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Schlagwortarchiv für: arglistige Täuschung

Gastautor

Keine Hinweispflicht des Verkäufers auf Doppelmord in Wohnhaus: Urteil des LG Coburg vom 06.10.2020 – 11 O 92/20

BGB AT, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Zivilrecht

Wir freuen uns, einen Gastbeitrag von Philippe Keller veröffentlichen zu können. Der Autor hat Rechtswissenschaften in Bonn studiert und verfolgt dort derzeit ein Promotionsvorhaben. Außerdem ist er Wissenschaftlicher Mitarbeiter in einer Kölner Großkanzlei.

Das LG Coburg hatte sich in einem erst kürzlich veröffentlichten Urteil vom 06.10.2020 (Az. 11 O 92/20) mit der Anfechtung eines Kaufvertrags wegen arglistiger Täuschung durch Verschweigen, und damit einem klassischen und examensrelevanten Problem des BGB-AT, zu beschäftigen. Kurz gesagt ging es darum, dass die Verkäuferin eines Wohnanwesens die Käuferin nicht darüber informiert hatte, dass sich in dem Haus ein Doppelmord an einer Frau und ihrem kleinen Kind ereignet hatte.

I.       Sachverhalt

Hintergrund war ein Immobilienerwerb im Jahr 2018. Die Klägerin (K) kaufte mit notariellem Vertrag vom 13.12.2018 ein Wohnanwesen von der Beklagten (B) zur Eigennutzung. Ein knappes Jahr später fand K heraus, dass es sich bei der Immobilie um den Schauplatz eines Doppelmordes an einer Frau und ihrem Kleinkind im Jahre 1998 handelte. Durch die Geschichte des Hauses ist K nun psychisch belastet. Sie hätte das Anwesen nicht gekauft, wenn sie von der düsteren Vorgeschichte gewusst hätte. Am 13.12.2019 erklärte K deshalb gegenüber B die Anfechtung des Kaufvertrags wegen arglistiger Täuschung und verlangte die Rückabwicklung des Vertrags.

B, die das Anwesen ihrerseits 2004 erworben hatte, erfuhr damals auch erst nach dem Kauf von dessen Geschichte, hatte somit aber jedenfalls zu dem Zeitpunkt der Veräußerung an K Kenntnis. Sie informierte K jedoch hiervon im Rahmen des Immobilienerwerbs nicht. B und ihr damaliger Ehemann hatten vielmehr auch nach Kenntniserlangung von dem Doppelmord noch mehr als zehn Jahre dort gewohnt, da dieser für sie keine große Rolle gespielt hatte und sie sich keine weiteren Gedanken darüber gemacht hatten.

II.    Rechtliche Einordnung

Das rechtliche Kernproblem liegt in der Frage, wann eine arglistige Täuschung durch Verschweigen vorliegt. Nachfolgend soll diese durch das LG Coburg (unter Rückgriff auf die Rechtsprechung des BGH) für den konkreten Fall beantwortete Frage erläutert werden.

Zur Geltendmachung ihres Anspruchs auf Rückzahlung des Kaufpreises aus rechtsgrundloser Bereicherung nach erfolgreicher Anfechtung wegen arglistiger Täuschung Zug um Zug gegen die Rückübereignung des Wohnanwesens kann K sich hier zunächst auf § 812 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BGB i.V.m. §§ 142 Abs. 1, 123 Abs. 1 Var. 1 BGB berufen.

B hat den Kaufpreis durch Leistung von K erlangt. Fraglich ist jedoch, ob der Rechtsgrund durch Anfechtung des Kaufvertrags ex tunc (nach der m.M. ex nunc und damit § 812 Abs. 1 S. 2 Var. 1) entfallen ist. Wenn wie hier die Anfechtung eines Kaufvertrags aus Gründen erfolgt, die auch einen Mangel darstellen könnten, ist zumindest gedanklich zu prüfen, ob die Anfechtung nicht durch den Vorrang der §§ 437 ff. BGB ausgeschlossen ist (tatsächlich ist dies nur bei einem Eigenschaftsirrtum nach § 119 Abs. 2 BGB der Fall)[1]. Die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ist jedenfalls aufgrund des unterschiedlichen Schutzzwecks nicht ausgeschlossen.[2] K als Anfechtungsberechtigte hat die Anfechtung gegenüber B als richtiger Anfechtungsgegnerin gemäß § 143 Abs. 1, 2 BGB erklärt.[3] Auch die einjährige Anfechtungsfrist nach Kenntniserlangung gemäß § 124 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Abs. 1 BGB wurde eingehalten.

