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Schlagwortarchiv für: Ausschluss

Gastautor

BVerfG zum Ausschluss der Partei „Die Heimat“ (vormals: NPD) von der staatlichen Parteienfinanzierung

Aktuelles, BVerfG Leitentscheidungen & Klassiker, Examensvorbereitung, Fallbearbeitung und Methodik, Lerntipps, Mündliche Prüfung, Öffentliches Recht, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Schon gelesen?, Schwerpunktbereich, Startseite, Uncategorized, Verfassungsrecht

Wir freuen uns, nachfolgend einen Gastbeitrag von Tyrrell Blum veröffentlichen zu können. Der Autor ist Wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Arbeitsrecht und Recht der Sozialen Sicherheit der Universität Bonn sowie Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Düsseldorfer Wirtschaftskanzlei „ARQIS“.

A. Einleitung

Der zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat am 23. Januar 2024 einstimmig entschieden (BVerfG, Urt. v. 23.01.2024 – 2 BvB 1/19), dass die Partei „Die Heimat“ (vormals: NPD) für die Dauer von sechs Jahren von der staatlichen Parteienfinanzierung nach § 18 Parteiengesetz (PartG) ausgeschlossen ist. Dadurch entfallen gleichzeitig sämtliche steuerliche Begünstigungen der Partei – dies wirkt sich insbesondere mit Blick auf etwaige Spenden vehement aus.

Die Relevanz des Falles für das Staatsexamen liegt, ungeachtet der gesellschaftspolitischen Bedeutung, vor allem an der Tatsache, dass erstmalig ein solches Finanzierungsausschlussverfahren auf Grundlage des Art. 21 Abs. 3 GG angestrengt worden ist. Außerdem eignet sich der Sachverhalt gut, um staatsorganisationsrechtliche Kompetenzen abzufragen. Die Entscheidung soll daher im Folgenden entsprechend dem Aufbau einer juristischen Klausur dargestellt werden. Aus didaktischen Gründen ist der Sachverhalt an einzelnen Stellen leicht abgewandelt worden.

B. Sachverhalt (leicht abgewandelt)

Die N-Partei ist eine 1964 gegründete rechtsextreme Partei in Deutschland, die in der Vergangenheit mehrfach erfolgreiche Landtagswahlen verzeichnen konnte. Sie ist bundesweit organisiert und verfügt neben regionalen Untergliederungen über eine eigene Jugendorganisation. Außerdem richtet sie regelmäßig Parteiveranstaltungen in Form von Parteitagen, Tagungen, Konferenzen und Schulungen aus und verfügt über Publikationsorgane in Printversionen und digitalen Formaten. Im Jahre 2014 ist sie zudem aufgrund des Wegfalls der Sperrklausel für die Wahl zum Europäischen Parlament mit einem Ergebnis von 1 % der Stimmen mit einem Abgeordneten in das Europäische Parlament eingezogen.

Seit einigen Jahren ist die Wählerzahl jedoch stetig gesunken, sodass die N-Partei gegenwärtig in keinem Parlament auf Bundes- oder Landesebene vertreten ist. In der jüngsten Bundestags- und Europawahl hat sie jeweils unter einem Prozent erzielt. In gleicher Weise ist die Mitgliederzahl der Partei stetig gesunken.

Die N-Partei fordert in ihrem Parteiprogramm die „Einheit von Volk und Staat“ und postuliert „Volksherrschaft setzt Volksgemeinschaft voraus“. Hierbei bezieht sie sich auf einen ethnischen Volksbegriff und der Vorstellung von der deutschen „Volksgemeinschaft“ als Abstammungsgemeinschaft, die einen Vorrang gegenüber dem einzelnen Menschen haben soll. Eine „Überfremdung“ Deutschlands soll daher in jedem Falle verhindert werden. Weitergehend soll die bestehende Verfassungsordnung durch einen autoritären „Nationalstaat“ ersetzt werden, der an der ethnischen „Volksgemeinschaft“ ausgerichtet ist.

Diese politischen Ziele möchte die N-Partei anhand einer „Vier-Säulen-Strategie“ und vor allem durch zahlreiche öffentliche Veranstaltungen, darunter auch in Zusammenarbeit mit anderen rechtsextremen Parteien und Organisationen, erreichen.

Bis zum Jahr 2021 hat die N-Partei an der staatlichen Parteienfinanzierung partizipiert. Nach der Bundestagswahl 2021 hat sie jedoch nicht mehr die nach § 18 Abs. 4 S. 1 Hs. 1 PartG erforderlichen Wahlergebnisse erzielt und demnach ihren Anspruch verloren.

Nichtsdestotrotz konnte die Partei erhebliche Einnahmen außerhalb der staatlichen Teilfinanzierung erlangen, vor allem durch Mitgliedsbeiträge und Spenden. Aufgrund dieser Einnahmen gelang es ihnen weiterhin einen Überschuss zu erzielen und somit einen defizitären Haushalt zu verhindern. So betrug der Überschuss zuletzt im Jahre 2020 insgesamt 451.692,32 €.

Der Bundestag möchte der steuerlichen Begünstigung der N-Partei nun ein Ende setzen. Am 17.07.2019 beantragt er beim Bundesverfassungsgericht, die N-Partei von staatlicher Finanzierung auszuschließen und den Wegfall der steuerlichen Begünstigung und von Zuwendungen festzustellen. Die N-Partei sei sowohl nach ihren Zielen als auch nach dem ihr zurechenbaren Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen und zu beseitigen.

Das Bundesverfassungsgericht wendet sich sodann an den Vorstand der N-Partei und gibt ihm eine Gelegenheit zur Stellungnahme. Die N-Partei hält den Antrag für unzulässig und unbegründet. Der Antrag sei bereits unstatthaft, da weder das Grundgesetz noch das Bundesverfassungsgerichtsgesetz eine Verfahrensart kennen, mit der eine politische Partei von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen werden kann. Etwaig vorhandene Regelungen seien wegen Verstoßes gegen Art. 21 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 und 2 sowie Art. 79 Abs. 3 GG verfassungswidrig und nichtig.

Außerdem fehle das Rechtsschutzbedürfnis für einen Finanzierungsausschluss der N-Partei, da sie infolge ihrer mäßigen Wahlergebnisse nahezu vollständig aus der staatlichen Finanzierung herausgefallen seien.

Jedenfalls sei der Antrag unbegründet mangels Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 3 GG, insbesondere mit Blick auf das Tatbestandsmerkmal des „Darauf-Ausgerichtetseins“. Wie im Falle des Art. 21 Abs. 2 GG könne auch im Rahmen des Abs. 3 nicht auf das Potentialitätskriterium verzichtet werden.

Hat der Finanzierungsausschlussantrag Aussicht auf Erfolg?

C. Gutachten

Vorweg: Aufgrund des Umstandes, dass Art. 21 Abs. 3 GG erst seit 2017 existiert, fällt die entsprechende Ausbildungsliteratur hierzu vergleichsweise eher spärlich aus. Dies wird auch der Tatsache geschuldet sein, dass nun erstmals ein solches Finanzierungsausschlussverfahren angestrengt worden ist. Konsequenterweise wird eine beachtliche Leistung des Prüflings bereits in der Transferleistung liegen, dass er ein „eigenes“ Prüfungsschema anhand des Gesetzes und der Kenntnisse zum Parteiverbotsverfahren erstellt. Die erforderliche Gesetzeslektüre richtet sich hierbei primär nach den Bestimmungen des Art. 21 Abs. 2-4 GG bzw. §§ 43 ff. BVerfGG.

Der Finanzierungsausschlussantrag hat Aussicht auf Erfolg, wenn er zulässig und soweit er begründet ist.

I. Zulässigkeit

Der Antrag des Bundestages müsste zunächst zulässig sein.

