Der Dioxin-Skandal: Eine öffentlich-rechtliche Einordnung
Dieser Beitrag wirft einen Blick auf die öffentlich-rechtliche Seite des Dioxinskandals und beschäftigt sich mit der Zulässigkeit von Betriebsschließungen in Folge des Dioxinverdachts oder im Falle einer vorgefundenden Belastung. Auch hier gilt: Es geht um einen ersten Blick auf die Rechtslage und darum Denkanstöße zu geben, nicht aber um die Abfassung eines erschöpfenden Gutachtens. Verbesserungsvorschläge sind willkommen.
A. Primärebene – Betriebsschließungen
Auch hier besteht ein nebeneinander von europäischen und nationalen Rechtsvorschriften. Auf der europäischen Ebene existiert eine EU-Lebensmittel-Rahmenverordnung (VO (EG) 178/2002), die die Grundsätze des Lebensmittelrechts enthält, so etwa in Art. 14 Abs. 1 das grundlegende Verbot, unsichere Lebensmittel in Verkehr zu bringen:
Art. 14 Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit
(1) Lebensmittel, die nicht sicher sind, dürfen nicht in Verkehr gebracht werden.
[…]Art. 15 Anforderungen an die Futtermittelsicherheit
(1) Futtermittel, die nicht sicher sind, dürfen nicht in Verkehr gebracht oder an der Lebensmittelgewinnung dienende Tiere verfüttert werden.
Diese VO wird durch weitere Verordnungen auf europäischer Ebene konkretisiert. Hier interessiert insbesondere die VO (EG) 882/2004 E(G-Lebens-/FuttermittelR-KontrollVO), dazu sogleich mehr. Ferner existiert auf der nationalen Ebene das deutsches Lebens- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB), das die Rahmenverordnung konkretisiert und teilweise erweitert.
Eine Erweiterung besteht darin, dass das deutsche Recht nicht nur das Inverkehrbringen von gesundheitsschädlichen Lebensmitteln verbietet, sondern auch ihre Herstellung:
§ 5 Verbote zum Schutz der Gesundheit
(1) 1Es ist verboten, Lebensmittel für andere derart herzustellen oder zu behandeln, dass ihr Verzehr gesundheitsschädlich im Sinne des Artikels 14 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 ist.
[…]
I. EGL
1. Europarecht?
Wegen des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts ist zunächst hier nach einer Ermächtigungsgrundlage zu suchen. Sie könnte sich aus aus Art. 54 der VO (EG) 882/2004 EG-Lebens-/FuttermittelR-KontrollVO ergeben.
Art. 54 VO (EG) 882/2004 Maßnahmen im Fall eines Verstoßes
(1) 1Stellt die zuständige Behörde einen Verstoß fest, so trifft sie die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Unternehmer Abhilfe schafft. 2Sie berücksichtigt dabei die Art des Verstoßes und das bisherige Verhalten des betreffenden Unternehmers mit Blick auf Verstöße.
(2) Dazu können gegebenenfalls folgende Maßnahmen gehören:
- a)Verhängung von Gesundheitsschutz- oder anderen Maßnahmen, die als notwendig erachtet werden, um die Sicherheit von Futtermitteln oder Lebensmitteln oder die Einhaltung des Futtermittel- oder Lebensmittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz zu gewährleisten;
- b)Einschränkung oder Untersagung des Inverkehrbringens und der Ein- oder Ausfuhr von Futtermitteln, Lebensmitteln oder Tieren;
- c)Überwachung und, falls erforderlich, Anordnung der Rücknahme, des Rückrufs und/oder der Vernichtung der Futtermittel oder Lebensmittel;
- d)Genehmigung zur Verwendung des Futtermittels oder Lebensmittels für andere als die ursprünglich vorgesehenen Zwecke;
- e)Betriebsaussetzung oder Schließung des ganzen oder eines Teils des betreffenden Unternehmens für einen angemessenen Zeitraum;
- f)Aussetzung oder Entzug der Zulassung des Betriebs;
- g)Maßnahmen gemäß Artikel 19 in Bezug auf Sendungen aus Drittländern;
- h)sonstige Maßnahmen, die von der zuständigen Behörde für angemessen erachtet werden.