III.  Anfechtungsgrund: arglistige Täuschung durch Verschweigen

Die entscheidende Frage ist jedoch, ob eine arglistige Täuschung durch B und damit ein Anfechtungsgrund nach § 123 Abs. 1 Var. 1 BGB vorlag. Das LG Coburg führt hierzu aus:

„Bei einer Täuschung durch Verschweigen eines offenbarungspflichtigen Umstandes handelt arglistig, wer den Umstand kennt oder ihn für möglich hält und gleichzeitig weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Vertragspartner den Umstand nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit diesem Inhalt geschlossen hätte (BGH, NJW 1995, Seite 1549f.).“

1.      Täuschung

a)      Offenbarungspflicht

Eine Täuschung kann auch durch ein Unterlassen begangen werden. Grundsätzlich muss aber jede Vertragspartei selbst ihre eigenen Interessen wahrnehmen. Es gibt keine allgemeine Pflicht zur Offenbarung aller Umstände, die für die andere Partei von Bedeutung für den Vertragsschluss sein könnten. Nur ausnahmsweise kommt eine Offenbarungspflicht in Betracht. Ganz im Sinne der Rechtsprechung des BGH[4] verlangt das LG Coburg für das Vorliegen einer solchen, dass

„[…] der andere Teil nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung redlicherweise Aufklärung über den betreffenden. Umstand erwarten darf.“

Ist nun die Tatsache, dass ein grausames Verbrechen in einem Wohnanwesen stattgefunden hat, ein solcher offenbarungspflichtiger Umstand, über den der Vertragspartner Aufklärung erwarten darf? Wie so oft heißt es auch hier wieder „es kommt drauf an“.

b)     Zeitfaktor: Bedeutung eines Verbrechens nimmt mit der Zeit ab

Grundsätzlich ist nach der Überzeugung des Gerichts die Tatsache, dass in einem zum Verkauf stehenden Haus ein Verbrechen stattgefunden hat, schon aufklärungspflichtig. Allerdings spiele der zeitliche Faktor eine entscheidende Rolle,

„[…] da bei objektiver Bewertung die Bedeutung eines derartigen Umstandes für die Kaufentscheidung mit zunehmendem Zeitablauf geringer wird.“

Hier lagen zwischen dem Doppelmord und dem Vertragsschluss gut 20 Jahre. Eine Zeitspanne, die nach Ansicht des Gerichts dazu führt, dass

„[…] über ein so lange zurückliegendes Verbrechen ohne Nachfrage oder ohne Hinzutreten besonderer Umstände […]“

nicht aufgeklärt werden muss. Vorliegend hat weder K nachgefragt, noch lagen besondere Umstände vor, die an der Beurteilung etwas geändert hätten. Es liegt somit schon keine Täuschung vor.

2.      Arglist

Sicherheitshalber und im Hinblick auf das Gewährleistungsrecht taktisch geschickt widmet sich das LG aber auch noch dem Merkmal der Arglist. Arglistig handelt, wie bereits oben erwähnt, nur der,

„[…] der damit rechnet bzw. billigend in Kauf nimmt, dass der Vertragspartner den Umstand nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit diesem Inhalt geschlossen hätte.“

Das Gericht stellt darauf ab, dass das Verbrechen für B und ihren damaligen Ehemann keine Bedeutung gehabt habe. Dies zeige sich daran, dass beide auch nach Kenntniserlangung noch über ein Jahrzehnt selbst in dem Anwesen gewohnt hätten. Insoweit glaubt das Gericht der B, dass sie sich bei dem Verkauf keine Gedanken über die tragische Geschichte des Hauses gemacht habe.

„Sie hat daher gerade nicht billigend in Kauf genommen, dass die Klägerin den Vertrag bei Kenntnis der entsprechenden Umstände nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte.“

B hätte das Verbrechen somit auch nicht arglistig verschwiegen, wenn es sich dabei um einen offenbarungspflichtigen Umstand gehandelt hätte.

3.      Mängelgewährleistungsrechte

Die Frage, ob es sich bei der Geschichte des Hauses um einen Sachmangel handelt, konnte vorliegend unbeantwortet bleiben, da der Kaufvertrag einen Haftungsausschluss für Sach- und Rechtsmängel enthielt

„[…] und somit nur arglistig verschwiegene Mängel entsprechende Gewährleistungsansprüche des Käufers auslösen könnten.“

Mangels Arglist scheiden deshalb auch Gewährleistungsansprüche, wie die Rückabwicklung oder Schadensersatz für vergebens getätigte Aufwendungen, aus.