1. Zuständigkeit des BVerfG

Das Bundesverfassungsgericht ist gem. Art. 93 Abs. 1 Nr. 5 GG i.V.m. Art. 21 Abs. 4 Alt. 2 GG, § 13 Nr. 2a BVerfGG für das Finanzierungsausschlussverfahren zuständig.

Der Statthaftigkeit des Antrages steht es nicht entgegen, dass Art. 21 Abs. 3 GG von der N-Partei als verfassungswidriges Verfassungsrecht gerügt wird, weshalb das Grundgesetz eine entsprechende Antragsart von vornherein nicht kennen würde. Die materiell-rechtliche Beurteilung der Verfassungswidrigkeit ist eine Frage der Begründetheit, weshalb für die Statthaftigkeit ausreicht, dass die begehrte Entscheidung überhaupt gesetzlich vorgesehen ist.

2. Antragsberechtigung

Der Bundestag ist gem. § 43 Abs. 1 S. 1 BVerfGG antragsberechtigt.

3. Antragsgegner

Die N-Partei ist der richtige Antragsgegner gem. § 43 Abs. 1 S. 1 BVerfGG. Sie wird gem. § 44 Abs. 1 S. 1 BVerfGG i.V.m. § 11 Abs. 3 PartG vom Vorstand vertreten.

4. Vorverfahren

Das Bundesverfassungsgericht hat dem Vertretungsberechtigten, also dem Vorstand der Partei gem. § 44 Abs. 1 S. 1 BVerfGG i.V.m. § 11 Abs. 3 PartG, Gelegenheit zur Äußerung gegeben und somit das nach § 45 BVerfGG erforderliche Vorverfahren durchgeführt.

5. Form

Von einem ordnungsgemäßen Antrag gem. § 23 Abs. 1 BVerfGG ist auszugehen.

6. Rechtsschutzbedürfnis

Fraglich ist, ob im Rahmen eines Finanzierungsausschlussverfahrens ein Rechtsschutzbedürfnis notwendig ist.

Dagegen spricht zunächst der Sinn und Zweck des Finanzierungsausschlussverfahrens. Dieses ist – wie auch das Parteiverbotsverfahren – auf präventiven Verfassungsschutz gerichtet und soll nicht den subjektiven Interessen des Antragsstellers dienen. Außerdem würde hiermit im Ergebnis eine Kontrolle des politischen Ermessens bei der Entscheidung über eine Antragstellung stattfinden. Schließlich führt sogar der missbräuchliche Antrag eines Parteiverbots nicht zur Unzulässigkeit, weshalb dies erst recht für einen Antrag gelten muss, an dessen Entscheidung der Antragsberechtigte kein eigenes Interesse hat.

Für die Erforderlichkeit spricht der systematische Vergleich mit anderen verfassungsrechtlichen Streitigkeiten, bei denen ein Rechtsschutzbedürfnis grundsätzlich notwendig ist.

Ein Streitentscheid ist jedoch nur erforderlich, wenn kein Rechtsschutzbedürfnis vorliegt. Ein Rechtsschutzbedürfnis ist gegeben, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an der Rechtsverfolgung hat und eine gerichtliche Inanspruchnahme erforderlich ist. Dem könnte der Umstand entgegenstehen, dass die N-Partei infolge ihrer mäßigen Wahlergebnisse nahezu vollständig aus der staatlichen Finanzierung herausgefallen ist. Das verfolgte Rechtsziel in Form des Ausschlusses der staatlichen Finanzierung stellt demnach im Ergebnis bereits den gegenwärtigen Zustand dar.

Dies lässt jedoch außer Acht, dass die N-Partei zukünftig wieder Wahlerfolge verbuchen könnte und damit die Beteiligungsvoraussetzungen erneut aufleben würden. Jenes lässt sich nur vermeiden, indem ein Finanzierungsaussschlussverfahren durchgeführt wird, wonach die N-Partei in jedem Falle in den künftigen sechs Jahren von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen wäre. Darüber hinaus stellt auch der Entzug der mittelbaren Parteienfinanzierung in Form von Steuerbegünstigungen nach Art. 21 Abs. 3 S. 2 GG ein legitimes Ziel dar. Der Entzug folgt dem Ausschluss von staatlicher Teilfinanzierung akzessorisch und kann nicht eigenständig verfolgt werden. Somit würden von vornherein auch die Rechtsfolgen des Art. 21 Abs. 3 S. 2 GG vereitelt werden, obwohl die Partei hiervon unter Umständen noch profitiert. Schließlich ist Sinn und Zweck des Art. 21 Abs. 3 GG die präventive Abwehr erstarkender verfassungsfeindlicher Parteien. Diesen soll nicht nur gegenwärtige Finanzzuwendungen entzogen, sondern für einen festgelegten Zeitraum jegliche Partizipation an der staatlichen Parteienfinanzierung verwehrt werden.

Aufgrund dieser Erwägungen ist ein Rechtsschutzbedürfnis gegeben, weshalb sich ein Streitentscheid erübrigt.

7. Zwischenergebnis

Der Antrag des Bundestages ist zulässig.

II. Begründetheit

Der Antrag ist begründet, soweit die N-Partei darauf ausgerichtet ist, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, vgl. Art. 21 Abs. 3 S. 1 GG.

1. Art. 21 Abs. 3 GG als „verfassungswidriges Verfassungsrecht“

Der Ausschluss von der staatlichen Parteienfinanzierung ist nur möglich, wenn Art. 21 Abs. 3 GG selbst keinen verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegt.

Eine Verfassungsänderung, die nicht die durch Art. 79 Abs. 3 GG aufgestellten Grenzen einhält, stellt „verfassungswidriges Verfassungsrecht“ dar und ist nichtig. Demzufolge ist eine Änderung des Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, nichtig.

a) Demokratieprinzip

Art. 21 Abs. 3 GG könnte eine die Ewigkeitsgarantie des Art. 79 Abs. 3 GG berührende Aushöhlung des Demokratieprinzips darstellen und damit nichtig sein.

Das Demokratieprinzip ist verankert in Art. 20 Abs. 1 und 2 GG und verlangt, dass sich die Ausübung hoheitlicher Gewalt durch staatliche Organe auf die Gesamtheit der Bürger zurückführen lässt. Hierbei muss eine gleichberechtigte Teilnahme aller Bürger an der politischen Willensbildung stets gewährleistet sein. Ein wichtiges Instrument hierfür ist der Grundsatz der Chancengleichheit der politischen Parteien.

Hinweis: Art. 79 Abs. 3 GG schützt nicht jede einzelne Ausprägung des Demokratieprinzips. Vielmehr soll das demokratische Wesen des Verfassungsstaates als solches geschützt werden – dessen Wesensgehalt darf nicht durch eine Grundgesetzänderung negiert oder in substantieller Weise beeinträchtigt werden.

Art. 21 Abs. 3 GG sieht einen Finanzierungsausschluss im Falle von verfassungsfeindlichen Parteien vor. Aufgrund der entzogenen finanziellen Mittel steht die N-Partei im politischen Wettbewerb schlechter dar, insbesondere in Zeiten des Wahlkampfes.
Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass die Chancengleichheit in ihrem Kerngehalt erhalten bleibt; eine absolute Garantie dessen wird durch Art. 79 Abs. 3 GG nicht gewährleistet. Parteien, die auf die Abschaffung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ausgehen, können gem. Art. 21 Abs. 2 GG verboten und damit vollständig von der Mitwirkung an der politischen Willensbildung des Volkes ausgeschlossen werden. Dies ist eine Folge des grundgesetzlichen Konzepts der „wehrhaften Demokratie“, wonach die freiheitliche demokratische Ordnung des Grundgesetzes geschützt werden soll.
In gleicher Weise ist ein Eingriff in die Chancengleichheit durch Art. 21 Abs. 3 GG zulässig, wenn dieser dem Bestand und der Sicherung der freiheitlichen Demokratie dient. Der Finanzierungsausschluss bezweckt in abgestufter Variante ebendiesen Schutz vor Parteien, die gerade dessen Beseitigung anstreben. Es können demnach nur solche Parteien von den Folgen des Art. 21 Abs. 3 GG getroffen werden, deren chancengleiche Beteiligung an der politischen Willensbildung nicht Teil des grundgesetzlichen Demokratieprinzips ist. Zudem gewährt die politische Chancengleichheit keinen Anspruch auf finanzielle Unterstützung, sondern sieht nur eine gleichheitsgerechte Ausgestaltung vor, sofern diese stattfindet.

