zur Kaufpreiszahlung. Ob der Vertrag wirtschaftlich sinnvoll oder gar ein Schnäppchen ist, ist nicht relevant.
  • Gibt der beschränkt Geschäftsfähige das verbindliche Angebot auf Abschluss des Kaufvertrags ab, beinhaltet dieses bereits den rechtlichen Nachteil: Das Zustandekommen des ihn verpflichtenden Vertrags liegt nicht mehr in seinen Händen, sondern ist alleine von der Annahme des Erklärungsempfängers abhängig.
  • Eine dingliche Einigung i.S.d. § 929 S. 1 BGB, die auf Eigentumsübertragung an den Minderjährigen gerichtet ist, ist rechtlich lediglich vorteilhaft.

 
3. Zwischenfazit
Stellt sich also die Willenserklärung als rechtlich lediglich vorteilhaft heraus, ist sie auch ohne Zustimmung wirksam. Ist sie es hingegen nicht, geht die Prüfung weiter:
 
II. Einwilligung
1. Einwilligung nach § 183 S. 1 BGB
Zu prüfen ist dann, ob die gesetzlichen Vertreter, i.d.R. die Eltern, §§ 1626, 1629 Abs. 1 BGB, ihre Einwilligung erteilt haben. Hierbei handelt es sich um die vorherige Zustimmung, vgl. § 183 S. 1 BGB. Sie kann als Einzeleinwilligung, also für ein bestimmtes Geschäft, oder (beschränkter) Generalkonsens, also noch nicht näher bestimmte Geschäfte z.B. für eine Reise mit Freunden, erteilt werden. Eine ausdrückliche Erklärung hierüber ist nicht erforderlich.
 
2. Der Taschengeldparagraph: § 110 BGB
Wenn es an einer ausdrücklichen Einwilligung fehlt, ist an § 110 BGB (Taschengeldparagraph) zu denken: Hiernach wird ein durch einen beschränkt Geschäftsfähigen geschlossener Vertrag wirksam, wenn dieser seine vertragsgemäße Leistung mit Mitteln bewirkt, die ihm zu diesem Zweck oder zur freien Verfügung überlassen worden sind. Ein Bewirken der Leistung setzt voraus, dass der Leistungserfolg vollständig erbracht wurde, vgl. auch § 362 Abs. 1 BGB.
Bei der Überlegung, ob Mittel zur freien Verfügung überlassen worden sind, ist auch die Frage einzubeziehen, ob das infrage stehende Rechtsgeschäft mit dem von den Eltern zu verfolgenden Erziehungszweck der Mittelüberlassung (s. dazu auch Art. 6 Abs. 1, 2 GG) in Einklang steht.
Hinsichtlich des Bewirkens gilt zu beachten, dass auch die Vereinbarung von Ratenzahlung grundsätzlich zwar möglich ist. Ein Bewirken liegt aber erst dann vor, wenn die letzte Rate bezahlt wurde.
 
3. Beispiele

  • Die Eltern des minderjährigen M geben ihm 50 €, damit er sich neue Schulbücher kaufen kann, willigen also in solche Geschäfte ein.
  • Darüber hinaus bekommt M 10 € Taschengeld pro Woche, damit er lernt, mit Geld umzugehen. Hiervon kauft er sich meistens am Kiosk Comic-Hefte und Süßigkeiten, die er dort sofort bezahlt. Diese Verträge sind von Anfang an nach § 110 BGB wirksam.

 
4. Zwischenfazit
Wenn die Einwilligung der Eltern also wirksam erteilt wurde oder § 110 BGB einschlägig ist, ist das Rechtsgeschäft wirksam. Fehlt eine Einwilligung, ist noch an die Genehmigung zu denken, § 108 Abs. 1 BGB: „Schließt der Minderjährige einen Vertrag ohne die erforderliche Einwilligung des gesetzlichen Vertreters, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags von der Genehmigung des Vertreters ab“. Die Willenserklärung ist also zunächst schwebend unwirksam.
 
III. Genehmigung
1. Genehmigungserteilung
Die Genehmigung ist die nachträgliche Zustimmung, durch sie wird das Rechtsgeschäft rückwirkend, also von Anfang an, ex tunc, wirksam gem. § 184 Abs. 1 BGB. Wird sie verweigert, ist der Vertrag endgültig unwirksam. Sie kann gem. § 182 Abs. 1 BGB sowohl gegenüber dem Minderjährigen als auch seinem Vertragspartner gegenüber erteilt werden.
 
2. Aufforderung zur Genehmigung, § 108 Abs. 2 BGB
Fordert der Vertragspartner den Vertreter des beschränkt Geschäftsfähigen zur Genehmigung auf, hat dies mehrere Folgen: Zunächst wird eine etwaige Genehmigung oder Verweigerung, die zuvor gegenüber dem Minderjährigen erteilt wurde, unwirksam, § 108 Abs. 2 S. 1 HS. 2 BGB. Eine Erklärung über die Genehmigung kann dann nur noch dem Geschäftspartner gegenüber erfolgen, § 108 Abs. 2 S. 1 HS. 1 BGB. Wird die Genehmigung nicht bis zum Ablauf von zwei Wochen nach Empfang dieser Aufforderung (vgl. zur Fristberechnung §§ 187 ff. BGB), gilt sie als verweigert gem. § 108 Abs. 2 S. 2 HS. 2.
 
3. Minderjähriger wird volljährig, § 108 Abs. 3 BGB
Wird der Minderjährige volljährig, also voll geschäftsfähig, sind seine Eltern nicht mehr i.S.d. § 108 BGB für ihn zuständig – als Volljähriger hat er keine gesetzlichen Vertreter mehr. Deshalb kann er selbst ab diesem Zeitpunkt die erforderliche Genehmigung erteilen oder verweigern, § 108 Abs. 3 BGB. Das gilt auch, wenn die Eltern bereits zur Erklärung über die Genehmigung aufgefordert wurden. Wurde noch keine Aufforderung ausgesprochen, kann dies auch nur noch ihm gegenüber erfolgen (MüKo BGB/Spickhoff § 108 Rn. 36).
 
4. Zwischenfazit
Hier endet in der Regel die Prüfung des Vertragsschlusses. Entweder ist der Vertrag durch die Genehmigung ex tunc wirksam geworden oder aufgrund Verweigerung oder Verweigerungsfiktion endgültig unwirksam. Wichtig ist, hier gründlich mit den entsprechenden Vorschriften zu arbeiten und diese strukturiert durchzuprüfen.
 
B) Herausgabeansprüche im Kontext des Minderjährigenrechts
Häufig wird in der BGB-Klausur die Kaufsache auch schon an den Minderjährigen übergeben und übereignet worden sein, sodass sich darüber hinaus die Frage nach Herausgabeansprüchen stellen wird. Bekannt sein sollten euch auf jeden Fall § 985 BGB und § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB.
 
I. § 985 BGB
985 BGB ist der Herausgabeanspruch des Eigentümers gegen den Besitzer ohne Besitzrecht. Dieser muss, wenn nach Herausgabe gefragt ist, zuerst geprüft werden.
 
1. Voraussetzungen
 

I. Anspruchssteller ist Eigentümer
II. Anspruchsgegner ist Besitzer
III. Besitzer hat kein Recht zum Besitz, § 986 BGB

 
Der Schwerpunkt der Prüfung wird normalerweise bei Punkt I. liegen. Hier ist die Prüfung chronologisch vorzunehmen, es kommt also darauf an, wer ursprünglicher Eigentümer war und an wen und wodurch er sein Eigentum verloren haben könnte.
 
2. Beispiel
V und der minderjährige M haben einen Kaufvertrag über ein Handy geschlossen, der aber mangels Zustimmung der Eltern des M unwirksam ist. V hat M das Handy bereits mit nach Hause gegeben und beide wollten auch, dass M das Eigentum hieran erhält.
Ursprünglich war also V Eigentümer des Handys. Er hat sein Eigentum an M durch Übergabe und Übereignung gem. § 929 S. 1 BGB verloren. Hierbei gilt es, i.R.d. dinglichen Einigung auf das Trennungs- und Abstraktionsprinzip zu achten: Während der Kaufvertrag (der hier gar nicht erst anzusprechen ist!) unwirksam ist, ist das Verfügungsgeschäft unabhängig davon wirksam: M erhält hierdurch Eigentum an dem Handy, also rechtlich lediglich einen Vorteil, sodass dieses keiner Zustimmung bedarf. Ein Anspruch aus § 985 BGB scheitert daher an der fehlenden Eigentümerstellung des V.
 
II. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB
Als nächstes zu prüfen ist der Anspruch aus Bereicherungsrecht, der eine ungerechtfertigte Bereicherung rückabwickeln soll.
 
Voraussetzungen
 

I. Etwas erlangt

  •  jeder vermögenswerte Vorteil

II. Durch Leistung

  •  bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens

III. Ohne rechtlichen Grund

 
Bei der Prüfung dieses Anspruchs ist darauf zu achten, dass iRd erlangten Etwas die genaue Rechtsposition zu benennen ist. Nicht ausreichend ist es, an dieser Stelle davon zu sprechen, der Minderjährige habe „das Handy“ erlangt. Richtig muss es heißen: „Eigentum und Besitz an dem Handy“.
I.R.d. Prüfung des rechtlichen Grundes kann es je nach Fallkonstellation auch vorkommen, dass die Prüfung des Zustandekommens des Vertrags hier eingeschachtelt werden muss. Hat man diese bereits vorgenommen, reicht insoweit ein Verweis.
 
C) Fazit
Das Minderjährigenrecht in der BGB-Klausur bietet viele Stellen, an denen der Klausursteller Wissen und Strukturverständnis abfragen kann. Mit einer gründlichen, strukturierten Lösung unter Zuhilfenahme der umfassenden Regelungen des BGB kann aber jede BGB-Klausur vernünftig gemeistert werden. Führt euch immer vor Augen, dass der Gesetzgeber den Minderjährigen vollumfänglich schützen wollte und schon das Gesetz euch daher für (fast) alle Fälle ausreichend wappnet, wenn ihr es nur richtig anwendet. Viel Erfolg bei den Klausuren!

20.01.2020/3 Kommentare/von Charlotte Schippers
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Charlotte Schippers https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Charlotte Schippers2020-01-20 09:29:362020-01-20 09:29:36Grundzüge des Minderjährigenrechts für die BGB-AT-Klausur
Dr. Melanie Jänsch

BGB AT Basics: Der Tatbestand einer Willenserklärung

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Zentrales Element der Rechtsgeschäftslehre und regelmäßig Dreh- und Angelpunkt einer BGB AT-Klausur ist der Begriff der Willenserklärung. Aber nicht nur in den unteren Semestern ist eine sichere Beherrschung sämtlicher Problemkonstellationen rund um die Willenserklärung schon für das Bestehen der Klausur unentbehrlich. Als Grundbaustein des Zivilrechts bedarf es eines vertieften Verständnisses, um auch anspruchsvollere Klausuren in höheren Semestern lösen zu können. Im Rahmen des folgenden Grundlagenbeitrags soll daher der Tatbestand der Willenserklärung erläutert und auf klassische Probleme, die bei den jeweiligen Merkmalen auftreten können, eingegangen werden.
 
Eine Willenserklärung ist eine private Willensäußerung, die unmittelbar auf die Herbeiführung einer Rechtsfolge gerichtet ist. Sie ist notwendiger Bestandteil eines jeden Rechtsgeschäfts und in einen objektiven (äußeren) Tatbestand – die Erklärung – und einen subjektiven (inneren) Tatbestand – den Willen – aufzuteilen. Genauer: Im Rahmen des objektiven Tatbestands der Willenserklärung ist erforderlich, dass eine Erklärungshandlung vorliegt und sich ein objektiv erkennbarer Rechtsbindungswille offenbart sowie dass die Erklärung objektiv auf die Herbeiführung einer Rechtsfolge gerichtet sein soll. Auch der subjektive Tatbestand wird in drei Bestandteile gegliedert: den Handlungswillen, das Erklärungsbewusstsein und den Geschäftswillen, wobei der Geschäftswille unumstritten nicht zu den zwingendenMerkmalen einer wirksamen Willenserklärung zählt. Verbildlichen lässt sich der Tatbestand der Willenserklärung wie folgt:

 
Anmerkung: Die Begrifflichkeiten variieren in vielen Lehrbüchern. Letztlich ist die konkrete Bezeichnung der Elemente insbesondere im äußeren Tatbestand aber unerheblich; wichtig ist, dass sich im Wege objektiver Betrachtungsweise ergibt, dass der Erklärende ein bestimmtes Rechtsgeschäft abschließen will.
 
I. Äußerer / objektiver Tatbestand der Willenserklärung
Im Rahmen des äußeren Tatbestands ist erforderlich, dass sich aus objektiver Betrachtung ergibt, dass der Erklärende ein konkretes Rechtsgeschäft abschließen möchte. Dies bedingt, dass eine Erklärungshandlung vorliegt, objektive Kriterien auf das Vorliegen eines Rechtsbindungswillens schließen lassen und das Verhalten objektiv auf die Herbeiführung einer Rechtsfolge gerichtet ist. Die Voraussetzungen sind allesamt zwingende Wirksamkeitserfordernisse. Mit anderen Worten: Ist eines dieser Elemente nicht gegeben, liegt keine Willenserklärung vor. Im Einzelnen:
 
1. Erklärungshandlung
Zunächst muss es sich bei dem Handeln des Erklärenden um potentiell willensgesteuertes Tun handeln. Anders formuliert ist notwendig, dass nach objektiver Betrachtung das Vorliegen eines Handlungswillens anzunehmen ist. Hieran wird die Annahme einer Willenserklärung in den wenigsten Fällen scheitern, da nahezu jedes Verhalten hierunter subsumiert werden kann.
 
2. Rechtsbindungswille
Weiterhin ist – und das ist in der Klausur meistens weitaus problembehafteter – zwingend erforderlich, dass ein objektiv erkennbarer Rechtsbindungswille gegeben ist. Ob ein Rechtsbindungswille vorliegt, beurteilt sich danach, ob der andere Teil unter den gegebenen Umständen nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte auf einen solchen Willen schließen musste. Es ist also maßgebend, ob anhand objektiver Kriterien aufgrund der Erklärungen und des sonstigen Verhaltens der Parteien der Wille, eine rechtsgeschäftliche Bindung einzugehen, festgestellt werden kann. Der Begriff „Wille“ ist insofern irreführend, da gerade nicht auf subjektive Komponenten abzustellen, sondern eine objektive Betrachtung gemäß §§ 133, 157 BGB zugrunde zu legen ist.  
 
a) Abgrenzung invitatio ad offerendum und offerta ad incertas personas
Die Abgrenzung der invitatio ad offerendum von der offerta ad incertas personas erfolgt anhand des Rechtsbindungswillens.
Eine invitatio ad offerendum stellt keine Willenserklärung, sondern – so sagt es schon der Name – eine bloße Aufforderung zur Abgabe eines Angebots dar. Klassische Klausurkonstellationen sind hierbei die Auslage von Waren im Schaufenster oder Laden, Katalog- oder Zeitungsinserate oder das Hochstellen von Waren auf eine Verkaufshomepage (Achtung: Bei eBay gelten andere Grundsätze!). In einem solchen Verhalten kann nicht der Wille gesehen werden, einen Vertrag herbeiführen zu wollen, denn der konkrete Gegenstand kann nur einmal übereignet werden bzw. weitere Gegenstände der gleichen Art und Güte stehen möglicherweise nicht in entsprechender Menge zur Verfügung. Somit würde der Erklärende vertragsbrüchig und sich schadensersatzpflichtig machen. Zudem will er sich – etwa, um die Bonität seines Vertragspartners prüfen zu können – regelmäßig offenhalten, über die Person seines Vertragspartners zu entscheiden. Daher fehlt es in solchen Konstellationen am objektiv erkennbaren Rechtsbindungswillen.
Ein weiterer Klassiker, bei dem das Vorliegen eines Rechtsbindungswillens zu verneinen ist, ist der Aufruf des Auktionators bei einer Versteigerung zur Abgabe eines Gebotes. Dies ergibt sich schon aus dem Sinn und Zweck einer Versteigerung: Der Versteigerer will sich vorbehalten, mit dem Höchstbietenden einen Vertrag zu schließen. Das schließt es aus, dass er ein verbindliches Angebot in einer bestimmten Höhe macht. Genau das bestimmt auch das Gesetz in § 156 S. 1 BGB: Danach kommt der Vertrag bei einer Versteigerung erst mit dem Zuschlag zustande. Die Gebote stellen also Angebote und der Zuschlag die Annahme dar. Ein Angebot ist in dem Aufruf des Auktionators somit nicht zu sehen. Er möchte lediglich zur Abgabe von Geboten einladen (invitatio ad offerendum). Daher ist die Erklärung objektiv (§§ 133, 157 BGB) nicht dahin gehend zu verstehen, dass der Auktionator bereits ein verbindliches Angebot abgeben will, das mit dem Handheben eines Teilnehmers unmittelbar angenommen werden kann und zum Vertragsschluss führt. Es fehlt auch hier der Rechtsbindungswille.
Dagegen handelt es sich bei einer offerta ad incertas personas um ein Angebot an einen unbestimmten Personenkreis. Hierbei verfügt der Erklärende über einen Rechtsbindungswillen, lediglich die Bestimmung des konkreten Vertragspartners fehlt. Offertas ad incertas personas werden beispielsweise angenommen beim Aufstellen eines Warenautomaten oder der Bereitstellung einer Beförderungsmöglichkeit im ÖPNV.
 
