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Schlagwortarchiv für: Bananenmarkt

Dr. Maximilian Schmidt

Prüfungsgespräch Öffentliches Recht – Europarecht

BVerfG Leitentscheidungen & Klassiker, Europarecht, Schon gelesen?, Verfassungsrecht, Verschiedenes

Weiter geht es mit einem Prüfungsgespräch zur Entscheidung des EuGH zur Vorratsdatenspeicherung. Diese dient allerdings nur als Aufhänger. Wünschenswert wäre, die Fragen kurz im Kopf zu beantworten, s. zu Sinn und Zweck dieser Kategorie den Einführungsbeitrag.
Sehr geehrte Damen und Herren,
der EuGH hat, wie Sie sicher in den Tageszeitungen gelesen haben, entschieden, dass die europäische Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung europarechtswidrig und damit nichtig ist.
Zunächst: Was ist der Unterschied zwischen einer Richtlinie und einer Verordnung?*
Sowohl Verordnung als auch Richtlinie gehören zum europäischen Sekundärrecht, wovon das Primärrecht, das seit Lissabon insbesondere aus EUV und AEUV besteht, abzugrenzen ist. Verordnungen haben allgemeine Geltung, d.h. sie wirken wie nationale Gesetze, weswegen sich der Bürger unmittelbar auf sie berufen kann, Art. 288 Abs. 2 AEUV. Sie sind in allen Teilen verbindlich und gelten unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. Richtlinien werden an Mitgliedstaaten gerichtet und sind für diese hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, Art. 288 Abs.3 AEUV. Die innerstaatlichen Stellen wählen Form und Mittel der Umsetzung in nationale Gesetze, mit denen die Ziele innerhalb einer bestimmten Frist zu erreichen sind. (Art. 288 AEUV) Die Richtlinie ist daher ein Kompromiss zwischen der Notwendigkeit, in der EU einheitliches Recht zu setzen und der Rücksicht auf nationale Eigenheiten.
Das kann man – grosso modo – so sagen. Nun, wer kann denn Richtlinien und Verordnungen für nichtig erklären? *
Insoweit ist zunächst festzustellen, dass es die Nichtigkeitsklage vor dem EuGH gibt, Art. 263 AEUV. Hiermit können Verstöße gegen das europäische Primärrecht bei Erlass von Richtlinien und Verordnungen durch den europäischen Gesetzgeber gerügt und gegebenenfalls für nichtig erklärt werden.
Ich hake hier kurz ein. Angenommen der EuGH verwirft eine Nichtigkeitsklage gegen eine Richtlinie. Welche weiteren Rechtsschutzmöglichkeiten bestehen dann?*
In Betracht käme dann grundsätzlich noch eine Verfassungsbeschwerde vor dem BVerfG. Bei Prüfung dieser stellen sich aber einige Probleme. Zum einen müsste ein tauglicher Beschwerdegegenstand nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a vorliegen. Dies sind aber grundsätzlich nur innerstaatliche Gesetze im materiellen Sinne.
Ich hake wiederum kurz ein und frage Ihren Nachbarn: Was meint Ihr Vorredner mit Gesetz im materiellen Sinne?*
Man unterscheidet herkömmlich Gesetze im formellen und materiellen Sinne. Gesetze im materiellen Sinne sind all solche, die abstrakt-generelle Rechtsfolgen für die Bürger treffen. Demgegenüber sind Gesetze im formellen Sinne allein Parlamentsgesetze. Häufig fallen beide Begriffe zusammen, dem muss aber nicht so sein. Bspw. ist ein Gesetz nur im formellen Sinne ein Haushaltsgesetz des Bundestages, da diese keine Rechtsfolgen für die Bürger zeitigen. Demgegenüber sind gemeindliche Satzungen allein Gesetze im materiellen Sinne.
Vielen Dank für diesen kurzen Exkurs. Zurück zum eigentlichen Thema. Welches Problem gibt es nun beim Beschwerdegegenstand? *
Wie bereits gesagt müsste ein Gesetz im materiellen Sinne vorliegen. Eine Richtlinie bindet aber nur den nationalen Gesetzgeber zur Transformation in einem dann materiellen Gesetz, sie ist also nur eine Vorstufe.
Das träfe aber auf die Verordnung nicht zu, diese gilt ja schließlich unmittelbar!’