Folglich berührt Art. 21 Abs. 3 GG nicht die Substanz des in Art. 20 GG garantierten Demokratieprinzips i.S.d. Art. 79 Abs. 3 GG.

b) Menschenwürdegarantie

Art. 21 Abs. 3 GG könnte jedoch in verfassungsfeindlicher Weise die Menschenwürdegarantie gem. Art. 1 Abs. 1 GG berühren und damit nichtig sein.

Der Schutz- und Achtungsanspruch der Menschenwürde umfasst auch den Anspruch auf demokratische Selbstbestimmung der Bürger. Dieser sichert den Bürgern eine gleichberechtigte Teilhabe an der Ausgestaltung der freiheitlichen demokratischen Ordnung zu, ausgehend vom Eigenwert und Würde des zur Freiheit befähigten Menschen.
Aufgrund des finanziellen Ausschlusses der N-Partei, kann der einzelne Bürger seine bevorzugte Partei nicht mehr finanziell unterstützen. Hierin könnte eine Verhinderung der Wahrnehmung des demokratischen Selbstbestimmungsrechtes des einzelnen Bürgers liegen.
Dem steht jedoch erneut das Konzept der „wehrhaften Demokratie“ entgegen. Der Bürger hat keinen Anspruch darauf, dass auch verfassungsfeindliche Parteien an einer staatlichen Finanzierung partizipieren können. Weitergehend bleibt es dem Bürger überlassen die Partei auf eine andere Art und Weise zu unterstützen und auf diesem Wege politisch mitzuwirken. Das demokratische Selbstbestimmungsrecht des Bürgers ist nicht allein auf eine finanzielle Unterstützung beschränkt, sondern kann auf unterschiedlichste Art verwirklicht werden.

Mithin berührt Art. 21 Abs. 3 GG nicht die Menschenwürdegarantie gem. Art. 1 Abs. 1 GG i.S.d. Art. 79 Abs. 3 GG und ist damit nicht nichtig.

c) Zwischenergebnis

Art. 21 Abs. 3 GG tangiert nicht die von Art. 79 Abs. 3 GG geschützten Regelungsinhalte. Folglich handelt es sich bei Art. 21 Abs. 3 GG nicht um „verfassungswidriges Verfassungsrecht“ und unterliegt damit keiner verfassungsrechtlichen Bedenken.

Hinweis: Im Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist zudem die Vereinbarkeit des Art. 21 Abs. 3 GG mit den Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention thematisiert und bejaht worden. Dies soll an dieser Stelle jedoch nicht weiter vertieft werden.

2. Beeinträchtigung oder Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung

Weitergehend müssten die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 3 S. 1 GG gegeben sein. Hierbei „bedarf es einer [restriktiven] Auslegung der einzelnen Tatbestandsmerkmale, die dem Charakter des Ausschlusses von der staatlichen Finanzierung in Art. 21 Abs. 3 S. 1 GG als ‚demokratieverkürzende Ausnahmenorm‘ genügt (Rn. 244).

Der Tatbestand könnte durch eine Beeinträchtigung oder Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung erfüllt sein.

Hinweis: Die tatbestandliche Prüfung verläuft hier weitestgehend parallel zu der Prüfung des Parteiverbots gem. Art. 21 Abs. 3 GG. Folglich kann auf das dortige Wissen zurückgegriffen werden. Der einzige Unterschied liegt in der Voraussetzung des „Darauf-Ausgehens“ und des „Darauf-Ausgerichtetseins“ – auf genau diesen Unterschied kam es in dieser Entscheidung schwerpunktmäßig an.

a) Freiheitliche demokratische Grundordnung

Zunächst müsste die freiheitliche demokratische Grundordnung betroffen sein. Diese umfasst nur „wenige, zentrale Grundprinzipien, die für den freiheitlichen Verfassungsstaat schlechthin unverzichtbar sind, [sodass weiterhin ein] kritische[s] Hinterfragen einzelner Elemente der Verfassung möglich sein [kann], ohne dass dadurch ein Parteiverbot oder ein Finanzierungsausschluss ausgelöst werden kann.“ (Rn. 248).

Den Ausgangspunkt stellt die Würde des Menschen gem. Art. 1 Abs. 1 GG dar. Daneben kommt dem Demokratieprinzip und dem Rechtsstaatsprinzip eine große Bedeutung zu.

aa) Menschenwürde

Das politische Konzept der N-Partei könnte mit der Garantie der Menschenwürde i.S.d. Art. 1 Abs. 1 GG unvereinbar sein. Diese umfasst insbesondere die „Wahrung personaler Individualität, Identität und Integrität sowie die elementare Rechtsgleichheit.“

Die N-Partei bekennt sich in ihrem Parteiprogramm deutlich zu dem Vorrang einer ethnisch definierten „Volksgemeinschaft“ und begehrt eine „Einheit von Volk und Staat“. In jedem Falle soll eine „Überfremdung“ Deutschlands verhindert werden, damit das deutsche Volk mit Blick auf die Abstammung, Sprache und Wertevorstellungen erhalten bleibt. Ein solcher „Volksbegriff“ negiert, vor allem in der Gesamtschau der Äußerungen, den Achtungsanspruch der Person. Insbesondere wird hierdurch eine Rechtsgleichheit für alle verweigert und einzelne gesellschaftliche Gruppierungen und Minderheiten werden in entschlossener Art und Weise diffamiert und ausgegrenzt. Diesen Personen wird auf Grundlage des von der N-Partei entwickelten „Volksbegriffes“ die Geltung der Grundrechte abgesprochen, wodurch der Vorrang einzelner Menschen erreicht werden soll. Der personalen Individualität, Identität und Integrität eines Menschen werden hierbei in keiner Weise Rechnung getragen, da es allein auf den „ethnischen Deutschen“ ankommt.

Jedenfalls das Gesamtbild dieser Standpunkte stellt einen Verstoß gegen die Garantie der Menschenwürde i.S.d. Art. 1 Abs. 1 GG dar.

bb) Demokratieprinzip

Weitergehend könnte das politische Konzept der N-Partei auch gegen das Demokratieprinzip i.S.d. Art. 20 Abs. 1 und 2 GG verstoßen. Das Demokratieprinzip sichert unter anderem die gleichberechtigte Teilhabe an der politischen Willensbildung ab.

Die N-Partei fordert die „Einheit von Volk und Staat“ und postuliert „Volksherrschaft setzt Volksgemeinschaft voraus“. Die Volksherrschaft soll demnach von der Volksgemeinschaft ausgehen, welche die N-Partei jedoch anhand ihres eigenen „ethnischen Volksbegriffes“ definiert. Hierdurch werden alle diejenigen von der demokratischen Willensbildung ausgeschlossen, die dieser Gemeinschaft per Definition der N-Partei nicht angehören. Ein „ethnisch Nichtdeutscher“ könnte demnach in dem begehrten „autoritären Nationalstaat“, der die aktuelle Bundesrepublik ersetzen soll, nicht wählen. Dies greift in elementarer Weise in den Grundsatz des Demokratieprinzips ein, wonach sich die Ausübung hoheitlicher Gewalt durch staatliche Organe nicht mehr auf die Gesamtheit aller Bürger zurückführen lässt.