b) Abgrenzung Vertrag und Gefälligkeitsverhältnis
Der Rechtsbindungswille stellt des Weiteren das Abgrenzungskriterium dar, um einen Vertrag von einem reinen Gefälligkeitsverhältnis zu unterscheiden. Ob ein Rechtsbindungswille vorliegt, bestimmt sich wiederum anhand eines Bündels objektiver Kriterien. So formuliert der BGH: „Eine vertragliche Bindung wird insbesondere dann zu bejahen sein, wenn erkennbar ist, dass für den Leistungsempfänger wesentliche Interessen wirtschaftlicher Art auf dem Spiel stehen und er sich auf die Zusage des Leistenden verlässt oder wenn der Leistende an der Angelegenheit ein rechtliches oder wirtschaftliches Interesse hat. Ist dies hingegen nicht der Fall, kann dem Handeln der Beteiligten nur unter besonderen Umständen ein rechtlicher Bindungswille zugrunde gelegt werden. Ein Bindungswille wird deshalb in der Regel bei dem sogenannten Gefälligkeitshandeln des täglichen Lebens, bei Zusagen im rein gesellschaftlichen Verkehr oder bei Vorgängen, die diesen ähnlich sind, zu verneinen sein.“ (Urt. v. 21.06.2012 – III ZR 290/11, BeckRS 2012, 14989, Rn. 14)
 
3. Auf die Herbeiführung von Rechtsfolgen gerichtet
Ferner ist die Bezeichnung bestimmter Rechtsfolgen für eine Willenserklärung notwendig. Das heißt, vom objektiven Empfängerhorizont muss auf einen Geschäftswillen des Erklärenden zu schließen sein. Hieran fehlt es beispielsweise, wenn sich die Erklärung als widersprüchlich oder unvollständig erweist.
 
II. Innerer / subjektiver Tatbestand der Willenserklärung
Der innere Tatbestand der Willenserklärung lässt sich aufgliedern in den Handlungswillen, das Erklärungsbewusstsein und den Geschäftswillen.
 
1. Handlungswille
Der Handlungswille bezeichnet den Willen, überhaupt eine Handlung vorzunehmen. Er liegt dann vor, wenn das Verhalten bewusst gesteuert wird und nicht aus einem bloßen Reflex resultiert. Kein Handlungswille liegt dementsprechend bei vis absoluta oder Bewegungen im Schlaf vor. Als einziger Bestandteil im Rahmen des inneren Tatbestands ist der Handlungswille unumstritten zwingend erforderlich für eine wirksame Willenserklärung.
 
2. Erklärungsbewusstsein
Unter Erklärungsbewusstsein ist das Bewusstsein zu verstehen, eine rechtserhebliche Erklärung abzugeben. Will der Erklärende zwar eine Handlung vornehmen, ist sich aber ihrer Rechtserheblichkeit nicht bewusst, fehlt es am Erklärungsbewusstsein.

Ein absoluter Klassiker zum fehlenden Erklärungsbewusstsein ist der Fall der Trierer Weinversteigerung: Hier besucht der ortsunkundige O eine Weinversteigerung in Trier. Nach Aufruf eines Gebotes durch den Auktionator erkennt der O unter den anderen Besuchern einen Freund, dem er zuwinkt. Daraufhin wird ihm der Zuschlag für den aktuellen Posten Wein erteilt und der Auktionator verlangt von O Zahlung.

Umstritten sind – und das gehört zu den absoluten Klassikern des BGB AT – die Folgen eines fehlenden Erklärungsbewusstseins. Ob trotz fehlenden Erklärungsbewusstseins eine Willenserklärung vorliegen kann, wird uneinheitlich beurteilt.
 
a) Subjektive Willenstheorie
Nach einer Ansicht muss der Erklärende den Erklärungstatbestand mit aktuellem Erklärungsbewusstsein gesetzt haben: Der Erklärende muss also das Bewusstsein gehabt haben, eine Willenserklärung – wenn auch mit anderem Inhalt – abzugeben. Fehlt das Erklärungsbewusstsein, will er also überhaupt keine Willenserklärung abgeben, so fehlt der innere Erklärungstatbestand; es liegt nach dieser Ansicht dann überhaupt keine Willenserklärung vor.
Für die subjektive Willenstheorie werden die folgenden Argumente vorgebracht:

  • Bewerte man eine ohne Erklärungsbewusstsein abgegebene Erklärung als Willenserklärung, so verletze dies die Privatautonomie. Wenn jemand überhaupt nicht rechtsgeschäftlich tätig werden wolle, dürfe sein Verhalten nicht als Willenserklärung gewertet werden.
  • § 118 BGB ordnet für den einzigen gesetzlich geregelten Fall fehlenden Erklärungsbewusstseins die Nichtigkeit an. Aus dieser Regelung ergebe sich, dass sogar derjenige, der bewusst den äußeren Tatbestand einer Willenserklärung setzt, eine von vornherein unwirksame Erklärung abgebe. Erst rechtmüsse eine ohne Erklärungsbewusstsein abgegebene Erklärung unwirksam sein, wenn der äußere Erklärungstatbestand unbewusst gesetzt werde.

 
b) Objektive Erklärungstheorie
Nach einer weiteren Ansicht kommt es alleine auf das objektiv Erklärte an. Demnach wäre bei fehlendem Erklärungsbewusstsein die Willenserklärung wirksam, aber analog § 119 Abs. 1 BGB anfechtbar.
 
Anmerkung: Die analoge Anwendung ist deshalb notwendig, weil keiner der in § 119 Abs. 1 BGB genannten Anfechtungsgründe vorliegt, jedoch kann man sagen, dass wenn schon bei einem Verschreiben/Versprechen die Anfechtung möglich ist, dies erst Recht möglich sein muss, wenn der Erklärende schon gar nichts rechtlich Erhebliches erklären wollte.
 
Für eine rein objektive Betrachtungsweise werden die folgenden Argumente angeführt:

  • Eine objektive Betrachtungsweise dient dem Schutz des Erklärungsempfängers bzw. dem Schutz des Rechtsverkehrs. Dieser kann den wahren Willen nicht erkennen und muss deshalb darauf vertrauen können, dass das objektiv Erklärte gilt. Die Verantwortung dafür, wie sein Verhalten aufgefasst werden kann, liege danach alleine bei dem Erklärenden.
  • § 116 BGB ordnet an, dass eine Willenserklärung nicht deshalb nichtig ist, weil sich der Erklärende insgeheim vorbehält, das Erklärte nicht zu wollen (geheimer Vorbehalt). Dann muss dies auch für das Erklärungsbewusstsein gelten.

 
c) Modifizierte Erklärungstheorie als vermittelnde Ansicht (h.M.)
Nach vermittelnder Ansicht ist bei fehlendem Erklärungsbewusstsein eine Willenserklärung auch dann abgegeben, wenn der Erklärende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können, dass seine Erklärung als Willenserklärung aufgefasst wird. Da dieses Erkennenkönnen als potentielles Erklärungsbewusstsein kein aktuell vorhandener innerer Erklärungstatbestand ist, spricht man davon, dass die Erklärung dem Erklärenden unter der genannten Voraussetzung als Willenserklärung zugerechnet wird. Diese Willenserklärung ist dann prinzipiell wirksam, aber wie die mit fehlendem oder abweichendem Geschäftswillen geäußerte Erklärung anfechtbar analog § 119 Abs. 1 BGB.
Nach dieser Auffassung hängt das Ergebnis davon ab, ob der Erklärende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können, dass sein Verhalten als Willenserklärung gewertet wird. An dieser Stelle ist eine ausführliche Argumentation unter Ausschöpfung aller im Sachverhalt genannten Aspekte zu führen.
Für die modifizierte Erklärungstheorie spricht Folgendes:

  • Da der Erklärungsempfänger schutzwürdig ist, muss das in § 119 Abs. 1 BGB enthaltene Prinzip der Verantwortung für die zurechenbare Bedeutung des Erklärten grundsätzlich auch bei fehlendem Erklärungsbewusstsein gelten.
  • Die Privatautonomie des Erklärenden ist nicht beeinträchtigt; der Erklärende hat vielmehr die Wahlfreiheit zwischen der Anfechtung des Vertrages, § 119 Abs. 1 BGB, und der Erfüllung, § 362 BGB. Zudem schützt das Recht der Willenserklärung nicht nur die Selbstbestimmung des Erklärenden, sondern auch das Vertrauen des Erklärungsempfängers und die Verkehrssicherheit.
  • Die in § 118 BGB geregelte Situation ist mit der des fehlenden Erklärungsbewusstseins nicht vergleichbar. Im Fall des § 118 BGB hat der Erklärende im Unterschied zum fehlenden Erklärungsbewusstsein bewusst die Nichtgeltung seiner Erklärung gewollt.

Die vermittelnde Ansicht wird daher der Risikoverteilung zwischen Erklärendem und Erklärungsempfänger am ehesten gerecht. Sie bietet auch einen angemessenen Interessenausgleich zwischen den Parteien. Der Erklärungsempfänger hat ein schutzwürdiges Vertrauen in die Gültigkeit der Erklärung, was er auch haben darf, wenn er das Verhalten des Erklärenden objektiv als Willenserklärung verstehen durfte. Seinem Interesse entsprechend ist die Erklärung also grundsätzlich wirksam, wenn der Erklärende hätte erkennen können und müssen, dass der andere Teil sein Verhalten als Willenserklärung auffasst. Dem Interesse des Erklärenden an einer privatautonomen Gestaltung seiner Angelegenheiten wird dadurch Rechnung getragen, dass er ein Wahlrecht erhält: Er hat es in der Hand, es bei der Gültigkeit des Erklärten zu belassen oder es durch Anfechtung analog § 119 Abs. 1 BGB rückwirkend (§ 142 Abs. 1 BGB) zu vernichten. In Fall der Anfechtung muss er dem Erklärungsempfänger den Schaden ersetzen, der diesem dadurch entsteht, dass er auf die Wirksamkeit vertraut hat gemäß § 122 Abs. 1 BGB.
 
3. Geschäftswille
Schließlich beinhaltet der innere Tatbestand der Willenserklärung das Element des Geschäftswillens. Der Geschäftswille bezeichnet den Willen, bestimmte Rechtsfolgen zu bewirken. Er fehlt also, wenn der Erklärende sich zwar rechtlich binden, aber eine inhaltlich andere Willenserklärung abgeben will.
 
Beispiel: Der O hebt in der Weinversteigerung die Hand, um Wein A zu ersteigern. Er verkennt dabei, dass gerade zur Abgabe eines Gebotes für Wein B aufgerufen wurde. Er erhält den Zuschlag für Wein B. Seine Willenserklärung ist wirksam, kann aber nach § 119 Abs. 1 BGB angefochten werden.
 
Der Geschäftswille ist nach allgemeiner Meinung kein zwingendes Wirksamkeitserfordernis der Willenserklärung, was sich schon aus der Existenz der Anfechtungsvoraussetzungen nach §§ 119 ff. BGB ergibt (argumentum e contrario). Der fehlende Geschäftswille hindert die Willenserklärung also zunächst nicht an ihrer Wirksamkeit, kann aber zur Anfechtung berechtigen und damit letztlich zur ex-tunc-Beseitigung des Rechtsgeschäfts nach § 142 Abs. 1 BGB führen.
 
III. Zusammenfassung für den eiligen Leser
Zusammenfassend ist festzuhalten: Eine Willenserklärung besteht aus äußerem und innerem Tatbestand, wobei die Elemente des äußeren Tatbestandes sowie der Handlungswille im inneren Tatbestand zwingende Wirksamkeitsvoraussetzungen sind. Im äußeren Tatbestand ist regelmäßig nur der Rechtsbindungswille zu problematisieren, anhand dessen die Abgrenzung zwischen invitatio ad offerendum und offerta ad incertas personas sowie zwischen Vertrag und Gefälligkeitsverhältnis erfolgt. Umstritten ist, ob fehlendes Erklärungsbewusstsein die Wirksamkeit der Willenserklärung hindert. Nach herrschender Meinung genügt sog. potentielles Erklärungsbewusstsein, also dass der Erklärende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können, dass sein Verhalten als Willenserklärung gewertet wird. Der fehlende Geschäftswille hindert nach allgemeiner Meinung die Wirksamkeit der Willenserklärung nicht, kann aber zur Anfechtung berechtigen. Werden die einzelnen Bestandteile der Willenserklärung sauber auseinandergehalten und lediglich an problematischen Stellen ausführlich behandelt, legt dies den Grundstein für ein gutes Abschneiden in der BGB AT-Klausur.
 
 

09.01.2020/1 Kommentar/von Dr. Melanie Jänsch
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Melanie Jänsch https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Melanie Jänsch2020-01-09 09:19:242020-01-09 09:19:24BGB AT Basics: Der Tatbestand einer Willenserklärung
Dr. Melanie Jänsch

OLG Hamm: Abgrenzung von Inhalts- und Eigenschaftsirrtum beim Identitätsirrtum

BGB AT, Rechtsprechung, Startseite, Zivilrecht

In seinem Urteil vom 4. April 2019 (Az.: 5 U 40/18) hat sich das OLG Hamm jüngst mit einer Fülle klausurrelevanter Probleme des BGB AT auseinandergesetzt. Konkret ging es um die schwierige Abgrenzung des Inhaltsirrtums nach § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB und des Eigenschaftsirrtums nach § 119 Abs. 2 BGB beim Identitätsirrtum („error in objecto“) im Rahmen der Anfechtung einer dinglichen Einigung. Insbesondere war hierbei darauf zu achten, in strikter Befolgung des Trennungs- und Abstraktionsprinzips zwischen schuldrechtlicher und dinglicher Ebene zu differenzieren. Die Entscheidung gleicht einem BGB AT-Lehrbuchfall und soll daher zum Anlass genommen werden, diese Grundprobleme – deren sichere Beherrschung nicht nur für Erstsemester unentbehrlich ist – durch Erläuterung im Gutachtenstil verständlicher zu machen.
 
A. Sachverhalt (vereinfacht und leicht abgewandelt):
K und V hatten einen Kaufvertrag über ein Pferd namens „H“ geschlossen, welches von V an K veräußert und übereignet wurde. Die Parteien kamen überein, dass der K die Möglichkeit erhalten sollte, das Pferd „H“ gegen ein anderes Pferd des V zu tauschen. Am 13.12.2016 teilte der V dem K per E-Mail mit, dass dieser „H“ gegen das Pferd „F“ tauschen könne. Das Pferd „F“ stamme aus einer sog. besonderen „Linienzucht“. Der K bat daraufhin um die Übersendung eines Fotos. Ein Mitarbeiter des V hatte jedoch nicht die Stute „F“ aus dem Stall geholt, um diese zu fotografieren, sondern das Pferd „G“. Folglich wurde dem K ein Foto des Pferdes „G“ gesendet. Die Parteien vereinbarten, dass der K sich zum Gut des V begeben und sich dort zunächst das Pferd anschauen sollte. Dabei ging der K davon aus, es handele sich bei dem Pferd, welches er im Austausch für „H“ erhalten solle, um das Pferd, dessen Fotografie ihm vorab zugesandt worden war. Am 15.12.2016 begab sich der K vereinbarungsgemäß zum Hof des V. Durch einen Mitarbeiter des V wurde dem K sodann die Stute „G“ vorgeführt. Der K sah sich das Pferd an und glich es mit der vorab vom V erhaltenen Fotografie ab. Die Parteien waren sich dann einig, dass der Beklagte das vorgeführte Pferd im Austausch für „H“ erhalten sollte. Der V ging jedoch davon aus, dass es sich bei dem vorgeführten Pferd um das von ihm in seiner E-Mail erwähnte und bezüglich der Abstammung näher beschriebene Pferd „F“ handele. Die Parteien unterzeichneten nach Besichtigung des Pferdes einen schriftlichen Kaufvertrag. In diesem Vertrag ist als Verkaufsobjekt das Pferd „F“ genannt. Der K ging bei der Vertragsunterzeichnung davon aus, dass es sich bei dem in dem Kaufvertrag bezeichneten Pferd „F“ um das Pferd handele, welches ihm zuvor vorgeführt worden war. Tatsächlich wurde dem K das Pferd „G“ ausgehändigt. Zudem wurde ihm der Equidenpass für das Pferd „F“ überreicht. Der K verbrachte das Tier und den Equidenpass nach Hause. Dort las er den in dem übergebenen Pferd zu Identifikationszwecken implantierten Mikrochip aus und stellte fest, dass der ihm überreichte Equidenpass nicht zu dem ihm übergebenen Pferd gehörte. Dies teilte er dem V mit.
Der V äußerte sofort, das Pferd „G“ wolle er auf jeden Fall zurück. Er sei ja dann wohl noch Eigentümer des Pferdes „G“, denn unter Berücksichtigung der Gesamtumstände und insbesondere der Angaben aus dem Kaufvertrag sei stets deutlich gemacht worden, dass sich sein Übereignungswille lediglich auf das Pferd „F“ bezogen habe. Zudem erkläre er vorsorglich die Anfechtung seiner Willenserklärung, die auf die Übereignung des Pferdes „G“ gerichtet war, denn es sei offensichtlich zu einer Verwechslung gekommen. Der K dagegen möchte das Pferd „G“ gerne behalten; er sei sehr wohl Eigentümer geworden und der V müsse ihm vielmehr den entsprechenden Equidenpass aushändigen.
Hat V gegen K einen Anspruch auf Herausgabe des Pferdes „G“ aus § 985 BGB?
 