IV. Fazit

Auch hinter einer reißerischen Überschrift und einem tragischen Doppelmord kann sich am Ende ein klassisches Anfechtungsproblem des BGB-AT verbergen. Eine Offenlegungspflicht des Verkäufers besteht nur in Ausnahmefällen und zwar dann, wenn es sich um Umstände handelt, bei denen der andere Teil nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung redlicherweise Aufklärung erwarten darf. Ein solch schweres Verbrechen wie ein Doppelmord ist grundsätzlich ein solcher Umstand. Allerdings nimmt seine Bedeutung nach objektiver Betrachtung mit der Zeit an Bedeutung für die Kaufentscheidung ab. Ohne das Hinzutreten besonderer Umstände ist diese Information mehr als 20 Jahre nach dem Verbrechen nicht mehr unbedingt offenzulegen.

Das Urteil bietet eine hervorragende Grundlage für einen Klausurfall mit dem Schwerpunkt auf der Arglistanfechtung. Ergänzen ließe sich eine Klausur gut durch eine im Originalsachverhalt angelegte Vertretungsproblematik. Bei fortgeschrittenen Klausuren sind auch eine prozessuale Einkleidung sowie die vertiefte Problematisierung des Haftungsausschlusses denkbar.

Das Schema zur Anfechtungsprüfung findet sich hier.

[1] Vgl. m.w.N. MüKoBGB/Armbrüster, 9. Aufl. 2021, BGB § 119 Rn. 29-34.

[2] BeckOK BGB/Wendtland, 60. Ed. 1.11.2021, BGB § 123 Rn. 40.

[3] Im Ausgangsfall ließ K sich hierbei vertreten, so dass in einer Klausur an dieser Stelle ein Anknüpfungspunkt für stellvertretungsrechtliche Probleme sein kann.

[4] BGH NJW 2001, 64; NJW-RR 1998, 1406; NJW-RR 1991, 439; NJW 1989, 763.

04.03.2022/0 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2022-03-04 09:25:002022-07-21 09:44:15Keine Hinweispflicht des Verkäufers auf Doppelmord in Wohnhaus: Urteil des LG Coburg vom 06.10.2020 – 11 O 92/20
Dr. Gerrit Forst

BGH: § 444 BGB setzt nicht voraus, dass arglistiges Verschweigen für Kaufentschluss kausal war

Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Schon gelesen?, Schuldrecht, Zivilrecht, Zivilrecht

Am 23.9.2011 hat der BGH unter www.bundesgerichtshof.de eine Entscheidung im Volltext veröffentlicht, die zur Veröffentlichung in der amtlichen Sammlung vorgesehen ist und sowohl für Klausuren als auch für die mündliche Prüfung sehr hohe Relevanz besitzt (Urt. v. 15.7.2011 – V ZR 171/10).
I. Sachverhalt
Die Kläger erwarben von dem Beklagten unter Ausschluss jeder Gewährleistung eine Eigentumswohnung, die mit einer öffentlich-rechtlichen Veränderungsbeschränkung belastet war. Dies war dem Beklagten und dessen Stellvertreter bekannt. In dem Kaufvertrag wurde auf die Belastung nicht hingewiesen. Auch wurden die Kläger nicht anderweitig aufgeklärt (gerichtlich unterstellt). Die Kläger verlangten Rückabwicklung des Kaufvertrages.
Das Berufungsgericht war der Ansicht, der Rückabwicklung stehe jedenfalls der Gewährleistungsausschluss entgegen. Es fehle am arglistigen Verschweigen eines Mangels, weil die Käufer die Eigentumswohnung auch in Kenntnis der Belastung erworben hätten.
II. Entscheidung
Der BGH stuft die Baulast zunächst unter Verweis auf sein Urt. v. 10.3.1978 – V ZR 69/76, NJW 1978, 1429 als Sachmangel ein. Hinsichtlich dieses Sachmangels habe den Beklagten bzw. dessen Stellvertreter auch eine Aufklärungspflicht getroffen, weil der Verkäufer eines Grundstücks über verborgene wesentliche Mängel stets aufzuklären habe.
Entscheidend sei, ob der Gewährleistungsausschluss eingreife. Dies verneint der BGH unter Verweis auf § 444 BGB: Auch wenn ein arglistig verschwiegener Sachmangel für den Willensentschluss des Käufers nicht ursächlich gewesen sei, sei dem Verkäufer die Berufung auf den vereinbarten Haftungsausschluss gemäß § 444 BGB verwehrt. Es sei Aufgabe des Verkäufers, zu erkennen, ob ein Mangel potentiell für den Käufer von Bedeutung sei und über diesen bejahendenfalls aufzuklären.
 