Folglich verstößt das politische Konzept der N-Partei auch gegen das Demokratieprinzip i.S.d. Art. 20 Abs. 1 und 2 GG.

cc) Rechtsstaatsprinzip

Das Begehren die aktuelle Verfassungsordnung durch einen „autoritären Nationalstaat“ mit den oben beschriebenen Grundsätzen zu ersetzen, stellt zudem einen Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip i.S.d. Art. 20 Abs. 3 GG dar.

dd) Zwischenergebnis

Mithin ist die freiheitliche demokratische Grundordnung betroffen aufgrund der Unvereinbarkeit mit der Garantie der Menschenwürde, dem Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip.

b) Beeinträchtigung oder Beseitigung

Des Weiteren müsste die Partei die freiheitliche demokratische Grundordnung „beeinträchtigen“ oder „beseitigen“. Dies muss sich hierbei aus den Zielen der Partei oder dem Verhalten ihrer Anhänger ergeben, wobei Letzteres der Partei auch zurechenbar sein muss. Eine Zurechnung des Verhaltens von bloßen Anhängern ist möglich, soweit darin der politische Wille der betroffenen Partei erkennbar zum Ausdruck gebracht wird und eine Beeinflussung oder Billigung seitens der Partei vorliegt.

Eine „Beeinträchtigung“ liegt vor, wenn „eine Partei nach ihrem politischen Konzept mit hinreichender Intensität eine spürbare Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung bewirken will.“ (Rn. 261). Der Begriff des „Beseitigens“ hingegen bezeichnet „die Abschaffung zumindest eines der vorstehend beschriebenen Wesenselemente der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder deren Ersetzung durch eine andere Verfassungsordnung beziehungsweise ein anderes Regierungssystem.“ (Rn. 260).

Die N-Partei begehrt einen an der ethnischen „Volksgemeinschaft“ ausgerichteten „autoritären Nationalstaat“, der die aktuelle Verfassungsordnung in Gänze ersetzen soll. Das hierbei verfolgte politische Konzept widersetzt sich der Garantie der Menschenwürde und ist mit dem grundgesetzlichen Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip unvereinbar. Diese Wesenselemente der freiheitlichen demokratischen Grundordnung würden demnach gefährdet und nach vollständiger Einführung des „autoritären Nationalstaats“ vollständig abgeschafft werden.

Folglich strebt die N-Partei nach ihren Zielen nicht nur eine Beeinträchtigung, sondern die Beseitigung der bestehenden freiheitlichen demokratischen Grundordnung an.

c) „Darauf ausgerichtet“

Schließlich müsste die N-Partei auch nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger „darauf ausgerichtet“ sein, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen.

Im Unterschied zum „Darauf-Ausgehen“ des Art. 21 Abs. 2 GG setzt ein „Darauf-Ausgerichtetsein“ ein „qualifiziertes und planvolles Handeln zur Beseitigung oder Beeinträchtigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung voraus, ohne dass es auf das Erfordernis der Potentialität ankommt.“ (Rn. 277).

Hinweis: Dieser Unterschied zwischen den beiden Tatbeständen – also das Ausbleiben des Potentialitätserfordernisses – muss in der Klausur deutlich werden. Die Wahrscheinlichkeit des Erfolges, soll im Rahmen des Art. 21 Abs. 3 GG als bewusste Entscheidung des verfassungsändernden Gesetzgebers unerheblich sein. Vielmehr sollte die Möglichkeit geschaffen werden, dass solch verfassungsfeindliche Parteien von vornherein bei der Gewährung staatlicher Zuschüsse keine Berücksichtigung finden.

Die N-Partei verfügt über eine bundesweite Organisationsstruktur und führt ebenfalls bundesweit eigene Veranstaltungen durch. Hierbei pflegt sie Kontakte zu anderen rechtsextremen Parteien und Organisationen. Für ihre politischen Ziele wirbt sie öffentlich und tritt zudem regelmäßig bei Wahlen an, um so ihre Mitgliederzahl zu erhöhen. Sie verfügt außerdem über eine Jugendorganisation, mit der das Gedankengut der Partei unter beeinflussbaren Jugendlichen verbreitet werden soll. Ferner werden die Ideale der Partei der breiten Masse über zahlreiche Parteiveranstaltungen in Form von Parteitagen, Tagungen, Konferenzen und Schulungen zugetragen. Dies wird in gleicher Weise anhand von Publikationsorganen der Partei in Printversionen und digitalen Formaten erreicht. Folglich strebt die N-Partei die Erreichung ihrer Ziele auf unterschiedlichen Wegen an, damit sie diese möglichst effizient und erfolgreich umsetzen können. Schließlich sprechen die sinkenden Wahlerfolge nicht gegen die Annahme der Voraussetzung, da es eben nicht auf die Wahrscheinlichkeit des Erfolges ankommt.

Somit ist die N-Partei auch nach ihren Zielen „darauf ausgerichtet“, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen.

c) Zwischenergebnis

Die N-Partei ist auf die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ausgerichtet.

3. Gefährdung des Bestands der Bundesrepublik Deutschland

Die N-Partei gefährdet aufgrund der obigen Erwägungen auch den Bestand der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere mit Blick auf das politische Ziel einen „autoritären Nationalstaat“ einzuführen.

4. Zwischenergebnis

Die N-Partei ist darauf ausgerichtet die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen und den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, vgl. Art. 21 Abs. 3 S. 1 GG.

Damit ist der Antrag begründet.

III. Entscheidung des BVerfG

Das Bundesverfassungsgericht wird gem. § 46a Abs. 1 S. 1 BVerfGG feststellen, dass die Partei für sechs Jahre von der staatlichen Finanzierung nach § 18 des Parteiengesetzes ausgeschlossen ist.

D. Einordnung der Entscheidung

Die Entscheidung ist das Ergebnis einer längeren Prozedur: Den Anfang begründete das gescheiterte Verbotsverfahren gegen die NPD im Jahre 2017 (BVerfG, Urt. v. 17.01.2017 – 2 BvB 1/13, NJW 2017, 611). Die NPD ist hierbei zwar als verfassungsfeindlich eingestuft worden- für ein Verbot reichte das aber nicht: Es fehlte an konkreten Anhaltspunkten, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass das Handeln der Partei zur Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung führt.

Der Gesetzgeber reagierte auf diese Entscheidung, indem er mit Wirkung zum 20. Juli 2017 den dritten Absatz des Artikel 21 GG eingeführt hat, der im Mittelpunkt dieser Entscheidung stand. Die NPD sah sich durch diese Grundgesetzänderung in ihren Rechten verletzt und regte ein Organstreitverfahren an. Das BVerfG lehnte jedoch die Antragsbefugnis der NPD ab und hat dessen Antrag daher verworfen (BVerfG, Beschl. v. 20.06.2023 – 2 BvE 1/17, BeckRS 2023, 15363).

Im Juli 2019 haben Bundesrat, Bundestag und Bundesregierung auf Grundlage des Art. 21 Abs. 3 GG den Ausschluss der NPD von der staatlichen Parteienfinanzierung beantragt, was nun schlussendlich zu dieser Entscheidung geführt hat.