(3) Die zuständige Behörde unterrichtet den betreffenden Unternehmer oder einen Vertreter
- a)schriftlich über ihre Entscheidung über Maßnahmen nach Absatz 1 und die Gründe hierfür;
- b)über sein Widerspruchsrecht gegen derartige Entscheidungen sowie über geltende Verfahren und Fristen.
(4) Gegebenenfalls teilt die zuständige Behörde ihre Entscheidung auch der zuständigen Behörde des versendenden Mitgliedstaats mit.
(5) Alle infolge der Durchführung dieses Artikels anfallenden Kosten sind von dem betreffenden Futtermittel- und Lebensmittelunternehmer zu tragen.
Zunächst ist allerdings zu klären, ob Art. 54 Abs. 1 S. 1 VO (EG) 882/2004 überhaupt eine Ermächtigungsgrundlage darstellt. Als Teil einer europäischen Verordnung ist sie unmittelbar anwendbar und damit geeignet, der Behörde Rechte einzuräumen, vgl. Art. 288 Abs. 2 AEUV und die Schlussformel der VO. Allerdings könnte sie als Ermächtigungsgrundlage zu wenig konkret sein. Diese Bedenken verfangen jedoch nicht. Sie lässt, insbesondere durch den Maßnahmenkatalog in Abs. 2 konkretisierter, Weise erkennen, welche Maßnahmen die Behörden ergreifen können und vor allem an welchem Zweck der Eingriff zu messen ist. Deshalb totz ihres Charakters als Generalklausel hinreichend bestimmt, um unmittelbar als Ermächtigungsgrundlage herangezogen zu werden.
Allerdings ist ihre Reichweite nicht klar. Dem bloßen Wortlaut des Art. 54 folgend, kann man ihn als Ermächtigungsgrundlage dafür lesen, gegen sämtliche Verstöße gegen das europäische Recht vorzugehen, etwa gegen das in Art. 14 der EU-Lebensmittel-Rahmenverordnung (VO (EG) 178/2002) normierte Verbot, unsichere Lebensmittel in Verkehr zu bringen. Aus dem systematischen Zusammenhang folgt jedoch, dass sich Art. 54 der VO (EG) 882/2004 nur auf Verstöße gegen diese Verordnung bezieht. Da die VO nur die Durchführungen von Kontrollen regelt, ist damit nicht jeder Verstoß gegen die materiellen Verbote der Rahmen-VO auch einer gegen die Kontroll-VO. Demnach sind Maßnahmen nach Art. 54 VO (EG) 882/2004 etwa dann möglich, wenn ein Bauer entgegen den Vorgaben der VO nicht ordnungsgemäß mit den Behörden zusammenarbeitet. Hat er dagegen seine Kontrollverpflichtungen eingehalten – davon gehen wir hier aus – dann hat er nicht gegen die Kontroll-VO verstoßen und entsprechend kann Art. 54 nicht als EGL herangezogen werden.
Ein Indiz für den begrenzten Anwendungsbereich der Kontroll-VO ergibt sich aus Art. 17 Abs. 2 der Rahmen-VO, den sie konkretisiert , Meyer/Streinz, LFBG – BasisVO, 1. Auflage 2007, VO 178/2002/EG Art. 17 Rn. 47f. Angesichts ihres begrenzten Anwendungsbereichs bezieht sie sich nicht auf den gesamten Abs. 2, sondern nur auf Abs. 2 UAbs. 2. Die allgemeine Vorgehen gegen Verstöße gegen die Rahmen-VO ist den Mitgliedsstaaten überlassen, Art. 17 Abs. 2 UAbs. 1.
Art. 17 Zuständigkeiten
[…]
(2) Die Mitgliedstaaten setzen das Lebensmittelrecht durch und überwachen und überprüfen, dass die entsprechenden Anforderungen des Lebensmittelrechts von den Lebensmittel und Futtermittelunternehmern in allen Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen eingehalten werden.
Hierzu betreiben sie ein System amtlicher Kontrollen und führen andere den Umständen angemessene Maßnahmen durch, einschließlich der öffentlichen Bekanntgabe von Informationen über die Sicherheit und Risiken von Lebensmitteln und Futtermitteln, der Überwachung der Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit und anderer Aufsichtsmaßnahmen auf allen Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen.