B. Rechtsausführungen
V könnte einen Anspruch aus § 985 BGB auf Herausgabe des Pferdes „G“ haben. Dies setzt voraus, dass V Eigentümer und K Besitzer des Pferdes ist und dieser kein Recht zum Besitz i.S.v. § 986 BGB hat.
 
I. Besitzerstellung des K
K müsste hierfür Besitzer des Pferdes sein. Besitz ist die tatsächliche Gewalt über eine Sache, vgl. § 854 Abs. 1 BGB. Bei einem Pferd handelt es sich zwar um ein Tier und nicht um eine Sache i.S.v. § 90 BGB. Gemäß § 90a S. 3 BGB finden indes die für Sachen geltenden Regelungen entsprechende Anwendung, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist. K hat das Pferd „G“ zu seinem Hof verbracht, er hat folglich die unmittelbare Herrschaft erlangt und ist damit unmittelbarer Besitzer i.S.v. § 854 Abs. 1 BGB.
 
II. Eigentümerstellung des V
Der V müsste Eigentümer sein, § 903 BGB.
1. Ursprünglich war dies unstreitig der Fall, sodass es keines Rückgriffs auf die Vermutungsregelung des § 1006 Abs. 1 S. 1 BGB bedarf.
2. V könnte jedoch sein Eigentum im Wege der rechtsgeschäftlichen Eigentumsübertragung gemäß § 929 S. 1 BGB an K verloren haben.
a) Hierfür bedarf es einer dinglichen Einigung zwischen K und V dahingehend, dass K Eigentümer des Pferdes „G“ werden soll. Problematisch ist hierbei, dass im Kaufvertrag das Pferd „F“ als Verkaufsobjekt genannt wurde. Angesichts des Abstraktionsprinzips, wonach Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft in ihren rechtlichen Wirkungen voneinander unabhängig sind, bedeutet dies aber nicht, dass auch die dingliche Einigung auf die Übereignung des Pferdes „G“ gerichtet war. Im Gegenteil ist der Inhalt der dinglichen Einigung unabhängig vom Kaufvertrag durch Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont gemäß §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Hier ergeben die Umstände des Falls, dass die Willenserklärungen auf den Eigentumserwerb des K am Pferd „G“ gerichtet waren. Denn die Parteien waren sich vor Ort gerade dahingehend einig, dass die Übereignung desjenigen Pferdes, das fotografiert und später vorgeführt worden war, erfolgen sollte. Sofern sie dieses Pferd währenddessen fälschlicherweise als Pferd „F“ bezeichneten, handelt es sich hierbei um eine sog. falsa demonstratio non nocet.
 
Zur Erinnerung: Sofern die Parteien das übereinstimmend Gewollte unbewusst falsch bezeichnen, erlangt ihr übereinstimmender Geschäftswille und nicht die im Verkehr übliche Bedeutung der Erklärung Geltung, falsa demonstratio non nocet (= Falschbezeichnung schadet nicht). Haben die Vertragspartner sich trotz objektiv falscher Bezeichnung richtig verstanden, besteht kein Bedürfnis, ihrem gemeinsamen Willen die Rechtswirkung zu versagen. Denn nicht die Bezeichnung ist hier für die Bestimmung der Willenserklärung ausreichend, sondern auch der dahinter stehende Wille. Der prominenteste Fall aus der deutschen Rechtsgeschichte hierzu ist der Haakjöringsköd-Fall.
 
Auch wenn also bei der Übergabe das Pferd „G“ als Pferd „F“ bezeichnet wurde, so ging es den Parteien doch offensichtlich um dasjenige Pferd, das vor ihnen stand. Dieses wollten sie übereignen. Das stellt auch das OLG Hamm in Übereinstimmung mit der Vorinstanz fest:

„Zu Recht hat das Landgericht klargestellt, dass es wegen des Abstraktionsprinzips in dem Moment von Einigung und Übergabe nicht auf die Bezeichnung des Pferdes im Kaufvertrag vom 15.12.2016 angekommen ist. In diesem Zusammenhang spielt es auch keine Rolle, ob dieser Kaufvertrag vor oder nach der Übergabe des Pferdes von den Parteien unterzeichnet worden ist. Hier ist der Kaufvertrag sogar unstreitig erst nach Übergabe des Pferdes von den Parteien unterzeichnet worden.“ (Rn. 67)

Mithin liegt eine dingliche Einigung zwischen K und V bezogen auf das Pferd „G“ vor.
b) Die Willenserklärung des V könnte aber infolge einer Anfechtung gemäß § 142 Abs. 1 BGB ex tunc nichtig sein. Dazu müsste – neben der Anfechtungserklärung und der Wahrung der Anfechtungsfrist– zunächst ein tauglicher Anfechtungsgrund vorliegen, der sich gerade auf die dingliche Willenserklärung
 aa) Der V behauptet, er sei einem Irrtum über die Identität des Übereignungsgegenstandes („error in objecto“) insofern erlegen, als er bei der Übereignung davon ausgegangen sei, dass er ein bestimmtes Pferd aus der sog. Linienzucht mit einem bestimmten Alter übereignen würde. Dies treffe auf das Pferd „G“ aber nicht zu, sondern nur auf das Pferd „F“. Zu prüfen ist, ob und inwiefern es sich hierbei um einen zur Anfechtung berechtigenden Irrtum handeln kann. Möglich erscheint das Vorliegen eines Inhaltsirrtums nach § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB, der dann besteht, wenn er Erklärende über den objektiven Sinngehalt des Erklärten irrt. Kurz gesagt: Er erklärt objektiv etwas anderes, als er subjektiv erklären will. Ein Inhaltsirrtum kann aber auch dann gegeben sein, „wenn der Erklärende zwar das richtige Erklärungsmittel verwendet, um seinen rechtsgeschäftlichen Willen kundzugeben, die Willenserklärung aber durch Bezugnahme auf bestimmte Umstände, über die der Erklärende sich im Irrtum befindet, erst ihre volle, vom Erklärenden nicht gewollte Bedeutung erhält“ (MüKoBGB/Armbrüster, 8. Aufl. 2019, § 119 BGB Rn. 77). Dies ist insbesondere beim Identitätsirrtum der Fall. Denn: „Hier dient das verwendete Erklärungszeichen der Bezeichnung einer konkreten Person oder eines konkreten Gegenstandes; allein wegen der konkreten Umstände trifft es nicht auf die gemeinte Person oder den gemeinten Gegenstand zu“ (MüKoBGB/Armbrüster, 8. Aufl. 2019, § 119 BGB Rn. 78). In Betracht kommt neben dem Inhaltsirrtum gemäß § 119 Abs. 1 S. 1 BGB aber auch ein Eigenschaftsirrtum gemäß § 119 Abs. 2 BGB als Sonderfall des Motivirrtums. Das OLG Hamm hat daher die beiden Anfechtungsgründe voneinander abgegrenzt:

„Bei einem Inhaltsirrtum entspricht der äußere Tatbestand der Erklärung dem Willen des Erklärenden. Dieser irrt aber über die Bedeutung oder Tragweite der Erklärung. Er weiß also was er sagt, weiß aber nicht, was er damit sagt. (Vgl. Palandt/Ellenberger, a.a.O., Rdn. 11). Dem gegenüber stimmen bei einem Eigenschaftsirrtum Wille und Erklärung überein. Der Erklärende irrt nicht über die Erklärungshandlung oder den Erklärungsinhalt, sondern über Eigenschaften des Geschäftsgegenstandes und damit über die außerhalb der Erklärung liegende Wirklichkeit. Es handelt sich also um einen ausnahmsweise beachtlichen Motivirrtum (vgl. Palandt/Ellenberger, a.a.O., Rdn. 23).“ (Rn. 72 f.)

Dies zugrunde legend stelle sich die Einordnung im vorliegenden Fall als schwierig dar, wie das Gericht einräumt:

„Ein derartiger Irrtum dürfte einen Inhaltsirrtum im Sinne von § 119 Abs. 1 S. 1 Alternative 1 BGB darstellen, wobei die Abgrenzung zwischen einem Inhaltsirrtum und einem Eigenschaftsirrtum im Sinne von § 119 Abs. 2 BGB in einem solchen Fall schwierig sein kann (vgl. zum Ganzen: Staudinger/Singer, BGB, Neubearbeitung 2017, § 119 Rdn. 45 ff. und Palandt/Ellenberger, a.a.O., § 119 Rdn. 14).“ (Rn. 71)

Damit vermag das OLG Hamm zunächst zur Annahme eines Inhaltsirrtums zu tendieren, lässt die Abgrenzung letztlich aber offen, da im konkreten Fall jedenfalls ein Eigenschaftsirrtum gegeben sei:

„Der skizzierte Abgrenzungsstreit kann hier dahingestellt bleiben. Nach seiner Darstellung will der Kläger nämlich bei der Abgabe der Einigungserklärung im Sinne von § 929 S. 1 BGB davon ausgegangen sein, nicht die Stute „G“, sondern die Stute „F“ mit einem ganz bestimmten Alter (3,5 Jahre) und einem ganz bestimmen Stammbaum (Mutter: „Q2“; Vater und Großvater: „Q“) zu übereignen. Dem gegenüber war die Stute „G“ im Dezember 2016 erst 2,5 Jahre alt, ihre Mutter war „X“ und ihr Vater ebenfalls „Q“. Alter und Stammbaum sind bei einem Pferd wertbildende Merkmale und daher verkehrswesentliche Eigenschaften im Sinne von § 119 Abs. 2 BGB (vgl. Staudinger/Singer, a.a.O., Rdn. 80 ff. und Palandt/Ellenberger, a.a.O., Rdn. 27). Mithin ist der Kläger jedenfalls einem Eigenschaftsirrtum im Sinne des § 119 Abs. 2 BGB erlegen gewesen.“ (Rn. 74 ff.)

 
Die Abgrenzung von Inhalts- und Eigenschaftsirrtum beim Identitätsirrtum ist auch in der Literatur umstritten (s. hierzu ausführlich MüKoBGB/Armbrüster, 8. Aufl. 2019, § 119 BGB Rn. 79). Die Einordnung des Irrtums könnte indes sogar offen gelassen werden; angesichts der gleichen Anfechtungsfrist ist eine Entscheidung für oder wider den einen oder anderen Anfechtungsgrund praktisch folgenlos (so auch BeckOK BGB/Wendtland, 51. Ed., Stand: 01.08.2019, § 119 BGB Rn. 35).
 
bb) Der V hat die Anfechtung auch gemäß § 143 Abs. 1, 2 BGB gegenüber dem richtigen Anfechtungsgegner erklärt.
cc) Dies geschah auch ohne schuldhaftes Zögern, mithin unverzüglich i.S.v. § 121 BGB, sodass auch die Anfechtungsfrist gewahrt wurde.
dd) Die Willenserklärung des V wurde also wirksam angefochten und ist damit gemäß § 142 Abs. 1 BGB ex tunc nichtig.
c) Es besteht nach erfolgter Anfechtung keine dingliche Einigung zwischen K und V.
3. V hat das Eigentum an dem Pferd „G“ nicht an den K im Wege rechtsgeschäftlicher Eigentumsübertragung nach § 929 S. 1 BGB verloren. Er ist also noch Eigentümer.
 
III. Recht zum Besitz, § 986 BGB
Ferner dürfte der K auch kein Recht zum Besitz i.S.v. § 986 BGB haben. Ein solches könnte aus dem zwischen K und V abgeschlossenen Kaufvertrag i.S.v. § 433 BGB ergeben. Indes ist als Kaufobjekt ausdrücklich das Pferd „F“ bezeichnet. Aus dem Kaufvertrag kann K damit kein Besitzrecht bezogen auf das Pferd „G“ herleiten.
 
Anmerkung: wiederum Achtung – Abstraktionsprinzip! Auch wenn sich die Übereignung ursprünglich auf das Pferd „G“ bezogen hat, ist Kaufgegenstand offensichtlich Pferd „F“.
 
IV. Ergebnis
V hat gegen K einen Anspruch auf Herausgabe des Pferdes „G“ aus § 985 BGB.
 
C. Fazit
Es gilt damit: Bei einem Identitätsirrtum kann ein Inhaltsirrtum gemäß § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB oder ein Eigenschaftsirrtum gemäß § 119 Abs. 2 BGB vorliegen, wobei die Abgrenzung im Einzelfall schwierig sein kann. Im vorliegenden Fall bestand die Besonderheit, dass ein Eigenschaftsirrtum i.S.v. § 119 Abs. 2 BGB nach den Darlegungen des Klägers sicher gegeben war, sodass der Abgrenzungsstreit offenbleiben konnte. Muss dieser jedoch – in einem weniger eindeutigen Klausurfall – geführt werden, wird es, da die Abgrenzung von Inhalts- und Eigenschaftsirrtum beim Identitätsirrtum lebhaft umstritten ist, hierbei weniger auf ein bestimmtes Ergebnis ankommen. Wichtig ist vielmehr eine gute Argumentation, auf deren Basis sich dann für den Inhalts- oder Eigenschaftsirrtum entschieden wird.
 
