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Schlagwortarchiv für: Betriebsgefahr

Gastautor

OLG Koblenz zur Betriebsgefahr nach § 7 StVG

Deliktsrecht, Examensvorbereitung, Lerntipps, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Startseite, Zivilrecht

Wir freuen uns, einen Gastbeitrag von Lukas Piroth veröffentlichen zu können. Der Autor ist Wiss. Mitarbeiter am Institut für deutsches und internationales Zivilverfahrensrecht der Universität Bonn bei Prof. Dr. Moritz Brinkmann.
Mit Beschluss vom 05.08.2019 hat das OLG Koblenz sich zur Reichweite der Betriebsgefahr im Rahmen des § 7 StVG geäußert (Az. 12 U 57/19, BeckRS 2019, 18385). Wird ein Fahrzeug bei ausgeschaltetem Motor von einem automatischen Förderband durch eine Waschstraße gezogen, sei es nicht „in Betrieb“, sodass die Gefährdungshaftung des § 7 StVG ausscheide.
Geht es in Examensklausuren um die StVG-Haftung, spielen Probleme häufig im Bereich der Betriebsgefahr. Die Subsumtion kann schwer fallen, zumal die Betriebsgefahr in der Rechtsprechung bisweilen erstaunlich freigiebig bejaht wird. Die Entscheidung gibt Anlass, sich die Anforderungen an die Betriebsgefahr nochmals zu vergegenwärtigen.
I. Sachverhalt
Die Beklagte und hinter ihr der Kläger befanden sich am Steuer ihrer Fahrzeuge in einer automatischen Waschstraße. Die Motoren der Wagen waren ausgeschaltet, die Fahrzeuge wurden von Rollen durch die Anlage gezogen. Der PKW der Beklagten wurde durch ein „Hindurchziehen“ der Mitnehmrolle unter dem Rad gestoppt, was wiederum den Kläger veranlasste, durch ein Betätigen der Bremse eine Kollision zu vermeiden. Hierdurch blieb sein Fahrzeug in der Gebläsetrocknung der Anlage stehen, die am Heck des Wagens Schäden i. H. v. rund 4 500 € verursachte. Diese verlangte der Kläger neben § 823 BGB auch aus § 7 StVG ersetzt. Das LG Koblenz verneinte Schadensersatzansprüche.
II. Entscheidung des OLG Koblenz
Das OLG Koblenz wies mit dem Beschluss die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Koblenz vom 10.12.2018 (Az. 5 O 373/16) zurück. Ein Anspruch aus § 823 BGB scheiterte nach den tatsächlichen Feststellungen am Verschulden der Beklagten. In rechtlicher Hinsicht interessant sind allein die Ausführungen zu § 7 StVG und dort zur Frage, ob das Fahrzeug des Klägers „bei dem Betrieb des Kraftfahrzeugs“ der Beklagten beschädigt wurde.
Hierzu wiederholt das OLG die ständige Rechtsprechung des BGH, wonach das Merkmal zwar weit auszulegen ist, es sich aber bei dem Schaden stets um eine Auswirkung derjenigen Gefahren handeln muss, um deren Willen die Haftungsvorschrift erlassen worden sei. Dies sei aber nur dann der Fall, wenn der Unfall in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebsvorrichtung des Kfz stehe. Spiele hingegen die Fortbewegungs- und Transportfunktion keine Rolle, scheide eine Haftung nach § 7 StVG aus.
Nach diesen Maßstäben verneint das OLG eine Rechtsverletzung „bei Betrieb des Kfz“. Ein Kfz sei nicht „in Betrieb“, wenn es ohne eigene Motorkraft durch eine automatische Waschanlage gezogen werde. Weder die Fortbewegungs- noch die Transportfunktion komme zum Tragen. Vielmehr sei das Fahrzeug vollständig abhängig von den Vorgängen in der Waschstraße wie jeder andere Gegenstand, der automatisch bewegt werde. Die besonderen Gefahren des Kfz-Betriebs (Geschwindigkeit, Ausmaße, Gewicht) blieben ohne Relevanz.
III. Einordnung der Entscheidung
Bei unbefangener Betrachtung scheint die Entscheidung wenig überraschend – das Fahrzeug wurde schließlich nicht „betrieben“. Bezieht man jedoch Urteile mit ein, in denen die Schadensentstehung „bei Betrieb des Kfz“ bejaht wurde, kann sich die Perspektive verschieben.