Die Entscheidung ist aus gesellschaftspolitischer Sicht zu begrüßen – eine verfassungsfeindliche Partei sollte keinesfalls eine staatliche Finanzierung oder steuerliche Begünstigungen erhalten und sendet somit ein wichtiges Signal in inner- und außenpolitischer Hinsicht.
Darüber hinaus ist das Urteil auch aus rechtlicher Sicht bedeutsam: Die Entscheidungsgründe stellen in ausführlicher Art und Weise die grundgesetzlichen Fundamente unserer Verfassung dar und richten hierbei häufig einen historischen Blick auf die Erfahrungen des Nationalsozialismus. In diesem Kontext wird insbesondere die elementare Bedeutsamkeit des Art. 79 GG und die unterschiedlichen Ausprägungen des Demokratieprinzips – auch im Zusammenspiel mit der Menschenwürde – beleuchtet. Bahnbrechende neue Erkenntnisse sind dem Urteil zwar nicht zu entnehmen; es stellt dennoch eine notwendige rechtliche Verfestigung der bisherigen juristischen Einschätzung des Sachverhaltes dar.

Hinsichtlich aktueller Geschehnisse könnte hiermit jedoch die Vorlage für ein Verfahren gegen die AfD geschaffen worden sein. Es bleibt nichtsdestotrotz abzuwarten, ob ein solches Verfahren tatsächlich angestrengt wird und ob die Voraussetzungen für einen Finanzierungsausschluss aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts vorliegen – beides erscheint in Anbetracht der aktuellen Entwicklungen nicht fernliegend.

07.02.2024/3 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2024-02-07 09:12:452024-02-07 09:12:54BVerfG zum Ausschluss der Partei „Die Heimat“ (vormals: NPD) von der staatlichen Parteienfinanzierung
Dr. Maximilian Schmidt

OLG Oldenburg: „Gekauft wie gesehen“ kein umfassender Gewährleistungsausschluss!

Rechtsprechung, Schon gelesen?, Schuldrecht, Startseite, Zivilrecht

„Gekauft wie gesehen“ – eine Formulierung, die sich im Alltag bei Kaufverträgen verschiedenster Gegenstände etabliert hat. Im Fokus eines für Examensklausuren besonders „heißen“ Beschlusses des OLG Oldenburg steht aber mal wieder der Gebrauchtwagenkauf (v. 28.8.2017 – 9 U 29/17). Der Fall zeigt, dass die in der Praxis oft gewählte Formulierung für Verkäufer sehr gefährlich werden kann.
I. Sachverhalt (der Pressemitteilung entnommen)

Eine Frau aus dem Emsland hatte von einem Mann aus Wiesmoor einen gebrauchten Peugeot für gut 5.000 Euro gekauft. Nach einiger Zeit wollte sie das Fahrzeug zurückgeben und ihren Kaufpreis zurückerhalten. Sie behauptete, das Fahrzeug habe einen erheblichen Vorschaden, von dem sie beim Kauf nichts gewusst habe. Der Verkäufer bestritt einen Vorschaden und berief sich außerdem darauf, dass man mit der benutzen Formulierung „gekauft wie gesehen“ Gewährleistungsansprüche ausgeschlossen habe.

II. Rechtliche Würdigung
Die Klägerin könnte einen Anspruch aus §§ 346 Abs. 1 S.1, 437 Nr. 2, 434, 433, 323 BGB auf Rückgewähr des Kaufpreises in Höhe von 5.000 Euro gegen den Verkäufer haben.
Ein Kaufvertrag sowie die Lieferung einer mangelhaften Sache liegen vor. Durch den erheblichen Vorschaden weicht die Kaufsache jedenfalls nach § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB von der Beschaffenheit ab, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann: Der Pkw hat nach den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen einen erheblichen, nicht vollständig und fachgerecht beseitigten Unfallschaden. Eine Fristsetzung war wegen der Unmöglichkeit der Nacherfüllung nicht erforderlich, § 326 Abs. 5 BGB.
Der Verkäufer könnte jedoch nach § 444 BGB die Gewährleistungsrechte der Käuferin ausgeschlossen haben. Dies könnte hier in Form der verwendeten Formulierung „Gekauft wie gesehen“ der Fall sein. Notwendig ist insoweit eine Auslegung der von den Vertragsparteien gewählten Vertragsformulierung „Gekauft wie gesehen“. Auslegungsmaßstab ist der objektive Empfängerhorizont, §§ 133, 157 BGB. Ein objektiver Dritter versteht die Formulierung nach Auffassung des OLG Oldenburg als bloß beschränkten Gewährleistungsausschluss. Dieser umfasst demnach nur solche Mängel, die ein Laie ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen bei einer Besichtigung erkennen könne. Mängel, die dem verständigen Käufer bei bloßer Ansicht des Kaufgegenstandes verborgen bleiben, sind demnach nicht von der Gewährleistung ausgeschlossen. Vorliegend handelt es sich um einen sog. versteckten Mangel, der für einen Laien bei bloßer Außenansicht nicht erkennbar war. Insoweit greift der Gewährleistungsausschluss daher nicht.

Eine nachvollziehbare Entscheidung: Die Gewährleistung wird nur soweit ausgeschlossen, wie die Vertragsparteien von ihr durch Augenschein Kenntnis nehmen konnten. Ein weitergehender Ausschluss bedarf der konkreten Vereinbarung, da der Käufer im Zweifel nicht auf Rechte verzichtet, deren Umfang er überhaupt nicht abschätzen kann. Den Vertragsparteien bleibt es aber selbstverständlich möglich, einen umfassenden Ausschluss zu vereinbaren – dieser muss dann aber eben ausdrücklich erfolgen. Etwa: „Unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung“.

Gepunktet werden kann an dieser Stelle noch mit gutem Systemverständnis der gleichsam zweistufigen Prüfung des § 444 BGB: Zunächst ist festzustellen, ob überhaupt ein den streitgegenständlichen Mangel umfassender Gewährleistungsauschluss vorliegt – was vorliegend bereits zu verneinen war. Erst in einem weiteren Schritt ist – bei Annahme des Ausschlusses der Gewährleistung – zu prüfen, ob der Verkäufer diesen arglistig verschwiegen hat. Liegt aber bereits kein Gewährleistungsausschluss vor, kommt es nach der Konzeption des Gewährleistungsrechts der §§ 434 ff. BGB nicht auf die Kenntnis oder Arglist des Verkäufers an. Dieses ist insoweit, also hinsichtlich des Rücktritts als Lösungsrecht vom Vertrag, gerade verschuldensunabhängig ausgestaltet. Anders hingegen bei aus dem Mangel folgenden Schadensersatzansprüchen, die grundsätzlich verschuldensabhängig ausgestaltet sind (§ 280 Abs. 1 BGB).
Im Examen ist eine sorgsame Auslegung des Inhalts des Gewährleistungsausschlusses zu prüfen und sodann zu subsumieren. Letzteres dürfte leicht fallen, wenn der Mangel erst durch einen Sachverständigen aufgeklärt werden konnte und ansonsten für Laien nicht erkennbar war. Wieder einmal ein examensträchtiger Fall rund um Gebrauchtwagen – als gäbe es nicht bereits genug!