 

10.10.2019/1 Kommentar/von Dr. Melanie Jänsch
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Melanie Jänsch https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Melanie Jänsch2019-10-10 09:00:162019-10-10 09:00:16OLG Hamm: Abgrenzung von Inhalts- und Eigenschaftsirrtum beim Identitätsirrtum
Dr. Matthias Denzer

In 5 Schritten zur erfolgreichen Klausur

Fallbearbeitung und Methodik, Für die ersten Semester, Schon gelesen?, Verschiedenes

Das Semester ist noch jung, doch es ist nie zu früh, sich schon mal mit dem auseinanderzusetzen, was einen am Ende des Semesters erwartet: Die ersten juristischen Klausuren. Auch wenn diese noch weit entfernt scheinen, schadet es nicht, sich frühzeitig die richtige Herangehensweise anzueignen. Hier sind unsere fünf Schritte für ein erfolgreiches Abschneiden in der Klausur:
1. Schritt: Die richtige Vorbereitung
Ohne eine richtige Vorbereitung ist keine Klausur zu meistern. Eigentlich eine Banalität. Allzu häufig zeigt sich jedoch, dass Studenten den Umfang des Stoffes verkennen: Steht die Abschlussklausur am Ende des Semesters an, so sollte es doch genügen, nach den Weihnachtsferien mit dem Lernen anzufangen. Mehr als ein bis zwei Wochen Vorbereitung seien doch nicht erforderlich. Ein weit verbreiteter Trugschluss. Die Fülle des erwarteten Stoffes in kurzer Zeit zu lernen, wird selbst den Begabtesten kaum gelingen. Doch das soll keineswegs Panik in euch auslösen. Der Stoff ist in der Tat umfangreich, wenn man allerdings von Anfang an „am Ball bleibt“, können auch keine Lücken entstehen und am Ende des Semesters wird man nicht vor einem schier unüberwindbaren Berg stehen. Genug der Metaphern: Wenn ihr die Vorlesung nachbereitet und die Inhalte regelmäßig wiederholt sowie in den Arbeitsgemeinschaften folgen könnt, müsst ihr euch hinsichtlich der Klausuren keinerlei Sorgen machen.
Noch ein, zwei Tipps: Gründet von Anfang an mit ein bis zwei Freundinnen oder Freunden eine Arbeitsgruppe, in der ihr Fälle gemeinsam durchsprecht und löst. Das schärft euer Problembewusstsein. Wenn ihr von Beginn an die Herangehensweise an einen Fall übt, wird euch dies später in der Klausur leichter fallen. Eure Arbeitsgruppe kann euch hier den Einstieg erleichtern – zudem lässt sich in der Gemeinschaft auch leichter Motivation finden, sich mit unbekannten und daher unbequemen Fällen auseinanderzusetzen.
Tipp 2: Besorgt euch vor dem Ernstfall einen Klausurblock. Das hilft dabei, dass die Klausur auf den Korrektor einen ordentlichen Eindruck macht. Niemand will den Korrektor von Anfang an missgelaunt stimmen, indem er ihn dazu verdonnert, seitenweise hingekritzelte Hieroglyphen zu entziffern. Es ist wie so oft im Leben: Der erste Eindruck zählt.
2. Schritt: Erfassen des Sachverhalts und der Fallfrage
Auch Schritt 2 klingt auf den ersten Blick banal. Vielleicht zu banal. Erfahrungen zeigen aber immer wieder: Viele Studenten überfliegen den Sachverhalt und stürzen sich gleich auf bekannte Probleme – und übersehen dabei nur allzu oft die eigentlichen Schwerpunkte des Falles. Bei Sachverhalten, die lediglich aus drei Zeilen bestehen und in denen bloß zwei Personen vorkommen, mag dieser Punkt noch nicht so sehr ins Gewicht fallen. Im Verlauf des Studiums werden die Sachverhalte jedoch tendenziell länger. In der Examensklausur ist es nicht ungewöhnlich, wenn sich ein Sachverhalt über vier bis fünf Seiten erstreckt – irgendwie müssen ja auch die fünf Stunden Bearbeitungszeit gefüllt werden. Doch auch schon der Sachverhalt einer Abschlussklausur im ersten Semester wird regelmäßig eine DIN A4-Seite füllen. Dass oftmals drei, vier, fünf Personen darin vorkommen ist ebenfalls nichts ungewöhnliches, wenn man sich vor Augen führt, dass Stellvertretung im Zivilrecht oder etwa Täterschaft und Teilnahme im Strafrecht typische Problemfelder des BGB AT bzw. des Strafrecht AT sind – eben jene Fächer, die im ersten Semester gelesen werden. Das Ganze soll jetzt jedoch keinesfalls abschreckend wirken. Im Gegenteil: Auch komplex anmutende Sachverhalte verlieren ihren Schrecken, wenn man sich klargemacht hat, was eigentlich passiert ist.
Daher unser Tipp: Ließ den Sachverhalt zunächst einmal völlig unbefangen. Mache dich nun mit der Fallfrage vertraut. Denn eine Lösung zu verfassen nach der gar nicht gefragt ist, ist in etwa so wie an Ostern den Weihnachtsbaum aufzustellen. Ließ nun den Sachverhalt nochmals und markiere dir Schlagwörter sowie wichtige Passagen. Am Rand oder auf einem Schmierzettel kannst du dir bereits erste Ideen notieren. Insbesondere wenn mehrere Personen beteiligt sind, bietet sich die Anfertigung eines Schaubilds an. Nun sollte man soweit sein, den Handlungsablauf chronologisch nachvollziehen zu können. Erst jetzt, wenn man Sachverhalt und Fallfrage vollständig erfasst hat, kann mit dem Anfertigen einer guten Lösungsskizze begonnen werden.
3. Schritt: Die Lösungsskizze
Eine gute Lösungsskizze ist das A und O einer erfolgreichen Klausur. Deshalb sollte man sich für das Erstellen auch genügend Zeit einplanen. Doch Vorsicht: Verwendet man zu viel Zeit auf für das Erstellen der Lösungsskizze, kann es mit der Reinschrift eng werden (siehe dazu auch Schritt 4: Das Zeitmanagement). Es ist daher unumgänglich, die Lösungsskizze bloß stichpunktartig zu fassen und ggf. auch – für einen selbst verständliche – Abkürzungen zu verwenden. Auch das Schriftbild darf hier gerne vernachlässigt werden – solange man selber lesen kann, was man zuvor geschrieben hat (persönliche Erfahrungen zeigen, Letzteres ist nicht selbstverständlich…).
Die Lösungsskizze ist die Schablone für die fertige Lösung; sie gibt die Struktur der späteren Lösung vor: Die Prüfungsreihenfolge der in Betracht kommenden Ansprüche bzw. der zu prüfenden Straftatbestände, die Gliederungsebenen und der zu prüfenden Tatbestandmerkmale, eine Sortierung der Argumente, etc. Es gilt dabei die Grundregel: Die Informationen aus dem Sachverhalt haben auch in der Lösung aufzutauchen. Die Lösungsskizze bietet dabei die Möglichkeit, die Sachverhaltsangaben an den richtigen Stellen zu verordnen.
Und einen weiteren Vorteil bietet die Lösungsskizze: Widersprüche in der eigenen Lösung lassen sich leichter erkennen und somit vermeiden (und im Zweifel nachträglich korrigieren). Und Widersprüche in der eigenen Lösung gilt es unbedingt zu vermeiden! Je knapper man die Lösungsskizze hält, desto mehr Zeit verbleibt für die Reinschrift. Eines sollte man sich jedoch bewusst sein: Fällt einem beim Erstellen der Lösungsskizze ein Fehler auf, den man zuvor gemacht hat, so lässt sich dieser relativ schnell korrigieren. Ist die Lösung jedoch erst einmal ausformuliert, ist die Korrektur eines Fehlers nicht nur mühsam, sondern oftmals auch nicht mehr in der vorgegebenen Zeit zu bewältigen. Daher ist das Erstellen einer Lösungsskizze absolut empfehlenswert!
4. Schritt: Das Zeitmanagement
Im universitären Betrieb scheint ein Zeitparadoxon zu herrschen: Während sich in mancher  Vorlesung der Minutenzeiger nur mit stoischer Ruhe fortbewegt, scheint er während der Klausur zu rasen. Die zwei (bzw. drei) Stunden Bearbeitungszeit vergehen meistens wie im Flug. (Und auch in fünfstündigen Examensklausuren wird man regelmäßig in Zeitdruck geraten.) Ein richtiges Zeitmanagement ist daher besonders wichtig. Oberste Prämisse ist dabei: Fertig werden! Kaum etwas wirkt sich auf die Bewertung der Klausur negativer aus, als eine unfertige Lösung – einen Verstoß gegen das Abstraktionsprinzip oder die Prüfung der Strafbarkeit eines Toten einmal ausgenommen.  
Die Zeiteinteilung muss daher immer darauf ausgerichtet sein, eine vollständige Lösung aufs Papier zu bringen. Dass man dabei unter Zeitdruck gerät, liegt dabei nicht unbedingt nur am eigenen Arbeitstempo: Viele Klausuren sind gerade darauf angelegt, den Prüfling unter Zeitdruck zu setzen. Man sollte sich daher unbedingt genug Zeit für das Ausformulieren der Lösung lassen. Das soll jedoch keineswegs Appell sein, das Erstellen einer Lösungsskizze zu vernachlässigen. Wie viel Zeit man zur Reinschrift benötigt, hängt natürlich auch vom eigenen Schreibtempo ab. Als Faustregel lässt sich festhalten: Mindestens die Hälfte – eher zwei Drittel – der Bearbeitungszeit ist für das Ausformulieren der Lösung zu veranschlagen. Das kann aber auch nur ein grober Richtwert sein – und kann individuell deutlich variieren. Aber keine Sorge: Das richtige Zeitmanagement lässt sich sehr gut üben. Probeklausuren geben einem dazu eine gute Möglichkeit. Aber auch wenn solche nicht angeboten werden, kann man zuhause für sich üben. Tipp: Schaffe dir selber reale Klausurbedingungen, d.h. Laptop, Netflix und Radio aus, Handy auf Flugmodus, Timer an und los geht’s! Eine Probeklausur im Strafrecht findet ihr zum Beispiel hier.
5. Schritt: Übung macht den Meister
„Man muss nicht hundert schlechte Klausuraufgaben zur Übung schreiben, sondern zehn gute, und sie wirklich durchdenken.“[1] Diese Aussage von Thomas Fischer, Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof a.D., hat durchaus Diskussionen in der juristischen Welt hervorgerufen. Meines Erachtens völlig zu Recht: Nicht nur, dass man sein Zeitmanagement durch regelmäßiges Klausurenschreiben verbessert, die praktische Anwendung des gelernten Wissens zeigt einem gerade auch, an welcher Stelle noch Lücken bestehen, die es zu schließen gilt. Zudem führt regelmäßiges Klausurenschreiben zu einigen schönen Nebeneffekten: Standardformulierungen und Definitionen „brennen“ sich ins Gedächtnis ein, mit der Folge, dass man in nachfolgenden Klausuren über diese Punkte nicht mehr nachdenken muss. Das spart im Ernstfall kostbare Zeit, die man auf die wirklich interessanten Fragen verwenden kann. Dass mit der Übung auch die Schreibgeschwindigkeit zunimmt, bedarf keiner näheren Ausführung.
Der meines Erachtens jedoch wichtigste Punkt ist folgender: Durch regelmäßiges Klausurenschreiben verliert man die Angst vor der Klausur. Da man die Herangehensweise bereits öfters trainiert hat – und damit auch Situationen kennengelernt hat, in denen man nicht auf Anhieb weiterweiß – kann auch der „Ernstfall“ einen nicht aus der Ruhe bringen. Daher unser Tipp: Schreibt alle Übungsklausuren, die angeboten werden.
Ein letzter Tipp zum Abschluss: Um immer auf dem aktuellen Stand zu bleiben, abonniert juraexamen.info auf Facebook (juraexamen.info) und Instagram (@juraexamen.info), dann kann in den Klausuren gar nichts schiefgehen. 😉
[1] https://www.zeit.de/campus/2014/06/thomas-fischer-jurastudium-vorurteile-auswendig-lernen/seite-2

07.11.2018/1 Kommentar/von Dr. Matthias Denzer
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Matthias Denzer https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Matthias Denzer2018-11-07 09:15:192018-11-07 09:15:19In 5 Schritten zur erfolgreichen Klausur
Redaktion

Schemata: §§ 116ff. BGB

BGB AT, Rechtsgebiete, Schon gelesen?, Startseite, Verschiedenes, Zivilrecht

Schemata: §§ 116ff. BGB

A. Geheimer Vorbehalt (§ 116 BGB)

I. Voraussetzungen

1.  Vorbehalt
Der Äußernde behält sich vor, das Erklärte nicht zu wollen.

2.  Geheim
Der Äußernde verheimlich dem Empfänger der Willenserklärung seinen Vorbehalt bewusst.

II. Rechtsfolgen

1.  Bei Unkenntnis des Erklärungsempfängers vom Vorbehalt:
Die Willenserklärung bleibt wirksam (§ 116 S. 1 BGB).

2.  Bei Kenntnis des Erklärungsempfängers vom Vorbehalt:
Die Willenserklärung ist nichtig (§ 116 S. 2 BGB).

 

B. Scherzerklärung (§ 118 BGB)

I. Voraussetzungen

1. Vorbehalt
Der Erklärende behält Sicht vor, das Erklärte nicht zu wollen.

2. Erwartung, dass Mangel der Ernstlichkeit nicht verkannt wird
Der Erklärende geht davor aus, dass der Erklärungsempfänger die fehlende Ernstlichkeit der Erklärung erkennt. Es kommt allein auf die subjektive Erwartung des Erklärenden an.

II. Rechtsfolgen

1.  Die Willenserklärung ist nichtig (§ 118 BGB).

2.  Schadensersatzpflicht des Erklärenden gem. § 122 BGB.

3.  Ausnahmsweise Behandlung der Willenserklärung als wirksam, wenn der Erklärende erkennt, dass der andere die Scherzerklärung als ernst gemeint versteht (es gilt § 116 BGB).

 

C. Scheingeschäft (§ 117 BGB)

I. Voraussetzungen

1. Vorbehalt
Der Erklärende behält Sicht vor, das Erklärte nicht zu wollen.

2.  Einverständnis des Erklärungsempfängers

II. Rechtsfolgen

1.  Die tatsächlich abgegebene Willenserklärung ist nichtig (§ 117 I BGB)

2.  Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so ist dieses wirksam, sofern die dafür erforderlichen Voraussetzungen gegeben sind (§ 117 II BGB).

Das Schema ist in den Grundzügen entnommen von myjurazone.de.

26.10.2017/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2017-10-26 10:00:432017-10-26 10:00:43Schemata: §§ 116ff. BGB
Dr. Sabine Vianden

Erstsemester-Guide: Die Klausur im BGB AT

BGB AT, Fallbearbeitung und Methodik, Für die ersten Semester, Lerntipps, Rechtsgebiete, Verschiedenes, Zivilrecht