Der BGH nahm eine Haftung erst kürzlich an, obwohl zwischen dem Unfall und der Verletzung des Eigentums in Form eines Brandes, der durch einen Kurzschluss in der Batterie des Kfz entstand, eineinhalb Tage lagen  (vgl. Urt. v. 26.03.2019 – VI ZR 236/18 und unseren Beitrag hier). Damit folgte er seiner Linie einer immer ausufernderen Bejahung des Merkmals „bei Betrieb“, die sich bereits im Urteil v. 21.01.2014 (VI ZR 253/13) abzeichnete. Damals hatte der BGH klargestellt, dass sich die Betriebsgefahr eines Kfz bereits dann verwirklicht, wenn ein bereits mehrere Stunden abgestelltes Fahrzeug durch eine Selbstentzündung der Batterie in Brand gerät, auch wenn der Batteriedefekt nicht auf die letzte Fahrt zurückgeführt werden kann. Auf eine etwaige Relevanz der Fortbewegungs- und Transportfunktion für das Merkmal „bei Betrieb“ ging er nicht ein.
In der Folge hatte bspw. auch das OLG Köln (Urt. v. 06.04.2017 – 3 U 111/15) eine Schadensentstehung „bei Betrieb des Kfz“ bejaht, wenn in einer Kfz-Werkstatt ein Brand entsteht, der auf einen Defekt in der Primärelektrik des in Reparatur befindlichen Fahrzeugs zurückzuführen ist – und das obwohl ein Reifen demontiert war, sodass die Fortbewegungsfunktion mindestens ebenso wenig zum Tragen kommen dürfte wie bei einer Fahrt durch eine Waschstraße. Gerade deshalb hatte das LG Köln den Schaden „bei Betrieb des Fahrzeugs“ auch noch verneint (Urt. v. 19.06.2015 – 17 O 224/14). Wie das OLG Koblenz hatte das LG Köln hierfür die Kontrollüberlegung bemüht, dass statt dem Fahrzeug unter denselben Umständen auch eine andere Maschine (ohne theoretische Transportfunktion) den Schaden verursacht hätte.
Der Rechtsprechung seit dem Jahr 2014 lässt sich der Trend entnehmen, einen Zusammenhang mit der Fortbewegungs- und Transportfunktion nur noch als eine Variante der Betriebsgefahr aufzufassen („Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang“) und daneben großzügig einen bloßen „Zusammenhang des Schadens mit einer Betriebseinrichtung“ des Kfz ausreichen zu lassen. Den Wandel veranschaulichen zwei Entscheidungen des OLG Karlsruhe, das in einem Urteil v. 28.04.2014 (13 U 15/14) eine Betriebsgefahr noch verneinte, wenn ein auf ein Abschleppfahrzeug aufgeladenes Kfz in Brand gerät, später in einem Beschluss v. 09.03.2015 (9 W 3/15) aber eine Haftung bei einem zwei Tage abgestellten Fahrzeug bejahte.
Das OLG Koblenz vollzieht insoweit durchaus einen Schritt zurück, indem es stärker die Verknüpfung zwischen Schaden und Fortbewegungs- und Transportfunktion in den Fokus nimmt. Ob der BGH genauso entschieden hätte, darf bezweifelt werden. Denn nach den Feststellungen des Sachverständigen war das Durcheinander in der Waschstraße durch ein kurzzeitiges Blockieren der Vorderräder der Fahrzeugs der Beklagten entstanden, stand also durchaus mit einer Betriebseinrichtung des Fahrzeugs (Räder) in Zusammenhang und hat – in den Worten des BGH – das Schadensgeschehen „entscheidend (mit)geprägt“.
IV. Fazit
Das Merkmal der Betriebsgefahr bleibt in der Examensklausur ein Punkt, bei dem es entscheidend auf eine überzeugende Argumentation ankommt. Ob mit dem BGH die Voraussetzungen niedrig angelegt werden oder mit dem OLG Koblenz der Zusammenhang der Rechts(guts)verletzung mit der Transport- und Fortbewegungsfunktion des Fahrzeugs ins Zentrum gestellt wird, dürfte gleichermaßen vertretbar sein.
Von der Haftung nach § 7 StVG zu trennen ist selbstverständlich die Frage, inwieweit der Betreiber der Waschstraße für entstandene Schäden haftet. Zu den Schutzpflichten eines Waschanlagenbetreibers für einen Autounfall hat der BGH letztes Jahr Stellung bezogen, unseren Beitrag dazu findet ihr hier.