 
 

27.09.2011/0 Kommentare/von Dr. Gerrit Forst
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Gerrit Forst https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Gerrit Forst2011-09-27 11:04:302011-09-27 11:04:30BGH: § 444 BGB setzt nicht voraus, dass arglistiges Verschweigen für Kaufentschluss kausal war
Samuel Ju

BGH-Urteil: Trotz arglistiger Täuschung kein Rücktritt möglich!

Schuldrecht, Zivilrecht

Der BGH hat in einem Urteil vom 12. März 2010 (V ZR 147/09) entschieden, dass das Recht eines Käufers zum Rücktritt vom Vertrag auch dann erlischt, wenn es wegen eines arglistigen Verhaltens des Verkäufers im Hinblick auf den Mangel des erfolglosen Ablaufs einer Frist zur Nacherfüllung als Voraussetzung für einen Rücktritt vom Vertrag nicht bedurft hätte, der Mangel der Kaufsache innerhalb einer hierzu von dem Käufer gesetzten Frist zur Nacherfüllung dann aber behoben wird.
Sachverhalt (gekürzt und vereinfacht)
Das Grundstück „W. 112“ in E. ist nach dem Wohnungseigentumsgesetz geteilt. Eine der Wohnungen gehörte den Beklagten, eine andere Herrn Dr. K. und Frau O. . Diese unterrichteten die Verwalterin davon, dass in ihre Wohnung Feuchtigkeit eintrete. Die Wohnungseigentümer beschlossen daraufhin in einer außerordentlichen Versammlung am 31. Oktober 2006, den Architekten H. zu beauftragen, die Ursache des Feuchtigkeitseintritts und die zur Beseitigung notwendigen Kosten festzustellen. Mit Notarvertrag vom 11. Dezember 2006 verkauften die Beklagten ihre Wohnung unter Ausschluss von Ansprüchen wegen Sachmängeln für 279.000 € an die Klägerin. Dabei unterließen sie es, auf die Feuchtigkeitsbeeinträchtigung der Wohnung K/O und den Beschluss der Wohnungseigentümer vom 31. Oktober 2006 hinzuweisen. Die Klägerin bezahlte den Kaufpreis und bezog die Wohnung.
Mit Schreiben an die Beklagten vom 14. August 2007 machte die Klägerin verschiedene Mängel des ihr verkauften Wohnungseigentums, u.a. auch die Feuchtigkeitsbeeinträchtigung der Wohnung K/O geltend und forderte die Beklagten zur „Nacherfüllung“ bis zum 4. September 2007 auf.
In ihrer Antwort vom 3. September 2007 verneinten die Beklagten im Wesentlichen die von der Klägerin geltend gemachten Mängel. Im Hinblick auf die in der Wohnung K/O aufgetretene Feuchtigkeit erklärten sie, die auf die Klägerin zukommenden Kosten zu übernehmen und boten an, hierfür Sicherheit zu leisten. In ihrer Antwort vom 9. Oktober 2007 erklärte die Klägerin den Rücktritt vom Vertrag.
Mit der Klage verlangt sie nach näherer Maßgabe Rückzahlung des Kaufpreises und Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt sie ihre Anträge weiter.
Entscheidung
Auch der BGH hat ein Recht der Klägerin, vom Kaufvertrag zurückzutreten, verneint.
Der Käufer kann wegen eines Sachmangels der verkauften Sache grundsätzlich nur dann von dem Kaufvertrag zurücktreten, wenn er dem Verkäufer fruchtlos Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat, §§ 437 Nr. 2, 323 Abs. 1 BGB. Dieser Grundsatz gilt nicht ausnahmslos. Eine Ausnahme greift namentlich dann ein, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Ausübung des Rücktrittsrechts rechtfertigen, § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB. So kann es sich insbesondere verhalten, wenn der Verkäufer bei Abschluss des Vertrags eine Täuschungshandlung begangen hat. Eine solche Handlung ist grundsätzlich geeignet, das Vertrauen des Käufers in die Ordnungsmäßigkeit der Nacherfüllung zu zerstören, und lässt aus diesem Grund das Verlangen der Nacherfüllung für den Käufer in der Regel unzumutbar sein.
So liegt es indessen nicht, wenn der Käufer dem Verkäufer nach Entdeckung des verschwiegenen Mangels eine Frist zu dessen Behebung setzt. Damit gibt er zu erkennen, dass sein Vertrauen in die Bereitschaft zur ordnungsgemäßen Nacherfüllung trotz des arglistigen Verhaltens des Verkäufers weiterhin besteht. Kommt der Verkäufer innerhalb der Frist dem Verlangen des Käufers nach und wird der Mangel behoben, scheidet der Rücktritt des Käufers vom Vertrag aus, weil die verkaufte Sache – nunmehr – vertragsgerecht ist.
So ist es hier. Die Erklärungen der Beklagten im Schreiben vom 3. September 2007 haben den Eintritt der Voraussetzungen eines Rechts der Klägerin, wegen des Mangels am Gemeinschaftseigentum vom Vertrag zurückzutreten, entfallen lassen. Der Erfüllung des Anspruchs auf Nacherfüllung steht es gleich, dass der Verkäufer den Käufer von den Kosten zur Beseitigung des Mangels freigestellt hat. Dies gilt jedenfalls dann, wenn feststeht, dass die Arbeiten zur Mängelbeseitigung in angemessener Zeit vorgenommen werden und dass die Freistellung gesichert ist. So war es hier, zumal die Beklagten der Klägerin angeboten hatten, für die Kostenfreistellung Sicherheit zu leisten.
Examensrelevanz
Eine examensrelevante Entscheidung zum Schuldrecht BT: Ausgehend vom Grundsatz der Fristsetzung zur Nacherfüllung beim Rücktritt muss man dann zunächst die Ausnahme der Entbehrlichkeit nach §§ 437 Nr. 2; 323 II Nr. 3 BGB ansprechen. Setzt der Käufer aber dennoch eine Frist und erfolgt die Nacherfüllung dann fristgerecht, ist der Mangel behoben, so dass dann ein Rücktritt ausgeschlossen ist. Läuft die Frist noch und ist die Nacherfüllung nicht erfolgt, kann der Käufer aber grundsätzlich ohne erneute Fristsetzung auf Rücktritt übergehen (vgl. BGH NJW 2006, 1198).