In wenigen Wochen ist es wieder soweit: viele Erstsemester schreiben ihre ersten richtigen Klausuren. Die meisten Universitäten bieten natürlich auch Probeklausuren zur Vorbereitung an, jedoch kann bei den Studenten in Sachen Klausur-Schreiben von Routine nicht die Rede sein! Als AG-Leiterin – aber auch vor einiger Zeit selbst im ersten Semester – habe ich erlebt, dass die Probleme dabei immer wieder ähnlich sind. Was muss ich überhaupt lernen? Wie soll ich die Klausur aufbauen? Wie schaffe ich das alles in zwei Stunden? Zum allgemeinen Vorgehen beim Schreiben einer Klausur kann ich an dieser Stelle auf unseren Grundlagenbeitrag Klausurpraxis im Jurastudium verweisen. Auch für die Klausur im Staatsorganisationsrecht wurden bereits wertvolle Tipps zur Verfügung gestellt.
Dieser Beitrag befasst sich gezielt mit der Erstsemesterklausur im BGB AT. Viele dieser Ratschläge werden sicher bereits aus Vorlesung und AG bekannt sein, sie sollen euch aber die Möglichkeit geben, noch einmal einen Überblick über die wesentlichen Punkte zu erhalten (ohne Anspruch der Vollständigkeit). Dazu sollen zunächst ein paar Grundsätze zum Klausuraufbau dargestellt werden, bevor jeweils kurz auf die wichtigsten Lerninhalte eingegangen wird.
I. Klausuraufbau
In zivilrechtlichen Klausuren sind häufig mehrere Ansprüche zu prüfen. Je umfangreicher der Sachverhalt, desto mehr Personen, Daten und Informationen werden genannt, die es in das Gutachten einzubauen gilt. Hier können eine Zeitleiste und eine Personenskizze Überblick verschaffen. Auch beim Lesen des Sachverhaltes sollten Assoziationen am besten gleich in Vorbereitung der Lösungsskizze am Textrand vermerkt werden.
Vielen Studenten fällt es besonders schwer die richtige Anspruchsgrundlage zu finden. Hier ist von der Fallfrage am Ende des Sachverhaltes auszugehen. Ist nur nach Herausgabeansprüchen gefragt, sind auch nur solche zu prüfen, also z.B. § 985 BGB oder § 812 I 1 1. Var. BGB. Bei einer offenen Fragestellung wie „wie ist die Rechtslage?“ sind grundsätzlich sämtliche in Betracht kommenden Ansprüche zu prüfen, allerdings gibt der Sachverhalt meist Hinweise darauf, auf welche Ansprüche der Klausurersteller es abgesehen hat. Ist z.B. davon die Rede, dass die Kaufsache noch nicht übergeben wurde, ist ein Anspruch auf Übereignung und Übergabe aus § 433 I BGB zu prüfen. Auch § 985 BGB kann angeprüft werden, mangels Übergabe wird der Käufer jedoch noch nicht Eigentümer sein. Man sollte sich immer überlegen, was das jeweilige Begehren eines Beteiligten gegenüber einem anderen ist (WER, WAS, von WEM) und welche Anspruchsgrundlagen man kennt, die diesen Zielen entsprechen (WORAUS).
Keinen guten Eindruck machen Klausuren, in denen Gesetze nicht präzise zitiert oder Abkürzungen verwendet (z.B. WE statt Willenserklärung) werden. Seid ihr euch an einer Stelle des Gutachtens oder bei einem Streitentscheid unsicher, dann argumentiert so gut ihr könnt und trefft eine Entscheidung, anstatt die Prüfung einfach abzubrechen und ohne Ergebnissatz offen zu lassen. Meistens bringt man so zumindest einige brauchbare Sätze zustande. Vorteilhaft ist es auch, wenn ihr eure Klausur durch Überschriften und Zwischenergebnisse strukturiert. Das verschafft euch und dem Korrektor einen besseren Überblick.
II. Lerninhalte
Erster Anhaltspunkt für euch sollte natürlich sein, welche Themen in Vorlesung und AG besonders intensiv behandelt wurden. Manche Professoren legen auch viel Wert auf Themengebiete, die üblicherweise keinen klassischen Schwerpunkt im ersten Semester bilden, z.B. AGB-Recht. Als generell wichtigste Themen kann man aber wohl das Zustandekommen von Verträgen, Geschäftsfähigkeit, Stellvertretung und Willensmängel bezeichnen.
1. Zustandekommen von Verträgen
Nicht nur Kaufverträge kommen durch Angebot und Annahme zustande! Es handelt sich um ein allgemeines Prinzip, weshalb man sich auch nicht erschrecken sollte, wenn in einer BGB AT-Klausur die Frage gestellt wird, ob jemand einen Anspruch aus einem Darlehensvertrag hat. Die speziellen Probleme der einzelnen Vertragsarten spielen im ersten Semester in der Regel keine Rolle, hier wird nur das Zustandekommen eines Vertrages in anderem Gewand geprüft.
a. Willenserklärung
Der erste Schritt ist zu erkennen, bei welchen Verhaltensweisen der Personen es sich um Willenserklärungen handeln könnte und diese anschließend jeweils anhand einer Auslegung angeknüpft an §§ 133, 157 BGB auf ihren Erklärungsgehalt zu untersuchen. Gerade wenn viele Verhaltensweisen in Betracht kommen sollte man diese auch eindeutig benennen, das schafft sowohl für euch als auch für den Korrektor Klarheit.
Willenserklärungen können nicht nur ausdrücklich, sondern auch konkludent (z.B. durch Aufstellen eines Warenautomaten) geäußert werden. Fehlt es aber an einer verbalen Äußerung sollte man immer kurz überlegen, ob es sich nicht um einen Fall des Schweigens im Rechtsverkehr handelt, welches nur unter besonderen Voraussetzungen, z.B. durch Vereinbarung, gesetzliche Fiktion oder beim kaufmännischen Bestätigungsschreiben, als Willenserklärung gewertet werden kann.
Die Willenserklärung hat einen objektiven und einen subjektiven Tatbestand. Alle Bestandteile jeweils zu nennen und zu subsumieren kostet aber viel Zeit und ist in vielen Fällen überflüssig. Häufig relevant ist aber auf der objektiven Seite, ob ein erkennbarer Rechtsbindungswille vorliegt. Das ist nämlich u.a. für die Abgrenzung zwischen der invitatio ad offerendum und der offerte ad incertas personas, sowie Vertrag und Gefälligkeit entscheidend. Auf der subjektiven Seite sollte das Problem des fehlenden Erklärungsbewusstseins bekannt sein.
b. Abgabe und Zugang
Habt ihr die Willenserklärung als solche erkannt und ausgelegt, ist sie auf ihr Wirksamwerden zu untersuchen. Bei nicht empfangsbedürftigen Willenserklärungen genügt es, wenn diese abgegeben werden, also willentlich in den Rechtsverkehr entäußert werden. Empfangsbedüftige Willenserklärungen müssen darüber hinaus auch zugehen, vgl. § 130 I 1 BGB, wobei Fälle des § 151 BGB eine Ausnahme bilden. Der überwiegende Teil der Zugangsprobleme lässt sich mit der Definition des Zugangs als Gelangen der Willenserklärung in den Machtbereich des Empfängers, sodass dieser unter normalen Umständen von ihr Kenntnis nehmen kann, lösen. Weiterhin sollte man mit den Problemen der abhandengekommenen Willenserklärung und der Annahmeverweigerung umgehen können und sich auch vor der Klausur die §§ 145-153 BGB genauer ansehen, damit man die darin enthaltenen Sonderregelungen nicht übersieht.
Ebenfalls häufig geprüft wird der Zugang bei Einschaltung einer Mittelsperson. Hier sollte man zunächst darstellen, dass es für den Zeitpunkt des Zugangs darauf ankommt, um welche Art von Mittelsperson es sich handelt und kurz erläutern wann bei Einschaltung von Erklärungsbote, Empfangsbote und Empfangsvertreter jeweils der Zugang erfolgt. Dann kann man die Definitionen der verschiedenen Mittelspersonen nennen und anschließend diskutieren, um welche es sich konkret handelt.
Handelt es sich bei dem Empfänger um einen Minderjährigen, ist ferner § 131 II BGB zu beachten. Am Schluss sollte man dann noch einmal überlegen, ob kein wirksamer Widerruf i.S.d. § 130 I 2 BGB erfolgt ist. Gibt es jedoch dafür keine Anhaltpunkte, sollte für einen klarstellenden Satz auch keine Zeit verschwendet werden.
c. Konsens und Dissens
Ein Vertrag kann nur zustande kommen, wenn Angebot und Annahme übereinstimmen. Dabei kommt es darauf an, ob der objektive Erklärungswert der Willenserklärungen übereinstimmt. Ausnahme ist die falsa demonstratio: Hier genügt der übereinstimmende subjektive Wille. In den übrigen Fällen liegt bei Auseinanderfallen der objektiven Erklärungswerte ein Dissens vor. Vorrangig ist in jedem Fall zu prüfen, ob die Differenz nicht durch Auslegung beseitigt werden kann. Wichtig ist auch sich den Unterschied zwischen einem Dissens und einer anfechtbaren Willenserklärung deutlich zu machen: Anfechtbar ist eine Willenserklärung bei der Wille und Erklärung auseinanderfallen. Der Dissens betrifft ein Auseinanderfallen des objektiven Erklärungswertes mehrerer Willenserklärungen. Weitere Regelungen über die Wirksamkeit des Vertrages treffen die §§ 154, 155 BGB.
2. Geschäftsfähigkeit
Probleme bei der Geschäftsfähigkeit lassen sich leicht in jede Klausur einbauen und sind deshalb unbedingter Pflichtlernstoff. Bei Geschäftsunfähigen ist darauf zu achten, ob diese sich zum Zeitpunkt der Willenserklärung nicht in einem sog. „lichten Moment“ befanden.
Weitaus häufiger spielen in Klausuren aber beschränkt geschäftsfähige Minderjährige i.S.d. §§ 2, 106 BGB eine Rolle. Ausgangspunkt für die Prüfung der Wirksamkeit einer Willenserklärung des Minderjährigen ist § 107 BGB, wobei insbesondere folgende Fragestellungen und Probleme bekannt sein sollten: Was bedeutet rechtlich lediglich vorteilhaft? Grundstücksgeschäfte von Minderjährigen und rechtlich neutrale Geschäfte. In allen Fällen ist jeweils sorgfältig zwischen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft zu differenzieren. Ist das Geschäft nicht rechtlich lediglich vorteilhaft, bedarf der Minderjährige grundsätzlich der Einwilligung seiner gesetzlichen Vertreter, §§ 107, 183 BGB (i.d.R. die Eltern, §§ 1626, 1629). Dabei ist auch an den Sonderfall des § 110 BGB zu denken, wobei dieser erst mit Bewirken, also vollständiger Erfüllung i.S.d. § 362 BGB, der Leistung durch den Minderjährigen erfüllt wird.
Fehlt es an der vorherigen Einwilligung kann das zunächst schwebend unwirksame Rechtsgeschäft durch eine nachträgliche Genehmigung, §§ 108, 184 BGB, ex tunc, also von Anfang an wirksam werden. In Einzelfällen (§§ 112, 113 BGB) kann der Minderjährige aber auch ohne weitere Mitwirkung seiner Eltern wirksame Verträge schließen. Dabei ist allerdings daran zu denken, dass die Aufnahme des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses bzw. des Erwerbsgeschäftes selbst der Zustimmung der gesetzlichen Vertreter bedarf. Ein weiteres wichtiges Problem stellt die Erfüllung vertraglicher Verpflichtungen gegenüber Minderjährigen dar. Insgesamt sollte man sich in dem System der §§ 107-113 BGB mit allen Ausnahmen gut auskennen.
3. Stellvertretung
Im Rahmen der Stellvertretung sollten natürlich insbesondere deren Voraussetzungen, nämlich deren Zulässigkeit, die eigene Willenserklärung des Vertreters, die Offenkundigkeit und die Vetretungsmacht inklusive aller diese betreffenden Abgrenzungsfragen beherrscht werden. Im Rahmen des letzten Punktes finden sich häufig die meisten Probleme. Bekannt sein sollten hier die Voraussetzungen der Vollmachtserteilung und welche Arten von Vollmachten es gibt, sowie die Gründe für ihr Erlöschen. Dabei ist die Vollmacht grundsätzlich von dem zugrundeliegenden Grundverhältnis zwischen dem Vertreter und dem Vertretenen, z.B. Auftrag, zu unterscheiden (beachte aber § 168 BGB). Weitere wichtige Problemkreise sind Duldungs- und Anscheinsvollmacht, Willensmängel bei der Vollmachterteilung und das Insichgeschäft.
Die Probleme „Missbrauch der Vertretungsmacht“ und „Vertreter ohne Vertretungsmacht“ werden oft durcheinandergebracht. Ersteres beschreibt die Situation, dass der Vertreter im Rahmen der Vertretungsmacht handelt, dabei aber Absprachen im Innenverhältnis mit dem Vertretenen überschreitet. Außer bei Kollusion oder Bösgläubigkeit des Geschäftspartners kommt dennoch ein Rechtsgeschäft mit Wirkung für und gegen den Vertretenen zustande. Bei dem Vertreter ohne Vertretungsmacht hingegen ist das Verhalten des Vertreters schon im Außenverhältnis von keiner Vertretungsmacht gedeckt, sodass der Vertretene nur gebunden wird, wenn er das Geschäft nachträglich genehmigt, § 177 I BGB. Hier kann man sich insgesamt die Systematik des Minderjährigenrechts zu Nutze machen. Zieht der „Vertretene“ das Geschäft nicht an sich, ist an Ansprüche gegen den vermeintlichen Vertreter aus § 179 BGB zu denken. Generell darf man auch nicht vergessen, dass bei der Stellvertretung nicht der Vertreter, sondern der Vertretene Vertragspartner wird und somit gem. § 164 I BGB nur ihn die Rechtsfolgen treffen, deshalb ist auch im Regelfall nur er anfechtungsberechtigt (§ 166 I BGB).
4. Willensmängel
Hin und wieder begegnet man in Klausuren Willensmängeln der §§ 116-118 BGB. In den überwiegenden Fällen geht es aber darum, ob eine Willenserklärung angefochten werden kann. Beim Vertragsschluss wurde festgestellt, dass bei einem der Vertragspartner subjektiver und objektiver Erklärungsgehalt auseinanderfallen. Weil aber der objektive Erklärungsgehalt (nach Auslegung) mit dem des Vertragspartners übereinstimmt, ist ein wirksamer Vertrag zustande gekommen. Danach kann geprüft werden, ob der irrende Vertragspartner seine Willenserklärung anfechten kann. Welche Punkte dabei eine Rolle spielen, könnt ihr unserem Schema zur Anfechtung entnehmen.
5. Sonstiges
Weitere AT-Themen sind u.a. Bedingung und Befristung, Formbedürftigkeit, Sittenwidrigkeit und Verbotsgesetze, Nichtigkeit und Umdeutung. Auch diese Gebiete sollte man insbesondere, wenn sie in der Vorlesung intensiv behandelt wurden, nicht völlig vernachlässigen. Es handelt sich dabei selten um die Hauptprobleme eines Falles, dennoch können sie als „Stolpersteine“ viel Zeit und manchmal leicht zu verdienende Punkte kosten.
Das Auseinanderhalten von Verfügungs- und Verpflichtungsgeschäft (Trennungs- und Abstraktionsprinzip) ist einer der Grundpfeiler des deutschen Zivilrechts, auf welchen auf im ersten Semester bereits großen Wert gelegt wird. Auch im Rahmen von § 985 BGB sind die Eigentumsverhältnisse zu prüfen, sodass auch für die Anfängerklausur die Grundzüge des rechtsgeschäftlichen Erwerbs nach §§ 929 ff. BGB bekannt sein sollten (jedenfalls der Erwerb vom Berechtigten nach § 929 1 BGB).
III. Zum Schluss
Auch wenn es sich um eine „Anfängerklausur“ handelt, bedeutet dies nicht, dass der allgemeine Teil des BGB einfacher Prüfungsstoff ist. Schon im ersten Semester kommt man mit Themen in Berührung, die – wenn auch in anderer Form und in anderem Umfang – auch im Examen noch eine Rolle spielen. Die Probleme zu erkennen reicht  alleine nicht aus – man muss sie auch entsprechend in das Gutachten einbauen können. Deshalb ist neben dem Lernen des reinen Stoffes auch die Teilnahme an Probeklausuren sowie das selbstständige Formulieren von Lösungen alleine oder in der Lerngruppe/AG zu empfehlen.
Viel Erfolg bei den anstehenden Klausuren!

10.01.2017/0 Kommentare/von Dr. Sabine Vianden
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Sabine Vianden https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Sabine Vianden2017-01-10 10:30:062017-01-10 10:30:06Erstsemester-Guide: Die Klausur im BGB AT
Redaktion

Schema: Anfechtung, §§ 119 ff. BGB

BGB AT, Rechtsgebiete, Startseite, Verschiedenes, Zivilrecht

Schema: Anfechtung, §§ 119 ff. BGB

  • Gestaltungsrecht
  • Angefochten wird jeweils nur die eigene Willenserklärung, nicht der gesamte Vertrag.

 
I. Anwendbarkeit

– Grds. für alle Willenserklärungen anwendbar, für geschäftsähnliche Handlungen gelten die §§ 119 ff. BGB analog.

– Realakte sind nicht anfechtbar.

– Rechtsscheintatbestände sind nicht anfechtbar.

II. Zulässigkeit der Anfechtung
Anfechtung ist nicht zulässig, soweit gesetzliche Sonderregelungen bestehen, z.B.:

– im Falle des § 144 BGB;

– die §§ 434 ff. BGB schließen eine Anfechtung nach § 119 II BGB aus.

III. Voraussetzungen

1. Anfechtungserklärung (§ 143 I BGB)

– Einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung.
– Jede Willensäußerung, die eindeutig erkennen lässt, dass das Geschäft wegen eines Willensmangels beseitigt werden soll (§§ 133, 157 BGB).
– Anfechtung ist Gestaltungsrecht und daher bedingungsfeindlich. Potestativbedingungen sind zulässig (str.).
– Teilanfechtung möglich, sofern das Rechtsgeschäft teilbar ist (§ 139 BGB).

2. Durch den Anfechtungsberechtigten

– Grds. derjenige, der die Erklärung abgegeben hat.
– Bei der Stellvertretung ist jeweils derjenige anfechtungsberechtigt, in dessen Person die Rechtsfolgen der Willenserklärung eintreten:

– grds. der Geschäftsherr, dabei ist § 166 BGB zu beachten.
– eine Ausnahme liegt beim Vertreter ohne Vertretungsmacht vor.

3. Gegenüber dem richtigen Anfechtungsgegner (§ 143 II-IV BGB)

4. Mit Anfechtungsgrund (§§ 119-123 BGB)

a) Inhaltsirrtum (§ 119 I Fall 1 BGB)

aa) Irrtum über Inhalt der Willenserklärung

bb) Bei der Abgabe

cc) Kausalität zwischen Irrtum und Willensabgabe

b) Erklärungsirrtum (§ 119 I Fall 2 BGB)

aa) Irrtum in der Erklärungshandlung (Versprechen, Verschreiben, Vergreifen)

bb) Bei der Abgabe

cc) Kausalität zwischen Irrtum und Willensabgabe

c) Eigenschaftsirrtum (§ 119 II BGB)

aa) Irrtum über Eigenschaft einer Person/ Sache

bb) Verkehrswesentlichkeit dieser Eigenschaft

cc) Kausalität zwischen Irrtum und Willensabgabe

d) Falsche Übermittlung ( § 120 BGB)

aa) Unrichtige Übermittlung einer Willenserklärung

bb) Durch die übermittelnde Person oder Einrichtung (Erklärungsbote)

cc) Unbewusst: Bei bewusst falscher Übermittlung haftet der Bote nach § 179 BGB.

dd) Kausalität zwischen Irrtum und Willensabgabe

e) Arglistige Täuschung

aa) Täuschung (§ 123 I Fall 1 BGB)
Jedes Verhalten, Tun oder Unterassen, das auf die Erregung, Bestärkung oder Unterhaltung eines Irrtums beim Erklärenden gerichtet ist.

bb) Arglist

cc) Irrtum

dd) Kausalität zwischen Täuschung und Willenserklärung

ee) Rechtswidrigkeit

ff) Kein Ausschluss: Täuschender darf kein Dritter i.S.d. §123 II BGB sein.

f) Widerrechtliche Drohung

aa)  Drohung
Das Inaussichtstellen eines künftigen Übels, auf dessen Eintritt der Täter Einfluss zu haben vorgibt.

bb)  Widerrechtlichkeit (des Mittels, des Zwecks oder der Mittel-Zweck-Relation)

cc)  Kausalität zwischen Drohung und Willenserklärung

dd) Jedenfalls Vorsatz bzgl. Drohung und Kausalität, nach der Rspr. muss der Vorsatz sich auch auf die Widerrechtlichkeit beziehen.