Das stimmt, doch muss nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG ein Akt der deutschen öffentlichen Gewalt vorliegen, die allein an die Grundrechte gebunden ist, Art. 1 Abs. 3 GG. Bei der Verordnungsgebung durch die EU liegt aber solche gerade nicht vor, es handelt sich um zwei unterschiedliche Rechtsordnungen. Die EU ist nämlich nicht an die deutschen Grundrechte gebunden. Daher scheidet eine Verfassungsbeschwerde aus.
Bedeutet das also, dass eine Verfassungsbeschwerde gegen Maßnahmen, sprich Richtlinien und Verordnungen, der EU niemals zulässig?
Nein, in dieser Konsequenz lässt sich das nicht sagen. Das BVerfG hat mit seiner Solange II – Entscheidung das Verhältnis zum EuGH auf eine neue Basis gestellt. In seinem Solange I Urteil hatte das BVerfG noch festgestellt, dass es solange Rechtsakte der EU an deutschen Grundrechten prüfen werde, wie noch kein ausreichendes, dem deutschen Grundrechtsschutz entsprechendes Niveau durch den EuGH gewährleistet werde. Dies hat das BVerfG mit seiner Solange II Entscheidung revidiert und den Satz nahezu umgekehrt: Solange der EuGH einen ausreichenden Grundrechtsschutz anhand des Primärrechts der Union gewährleiste, werde das BVerfG Rechtsakte der EU nicht mehr an der deutschen Verfassung messen.
Daher lautet die Antwort: Nur wenn das grundrechtliche Schutzniveau auf Unionsebene drastisch absinken würde, käme über die Solange II Rechtsprechung eine Kontrolle von Rechtsakten der Union durch das BVerfG in Betracht.
Sehr schön. Nun wie nennt man nun das Verhältnis zwischen EuGH und BVerfG?**
Seit der Maastricht-Entscheidung wird dieses Verhältnis auch „Kooperationsverhältnis“ genannt.
Welche weitere Entscheidung des BVerfG hat die Solange II Rspr. konturiert?**
Es handelt sich um die sog. „Bananenmarkt-Entscheidung“ des BVerfG. In diesem stellte es fest, dass eine Verfassungsbeschwerde gegen Rechtsakte der Union erst dann zulässig sein können, wenn dargelegt ist, dass in der Zwischenzeit das Schutzniveau innerhalb der EU unter den erforderlichen Grundrechtsschutz abgesunken sei. Hiermit verlagerte es also die Darlegungslast auf den Beschwerdeführer, weswegen das BVerfG nicht mehr bei jeder Verfassungsbeschwerde gegen Sekundärrecht der Union prüfen muss, ob ein Absinken des Grundrechtsschutzes erkennbar ist.
Angenommen das Schutzniveau würde absinken, die Voraussetzungen von Solange II wären also erfüllt, und das BVerfG würde zugleich einen Verstoß der europäischen Verordnung gegen deutsche Grundrechte erkennen. Was wäre die Rechtsfolge?**
Das BVerfG könnte zunächst nicht die Nichtigkeit des Unionsrechtsakts feststellen, da dies allein dem EuGH vorbehalten ist, Art. 263 AEUV. Dies ist konsequent, da die Verordnung auch in anderen Mitgliedsstaaten gilt und das BVerfG für diese keine Nichtigkeitsfolge anordnen kann. Allerdings wäre der Verstoß nicht rechtsfolgenlos. Das BVerfG könnte die Unanwendbarkeit der Verordnung in Deutschland feststellen, müsste aber zugleich dem EuGH nach Art. 267 Abs. 3 AEUV zur Entscheidung vorlegen.
Nachdem Sie nun Ihre Kenntnisse im Recht der Union nachgewiesen haben, noch eine letzte Frage: Wie Sie sicher wissen, war der historische Anfang der heutigen Union die sog. Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, oder auch Montanunion genannt. Welcher berühmte Politiker hatte hierfür die Idee und schlug diese vor?***
Es handelt sich um den damaligen französischen Außenminister Robert Schuman, weswegen auch vom „Schuman-Plan“ gesprochen wird. Zudem muss der damalige deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer genannt werden, der diesem Plan unverzüglich zustimmte. Daher nennt man Schuman und Adenauer auch die Gründungsväter der Europäischen Union.
Vielen Dank für diese ausgesprochen erfreuliche Prüfung!