1Außerdem legen sie Vorschriften für Maßnahmen und Sanktionen bei Verstößen gegen das Lebensmittel- und Futtermittelrecht fest. 2Diese Maßnahmen und Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.
Damit ist Art. 54 Abs. 1 der VO (EG) 882/2004 E(G-Lebens-/FuttermittelR-KontrollVO)vorliegend nicht als Ermächtigungsgrundlage einschlägig. [Anmerkung: Das ist die Ansicht des Verfassers, eine andere ist ebenfalls vertretbar. In der Literatur wurde, soweit ersichtlich, das Thema bisher nicht behandelt, vgl. Zipfke/Rathke, Lebensmittelrecht, 141. Ergänzungslieferung 2010, § 39 LFGB Rn. 53a. Meine Ansicht beruht entscheidend darauf, dass der Anwendungsbereich der Kontroll-VO im obigen Sinne eingeschränkt ist. Da ich kein Experte im Lebens- und Futtermittelrecht bin, lasse ich mich diesbezüglich jedoch gerne eines besseren Belehren.]
2. Deutsches Recht
Somit ist eine Ermächtigungsgrundlage im deutschen Recht zu suchen. In Betracht kommt hier vor allem § 39 Abs. 2 S. 1 Lebens- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB):
39 Aufgabe und Maßnahmen der zuständigen Behörden
(1) 1Die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes, der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes über Erzeugnisse und lebende Tiere im Sinne des § 4 Absatz 1 Nummer 1 ist Aufgabe der zuständigen Behörden. 2Dazu haben sie sich durch regelmäßige Überprüfungen und Probennahmen davon zu überzeugen, dass die Vorschriften eingehalten werden.
(2) 1Die zuständigen Behörden treffen die notwendigen Anordnungen und Maßnahmen, die zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes oder zur Beseitigung festgestellter Verstöße oder zur Verhütung künftiger Verstöße sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung erforderlich sind. 2Sie können insbesondere
- 1.anordnen, dass derjenige, der ein Erzeugnis hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht hat oder dies beabsichtigt,
- a)eine Prüfung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Prüfung mitteilt,
- b)ihr den Eingang eines Erzeugnisses anzeigt,
wenn Grund zu der Annahme besteht, dass das Erzeugnis den Vorschriften dieses Gesetzes, der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen oder der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes nicht entspricht,
- 2.vorübergehend verbieten, dass ein Erzeugnis in den Verkehr gebracht wird, bis das Ergebnis einer entnommenen Probe oder einer nach Nummer 1 angeordneten Prüfung vorliegt,
- 3.das Herstellen, Behandeln oder das Inverkehrbringen von Erzeugnissen verbieten oder beschränken,
- 4.eine Maßnahme überwachen oder, falls erforderlich, anordnen, mit der verhindert werden soll, dass ein Erzeugnis, das den Verbraucher noch nicht erreicht hat, auch durch andere Wirtschaftsbeteiligte weiter in den Verkehr gebracht wird (Rücknahme), oder die auf die Rückgabe eines in den Verkehr gebrachten Erzeugnisses abzielt, das den Verbraucher oder den Verwender bereits erreicht hat oder erreicht haben könnte (Rückruf),
- 5.Erzeugnisse, auch vorläufig, sicherstellen und, soweit dies zum Erreichen der in § 1 Absatz 1 Nummer 1 oder 4 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa oder Absatz 2, stets jeweils auch in Verbindung mit Absatz 3, genannten Zwecke erforderlich ist, die unschädliche Beseitigung der Erzeugnisse veranlassen,
- 6.das Verbringen von Erzeugnissen, einschließlich lebender Tiere im Sinne des § 4 Absatz 1 Nummer 1, in das Inland im Einzelfall vorübergehend verbieten oder beschränken, wenn
- a)die Bundesrepublik Deutschland von der Kommission hierzu ermächtigt worden ist und dies das Bundesministerium im Bundesanzeiger bekannt gemacht hat oder
- b)Tatsachen vorliegen, die darauf schließen lassen, dass die Erzeugnisse oder lebenden Tiere ein Risiko für die Gesundheit von Mensch oder Tier mit sich bringen,
- 7.anordnen, dass diejenigen, die einer von einem in Verkehr gebrachten Erzeugnis ausgehenden Gefahr ausgesetzt sein können, rechtzeitig in geeigneter Form auf diese Gefahr hingewiesen werden,
- 8.Anordnungen zur Durchsetzung der Pflicht des Lebensmittelunternehmers zur Unterrichtung der Verbraucher nach Artikel 19 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Pflicht des Futtermittelunternehmers zur Unterrichtung der Verwender nach Artikel 20 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 treffen und
- 9.die Öffentlichkeit nach Maßgabe von § 40 informieren.