5. Anfechtungsfrist

– § 121 BGB: Unverzüglich in den Fällen der §§ 119, 120 BGB.

– § 124 BGB: Innerhalb eines Jahres in den Fällen des § 123 BGB.

6. Rechtsfolge:

– § 142 I BGB: Ex tunc Nichtigkeit
; Ausnahmsweise ex nunc Wirkung im Arbeitsrecht bei in Vollzug gesetzten Arbeitsverträgen und im Gesellschaftsrecht.

– § 122 BGB: Anspruch des Erklärungsgegners auf Schadensersatz in den Fällen der §§ 119, 120 BGB. Daneben sind Ansprüche aus §§ 280 I, 241 II, 311 II BGB denkbar (hM).

– In den Fällen des § 123 BGB können dem Anfechtenden nach den allgemeinen Regeln Schadensersatzansprüche zustehen, sofern deren Voraussetzungen erfüllt sind.

– Rückabwicklung über §§ 812 ff. BGB, dabei ist umstritten, ob durch die Anfechtung der Rechtsgrund von Anfang an entfällt (§ 812 I 1 Fall 1 BGB) oder nachträglich wegfällt (§ 812 I 2 Fall 1 BGB).

Das Schema ist in den Grundzügen entnommen von myjurazone.de.

08.09.2016/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2016-09-08 10:00:082016-09-08 10:00:08Schema: Anfechtung, §§ 119 ff. BGB
Gastautor

Häkchen bei WhatsApp – Zugang und Beweisbarkeit elektronischer Willenserklärungen

BGB AT, Rechtsgebiete, Schon gelesen?, Schuldrecht, Startseite, Verschiedenes, Zivilrecht

Wir freuen uns, heute eine Gastbeitrag von Christopher Weidt veröffentlichen zu können. Der Autor absolvierte sein Jurastudium in Bonn und ist derzeit wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Juniorprofessur für Bürgerliches Recht und Immaterialgüterrecht der Universität Siegen bei Prof. Dr. Maximilian Becker.
I. Einführung
Das aktuelle BGB-Lehrbuch an einen Kommilitonen verkaufen, das Auto an einen Freund verleihen, einen DJ für die Hochzeit buchen. Die Kette der Verträge, die allein im privaten Bereich über E-Mail oder Kurznachricht geschlossen werden ließe sich beliebig fortführen. Besonders der Massaging-Dienst WhatsApp hat in den vergangenen Jahren die klassische SMS abgelöst. Für den Absender einer Nachricht hält der Dienst Zustellungsinformationen in drei Stufen bereit. Diese werden durch kleine „Häkchen“ rechts unten in der jeweiligen Nachricht angezeigt. Ein graues Häkchen bedeutet, dass die Nachricht gesendet wurde. Zwei graue Häkchen bedeuten, dass die Nachricht zugestellt wurde. Färben sich die beiden Häkchen blau, hat der Empfänger die Nachricht gelesen[1]. Insbesondere die dritte Zustellungsebene hat zu kontroversen Diskussionen geführt[2]. Auch juristisch bieten die Häkchen Anlass zu einer Auseinandersetzung über den Zugang von Willenserklärungen und dessen Beweisbarkeit. Als Ausgangspunkt dient die rechtliche Behandlung von E-Mails.
 
II. Zugang von Willenserklärungen unter Abwesenden
Eine empfangsbedürftige Willenserklärung wird gemäß § 130 I 1 BGB dann wirksam, wenn sie dem Empfänger zugeht. Dies ist nach hM dann der Fall, wenn sie so in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser unter normalen Umständen die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen[3]. Nicht erforderlich ist demnach die tatsächliche Kenntnisnahme. Die Definition hat mithin zwei Voraussetzungen: (1) Das Gelangen in den Macht- oder Herrschaftsbereich; (2) die Möglichkeit der Kenntnisnahme.
 1. Gelangen in den Machtbereich
Unter dem Machtbereich versteht man die räumliche Herrschaftssphäre des Empfängers[4]. Diese ist jedenfalls beim Einwurf eines Schriftstücks in den Hausbriefkasten erreicht. Ebenso befindet sich eine E-Mail im Account des Online-Servers im Machtbereich des Adressaten[5]. Bei einer SMS ist der Machtbereich dann erreicht, wenn die Nachricht auf dem Mobiltelefon zugestellt worden ist[6]. Das Gleiche gilt für eine Nachricht bei WhatsApp.[7] Dokumentiert wird das Gelangen in den Machtbereich durch zwei graue Häkchen.
Bei der elektronischen Kommunikation ist zusätzlich zu beachten, dass – anders als etwa bei Briefen – eine „Widmung“ des E-Mail- oder SMS-Postfachs als Empfangseinrichtung erforderlich[8] ist. Dafür kommt es auf den nach außen erkennbaren Willen an, rechtlich verbindliche Erklärungen in dieser Form schließen zu wollen. Dies kann etwa aufgrund einer Angabe der E-Mail-Adresse oder Handynummer auf Visitenkarten oder in öffentlichen Verzeichnissen der Fall sein[9]. Eine Widmung ist jedoch umso eher anzunehmen, je mehr die Kommunikation auf diesem Wege für die Beteiligten vorhersehbar ist bzw sie damit rechnen durften[10]. Erfolgt beispielsweise schon die Anbahnung eines Vertrages per SMS, kann auch Angebot und Annahme auf diesem Weg erfolgen.
Erreicht eine E-Mail den Server oder das Postfach des Empfängers nicht, kann dies verschiedene Ursachen haben: Softwarefehler, Kompatibilitätsprobleme bei Anhängen, Spam-Filter. Hierzu hat sich eine detaillierte Rechtsprechung gebildet[11]. Grundsätzlich gilt jedoch, dass vor der Speicherung im Postfach das Risiko auf Seiten des Absenders liegt, danach auf Seiten des Empfängers[12].
Bezogen auf ein in sich geschlossenes System wie WhatsApp sind Software- und Kompatibilitätsprobleme zwar nicht auszuschließen. Sie sind gleichwohl seltener. Man wird daher davon ausgehen können, dass beim zweiten grauen Häkchen der Machtbereich des Empfängers ohne technische Schwierigkeiten erreicht worden ist.
 2. Möglichkeit der Kenntnisnahme
Der Zeitpunkt vom Erreichen des Machtbereichs fällt bei Willenserklärungen unter Abwesenden regelmäßig mit der Möglichkeit der Kenntnisnahme auseinander. Wann nach „normalen Umständen“ die Möglichkeit der Kenntnisnahme besteht, ist nach der Verkehrsanschauung zu ermitteln. Bei E-Mails ist idR spätestens am nächsten Werktag mit einem Zugang zu rechnen[13]. Ähnliches gilt für Kurznachrichten über das Mobiltelefon[14], wobei hier sogar eher häufiger, also auch mehrfach am Tag und am Wochenende mit einem Abrufen zu rechnen ist. Auch, wenn tatsächlich später als unter diesen „gewöhnlichen Umständen“ Kenntnis genommen wird (etwa wegen Krankheit, Urlaub oder Haft), hindert dies den Zugang nicht. Erfolgt die tatsächliche Kenntnisnahme vor dem gewöhnlichen Zugangszeitpunkt ist die Erklärung schon in diesem Moment zugegangen[15].
 
III. Beweisbarkeit
Vom Zugang einer Willenserklärung zu trennen ist die Beweisbarkeit. Für Briefpost wird diese idealerweise mit einem Einschreiben dokumentiert, wobei der volle Beweis des Zugangs nur durch ein Einschreiben mit Rückschein erbracht werden kann[16]. Bei E-Mails kann eine Lese- oder Empfangsbestätigung den Erhalt beweisen[17]. Diese muss der Empfänger jedoch idR über einen speziellen Button aktiv verschicken[18]. Eine Nachricht bei WhatsApp sendet durch das zweite Häkchen eine automatische Empfangsbestätigung und durch die blauen Häkchen eine automatische Lesebestätigung. Da für SMS die gleichen Grundsätze gelten, wie für E-Mails[19], dokumentieren die grauen Häkchen den Zugang. Die blauen Häkchen dürften sogar die tatsächliche Kenntnisnahme beweisen und insofern zu einer Verkürzung der „gewöhnlichen Umstände“ des Zugangs in der Lage sein. Ein Screenshot kann daher für einen Anscheinsbeweis[20] ausreichen.
 
IV. Fazit
Der Zugang von elektronischen Willenserklärungen unter Abwesenden richtet sich nach den allgemeinen Voraussetzungen: Das Gelangen in den Machtbereich und die Möglichkeit der Kenntnisnahme. Der Machtbereich wird mit Zustellung auf den Server bzw das Mobiltelefon erreicht. Die Kenntnisnahme erfolge für gewöhnlich spätestens am nächsten Werktag. Dies gilt nicht nur für E-Mails sondern auch für Kurznachrichten auf dem Mobiltelefon. Letztere haben bzgl der Beweisbarkeit für den Absender entscheidende Vorteile. Durch die Häkchen beim Massaging-Dienst WhatsApp wird automatisch Empfang und tatsächliche Kenntnisnahme angezeigt. Dies ist bei einer E-Mail idR nicht der Fall. Vor Gericht dürfte damit die Kenntnisnahme bewiesen werden können.
 
 
[1] https://www.whatsapp.com/faq/de/general/20951546
[2] etwa http://www.stern.de/digital/telefon/neue-whatsapp-funktion-blaue-haken-veraergern-viele-whatsapp-nutzer-2150755.html
[3] BGH NJW 2011, 872 (873); BGH NJW 1998, 976 (977); Ellenberger, in Palandt, § 130, Rn 5; Brox/Walker, BGB AT, § 7, Rn 149
[4] G.Noack/Uhlig, JA 2012, 740 (741)
[5] OLG Köln, NJW 1990, 1608 (1609); LG Nürnberg-Fürth, NJW-RR 2002, 1721 (1722); Spindler/Anton, in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, § 130 BGB, Rn 4; Einsele, in MünchKomm BGB, § 130, Rn 18
[6] G.Noack/Uhlig, JA 2012, 740 (741)
[7] dies ändert sich auch nicht dadurch, dass Dienste wie WhatsApp eine Internetverbindung erfordern; es kann – analog zur E-Mail – mit einer regelmäßigen Internetverbindung gerechnet werden
[8] Spindler/Anton, in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, § 130 BGB, Rn 5
[9] Taupitz/Kritter, JuS 1999, 839 (841), Ultsch, NJW 1997, 3007 (3008)
[10] Spindler/Anton, in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, § 130 BGB, Rn 5
[11] Spam: AG Frankfurt aM 23.10.2008, 30 C 730/08; LG Hamburg 07.07.2009, MMR 2010, 654 mwN; sonstige Probleme: Spindler/Anton, in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, § 130 BGB, Rn 11 ff mwN
[12] Spindler/Anton, in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, § 130 BGB, Rn 6
[13] Rüthers/Stadler, Allgemeiner Teil des BGB, § 17, Rn 48 f; Brox/Walker, BGB AT, § 7, Rn 150 b
[14] G.Noack/Uhlig, JA 2012, 740 (742)
[15] Taupitz/Kritter, JuS 1999, 839 (841); Spindler/Anton, in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, § 130 BGB, Rn 7
[16] zu den verschiedenen Arten des Einschreibens Mrosk, NJW 2013, 1484 (1482 ff)
[17] Willems, MMR 2013, 551 (553); Mrosk, NJW 2013, 1484 (1482 ff); differenzierend zwischen beiden Arten Mankowski, NJW 2004, 1901
[18] dies gilt zumindest für die konventionelle E-Mail; anders verhält es sich bei der „De-Mail“, bei der der Absender eine obligatorische Empfangsbestätigung anfordern kann, vgl Willems, MMR 2013, 551 (554); zum De-Mail-Gesetz BT-Drucksache 17/3630, S. 30
[19] Ellenberger, in Palandt, § 130, Rn 7a; Mrosk, NJW 2013, 1484 (1484); G.Noack/Uhlig, JA 2012, 740 (741)
[20] zu den Voraussetzungen Heß, NJW-Spezial, 2008, 233 (233)

27.04.2015/6 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2015-04-27 09:00:012015-04-27 09:00:01Häkchen bei WhatsApp – Zugang und Beweisbarkeit elektronischer Willenserklärungen
Dr. Marius Schäfer

AG München: Nutzung eines Tiefgaragenstellplatzes im Lichte der Reichsgaragenordnung

BGB AT, Rechtsprechung, Startseite, Zivilrecht

Leitsatz des Verfassers
Garagen und Stellplätze dürfen vom jeweiligen Mieter grundsätzlich nur im Rahmen des Vertragszweckes genutzt werden, wobei es sich bei Tiefgaragenstellplätzen nicht um einen geschlossenen Raum, sondern lediglich um eine solche ungeschützte Fläche handelt, die sich für das Abstellen eines PKWs eignet.
 
Sachverhalt (verkürzt)
In dem vor dem Amtsgericht München (AZ 433 C 7448/12) verhandelten Fall vom 21.11.2012 ging es um einen von einem Münchner Ehepaar angemieteten Tiefgaragenstellplatz, der im Rahmen des Mietvertrages zu der von diesem gemieteten Wohnung gehörte. Das Ehepaar nutzte den Stellplatz allerdings überwiegend nicht dafür, hierauf einen PKW abzustellen, sondern vielmehr dazu, dort Kartons sowie Plastikmaterial zu lagern. Eine Aufforderung der Vermieterin zu einer Unterlassung einer solchen Nutzung blieb fruchtlos, sodass sie Klage vor dem AG mit der Begründung erhob, der Tiefgaragenstellplatz sei für eine derartige Nutzung nicht vorgesehen. Nicht zuletzt bestünden daneben feuerpolizeiliche Bedenken. Das AG München gab der Klage schließlich statt.
 
Rechtliche Würdigung
Im Hinblick auf die wesentliche Problematik dieses Falles führte das AG zunächst aus, dass ein Mietobjekt – wie eine Garage oder ein Stellplatz – vom Mieter grundsätzlich nur im Sinne des Vertragszweckes genutzt werden dürfe. Soweit es aber an einer solchen ausdrücklichen vertraglichen Vereinbarung fehle und insofern eine Regelungslücke im Mietvertrag bestehe, sei der Umfang der Gebrauchsgewährung der Mietsache durch Auslegung zu ermitteln.
1. Grundsätze der ergänzenden Vertragsauslegung
Anhand dieser Überlegungen besteht Grund genug dafür, sich die Grundsätze einer ergänzenden Vertragsauslegung im Sinne der §§ 133,157 BGB zu vergegenwärtigen: Nach der Rechtsprechung des BGH ergibt sich in Bezug auf die ergänzende Vertragsauslegung, dass eine durch Auslegung zu schließende Vertragslücke nur dann vorliege,

„wenn der Vertrag innerhalb des durch ihn gesteckten Rahmens oder innerhalb der wirklich gewollten Vereinbarungen ergänzungsbedürftig ist.“ [1]

Es sei überdies stets darauf abzustellen,

„was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben vereinbart hätten, wenn sie den von ihnen nicht geregelten Fall bedacht hätten.“ [2]

Zwar sei dabei zunächst an den Vertrag selbst in Form der enthaltenen Regelungen bzw. Wertungen anzuknüpfen, doch solle der Sinn und Zweck des Vertrages jedenfalls der Ausgangspunkt der Vertragsergänzung sein. Als immanente Grenze dürfe die Auslegung des Vertrages

„nicht zu einer Erweiterung des Vertragsgegenstandes führen und […] muss in dem Vertrag auch eine Stütze finden.“ [3]

Von daher gilt es im Ergebnis mithin, den hypothetischen rechtsgeschäftlichen Willen der Vertragsparteien zu bestimmen und angemessen zu berücksichtigen.
2. Anwendung der Grundsätze im kontreten Fall 
Offensichtlich war dem AG München auch die Bestimmung des hypothetischen rechtsgeschäftlichen Willens der Parteien dieses Mietvertrages nur schwerlich möglich, sodass sich das Gericht dazu veranlasst sah, im Grunde über die oben genannten Grundsätze hinauszugehen und als zusätzlichen Anhaltspunkt die Bestimmungen der Reichsgaragenordnung (RGaO) vom 17.02.1939 heranzuziehen. Demnach sind sog. „Einstellplätze“ gemäß § 1 I RGaO „unbebaute oder mit Schutzdächern versehene, weder dem ruhenden noch dem fließenden öffentlichen Verkehr dienende Flächen, die zum Einstellen von Kraftfahrzeugen bestimmt sind.“
Im Lichte dieser ergänzenden Heranziehung sei selbst ein vorliegendes Einverständnis der Klägerin zum Abstellen eines Fahrrades als ein zusätzliches Entgegenkommen zu bewerten. Gerade aber das Abstellen solcher sonstigen Gegenstände, die die Beklagten vermehrt auf dem Tiefgaragenstellplatz zu platzieren beliebten, könne von diesem Einverständnis nicht erfasst werden. Die Kartons und das Plastikmaterial seien laut Urteil des AG München schließlich zu entfernen, sodass der Klage stattgegeben wurde.
 