24.10.2019/1 Kommentar/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2019-10-24 09:08:472019-10-24 09:08:47OLG Koblenz zur Betriebsgefahr nach § 7 StVG
Dr. Sebastian Rombey

BGH: Neues zur Betriebsgefahr eines Pkw nach § 7 Abs. 1 StVG

Deliktsrecht, Examensvorbereitung, Lerntipps, Mündliche Prüfung, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Zivilrecht

Wie weit reicht die Betriebsgefahr eines Kfz in zeitlicher Hinsicht? Mit dieser für die Halterhaftung und damit für die Praxis überragend wichtigen Frage hatte sich der BGH jüngst zu befassen. Da grundlegende Auslegungsschwierigkeiten zu § 7 Abs. 1 StVG äußerst selten in Karlsruhe geklärt werden, StVG-Ansprüche sich problemlos in das allgemeine deliktische Haftungsregime einfügen und überdies gerne als Zusatzproblem in Examensklausuren eingebaut werden, lohnt sich ein Blick auf die wichtigsten Erwägungen des VI. Senats.
I. Sachverhalt (vereinfacht)
Reduziert man den Sachverhalt auf das Wesentliche, stellt er sich wie folgt dar: Ein bei einem Verkehrsunfall erheblich beschädigtes Fahrzeug wurde von einem Abschleppdienst in eine Werkstatt verbracht, wo ein Mitarbeiter der Werkstatt vergaß, die Batterie abzuklemmen. Eineinhalb Tage nach dem Unfall ging das Fahrzeug in Folge eines Kurzschlusses, der auf den durch den Halter selbstverschuldeten Unfall zurückgeführt werden konnte, in Flammen auf. Der so entstandene, großflächige Brand beschädigte große Teile des Werkstattgeländes sowie angrenzende Wohngebäude. Der Inhaber der Werkstatt verlangt nun vom Halter des Unfallfahrzeugs materiellen Schadensersatz gemäß § 7 Abs. 1 StVG.
II. Die Entscheidung des BGH (Urt. v. 26.03.2019 – VI ZR 236/18, BeckRS 2019, 9268)
Alle relevanten Rechtsprobleme drehen sich mithin um die Frage, ob der eineinhalb Tage nach dem Verkehrsunfall eingetretene Schaden „bei Betrieb eines Kfz“ im Sinne von § 7 Abs. 1 StVG erfolgt ist. Der BGH legt dieses Tatbestandsmerkmal seit jeher weit aus. Es muss – kurzgesagt – eine wertende Betrachtung erfolgen, die den Schutzzweck der Gefährdungshaftung berücksichtigt, sodass im Ergebnis alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten oder durch das Kraftfahrzeug mitgeprägten Schadensabläufe erfasst werden. Dazu der BGH (Rn. 8):

„Erforderlich ist […] stets, dass es sich bei dem Schaden, für den Ersatz verlangt wird, um eine Auswirkung derjenigen Gefahren handelt, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn der Haftungsvorschrift schadlos gehalten werden soll, d.h. die Schadensfolge muss in den Bereich der Gefahren fallen, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen worden ist […]. Für die Zurechnung der Betriebsgefahr kommt es damit maßgeblich darauf an, dass die Schadensursache in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs steht […].“