08.04.2014/1 Kommentar/von Dr. Maximilian Schmidt
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Maximilian Schmidt https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Maximilian Schmidt2014-04-08 13:00:172014-04-08 13:00:17Prüfungsgespräch Öffentliches Recht – Europarecht
Dr. Stephan Pötters

Das Kooperationsverhältnis zwischen BVerfG und EuGH

Europarecht, Öffentliches Recht, Schon gelesen?

Bald Entscheidung bzgl. EU-Rettungsschirm erwartet
Das BVerfG wird zeitnah über die Verfassungskonformität des EU-Rettungsschirmes mündlich verhandeln (s. dazu den Beitrag in der FAZ). Damit wird das BVerfG ein weiteres Mal Gelegenheit dazu haben, das Verhältnis zwischen Karlsruhe und Luxemburg bzw. dem GG und den Europäischen Verträgen zu justieren. Es ist zu erwarten, dass das BVerfG sich auch in Zukunft eine gewisse Prüfungskompetenz im Hinblick auf den europäischen Integrationsprozess zusprechen wird. Diesen Anspruch hatte der Präsident Voßkuhle erst unlängst bestätigt (s. hier die Meldung bei beck-aktuell). Das bald zu erwartende Urteil wird sich in eine Reihe zentraler Entscheidungen einfügen, die hier nun noch einmal in historischer Reihenfolge dargestellt werden sollen. Die Kernaussagen dieser Verdikte gehören zweifelsohne zum Bereich juristischer Allgemeinbildung und sollten jedem Studenten geläufig sein.
Wichtige Leitentscheidungen zum Verhältnis zwischen BVerfG und EuGH