Bewertung
Zunächst einmal mutet die Heranziehung der Regelungen der Reichsgaragenordnung seltsam an, wird man den Parteien doch unterstellen müssen, dass sie im Wege der Bestimmung auch des hypothetischen Parteiwillens schon gar nicht an eine solche Reichweite zu denken vermocht haben, wenngleich die Reichsgaragenordnung in gewissen Teilen immer noch eine rechtliche Gültigkeit innerhalb der Bundesrepublik Deutschland und seiner Gliedstaaten – wie dem Freistaat Bayern – besitzt. Die Definition eines Einstellplatzes ist insoweit also nicht von vornherein ungeeignet den (hypothetischen) Willen der Vermieterin festzustellen, für welche Art der Nutzung diese dazu bereit ist ein Mietverhältnis über die Mietsache einzugehen. Für den Studenten eignet sich dieser kleine „Ausflug“ in die Reichsgaragenordnung jedenfalls, sich die Grundsätze der ergänzenden Vertragsauslegung vor Augen zu führen.

 


[1] BGHZ 77, 301 (304).
[2] BGHZ 169, 215 (219).
[3] BGHZ 9, 273; BGHZ 40, 91 (103).

22.02.2013/0 Kommentare/von Dr. Marius Schäfer
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Marius Schäfer https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Marius Schäfer2013-02-22 10:00:172013-02-22 10:00:17AG München: Nutzung eines Tiefgaragenstellplatzes im Lichte der Reichsgaragenordnung
Nicolas Hohn-Hein

Anfechtung (Inhaltsirrtum), Unterschreiben einer ungelesenen Urkunde

BGB AT, Lerntipps, Schon gelesen?, Verschiedenes, Zivilrecht

Wir freuen uns über einen Gastbeitrag von Roy Dörnhöfer. Der Autor hat in Bayern beide Staatsexamina abgelegt und war dann in den neuen Bundesländern als Richter am Landgericht tätig.  Er war unter anderem im Rahmen einer Abordnung für mehrere Jahre in einem Zivilsenat beim Oberlandesgericht beschäftigt.  Weitere Übungsfälle zum BGB AT können unter Amazon.de zum Download auf den Computer erworben werden.
Die ungelesen unterschriebene Urkunde – viele Studenten dürften davon schon im Laufe ihres Studiums gehört haben.  Gilt der Grundsatz der Unanfechtbarkeit auch dann, wenn der Erklärende vor dem ungelesenen Unterschreiben seinen Brief richtig diktiert, ein Dritter diesen aber falsch geschrieben hat?  Dazu stellt sich die Frage, ob der Erklärungsempfänger neben einem Schadensersatz aus § 122 I BGB einen solchen aus culpa in contrahendo gegen den Anfechtenden geltend machen kann oder ob dies im Wege der Konkurrenz ausgeschlossen ist.  Die beiden Probleme sollen in einem Übungsfall erläutert werden.
Sachverhalt
Der vielbeschäftigte Unternehmer A lässt sich jeden Morgen von seiner Sekretärin S eine Unterschriftenmappe vorlegen, in der von ihm diktierte Briefe enthalten sind, die er dann unterzeichnet. Eines Tages legt ihm die Sekretärin wieder die Mappe vor, in der sich ein Schreiben befindet, das A am Tag zuvor diktiert und die S danach am Computer schriftlich niedergelegt hat. In seinem Diktat hatte der A das Angebot des B zum Verkauf eines Gemäldes X für 200 € abgelehnt. Aus Versehen schrieb die S in dem Antwortbrief aber, dass A das Gemälde X kaufen wolle. A unterschrieb sodann alle Briefe in der Mappe, ohne einen einzigen gelesen zu haben. Einige Tage später ruft B bei A an und dankt ihm für den Kauf des Gemäldes X, das er bald übersenden wolle. A erläutert entsetzt dem B sie Sachlage und erklärt die Anfechtung infolge Irrtums. B hätte zwischenzeitlich das Gemälde, welches einen tatsächlichen Marktwert von 180 € hat, an einen Dritten für 250 € verkaufen können, der sich jedoch mittlerweile anderweitig eingedeckt hat. Falls er den Kaufpreis nicht verlangen könne, will B wenigstens 70 € Schadensersatz von A.
Kann B Zahlung von 200 € für das Gemälde verlangen? Steht ihm etwa ein Schadensersatz in Höhe von 70 € zu?
Lösung
1) Der B könnte einen Anspruch auf Zahlung von 200 € haben, wenn ein Kaufvertrag zwischen ihm und dem A zustandegekommen wäre, § 433 II BGB.
Das würde zwei korrespondierende Willenserklärungen voraussetzen, §§ 145, 147 BGB (Angebot und Annahme).
a) Angebot des B:
Das schriftliche Angebot des B an den A, einen Kaufvertrag über das Gemälde abzuschließen, liegt unproblematisch vor.
b) Annahme des A:
In seinem Antwortschreiben hat der A dieses Angebot ausdrücklich angenommen, so dass ein Kaufvertrag zustandegekommen ist. Der anderslautende Geschäftswille des A ist insoweit zunächst unbeachtlich, da die konstitutiven Merkmale einer wirksamen Willenserklärung vorliegen und der B vom objektiven Empfängerhorizont aus betrachtet die Erklärung des A als Annahme seines Angebots verstehen durfte, §§ 133, 157 BGB.
c) Anfechtung:
Der Vertrag könnte aber von Anfang an (ex tunc) nichtig sein, falls der A eine wirksame Anfechtung erklärt hat, § 142 I BGB.
aa) Anfechtungsgrund:
Dem A könnte hier der Anfechtungsgrund des Inhaltsirrtums gem. § 119 I 1. Alt. BGB zustehen. Dann müssten Wille und Erklärung bei Abgabe der Willenserklärung auseinandergefallen sein.
Dies ist vorliegend problematisch, da der A ja wusste, dass er in der Unterschriftenmappe Briefe unterzeichnete, die sodann zu rechtsgeschäftlichen Erklärungen wurden. Er irrte sich lediglich über den Inhalt des Schreibens an den B, da er es nicht gelesen hatte.
Nach herrschender Meinung kommt eine Anfechtung in den Fällen nicht in Frage, in denen der Erklärende eine ungelesene Urkunde in dem Bewusstsein unterschreibt, eine rechtsgeschäftliche Erklärung abzugeben, ohne sich von deren Inhalt eine Vorstellung zu machen (OLG Hamm NJW 2001, 1142).
Andererseits ist in der Rechtsprechung aber anerkannt, dass derjenige, der ein Schriftstück ungelesen unterschrieben hatte, dann anfechten kann, wenn er sich von dessen Inhalt eine bestimmte, allerdings unrichtige Vorstellung gemacht hat (BGH NJW 95, 190). Als eine Irrung in diesem Sinne ist nach herrschender Meinung auch der Fall anzusehen, wenn der Erklärende eine von ihm diktierte und dann von einem Dritten unrichtig geschriebene Urkunde in Unkenntnis des Fehlers ungelesen unterzeichnet (Flume, Allg. Teil des BGB, 2. Band, Das Rechtsgeschäft, 4. Aufl., 1992, S. 454). Denn die S wird nach dem Willen des A gerade nicht als Vertreter, sondern als sein “Werkzeug” bei Vorbereitung seiner eigenen Erklärung tätig, so dass sie nicht Erklärende ist und es nicht auf ihren Irrtum ankommt gem. § 166 I BGB.
Hier hat der A das Angebot in seinem Diktat abgelehnt, die S aber versehentlich eine Annahme niedergeschrieben. Bei Unterzeichnung des ungelesenen Schriftstücks ist der A davon ausgegangen, dass er das Angebot ablehne. Er wusste also, dass er eine rechtsgeschäftliche Erklärung abgab, aber nicht, was er damit sagte. Dies stellt einen beachtlichen Inhaltsirrtum dar.
Wäre dem A sein Fehler bewusst gewesen, hätte er die Erklärung nicht abgegeben, so dass sein Irrtum ursächlich war für die Abgabe der Willenserklärung. Auch war der Irrtum objektiv erheblich für die Abgabe der Willenserklärung.
Insofern steht ihm der Anfechtungsgrund des Inhaltsirrtums zu.

Anmerkung: Da der Fall, dass der Erklärende eine richtig diktierte und falsch geschriebene Urkunde im Irrtum über deren Inhalt ungelesen unterschreibt, einem Fehler in der Erklärungshandlung durch Verschreiben etc. ähnlich ist, könnte man auch von einem Erklärungsirrtum iSd. § 119 I 2. Alt. BGB ausgehen, vgl. Plate, Das gesamte examensrelevante Zivilrecht, 4. Aufl., 2008, 355. Nach anderer Ansicht liegt ein Inhaltsirrtum vor, vgl. Leipold, BGB I Einführung und AT, 3. Aufl., 2007, § 18 R. 15. Letztlich spielt das aber keine Rolle, da die Folgen für den Inhalts- und Erklärungsirrtum dieselben sind.

bb) Anfechtungserklärung, § 143 I BGB:
Der A hat ausdrücklich dem B gegenüber (§ 143 II BGB) die Anfechtung erklärt und auch seinen Irrtum dargelegt.
cc) Anfechtungsfrist, § 121 I BGB:
Noch im Telefonat mit dem B hat der A die Anfechtung erklärt, also unverzüglich und ohne schuldhaftes Zögern.
d) Folge:
Infolge der wirksamen Anfechtung ist der Kaufvertrag rückwirkend weggefallen, so dass B keinen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises in Höhe von 200 € hat.
 
2) Der B könnte nunmehr aber einen Anspruch auf Schadensersatz haben, § 122 I BGB.
a) Der Kaufvertrag wurde wirksam von A angefochten, weshalb dieser dem B den Vertrauensschaden ersetzen muss, d.h., er muss die Nachteile ersetzen, die dem B dadurch entstanden sind, dass er auf die Gültigkeit des Vertrags vertraut hat (negatives Interesse).
Hier hätte der B das Gemälde an den Dritten zu 250 € verkaufen können, wenn er nichts von dem Vertrag mit A gehört hätte. Da das Gemälde einen tatsächlichen Marktwert von 180 € hat, liegt der Schaden des B bei 70 €. Die Nachteile durch das Nichtzustandekommen eines möglichen anderen Geschäfts sind in diesem Rahmen auch umfasst (BGH NJW 84, 1950).
Allerdings ist der Schadensersatz durch das Erfüllungsinteresse nach oben begrenzt (RG 170, 284), d.h., der A darf nicht schlechter stehen, als er bei Erfüllung des Vertrages stünde. Es muss also gefragt werden, wie der B stehen würde, wenn der Vertrag mit A wirksam erfüllt worden wäre. Bei Bestand des Vertrags mit A hätte der B einen Gewinn von 20 € gemacht (200 € Kaufpreis minus 180 € Marktwert). Dies stellt somit die Obergrenze des Schadens für B dar.
b) Folge:
Der B kann Schadensersatz in Höhe von 20 € verlangen.
 
3) Ein Schadensersatzanspruch auf das negative Interesse in Höhe von 70 € könnte sich aber aus culpa in contrahendo ergeben, §§ 280 I, 311 II Nr. 1, 241 II BGB.
a)  Anwendbarkeit:
Fraglich ist zunächst, ob ein Anspruch aus culpa in contrahendo überhaupt neben dem (oben bejahten) Schadensersatz aus § 122 I BGB anwendbar ist.
Man könnte der Auffassung sein, § 122 I BGB treffe eine abschliessende Regelung darüber, wie im Falle der erfolgreichen Anfechtung ein Schaden beim Anfechtungsgegner ausgeglichen werden soll.  Nach einer Mindermeinung sei § 122 I BGB zwar keine Sonderregelung zur cic, beziehe sich aber auf deren typische Anwendungsfälle, die nur bei Fehlen einer gesetzlichen Regelung über das Rechtsinstitut der cic gelöst werden könnten.  Der Gesetzgeber habe durch eine Wertentscheidung auch die Fälle des schuldhaften Handelns des Erklärenden von § 122 I BGB umfassen wollen, so dass es schon an einer Regelungslücke fehle, die für die Anwendbarkeit der cic erforderlich sei (Looschelders, Die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten im Privatrecht, 1999, S. 51).
Dagegen richtet sich aber die herrschende Meinung (Jauernig, BGB, 12. Aufl., 2007, § 122 Rn. 5; Palandt-Ellenberger, BGB, 70. Aufl., 2011, § 122 Rn. 6), der hier gefolgt werden soll.  Der Schadensersatz aus culpa in contrahendo schützt den Anspruchsinhaber vor Vermögensschäden, während das Anfechtungsrecht die rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit gewährleisten soll.  Die verschiedenen Schutzgüter können somit schon nicht zu einer Exklusivität führen.  Desweiteren wird für einen Anspruch aus § 122 I BGB kein Verschulden vorausgesetzt, wohl aber für einen Anspruch aus cic, so dass die Voraussetzungen für letzteren strenger sind und damit auch eine entsprechende Haftung rechtfertigen.  Die Grundsätze der cic sind deshalb vorliegend anwendbar.
b) Schuldverhältnis:
Die Parteien haben hier Vertragsverhandlungen mit dem Ziel aufgenommen, einen Vertrag abzuschließen, so dass ein weit fortgeschrittener Kontakt vorliegt, der ein vorvertragliches Vertrauensverhältnis darstellt, § 311 II Nr. 1 BGB.
c) Pflichtverletzung:
Eine Pflichtverletzung gem. § 241 II BGB kann darin gesehen werden, dass der A die Anfechtbarkeit des Vertrags verursacht hat, obwohl er gehalten war, die Unwirksamkeit zu verhindern.
d) Vertretenmüssen:
Im Rahmen des Vertretenmüssens kommt Vorsatz oder Fahrlässigkeit in Betracht, § 276 I 1 BGB.
Hier hat der A die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht beachtet, da er den Wortlaut seines Schreibens vor Absendung unschwer hätte überprüfen können, also handelte er fahrlässig, § 276 II BGB.
Im Übrigen wird ein Verschulden gem. § 280 I 2 BGB aufgrund der Pflichtverletzung vermutet.
e) Folge:
Der A ist im zum Schadensersatz verpflichtet und muss dem B den Vertrauensschaden ersetzen, § 249 I BGB. Der B muss also so gestellt werden, als hätte er von dem Vertrag mit A nichts gehört.  Dabei gilt die Besonderheit, dass der Umfang nicht durch das Erfüllungsinteresse nach oben begrenzt ist, wie das der Fall bei dem Schadensersatzanspruch nach § 122 I BGB wäre (BGH NJW-RR 90, 230).
Dann wird nach der Rechtsprechung konsequenterweise auch der entgangene Gewinn iSd. § 252 S. 1 BGB  vom Anspruch umfasst:  Hätte der Geschädigte ohne das schuldhafte Verhalten des Gegners einen Vertrag mit einem anderen geschlossen, gehört zum negativen Interesse auch der aus diesem Vertrag entgangene Gewinn (BGH NJW 88, 2236).
Im vorliegenden Fall hätte der B in dem Geschäft mit dem Dritten einen Gewinn von 70 € gemacht (250 € Kaufpreis minus 180 € Marktwert). Diesen Betrag muss der A nun ersetzen, § 252 S. 1 BGB.
 