Wendet man eben diese Erwägungen auf die vorliegende Fallkonstellation an, ergibt sich ein klares rechtliches Bild:
Der Kurzschluss war nach den Feststellungen der Vorinstanzen unmittelbar auf das Unfallgeschehen zurückzuführen. Ist dies der Fall, kann es keine Rolle spielen, dass sich der Folgeschaden, hier der Brand auf dem Werkstattgelände, der auch auf die umliegenden Wohnhäuser übergriff, erst eineinhalb Tage später realisiert, soweit die einmal geschaffene Gefahrenlage fort- bzw. nachwirkt. Und genau so liegt es hier, da der Kurzschluss und damit auch der Brandschaden eben unmittelbar durch den Fahrbetrieb hervorgerufen wurden. Denn: Fahrzeuge sind nicht vollends kontrollierbare, aber dennoch erlaubte Gefahrquellen, was auch der Grund für die weitreichende Gefährdungshaftung des § 7 Abs. 1 StVG ist und dazu führt, dass im Zweifel der Halter für daraus resultierende Schäden haften soll.
Gleichwohl könnte der für die Kausalität notwendige Zurechnungszusammenhang dadurch unterbrochen worden sein, dass ein Mitarbeiter des geschädigten Werkstattinhabers in sorgfaltswidriger und damit fahrlässiger Weise vergessen hatte, die Batterie des Fahrzeugs abzuklemmen, und damit dazwischengetreten sein könnte. So hatte es noch das Berufsgericht gesehen (OLG Celle, Urt. v. 03.05.2018 – 5 U 132/17, juris). Das Dazwischentreten eines Dritten lässt den Zurechnungszusammenhang – das stellt der BGH abermals klar – indes nur dann entfallen, wenn damit vernünftigerweise nicht gerechnet werden konnte, sodass die Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs durch den Zweitschädiger keine unbillige Entlastung des Erstschädigers darstellt. Andersherum formuliert geht es um Fälle, in denen der Zweitschaden durch den Erstschädiger herausgefordert wurde, der Erstschädiger also vernünftigerweise damit hätte rechnen können, dass der Zweitschaden eintritt, sodass eine Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs nicht sachgemäß erscheint. Nur bei zufälligen Zusammenhängen kann dem Erstschädiger die Zurechnung des Zweiteingriffs nicht mehr zugemutet werden. Der BGH drückt dies freilich komplizierter, dafür aber auch exakter aus (Rn. 12):

„Hat sich aus dieser Sicht im Zweiteingriff nicht mehr das Schadensrisiko des Ersteingriffs verwirklicht, war dieses Risiko vielmehr schon gänzlich abgeklungen und besteht deshalb zwischen beiden Eingriffen bei wertender Betrachtung nur ein „äußerlicher“, gleichsam „zufälliger“ Zusammenhang, dann kann vom Erstschädiger billigerweise nicht verlangt werden, dem Geschädigten auch für die Folgen des Zweiteingriffs einstehen zu müsse […]. Allein ein – auch grob fahrlässiger – Sorgfaltspflichtverstoß des hinzutretenden Dritten reicht hierfür jedoch in der Regel nicht […].“