  • Solange I (BVerfG v. 29.5.1974 – BvL 52/71, BVerfGE 37, 271): Zur Zeit dieser ersten wichtigen Entscheidung war der europäische Integrationsprozess noch nicht sehr weit vorangeschritten und die vom EuGH gewährleistete gerichtliche Kontrolle bot noch keinen hinreichenden Schutz vor Grundrechtsbeeinträchtigungen. Gleichwohl konnten Rechtsakte der Gemeinschaft den Bürger natürlich in seiner Grundrechtsausübung beeinträchtigen. Damit hier keine Rechtschutzlücke entsteht, sah sich das BVerfG befugt, die Gemeinschaftsrechtsakte am Maßstab des GG zu überprüfen. Der zentrale Satz der Entscheidung lautet: „Solange der Integrationsprozeß der Gemeinschaft nicht so weit fortgeschritten ist, daß das Gemeinschaftsrecht auch einen von einem Parlament beschlossenen und in Geltung stehenden formulierten Katalog von Grundrechten enthält, der dem Grundrechtskatalog des Grundgesetzes adäquat ist, ist nach Einholung der in Art. 177 EWGV [jetzt Art. 267 AEUV] geforderten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes die Vorlage eines Gerichts der Bundesrepublik Deutschland an das Bundesverfassungsgericht im Normenkontrollverfahren zulässig und geboten, wenn das Gericht die für es entscheidungserhebliche Vorschrift des Gemeinschaftsrechts in der vom Europäischen Gerichtshof gegebenen Auslegung für unanwendbar hält, weil und soweit sie mit einem der Grundrechte des Grundgesetzes kollidiert.“
  • Solange II (BVerfG v. 22.10.1986 – 2 BvR 197/83, BVerfGE 73, 339): In Solange II entschied das BVerfG im Ergebnis genau anders als in Solange I, denn in der Zwischenzeit hatte sich der Grundrechtsschutz auf europäischer Ebene grundlegend verbessert, da der EuGH einen (ungeschriebenen) Grundrechtskanon geschaffen hatte, indem er Grundrechte als „allgemeine Rechtsgrundsätze“ des Gemeinschaftsrechts anerkannte (s. die Rs. Rüttli; Nold; Int. Handelsgesellschaft). Der zentrale Satz dieser Entscheidung lautete daher: „Solange die Europäischen Gemeinschaften, insbesondere die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Gemeinschaften einen wirksamen Schutz der Grundrechte gegenüber der Hoheitsgewalt der Gemeinschaften generell gewährleisten, der dem vom Grundgesetz als unabdingbar gebotenen Grundrechtsschutz im wesentlichen gleichzuachten ist, zumal den Wesensgehalt der Grundrechte generell verbürgt, wird das Bundesverfassungsgericht seine Gerichtsbarkeit über die Anwendbarkeit von abgeleitetem Gemeinschaftsrecht, das als Rechtsgrundlage für ein Verhalten deutscher Gerichte oder Behörden im Hoheitsbereich der Bundesrepublik Deutschland in Anspruch genommen wird, nicht mehr ausüben und dieses Recht mithin nicht mehr am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes überprüfen; entsprechende Vorlagen nach Art. 100 Abs. 1 GG sind somit unzulässig.“
  • Maastricht (BVerfG 12.10.1993, 2 BvR 2134, 2159/92, BVerfGE 89, 155 ): Diese Entscheidung ist das erste Karlsruher Verdikt, dass dem europäischen Integrationsprozess aus Sicht des Grundgesetzes Grenzen zieht. „Im Anwendungsbereich des Art. 23 GG schließt Art. 38 GG aus, die durch die Wahl bewirkte Legitimation und Einflußnahme auf die Ausübung von Staatsgewalt durch die Verlagerung von Aufgaben und Befugnissen des Bundestages so zu entleeren, daß das demokratische Prinzip, soweit es Art. 79 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 und 2 GG für unantastbar erklärt, verletzt wird.  2. Das Demokratieprinzip hindert die Bundesrepublik Deutschland nicht an einer Mitgliedschaft in einer – supranational organisierten – zwischenstaatlichen Gemeinschaft.“ Die Schaffung eines europäischen Bundesstaates wäre nicht vom dem GG gedeckt. Dies war jedoch vorliegend nicht der Fall. „Die Bundesrepublik Deutschland unterwirft sich mit der Ratifikation des Unions-Vertrags nicht einem unüberschaubaren, in seinem Selbstlauf nicht mehr steuerbaren „Automatismus“ zu einer Währungsunion; der Vertrag eröffnet den Weg zu einer stufenweisen weiteren Integration der europäischen Rechtsgemeinschaft, der in jedem weiteren Schritt entweder von gegenwärtig für das Parlament voraussehbaren Voraussetzungen oder aber von einer weiteren, parlamentarisch zu beeinflussenden Zustimmung der Bundesregierung abhängt.“
