Das OLG Oldenburg entschied mit Urteil vom 10.03.2015 – 13 U 73/14, dass eine zum Rücktritt von einem PKW-Kaufvertrag berechtigende erhebliche Pflichtverletzung i.S.d. § 323 Abs. 5 S. 2 BGB auch bei bloßem Fehlen eines Aschenbechers vorliegen kann.
Sinn und Zweck der Bagatellklausel des § 323 Abs. 5 S. 2 BGB ist der schon in §§ 459 Abs. 1 S. 2, 536 Abs. 1 S. 2, 634 Abs. 3 aF sowie in Art 49 Abs. 1 lit. a, 64 Abs. 1 lit. a CISG enthaltene Gedanke, dass die Rechtsfolge einer Vertragsverletzung verhältnismäßig sein muss und der Rücktritt als schärfster Eingriff in das Vertragsverhältnis bei marginalen Abweichungen vom Pflichtenprogramm des Schuldners ausgeschlossen ist (BeckOK-BGB/Schmidt, § 323 Rn. 39). Zur Feststellung der Erheblichkeit der Pflichtverletzung bedarf es einer umfassenden Abwägung der beiderseitigen Interessen. Dabei ist die Bedeutung des Mangels anhand der Verkehrsanschauung und aller Umstände des Einzelfalls zu würdigen.
Grundsätzlich möchte man daher – so auch die Vorinstanz – davon ausgehen, dass ein fehlender Aschenbecher bei einem 125.000€ teuren PKW mit Blick auf die wirtschaftlichen Umstände unerheblich ist. Anders jedoch im entschiedenen Fall, da der Käufer besonders angegeben hatte, dass er ein „Raucherauto“ kaufen möchte und daher über den Aschenbecher eine Beschaffenheitsvereinbarung i.S.d. § 434 BGB getroffen wurde. Der Verstoß gegen eine solche Beschaffenheitsvereinbarung indiziert regelmäßig die Erheblichkeit (BGH NJW 2013, 1365 Rn 16; NJW-RR 2010, 1289 Rn 23 = BB 2010, 1175 m Anm Ayad/Hesse; OLG Düsseldorf NJW-RR 2009, 400, 401; LG Nürnberg-Fürth BeckRS 2014, 12082 Rn 30).
Für unseren 125.000€ teuren Lexus bedeutet dies, dass das Fehlen des vereinbarten Aschenbechers einen tauglichen Rücktrittsgrund darstellt. Da der Käufer bereits 44.000km mit dem PKW gefahren war, waren aber die gezogenen Nutzungen herauszugeben.
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