Demnach wurde der Zurechnungszusammenhang durch das pflichtwidrig unterlassene Abklemmen der Batterie gerade nicht unterbrochen. Das OLG Celle hatte noch argumentiert, dass spätestens in dem Moment, in dem das Fahrzeug endgültig in einer Werkstatt gesichert werde, der Zurechnungszusammenhang enden müsse und dies erst Recht dann gelte, wenn der Schaden durch einen Dritten herbeigeführt werde. Dem folgt der VI. Senat des BGH jedoch nicht, insbesondere deshalb, da es darauf nicht ankommen könne, schließlich sei das vergessene Abklemmen der Batterie nicht so ungewöhnlich, dass nicht damit gerechnet werden könne. Das sei der alleinige Maßstab.
An dieser Stelle kommt bei genauerem Hinsehen eine Wertung zum Ausdruck, die sich in der Rechtsprechung des BGH des Öfteren wiederfindet: Der BGH bejaht lieber die Haftung und nimmt dann auf Ebene des Schadensumfangs ein (selbst im Umfang äußerst hohes) Mitverschulden an, als die Haftung gänzlich entfallen zu lassen – wohl, um so sachgerechtere, billigere Ergebnisse und damit Einzelfallgerechtigkeit herstellen zu können.
Im Ergebnis bejahte der BGH deshalb eine Haftung aus § 7 Abs. 1 StVG, reduzierte den Haftungsumfang nach § 9 StVG i.V.m. § 254 BGB aber um 40 % wegen der fehlenden Sicherungsmaßnahmen durch den Mitarbeiter des Werkstattinhabers.
III. Fazit: Im Zweifel Halterhaftung bejahen und Haftungsumfang reduzieren
Die Entscheidung lehrt, dass das für die Gefährdungshaftung aus § 7 Abs. 1 StVG konstituierende Merkmal der Betriebsgefahr extensiv zu interpretieren ist, und zwar nicht nur im Sinne der verkehrstechnischen Auffassung inhaltlich, sondern auch zeitlich, soweit nur die durch das Fahrzeug geschaffene Gefahrenquelle bei einem später eintretenden Folgeschaden fortwirkt. Der hierfür notwendige Zurechnungszusammenhang wird durch einen dazwischentretenden Dritten nur selten unterbrochen; einen hierbei etwaig zu berücksichtigenden Sorgfaltspflichtverstoß führt man also besser auf Ebene des Mitverschuldens an, um den Haftungsumfang zu reduzieren.
Auch wenn sich dieses Judikat recht streng liest, trägt es doch dem Umstand Rechnung, dass die Gefahrquelle Kraftfahrzeug – wenn überhaupt – allein vom Fahrzeughalter beherrscht werden kann  und er deshalb auch die daraus folgenden Risiken tragen muss. Abgefedert wird dies in der Praxis freilich durch die Kfz-Haftpflichtversicherung des Fahrzeughalters, die auch im vorliegenden Fall dem Gebäudeversicherer des Werkstattinhabers im Prozess entgegentrat, § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG.

05.06.2019/1 Kommentar/von Dr. Sebastian Rombey
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Sebastian Rombey https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Sebastian Rombey2019-06-05 09:39:402019-06-05 09:39:40BGH: Neues zur Betriebsgefahr eines Pkw nach § 7 Abs. 1 StVG
Dr. Maximilian Schmidt

BGH: Wichtiges zur Betriebsgefahr bei sicherungsübereignetem PKW

Deliktsrecht, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Zivilrecht

Mit Urteil vom 7.3.2017 – VI ZR 125/16 hat der BGH eine auf den ersten Blick überraschende Entscheidung zur Zurechnung der Betriebsgefahr im Anwendungsbereich des StVG getroffen. Demnach kann dem Schadensersatzanspruch des nichthaltenden Sicherungseigentümers aus § 7 Abs. 1 StVG die reine Betriebsgefahr des sicherungsübereigneten Kraftfahrzeugs nicht entgegengehalten werden. Eine in vielerlei Hinsicht spannende Konstellation, die genauerer Betrachtung verdient.
I. Sachverhalt (dem Urteil entnommen)

Der Kläger nimmt nach einem Verkehrsunfall die Beklagten auf Zahlung weiteren Schadensersatzes in Anspruch. Der Kläger war zum Unfallzeitpunkt Halter des an eine Bank sicherungsübereigneten Fahrzeugs. Die den Fahrzeugkredit finanzierende Bank und Sicherungseigentümerin des beschädigten Fahrzeugs (hiernach „Sicherungseigentümerin“) ermächtigte den Kläger, ihre Schadensersatzansprüche aus dem Unfallgeschehen gegen die Beklagten im eigenen Namen geltend zu machen. Der Kläger begehrte in gewillkürter Prozessstandschaft Ersatz restlicher Reparaturkosten, der Wertminderung des Fahrzeugs und vorgerichtlicher Sachverständigenkosten sowie aus eigenem Recht Ersatz des Nutzungsausfalls und einer allgemeinen Kostenpauschale. Der Hergang des Unfalls ließ sich nicht aufklären, ein Verschulden der jeweiligen Fahrzeugführer ebenso wenig feststellen.