10.10.2017/1 Kommentar/von Dr. Maximilian Schmidt
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Maximilian Schmidt https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Maximilian Schmidt2017-10-10 10:00:452017-10-10 10:00:45OLG Oldenburg: „Gekauft wie gesehen“ kein umfassender Gewährleistungsausschluss!
Dr. Christoph Werkmeister

OVG Koblenz: NPD-Mitglied zu Recht aus Ausschuss abberufen

Kommunalrecht, Öffentliches Recht, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Verwaltungsrecht

Wir berichteten bereits im Januar 2013 über ein äußerst examensrelevantes Urteil des VG Neustadt, das sich mit der Abberufung eines NPD-Mitglieds aus einem Kreisausschuss befasste. Das VG bejahte seinerzeit die Rechtmäßigkeit der Entscheidung. In der Berufungsinstanz wurde das respektive Urteil mit der Berufung beim OVG Koblenz angegriffen (Beschluss vom 07.08.2013, Az. 10 A 10430/13.OVG). Das OVG bestätigte – zumindest unter Zugrundelegung des hiesigen Sachverhalts – die Entscheidung des VG.
Mit der aktuellen Entscheidung des OVG dürfte sich die Examenrelevanz der im Urteil diskutierten rechtlichen Fragestellung noch einmal signifikant erhöhen, so dass die Lektüre der erstinstanzlichen Entscheidung im Volltext durchaus angeraten sei (s. dazu VG Neustadt, Urteil vom 28.01.2013 – 3 K 845/12.NW).
Sachverhalt und Entscheidung
Die Pressemitteilung des erstinstanzlich zuständigen VG Neustadt fasst den Sachverhalt sowie die wesentlichen Entscheidungssgründe konzis zusammen:

Das VG Neustadt hat entschieden, dass die Entscheidung des Kreistages des Landkreises Südwestpfalz, eines seiner Mitglieder, das der NPD angehört, als Beisitzer aus dem Kreisrechtsausschuss des Landkreises Südwestpfalz abzuberufen, rechtmäßig war ().
Nach Auffassung des VG Neustadt ist die Entscheidung des Kreistages, den Kläger als Beisitzer aus dem Kreisrechtsausschuss abzuberufen, rechtlich nicht zu beanstanden. Nach den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften sei ein Beisitzer von seinem Amt abzuberufen, wenn er seine Amtspflichten gröblich verletzt habe. Dies sei hier der Fall. Ein Beisitzer im Kreisrechtsausschuss übe ein Ehrenamt aus und unterliege deshalb gegenüber dem Landkreis einer besonderen Treuepflicht. Der Kreisrechtsausschuss sei weisungsunabhängig und überprüfe das vom Bürger beanstandete Verhalten der Verwaltung auf seine Recht- und Zweckmäßigkeit. Insofern übe er hoheitliche Gewalt aus. Die Stellung des von Weisungen des Landkreises unabhängigen Beisitzers des Rechtsausschusses sei derjenigen eines ehrenamtlichen Richters angenähert. Dieser unterliege jedoch einer Pflicht zur besonderen Verfassungstreue. Da der Beisitzer dasselbe Stimmrecht wie der vorsitzende Landrat bzw. dessen Vertreter habe, dieser aber die Gewähr dafür bieten müsse, für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten, müsse dies ebenso für die Beisitzer gelten. Der Kläger biete diese Gewähr aber nicht. Er sei langjähriges Mitglied in der NPD, einer rechtsextremen Partei, und nehme dort eine herausgehobene Funktion wahr. So gehöre er als NPD-Mitglied dem Kreistag des Landkreises Südwestpfalz. Er trete als Organisator rechtsextremistischer Demonstrationen und Veranstaltungen in Erscheinung und berichte auf den Seiten des NPD-Kreisverbandes Westpfalz und der “Pfalzstimme”, deren Herausgeber er sei, über aktuelle politische Themen und Veranstaltungen der NPD sowie anderer rechtsextremistischer Organisationen. Bei Kundgebungen verunglimpfe er die Bundesrepublik öffentlich als “Bananenrepublik”, “BRD-Regime” und “Besatzer-Regime”.
Zwar habe es bisher keine aktenkundigen Beanstandungen aufgrund seines Verhaltens in Sitzungen des Kreisrechtsausschusses gegeben. Jedoch stelle auch ein außeramtliches Verhalten eines Beisitzers eine Amtspflichtverletzung dar, wenn durch dessen gezeigtes Verhalten sein Ansehen in einem solchen Maße erschüttert werde, dass seine Vertrauenswürdigkeit ausgeschlossen werde. Davon sei hier auszugehen. Der Kläger habe mehrfach mit E-Mails die Betriebsabläufe in der Kreisverwaltung gestört, um Arbeitskraft zu binden und zu provozieren. Ferner habe der Kläger einen Beitrag in der “Pfalzstimme” verfasst (“NPD legt Bürokratie in der Südwestpfalz lahm”), in dem er seine negative Einstellung zur Kreisverwaltung eindeutig zu erkennen gegeben habe. Mit diesem Artikel habe er ebenfalls gegen die Treuepflicht verstoßen. Es sei aufgrund einer Gesamtschau nicht anzunehmen, dass der Kläger seiner Aufgabe im Rechtsausschuss unvoreingenommen (z.B. Ausländer betreffend) und offen für unterschiedliche Auffassungen und Überzeugungen nachzukommen vermöge. Das Ansehen des Rechtsausschusses als von Weisungen unabhängiges Kontrollorgan bei der Kreisverwaltung sei daher in hohem Maße gefährdet.

Prozessuales
In prozessualer Hinsicht stellt hier u.a. die statthafte Klageart einen Schwerpunkt bei der Prüfung der Zulässigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Klage gegen die Abberufungsentscheidung des Kreisrechtsausschusses dar. Die statthafte Klageart hängt davon ab, ob man den Ausschluss als Verwaltungsakt iSd § 35 S. 1 VwVfG qualifizieren kann. Insbesondere ist fraglich, ob die dafür erforderliche Außenwirkung vorliegt. Dies wäre nur dann der Fall, sofern der Ausschluss als Beisitzer den Inhaber des Ehrenamtes auch außerhalb seiner organschaftlichen Funktion, mithin im verwaltungsexternen Bereich, tangiert. Das VG Neustadt führt hierzu etwa aus:

Der Beschluss des Kreistages oder Stadtrates ergeht gegenüber dem abberufenen  Mitglied als hoheitliche Maßnahme mit Regelungscharakter. Denn der Abberufene verliert seine Stellung als Beisitzer des Kreis- oder Stadtrechtsausschusses. Dieser Maßnahme kommt auch die für einen Verwaltungsakt charakteristische Außenwirkung zu. Denn der Verlust der Stellung als Beisitzer des Rechtsausschusses trifft den Betroffenen in seinem Recht auf ehrenamtliche Tätigkeit als Beisitzer des Kreis- oder Stadtrechtsausschusses (vgl. § 9 Abs. 3 AGVwGO) und damit als Bürger, der ein Ehrenamt bekleidet (vgl. Oster/Nies, Praxis der Kommunalverwaltung Rheinland-Pfalz, Kommentar, § 11 AGVwGO, Anm. 3; Stamm/Lukas in Gabler/Höhlein u.a., Kommunalverfassungsrecht Rheinland-Pfalz, Stand: Dezember 2012, § 28 GemO, Anm. 4.1).
Im vorliegenden Fall ändert an der Einordnung des Beschlusses des Kreistages des Südwestpfalz Kreises vom 18. Juni 2012 als Verwaltungsakt die Mitgliedschaft des Klägers im Kreistag des Südwestpfalz Kreises nichts. Denn der Kläger ist durch diesen Kreistagsbeschluss nicht in seiner Stellung als Kreistagsmitglied und damit als Teil des Landkreisorgans Kreistag (§ 21 Abs. 1 LKO) betroffen. Seine Rechtsstellung als Kreistagsmitglied bleibt von der angegriffenen Entscheidung des Kreistages gänzlich unberührt.