13.01.2012/0 Kommentare/von Nicolas Hohn-Hein
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Nicolas Hohn-Hein https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Nicolas Hohn-Hein2012-01-13 22:35:302012-01-13 22:35:30Anfechtung (Inhaltsirrtum), Unterschreiben einer ungelesenen Urkunde
Gastautor

Rezension: Leenen, BGB AT: Rechtsgeschäftslehre

Rezensionen

Wir freuen uns, heute einen Gastbeitrag von Dominic Weber veröffentlichen zu können. Dominic studiert an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf im fünften Semester Jura. Neben dem Studium arbeitet er als studentische Hilfskraft an einem Lehrstuhl.
Bei dem Beitrag handelt es sich um eine Rezension zu dem Werk Detlef Leenen, BGB Allgemeiner Teil: Rechtsgeschäftslehre, Berlin/New York 2011, 39,95 €, ISBN: 978-3-89949-434-1, die im Zuge unserer Auslobung eines Rezensionsexemplars erstellt wurde.
Jedes juristische Studium beginnt im Zivilrecht mit dem Allgemeinen Teil des Bürgerlichen Gesetzbuches. Dieser regelt im Wesentlichen die Rechtsgeschäftslehre. Mit dieser Materie beschäftigt sich das im Jahre 2011 erstmalig erschienene Lehrbuch „BGB Allgemeiner Teil: Rechtsgeschäftslehre“ von Detlef Leenen. Gerade im ersten Semester ist es  für „Anfänger“ schwierig, sich aus der Vielzahl an einschlägigen Lehrbüchern ein passendes Lehrbuch auszusuchen. Zudem gibt es viele Standardlehrbücher, so dass neue Lehrbücher überhaupt nicht in die nähere Auswahl einbezogen werden. Daher möchte diese Rezension einen dieser „Newcomer“ in diesem Rechtsgebiet vorstellen.

  1. Erscheinungsbild und Aufbau

 Das Lehrbuch ist in der Reihe De Gruyter Studium erschienen und mit seinen rund 460 Seiten vom Umfang her mit anderen Lehrbüchern vergleichbar.
Das Lehrbuch ist in zwei große Komplexe unterteilt. Der erste Teil beschäftigt sich mit der Rechtsgeschäftslehre im Allgemeinen. Der Aufbau dieses Komplexes richtet sich im Wesentlichen nach der Prüfungsreihenfolge eines juristischen Gutachtens. Im zweiten Teil liegt der Fokus auf der Methodik der Fallbearbeitung und der Erstellung juristischer Gutachten.
Im Anhang hat der Autor eine Fallsammlung und sämtliche gängige Definitionen platziert. Auf ein Paragraphenregister hat Leenen verzichtet. Ein solches sollte ab der zweiten Auflage unbedingt in das Lehrbuch integriert werden, da es eine sinnvolle Ergänzung zu einem Stichwortverzeichnis ist und die Suche nach bestimmten Passagen enorm erleichtert.
Das Buch ist sehr klar strukturiert und in viele Kapitel unterteilt. Die Kapitel selbst sind in übersichtliche Unterkapitel gegliedert, welche wiederum bis teilweise in die siebte Ebene untergliedert sind. Randnummern in den jeweiligen Kapiteln erleichtern die Orientierung in dem Lehrbuch und das Auffinden bestimmter Passagen.
Das Lehrbuch ist schnörkellos gestaltet. Mit Graphiken und schematischen Darstellungen geht der Autor, wie bei juristischen Lehrbüchern üblich, sehr sparsam um. Wichtige Stichworte werden auch im Fließtext fett hervorgehoben. Definitionen, Hinweise zur Terminologie und andere wichtige Anmerkungen sind in grauen Kästchen abgedruckt. Vertiefende Ausführungen und Beispiele sind in kleinerer Schriftgröße geschrieben.

  1. Inhalt

 Der erste Teil des Lehrbuches trägt den Namen „Rechtsgeschäftslehre des BGB“ und behandelt sämtliche Probleme des Allgemeinen Teils des BGB. Dabei orientiert sich Leenen an der Prüfungsreihenfolge im juristischen Gutachten, das heißt er stellt zunächst die Rechtssubjekte des Zivilrechts vor. Anschließend erläutert er die tatbestandlichen Voraussetzungen und die Wirksamkeitsvoraussetzungen von Willenserklärungen, um dann näher auf das Zustandekommen und die Wirksamkeitsvoraussetzungen von Verträgen einzugehen.
Im Anschluss daran beschäftigt sich der Autor mit einseitigen Willenserklärungen (wie beispielsweise Anfechtung), Schadensersatzansprüchen aus rechtgeschäftlichem Handeln, der Verjährung von Ansprüchen und der AGB-Kontrolle.
Inhaltlich werden die Themen von dem Autor in aller Ausführlichkeit behandelt und decken den gesamten prüfungsrelevanten Stoff des Allgemeinen Teils ab. Insbesondere die Hauptprobleme: Willenserklärungen, Anfechtung, Stellvertretung und beschränkte Geschäftsfähigkeit werden gut und verständlich erklärt. Die ergänzenden Hinweise ermöglichen eine vertiefte Auseinandersetzung mit den angesprochenen Themen.
Der ungewöhnliche Aufbau, der sich an der Prüfungsstruktur orientiert, führt leider dazu, dass einheitliche Themenkomplexe wie beispielsweise die Stellvertretung auf mehrere Stellen im Buch verteilt sind. So befinden sich die Ausführungen zur Vollmacht an einer anderen Stelle als die Ausführungen zur Anscheins- und Duldungsvollmacht. Wiederum an zwei anderen Stellen befinden sich die übrigen Voraussetzungen einer wirksamen Stellvertretung und die Rechtfolgen eines Handelns ohne Vertretungsmacht. Dieser Aufbau hat Vor- und Nachteile. Nachteilig ist sicher, dass man zur Wiederholung eines Themenkomplexes ständig hin- und herblättern muss. Der Vorteil dieses Aufbaus liegt sicherlich darin, dass man sofort weiß, an welcher Stelle das soeben Gelesene in einem Gutachten relevant werden könnte. Ob die Vor- oder die Nachteile überwiegen, muss jeder Leser für sich selbst herausfinden.
Im zweiten Teil des Lehrbuches erläutert Leenen auf ca. 70 Seiten den Aufbau eines juristischen Gutachtens. Dabei stellt der Autor zunächst die allgemeine Methodik der Fallbearbeitung vor. Er erklärt die Auslegungsmethoden und gibt wertvolle  Hinweise zu Sprache und Aufbau eines Gutachtens. Diese Hinweise sind nicht nur für Erstsemester sinnvoll, sondern können auch fortgeschrittenen Studenten bei der Verbesserung des eigenen Stils helfen. Im Anschluss an diese allgemeinen Ausführungen zur Erstellung eines Gutachtens und der Methodenlehre erläutert der Autor sodann, konkret bezogen auf den Allgemeinen Teil des BGB, Aufbaumöglichkeiten und typische Probleme, die sich in der Fallbearbeitung stellen. Hierbei fällt besonders positiv auf, dass Leenen, sofern vorhanden, auch mehrere Aufbaumethoden vorstellt und dann Vor- und Nachteile der Aufbaumethoden darstellt. Auffällig ist, dass obwohl einer der Schwerpunkte dieses Lehrbuches in der Fallbearbeitung liegt, kein einziges ausformuliertes Gutachten in dem ganzen Lehrbuch zu finden ist. Aufgrund der ausführlichen Darstellung der einschlägigen Probleme, die sich jeweils im Prüfungsaufbau ergeben können, ist die Einfügung eines ausformulierten Gutachtens allerdings auch nicht erforderlich.
Im Anhang befindet sich eine Fallsammlung mit Übungsfällen, in der nahezu alle „Rechtsprechungs-Klassiker“ des Allgemeinen Teils, wie beispielsweise der „Trierer Weinversteigerungsfall“ oder „Toilettenpapier en gros“, vertreten sind. Zur Lösung der Fälle wird auf die entsprechenden Passagen im Lehrbuch verwiesen. Dies führt dazu, dass man, um die Lösung eines Falles zu erfahren, häufig mehrere verschiedene Passagen aufschlagen muss. Sinnvoller wäre es diesbezüglich womöglich, die Übungsfälle, ähnlich wie in der „Schwerpunkte-Reihe“ von C.F. Müller, dem jeweiligen Kapitel voranzustellen und dann am Ende des jeweiligen Kapitels unter Verweis auf die Randnummer einen (selbstverständlich verkürzten) Lösungsvorschlag zu präsentieren.
Ferner befinden sich im Anhang gängige Definitionen und Begriffe. Dies ist praktisch, insbesondere um vor Klausuren noch einmal die wichtigsten Definitionen zu wiederholen und um bei der Erstellung von Haus- oder Seminararbeiten schnell prägnante Begriffbestimmungen zu finden.

  1. Sprache

Das Lehrbuch richtet sich, nach eignen Aussagen des Autors, an Anfänger. Dementsprechend einfach und ausführlich sind die Darstellungen in diesem Lehrbuch. Positiv fällt auf, dass Leenen sich häufig direkt am Wortlaut des Gesetzes orientiert und diesen, sofern erforderlich, erklärt und auslegt, so dass auch Anfängern der Sinn der jeweiligen Norm verständlich wird. Dies hat den Vorteil, dass man gleich zu Beginn des Studiums lernt, nah am Wortlaut des Gesetzes zu arbeiten.
Der Autor bedient sich einer klaren Sprache und gibt deutlich zu erkennen, wenn er mit seinen Darstellungen von der „herrschenden Meinung“ abweicht. Er vermeidet verschachtelte Sätze, so dass das Buch angenehm zu lesen und gut verständlich ist.

  1. Fazit

Das Lehrbuch ist mit seinen 39,95 € recht teuer (zum Vergleich: Brox/Walker in der aktuellen Auflage 21,90 €). Es überzeugt dafür durch eine ausführliche Darstellung des gesamten prüfungsrelevanten Stoffes und einer guten Einführung in die Methodenlehre und die Fallbearbeitung. Der Aufbau des Buches, der sich nach dem Prüfungsaufbau im juristischen Gutachten richtet, ist sicherlich gewöhnungsbedüftig. Durch die gute Gliederung und das Stichwortverzeichnis lassen sich gewünschte Passagen jedoch schnell finden. Wünschenswert wäre es, wie bereits erwähnt, wenn in dem Buch ein Paragraphenregister eingefügt würde.
Durch die ausführliche Einführung in die Fallbearbeitung, auf die in den „Standardlehrbüchern“ häufig gänzlich verzichtet wird, kann das Lehrbuch, trotz des gewöhnungsbedürftigen Aufbaus, an Studienanfänger empfohlen werden.
Das Lehrbuch ist recht ausführlich und deckt (soweit ersichtlich) den gesamten prüfungsrelevanten Stoff ab. Es kann daher sicherlich auch zur Examensvorbereitung verwendet werden. Hier könnte sich allerdings die oben erwähnte Problematik, dass einheitliche Themenkomplexe über das ganze Lehrbuch verteilt behandelt werden, auf Dauer als störend erweisen.

15.09.2011/3 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2011-09-15 10:04:472011-09-15 10:04:47Rezension: Leenen, BGB AT: Rechtsgeschäftslehre
Redaktion

Auslobung: Rezension von Leenen, BGB Allgemeiner Teil: Rechtsgeschäftslehre [bereits vergeben]

Rezensionen

Liebe Leser von Juraexamen.info,
in Zusammenarbeit mit dem Marketing von DeGruyter freuen wir uns, für unsere Leserschaft freie Rezensionsexemplare von neu erschienenen Lehrbüchern anzubieten. Das bedeutet, dass wir die Rezension eines Titels ausloben. Derjenige Leser, den wir dann für die Rezension auswählen, verpflichtet sich sodann binnen eines Monats eine Rezension zu dem jeweiligen Titel zu verfassen. Im Gegenzug erhält er ein freies Exemplar des Lehrbuchs. An die Rezension stellen wir keine besonderen Ansprüche; wichtig ist lediglich, dass ein gewisser Grad an Neutralität gewahrt und ein gewisser Umfang erreicht werden (als Musterbeispiel können etwa diese, diese oder diese Rezension dienen).
Die Auswahl des Rezensenten erfolgt nach dem Windhundprinzip. Das bedeutet, dass nur die zeitlich erste Anfrage für die Rezension berücksichtigt wird. Hierbei gilt die Einschränkung, dass wir nur solche Anfragen berücksichtigen, die einen überzeugenden Eindruck hinterlassen. Überzeugend klingt eine Anfrage dann, wenn der Student nach Stand seines Studiums in der Lage erscheint, eine objektive Bewertung eines Werkes zu fällen. Aus diesem Grund solltet Ihr den Stand eures Studiums bei der Anfrage angeben. Dazu muss natürlich eure Kontaktadresse kommen, damit wir wissen, wohin wir das Rezensionsexemplar versenden sollen.
Eure Anfrage schickt Ihr bitte an mail@juraexamen.info.
Diese Auslobung bezieht sich auf das Werk „BGB Allgemeiner Teil: Rechtsgeschäftslehre“ von Detlef Leenen

Die Neudarstellung entwickelt die Rechtsgeschäftsdogmatik des BGB in der gedanklichen Ordnung des Gutachtens, also so, wie es das Denken im Aufbau von Anspruchsgrundlagen erfordert. Dabei zeigt sich, dass der dem BGB zugrunde liegenden Rechtsgeschäftsdogmatik ganz neue Seiten abgewonnen werden können.

Viel Spaß beim Rezensieren wünscht Euer Team von Juraexamen.info!

05.09.2011/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2011-09-05 17:43:402011-09-05 17:43:40Auslobung: Rezension von Leenen, BGB Allgemeiner Teil: Rechtsgeschäftslehre [bereits vergeben]
Dr. Christoph Werkmeister

Rezension – Hemmer Skripten BGB AT I, II, III

Rezensionen

Aufbau
Die Skripten von Hemmer zum BGB AT folgen einem logischen Aufbau. Das erste Skript beschreibt die Entstehung des Primäranspruchs, das zweite Skript das Scheitern des Primäranspruchs und das dritte Skript das Erlöschen des Primäranspruchs. Ansonsten sind die Skripten an sich auch klausurtypisch aufgebaut, so dass man bei jedem Prüfungspunkt genau weiß, wo man ihn in der Klausur zu verrorten hat.

Inhaltlich
Inhaltlich gilt es zu diesen drei Skripten zu sagen, dass hier beinahe keine Wünsche offen bleiben. Wer noch mehr Detailwissen haben möchte, muss schon einen Kommentar zurate ziehen. Es wird wirklich fast jedes klausurrelevante AT-Problem angesprochen und knapp und bündig erläutert.
Problematisch ist jedoch, dass das Wissen aus diesen drei Skripten fast schon über das hinausgeht, was man im AT für das Examen wissen muss. Die Skripten sollten deshalb in mancherlei Hinsicht mit Vorsicht zu genießen sein, da selbstverständlich nicht alles aus diesen Werken verinnerlich werden muss. Eine richtige Schwerpunktsetzung ist in den Skripten nur teilweise zu erkennen – an manchen Stellen werden eher unwichtige Teile der Vollständigkeit halber trotzdem sehr ausführlich ausgeführt.
Umfang
Drei Skripten für den BGB-AT (je 173, 113 und 185 Seiten im DinA4-Format) halte ich im Grundsatz für zu viel. Die Skripten sollten deshalb im Regelfall nur dann gekauft werden, wenn sie explizit als Nachschlagewerk dienen sollen.
Fazit
Ich persönlich habe diese Skripten neben dem Rep-Material durchgearbeitet. Ein solches Vorgehen empfiehlt sich aber nur dann, wenn man entweder nicht großartig mit anderen Unterlagen bewaffnet ist oder wenn man zu dem Typ Lerner gehört, der einfach sehr schnell liest und weniger Karteikarten oder Mindmaps anfertigt. Im Normalfall reichen jedenfalls die Rep-Unterlagen vollkommen aus, so dass die Skripten wenn überhaupt nur als vertiefende Ergänzung zu sehen sind.
Sofern man gar keine anderen Unterlagen hat, kann ich die Skripten aber zum Erarbeiten des Stoffs voll und ganz empfehlen. Didaktisch sind sie jedenfalls einigermaßen gelungen und vermitteln das Basic-Wissen gleichermaßen wie die examensrelevanten Kernprobleme auf dem Hochreck.
Letztlich also eine ambivalente Sache, wo man nicht pauschal eine Kaufempfehlung geben kann (vor allem, weil wir für Werbung eh kein Geld bekommen :-)). Auf http://www.hemmer-shop.de/artikel_details.php?start=0&rid=14&rt=008-001&pid=22& kann man wohl  zumindest umsonst eine kleine Leseprobe bekommen.

08.07.2009/2 Kommentare/von Dr. Christoph Werkmeister
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Christoph Werkmeister https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Christoph Werkmeister2009-07-08 19:41:092009-07-08 19:41:09Rezension – Hemmer Skripten BGB AT I, II, III

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