II. Rechtliche Würdigung
Die grundsätzliche Haftung der Beklagten als Halter bzw. als Haftpflichtversicherung aus § 7 Abs. 1 StVG sowie § 115 VVG war zwischen den Parteien unstreitig. Fraglich war hingegen deren quotale Höhe: Diese hing davon ab, ob die das (Sicherungs-)Eigentum am beschädigten PKW innehabende Bank sich die Betriebsgefahr des PKW anrechnen bzw. das Verschulden des Halters zurechnen lassen muss. Ohne Normanknüpfung könnte man zunächst denken: Natürlich! Schließlich geht von dem PKW, der im Eigentum der Beklagten steht, die Betriebsgefahr aus. Anders wertet jedoch das StVG in §§ 17, 7 StVG. Danach wird die Betriebsgefahr gerade nur zwischen den Haltern berücksichtigt, wobei das Eigentum keine Rolle spielt. Schließlich sind Haltereigenschaft und Eigentum gerade nicht das gleiche!
Eine direkte Anwendung von § 17 Abs. 1, 2 StVG muss damit ausscheiden. Auch einer analogen Anwendung erteilt der BGH eine Absage:

Eine Erstreckung des Normanwendungsbereichs auf den nicht haltenden Sicherungseigentümer ist abzulehnen, insbesondere nachdem der Gesetzgeber durch die Änderung des § 17 Abs. 3 Satz 3 StVG mit dem 2. Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 (BGBl I, S. 2674) zum Ausdruck gebracht hat, dass er sich der Möglichkeit des Auseinanderfallens von Halter- und Eigentümerstellung bewusst war (BT-Drucks 14/8780, S. 22 f.), und eine über § 17 Abs. 3 Satz 3 StVG hinausgehende Änderung nicht vorgenommen hat. Eine durchgehende Gleichstellung von Eigentümer und Halter im Rahmen des § 17 StVG ist vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt. Auch ist der Wortlaut der Vorschrift insoweit eindeutig.

Übrig bleibt damit nur ein Mitverschulden nach § 9 StVG iVm. § 254 BGB. Danach findet § 254 BGB im Fall der Beschädigung einer Sache mit der Maßgabe Anwendung, dass das Verschulden desjenigen, welcher die tatsächliche Gewalt über die Sache ausübt, dem Verschulden des Verletzten gleichsteht. Folglich müsste ein Verschulden des Fahrzeugführers festgestellt werden, dass dann dem Sicherungseigentümer zugerechnet werden könnte. Dies war jedoch gerade nicht der Fall, der Unfallhergang war letztlich unaufklärbar.
Auch kommt eine Zurechnung gem. § 278 BGB mangels Bestehens einer Sonderverbindung zwischen der Sicherungseigentümerin und den Bekl. nicht in Betracht. § 278 BGB setzte schließlich voraus, dass im Zeitpunkt des Unfallereignisses bereits eine pflichtenbegründende Rechtsbeziehung vorlag – hier hätte sie ohnehin erst durch den Unfall selbst entstehen können.
Wir sehen: Ein in mehrerer Hinsicht schöner Fall. Insbesondere die differenzierte Betrachtung von Zurechnung der Betriebsgefahr auf der einen Seite (§ 17 StVG) und eigenem oder zugerechnetem Mitverschulden (§ 9 StVG) macht die Konstellation des Sicherungseigentums gerade für Klausuren im Zweiten Staatsexamen besonders interessant.

16.08.2017/23 Kommentare/von Dr. Maximilian Schmidt
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Maximilian Schmidt https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Maximilian Schmidt2017-08-16 10:00:052017-08-16 10:00:05BGH: Wichtiges zur Betriebsgefahr bei sicherungsübereignetem PKW

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