Eine andere Ansicht ist an dieser Stelle indes gut vertretbar. Es lässt sich insofern durchaus argumentieren, dass vorliegend lediglich die organschaftliche Position als solche und nicht etwa weitere subjektive öffentliche Rechte in Frage stehen. Das Vorliegen der Außenwirkung i.S.v. § 35 S. 1 VwVfG wäre bei dieser Argumentation zu verneinen.  Da es dann an einem Verwaltungsakt fehlen würde, wäre die Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO nicht die statthafte Klageart. Vielmehr wäre dann eine Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO einschlägig und zwar gerichtet auf Feststellung der Rechtswidrigkeit (und damit Rechtsfolgenlosigkeit) des Kreistagsbeschlusses.
Der letztgenannte Weg ist – auch wenn die Gerichte dies gut vertretbar anders entschieden haben – zumindest aus klausurtaktischer Sicht vorzugswürdig. Der Fall bietet so nämlich Gelegenheit, sich im Übrigen noch mit den besonderen Zulässigkeitsproblemen des sog. Kommunalverfassungsstreites zu befassen, was bei Annahme einer Anfechtungsklage fehlgehen würde. Einen umfassenderen Überblick zu den relevanten prozessualen Problemen des Kommunalverfassungsstreites bietet dieser instruktive Beitrag.
Kontext
Die Entscheidung reiht sich nahtlos in die bereits bestehende Judikatur zu nachteiligen Folgen durch die NPD-Mitgliedschaft ein. Das Urteil ist aufgrund der prozessualen sowie materiellrechtlichen Hürden als enorm examensrelevant zu bezeichnen und wird ganz sicher in nächster Zeit Gegenstand von Klausuren des ersten sowie des zweiten Staatsexamens sein. Aus diesem Grunde sei – wie Eingangs bereits erwähnt – ausnahmsweise die Lektüre der Entscheidungsgründe im Volltext empfohlen.
Um sich mit dem breiten Kontext der übrigen examensrelevanten Entscheidungen in diesem Zusammenhang vertraut zu machen, sei zudem die Lektüre der folgenden weiterführenden Artikel sehr empfohlen:

  • Entzug einer Waffenbesitzkarte wegen NPD-Mitgliedschaft
  • Kündigung im öffentlichen Dienst wegen NPD-Mitgliedschaft
  • Gleichbehandlung bei Ausübung des Hausrechts gegen ein NPD-Mitglied
  • Widerruf der Bestellung als Bezirksschornsteinfeger wegen NPD-Mitgliedschaft

19.08.2013/1 Kommentar/von Dr. Christoph Werkmeister
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Christoph Werkmeister https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Christoph Werkmeister2013-08-19 08:11:402013-08-19 08:11:40OVG Koblenz: NPD-Mitglied zu Recht aus Ausschuss abberufen
Dr. Christoph Werkmeister

BGH: Haftungsbeschränkungen in AGB von Reinigungen

AGB-Recht, Rechtsprechung, Zivilrecht

Erst vor einigen Tagen berichteten wir sehr ausführlich zu einem examensrelevanten Urteil, das sich mit dem Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen befasste (in der Sache ging es um die Zulässigkeit des Verkaufs von Miles&More-Punkten, siehe dazu hier). Der BGH äußerte sich aktuell erneut zu einer Fallgestaltung aus dem AGB-Recht (Urteil vom 04.07.2013 – VII ZR 249/12). Behandelt wurden dieses Mal bestimmte Haftungsbeschränkungsklauseln, die im Textilreinigungsgewerbe gebräuchlich sind.
Klassische AGB-Kontrolle
Die AGB von vielen Textilreinigern enthielten die folgende Klausel:

Der Textilreiniger haftet für den Verlust des Reinigungsgutes unbegrenzt in Höhe des Zeitwertes. Für Bearbeitungsschäden haftet der Textilreiniger nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit unbegrenzt in Höhe des Zeitwertes. Ansonsten ist die Haftung auf das 15fache des Bearbeitungspreises begrenzt. Achtung: Unsere Haftung kann auf das 15fache des Bearbeitungspreises begrenzt sein (siehe Nr. 5 AGB). Sie können aber unbegrenzte Haftung in Höhe des Zeitwertes, zum Beispiel durch Abschluss einer Versicherung, vereinbaren.

Insbesondere die ersten beiden Sätze der Klausel wurden vom BGH wegen Verstoßes gegen § 309 Nr. 7 b) BGB für unwirksam erklärt, da eine Beschränkung der Haftung für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit auf den Zeitwert der beschädigten Sache vorlag. Nach Auffassung des BGH musste indes der Wiederbeschaffungswert der Sache maßgeblich sein.
Im Übrigen stelle die Beschränkung auf das 15fache des Reinigungspreises einen Verstoß gegen § 307 Abs. 1 BGB dar, da die Klausel den Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteilige. Der Reinigungspreis, der im Vergleich zum Wert der Sache erheblich niedriger sein kann, stellt nach dem BGH keinen tauglichen Maßstab für die Begrenzung der Haftung dar. Es fehle jegliche Relation zur tatsächlichen Schadenshöhe.
Examensrelevanz
Das AGB-Recht muss zwingend für das erste sowie das zweite Staatsexamen beherrscht werden. Die hier genannten Aspekte, die zu einer Nichtigkeit der Klausel führten, stellen nur einen von vielen Aufhängern dar, um die Wirksamkeit der Klauseln zu Fall zu bringen. Für die Klausur ist eine ausschöpfende Argumentation bei der Bewertung der Klauseln und weniger das Ergebnis bedeutsam, um dem Korrektor zu zeigen, dass der Sinngehalt der Klausel und auch der wirtschaftliche Kontext nachvollzogen werden konnten.
Die Systematik und der Prüfungsaufbau einer AGB-Prüfung werden in einem anderen Beitrag erläutert (siehe dazu schematisch hier). Die wichtigsten Judikate aus der letzten Zeit zu diesem Thema findet ihr im Übrigen hier.

08.07.2013/0 Kommentare/von Dr. Christoph Werkmeister
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Christoph Werkmeister https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Christoph Werkmeister2013-07-08 07:01:252013-07-08 07:01:25BGH: Haftungsbeschränkungen in AGB von Reinigungen
Dr. Christoph Werkmeister

Aktuelle examensrelevante verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung

Kommunalrecht, Rechtsprechung

In den letzten Tagen ist wieder eine Reihe von öffentlich-rechtlichen Problemkreisen durch die verwaltungsgerichtliche Judikatur gegangen. Kandidaten, für die bald die mündliche Prüfung ansteht, sollten sich deshalb mit den im Folgenden genannten Themen einmal kurz auseinandergesetzt haben. Daneben ist es zumindest denkbar, dass die Sachverhalte zu gegebener Zeit auch als Aufhänger in Klausuren für das erste sowie zweite Staatsexamen Eingang finden werden. Da die Pressemitteilungen der genannten Fälle die jeweils einschlägige Problematik bereits ausreichend erläutern, werden im Folgenden lediglich Auszüge aus den respektiven Mitteilungen zitiert, wobei jeweils am Ende auf weiterführende Lektüre hingewiesen wird.
OVG Koblenz: Voraussetzungen für den Ausschluss eines Ratsmitglieds aus dem Stadtrat (Urteil vom 15.03.2013 – 10 A 10573/12.OVG)

Der Stadtrat von Trier durfte den Kreisvorsitzenden der Trierer NPD aufgrund einer rechtskräftigen Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung aus dem Rat ausschließen. Der Ausschluss des Klägers aus dem Stadtrat gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 GemO Rheinland-Pfalz sei rechtmäßig gewesen. Insbesondere verstoße diese Vorschrift, wonach ein nach seiner Wahl rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten verurteiltes Ratsmitglied vom Gemeinderat ausgeschlossen werden kann, wenn es durch die Straftat die für ein Ratsmitglied erforderliche Unbescholtenheit verwirkt hat, bei verfassungskonformer Auslegung nicht gegen die verfassungsrechtlich gewährleisteten Wahlgrundsätze der Allgemeinheit, Gleichheit und Unmittelbarkeit der Wahl. Zwar stelle der Ausschluss aus dem Gemeinderat, durch den die Zusammensetzung eines gewählten Organs nach Abschluss des eigentlichen Wahlvorganges verändert werde, einen Eingriff in diese Wahlgrundsätze dar. Denn diese würden auch für das passive Wahlrecht gelten und das Recht gewährleisten, eine Wahl anzunehmen und das errungene Mandat auszuüben. Der Eingriff sei aber verfassungsrechtlich gerechtfertigt. § 31GemO Rheinland-Pfalz diene dem Schutz des Ansehens der Gemeindevertretung, sofern dadurch die verfassungsrechtlich gewährleistete Funktionsfähigkeit der kommunalen Selbstverwaltung betroffen sei.
Nichts anderes ergibt sich für das OVG aus dem Umstand, dass der Bundesgesetzgeber nach § 45 Abs. 1 und 4 StGB erst bei einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr wegen eines Verbrechens einen den Verlust öffentlicher Ämter rechtfertigenden Ansehensverlust von Straftätern annehme und im Kommunalrecht der anderen Bundesländer vergleichbare Regelungen über den Ausschluss von Mitgliedern aus dem Gemeinderat fehlten.