3Artikel 54 Absatz 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz (ABl. L 165 vom 30.4.2004, S. 1, L 191 vom 28.5.2004, S. 1, L 204 vom 4.8.2007, S. 29), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 1029/2008 (ABl. L 278 vom 21.10.2008, S. 6) geändert worden ist, über Maßnahmen im Fall eines Verstoßes bleibt unberührt.
(3) Eine Anordnung nach
- 1.Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 5 kann auch in Bezug auf das Verwenden eines zugelassenen Erzeugnisses ergehen, soweit dies erforderlich ist, um eine unmittelbare drohende Gefahr für die Gesundheit des Menschen abzuwehren; die Anordnung ist zu befristen, bis über die weitere Zulassung des betroffenen Erzeugnisses von der zuständigen Stelle entschieden ist,
- 2.Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 bis 3 und 5 kann auch in Bezug auf das Verfüttern eines Futtermittels ergehen.
(4) Die Absätze 1 bis 3 Satz 1 und 2 sowie § 40 gelten für mit Lebensmitteln verwechselbare Produkte entsprechend.
[…]
(7) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Anordnungen, die der Durchführung von Verboten nach
- 1.Artikel 14 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
- 2.Artikel 15 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 erster Anstrich der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 oder
- 3.§ 5, § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, § 26 oder § 30
dienen, haben keine aufschiebende Wirkung.
(7a) Soweit im Einzelfall eine notwendige Anordnung oder eine sonstige notwendige Maßnahme nicht auf Grund der Absätze 2 bis 4 getroffen werden kann, bleiben weitergehende Regelungen der Länder, einschließlich der Regelungen auf dem Gebiet des Polizeirechts, auf Grund derer eine solche Anordnung oder Maßnahme getroffen werden kann, anwendbar.
II. Formelle Rechtmäßigkeit
- Zuständigkeit: § 38 Abs. 1 LFGB: Richtet sich nach Landesrecht, dort suchen. In NRW grundsätlich Kreisordnungsbehörde, § 1 Abs. 1 Nr. 1 Zuständigkeitsverordnung Verbraucherschutz NRW – ZustVOVS NRW.
- Verfahren: Anhörung häufig entbehrlich nach § 28 Abs. 2 Nr. 1 VwvfG
- Form: § 37 Abs. 2 S. 1 VwvfG
III. Materielle Rechtmäßigkeit
Die zuständigen Behörden treffen die notwendigen Anordnungen und Maßnahmen, die zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes oder zur Beseitigung festgestellter Verstöße oder zur Verhütung künftiger Verstöße sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung erforderlich sind. Letzter Var. ist freilich überflüssig, da durch die vorherigen bereits abgedeckt, s. auch Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, 141. Erg.-Lfg 2010, § 39 LFGB Rn. 23.
1. Materielle Voraussetzungen der EGL
a) Vorliegen eines Verstoßes (Var. 2)
„Verstoß“ bedeutet im Zusammenhang mit § 39 Abs. 1 LFGB Verstoß gegen die Vorschriften dieses Gesetzes, gegen die der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und gegen die unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes. Man subsumiert also die Verbote die oben bereits kurz angerissen wurden:
- Art. 14 Abs. 1 VO (EG) 178/2002: Verbot, unsichere Lebensmittel in den Verkehr zu bringen
- Art. 15 Abs. 1 Alt. 2 VO (EG) 178/2002: Verbot, unsichere Futtermittel zu verfüttern
- § 5 LFGB: Verbot, unsichere Lebensmittel herzustellen
Immer ist die Subsumtion gefordert. Die Verbote erfordern kein Verschulden, ein objektiver Verstoß reicht aus. Umfangreiche Definitionen sowohl am Anfang der VO wie auch am Anfang des LFGB.