  • Bananenmarkt-Entscheidung (BVerfG v. 7.6.2000 – 2 BvL 1/97, BVerfGE 102, 147): In dieser Entscheidung konkretisierte das BVerfG seine Solange II-Rechtsprechung und setzte einen sehr hohen Standard für die Zulässigkeit von Verfassungsbeschwerden gegen Gemeinschaftsrechtsakte: „Verfassungsbeschwerden und Vorlagen von Gerichten, die eine Verletzung in Grundrechten des Grundgesetzes durch sekundäres Gemeinschaftsrecht geltend machen, sind von vornherein unzulässig, wenn ihre Begründung nicht darlegt, dass die europäische Rechtsentwicklung einschließlich der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nach Ergehen der Solange II-Entscheidung unter den erforderlichen Grundrechtsstandard abgesunken sei. Deshalb muss die Begründung der Vorlage oder einer Verfassungsbeschwerde im Einzelnen darlegen, dass der jeweils als unabdingbar gebotene Grundrechtsschutz generell nicht gewährleistet ist.“ Es genügt also nicht, wenn der Grundrechtsschutz auf europäischer Ebene in einem Einzelfall nicht adäquat ist, sondern er muss generell unter den Schutzstandard des GG absinken.
  • Lissabon-Entscheidung (BVerfG v. 30.6.2009 – 2 BvE 2, 5/08 u.a., BVerfGE 123, 267): Das BVerfG beschäftigte sich in diesem jüngeren Beschluss erneut mit den Grenzen des europäischen Integrationsprozesses auf Grundlage von Art. 23 GG und überprüfte, ob diese im Hinblick auf den Lissabonvertrag eingehalten wurden. Das BVerfG pochte darauf, dass das Grundgesetz mit Art. 23 GG nur zur Beteiligung und Entwicklung einer als „Staatenverbund“ konzipierten Europäischen Union ermächtigt. Der Schaffung eines europäischen Bundesstaates kann also auf Grundlage des GG nicht zugestimmt werden. Wesentlich ist insofern, dass den europäischen Institutionen nicht die sog. Kompetenz-Kompetenz übertragen wird, oder andersherum formuliert, dass weiterhin das Prinizip der begrenzten Einzelermächtigung eingehalten wird. Die europäische Vereinigung auf der Grundlage einer Vertragsunion souveräner Staaten darf nicht so verwirklicht werden, dass in den Mitgliedstaaten kein ausreichender Raum zur politischen Gestaltung der wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Lebensverhältnisse mehr bleibt. Dies gilt insbesondere für Sachbereiche, die die Lebensumstände der Bürger, vor allem ihren von den Grundrechten geschützten privaten Raum der Eigenverantwortung und der persönlichen und sozialen Sicherheit prägen. Wichtig an dieser Entscheidung ist vor allem auch, dass sich das BVerfG für befugt hält, die Einhaltung des Prinzips der begrenzten Einzelermächtigung zu kontrollieren. Es prüft also, ob Rechtsakte der EU aus dem gesteckten Kompetenzrahmen ausbrechen („ausbrechender Rechtsakt“). Darüber hinaus prüft das Bundesverfassungsgericht, ob der unantastbare Kerngehalt der Verfassungsidentität des Grundgesetzes nach Art.  23 Abs.  1 Satz 3 in Verbindung mit Art.  79 Abs.  3 GG gewahrt ist.
  • Mangold-Beschluss (BVerfG v. 6.7.2010 – 2 BvR 2661/06): Dieses Urteil bildet vorläufig den Schlusspunkt in der Reihe von Entscheidungen zum Kooperationsverhältnis zwischen Karlsruhe und Luxemburg. In diesem Beschluss konnte das BVerfG präzisieren, wann genau ein ausbrechender Rechtsakt im Sinne der Lissabon-Rechtsprechung vorliegt und ob das viel kritisierte Urteil des EuGH in der Rs. Mangold einen solchen ausbrechenden Rechtsakt darstellt. Das BVerfG entschied zurückhaltend: Eine Ultra-vires-Kontrolle durch das BVerfG komme nur in Betracht, wenn ein Kompetenzverstoß der europäischen Organe hinreichend qualifiziert ist. Das setzt voraus, dass das kompetenzwidrige Handeln der Unionsgewalt offensichtlich ist und der angegriffene Akt im Kompetenzgefüge zu einer strukturell bedeutsamen Verschiebung zulasten der Mitgliedstaaten führt. Vor der Annahme eines Ultra-vires-Akts ist dem Gerichtshof der Europäischen Union im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV die Gelegenheit zur Vertragsauslegung sowie zur Entscheidung über die Gültigkeit und die Auslegung der fraglichen Handlungen zu geben, soweit er die aufgeworfenen Fragen noch nicht geklärt hat.

18.06.2011/3 Kommentare/von Dr. Stephan Pötters
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Stephan Pötters https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Stephan Pötters2011-06-18 20:20:412011-06-18 20:20:41Das Kooperationsverhältnis zwischen BVerfG und EuGH

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