Es handelt sich hierbei (mal wieder) um eine kommunalrechtliche Entscheidung, bei der (vermeintliche) Benachteiligungen der NPD im Vordergrund stehen. Die Entscheidung ist insbesondere deshalb interessant, da eine landesrechtliche Gemeinderechtsnorm am Maßstab der Wahlrechtsgrundsätze gemessen wird. Zudem stellt der argumentative Rekurs auf die Vorschrift des § 45 StGB eine Möglichkeit dar, um auch im weiteren systematischen Kontext zu punkten. Ähnliche Entscheidungen wurden bereits häufiger bei uns besprochen, weswegen an dieser Stelle auf die damaligen Beiträge verwiesen sei (s. dazu etwa hier, kürzlich auch hier sowie hier).
OVG Rheinland-Pfalz: Trauermarsch der NPD am Volkstrauertag (Urteil vom 20.03.2013 – 7 A 11277/12.OVG)

Die NPD hatte für den 13.11.2011 – den Volkstrauertrag – einen Trauermarsch mit etwa 40 Teilnehmern von Haßloch nach Böhl-Iggelheim angemeldet. Die Veranstaltung sollte nach ihren Angaben anlässlich des Volkstrauertages zum Gedenken an die in den Kriegen gefallenen Soldaten und Zivilisten sowie die in Böhl-Iggelheim umgekommenen deutschen Gefangenen des dortigen alliierten Gefangenenlagers stattfinden. Es war beabsichtigt Fahnen, Stellschilder, ein Handmegaphon, eine transportable Lautsprecheranlage, ein Lautsprecherfahrzeug, Fackeln und Transparente mitzuführen. Verschiedene Redner sollten zu Wort kommen und Flugblätter verteilt werden. Der beklagte Landkreis Bad Dürkheim verbot die Versammlung, weil sie gegen den Schutz des Volkstrauertages nach dem Feiertagsgesetz verstoße. Der sich über 5 km erstreckende Marsch mit Kundgebungsmitteln widerspreche dem Charakter des Volkstrauertages als Tag der Trauer und des stillen Gedenkens. Es sei auch mit Gegendemonstrationen und daher mit einem entsprechenden Polizeiaufgebot zu rechnen. Dies störe die Feiertagsruhe empfindlich. Die hiergegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen.
Nach Auffassung des Oberverwaltungsgericht war das Verbot der Versammlung rechtswidrig. Zwar habe der angemeldete Trauermarsch in seiner konkreten Ausgestaltung gegen das Feiertagsgesetz verstoßen. Dieses schütze den Volkstrauertag, der als Gedenktag für die Toten der beiden Weltkriege und die Opfer des Nationalsozialismus zu den wenigen stillen Feiertagen gehöre, besonders, indem es neben dem Verbot von Sport- und Tanzveranstaltungen öffentliche Versammlungen untersage, die nicht dem Charakter des Feiertags entsprächen. Die während der mehrstündigen Versammlung vorgesehene Verwendung eines Handmegaphons, einer transportablen Lautsprecheranlage und eines Lautsprecherfahrzeugs habe nicht zu Trauer und stillem Totengedenken beigetragen, sondern im Gegenteil das Gedenken der Bevölkerung empfindlich gestört. Das angeordnete Verbot des Trauermarschs sei jedoch unverhältnismäßig gewesen. Denn der genannte Verstoß gegen das Feiertagsgesetz hätte – ebenso wie etwaige weitere Verstöße – durch die Erteilung von Auflagen bezüglich der vorgesehenen Hilfsmittel sowie gegebenenfalls der Reden und Flugblätter abgewehrt werden können. Der Trauermarsch als solcher habe einen inhaltlichen Bezug zum Volkstrauertag und zum Gedenken an die Toten der beiden Weltkriege gehabt. Er habe daher nach seinem Anlass dem Charakter des Feiertags keinesfalls widersprochen. Wenn es wegen Gegendemonstranten etwa im Hinblick auf ihre Anzahl und ihr – unfriedliches – Verhalten eines größeren Polizeiaufgebots bedurft haben sollte, wäre die Störung der Feiertagsruhe von den Gegendemonstranten ausgegangen und könne dem Kläger nicht zugerechnet werden.

Mal wieder eine versammlungsrechtliche Entscheidung, wobei insbesondere in materiellrechtlicher Sicht die Voraussetzungen eines Versammlungsverbots nach § 15 Abs. 1 VersG zu prüfen waren. Bei der Frage, ob von der Versammlung eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausging (hier in Form der Rechtsordnung, namentlich des Landesfeiertagsgesetzes), galt es die Besonderheiten des o.g. Sachverhalts zu beachten. Die Vorschrift des § 15 VersG ist hierbei zudem im Lichte der Versammlungsfreiheit nach Art. 8 Abs. 1 GG auszulegen. Um sich die Systematik und Prüfung eines Versammlungsverbotes zu vergegenwärtigen, sei im Übrigen auf ausführlicheren Beitrag zu § 15 VersG in einem anderen examensrelevanten Einzelfall verwiesen (siehe dazu hier).

14.04.2013/0 Kommentare/von Dr. Christoph Werkmeister
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Christoph Werkmeister https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Christoph Werkmeister2013-04-14 08:37:262013-04-14 08:37:26Aktuelle examensrelevante verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung
Dr. Christoph Werkmeister

BVerwG: Kommunalwahl in Dortmund muss wiederholt werden

Kommunalrecht, Öffentliches Recht, Öffentliches Recht, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Verfassungsrecht

Das Bundesverwaltungsgericht entschied vor kurzem über die Beschwerde von zwei SPD-Ratsherren gegen eine Entscheidung des OVG in Münster. Das OVG hatte ausgesprochen, dass die Dortmunder Kommunalwahl von 2009 wiederholt werden müsse. Gegen die Nichtzulassung der Revision richtete sich die Beschwerde zum BVerwG, die nunmehr abgewiesen wurde. Damit ist das Urteil des OVG Münster aus dem Dezember 2011 rechtskräftig (s. zum ganzen auch hier).
Die nunmehr rechtskräftige Entscheidung des OVG ist äußerst examensrelevant, da in diesem Kontext die wohl bekannten Wahlrechtsgrundsätze in einem ungewöhnlichen Gewand abgeprüft werden können. Wir berichteten bereits ausführlich zu dieser Entscheidung, so dass an dieser Stelle lediglich ein Verweis auf unseren Beitrag vom Dezember 2011 erfolgt.

19.05.2012/0 Kommentare/von Dr. Christoph Werkmeister
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Christoph Werkmeister https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Christoph Werkmeister2012-05-19 08:11:342012-05-19 08:11:34BVerwG: Kommunalwahl in Dortmund muss wiederholt werden

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