Man beachte: Wenn man die Anscheinsgefahr nicht unter die Var. 1 (dazu sogleich) fast, wird man sie hier zulassen müssen, analog zum allgemeinen Ordnugnsrecht (vgl. § 14 Abs. 1 OBG). Bei so wichtigen Gütern muss man auch bei einem ernsthaften Verdacht sofort handeln können.
b) Hinreichender Verdacht auf einen Verstoß (Var. 1)
Fraglich wie auszulegen, da der Begriff des hinreichenden Verdachts aus dem Strafrecht stammt (hinreichender Tatverdacht = wenn Verurteilung wahrscheinlich). Man kann dies entsprechend eng auslegen. Damit wären nur dann Eingriffe zulässig, wenn es sehr wahrscheinlich ist, dass tatsächlich ein Verdachte vorliegt. Gefahrerforschungseingriffe wäre damit eher nicht zulassen, Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, 141. Erg.-Lfg 2010, § 39 LFGB Rn. 20.
Damit hätte die Variante praktisch keine eigene Bedeutung. M.E. ist es sinnvoller, hier mit den üblichen ordnungsrechtlichen Begriffen zu hantieren und hinreichenden Verdacht als Anscheinsgefahr zu verstehen. Dann Abgrenzung zur Scheingefahr. Ferner darauf achten, dass, obwohl eine „Gefahr“ vorliegt, erstmal Gefahrerforschungseingriffe vorzunehmen sind.
c) Gefahr künftiger Verstöße (Var. 3)
Gefahr im ordnungsrechtlichen Sinne? Jedenfalls nicht allzu engherzig auslegen, das Rechtsgut ist ja von überragender Bedeutung.
2. Störerverantwortlichkeit?
Ist nicht ausdrücklich erwähnt, könnte sich aber aus § 12 Abs. 2 OBG NRW i.V.m. §§ 17ff. OBG ergeben. Daher die Frage: Lässt das LFGB dafür Raum? Eher nicht, eigene Regelung z.B. in § 39 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 „derjenige“. Die §§ 17ff. OBG würden aber vor allem zu einer zu engen Bindung führen. Letztlich kann man hier aber offen diskutieren.
IV. Rechtsfolge: Ermessen
Formulierung des § 39 Abs. 2 S. 1 LFGB ist insofern nicht ganz klar, s. aber § 39 Abs. 2 S. 2 „kann“. Hier kann man dann recht frei argumentieren. Folgende Leitlinien sind zu beachten:
– Anbindung an den Katalog des § 39 Abs. 2 S. 2 LFGB.
– Gesundheit der Bevölkerung ist ein überragend wichtiges Rechtsgut und kann daher sehr einschneidende Maßnahmen rechtfertigen.
– Bei der Verhältnismäßigkeit ist die wirtschaftliche Schädigung zu beachten, insofern aber auch Ausgleichsansprüche (soweit werthaltig) usw.
– Die Bauern sind je schutzwürdiger desto „unverschuldeter“ sie in die Lage gekommen sind.
– Differenzierung zwischen Gefahrbeseitigungs- und erforschungseingriffen
B. Sekundärrechtliche Ebene – Ausgleichsansprüche für Inanspruchnahme?
Hier nur ein paar Stichworte. M.E. dürften, so lange die Behörden nach pflichtgemäßem Ermessen gehandelt habe, leer ausgehen.
I. Aus enteignendem/enteignungsgleichen Eingriff
§ 39 Abs. 1 OBG NRW i.V.M. § 12 OBG NRW?
§ 39 Zur Entschädigung verpflichtende Maßnahmen
(1) Ein Schaden, den jemand durch Maßnahmen der Ordnungsbehörden erleidet, ist zu ersetzen, wenn er
- a)infolge einer Inanspruchnahme nach § 19 oder
- b)durch rechtswidrige Maßnahmen, gleichgültig, ob die Ordnungsbehörden ein Verschulden trifft oder nicht,
entstanden ist.
[…]
(-) weil 1. Nicht Inanspruchnahme nach § 19 OBG (entweder eigene Regelung oder Bauer Handlungs-/Zustandsstörer nach §§ 17f. OBG).und 2. nicht rechtswidrig.
II. § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG?
(-) bei rechtmäßiger Maßnahme