03.05.2010/3 Kommentare/von Samuel Ju
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Samuel Ju https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Samuel Ju2010-05-03 21:50:282010-05-03 21:50:28BGH-Urteil: Trotz arglistiger Täuschung kein Rücktritt möglich!
Dr. Stephan Pötters

„Das Auto ist in einem Superzustand!“ – Arglistige Täuschung?

BGB AT, Schuldrecht, Zivilrecht

Merke: Gebrauchtwagenhändler sind im juristischen Sachverhalt idR nicht schutzwürdig!
Das AG München (Urteil v. 26.11.2008, Az.: 251 C 19326/08) hat neulich einen Fall zum Schuldrecht/BGB AT entschieden, der im allseits beliebten Milieu des Gebrauchtwagenmarktes spielt. Der Gebrauchtwagenhändler ist heute das, was zur Zeit der Entstehung des BGB (so 1890-1900) der Viehhändler war: Er ist grundsätzlich nicht schutzwürdig!
Diese Wertung sollte man für das Examen auf jeden Fall immer im Hinterkopf haben, dann hätte man auch mit dem vorliegenden Fall kein Problem gehabt.
AG München: Beschreibung eines Autos mit „Superzustand“ kann arglistige Täuschung sein
Im Internet pries der Verkäufer einen Mercedes SLK an. Das Auto sei in einem „Superzustand“. Die Gewährleistung wurde ausgeschlossen. Der Käufer musste jedoch bereits nach 20 bis 30 Kilometern feststellen, dass er das Auto nur auf 80 bis 100 km/h beschleunigen konnte. Noch bevor er zuhause ankam blieb das Auto dann ganz stehen. Der Käufer machte Mängelrechte geltend, der Verkäufer verweigerte jegliche Ansprüche.
Das AG München entschied nun, dass sich der Verkäufer gem. § 444 BGB nicht auf den Gewährleistungsausschluss berufen könne, da er den Käufer arglistig getäuscht habe.
Examensrelevanz
Die arglistige Täuschung ist ein Klassiker, denn sobald sie ins Spiel kommt, gibt es unzählige Ansprüche, die andiskutiert werden können: Gewährleistungsrechte, c.i.c., Anfechtung und dann Bereicherungsrecht, § 823 Abs. 1 BGB, §§ 823 Abs. 2 BGB iVm 263 StGB, § 826 BGB. Bei allen diesen Ansprüchen ist stets auch das Konkurrenzverhältnis äußerst problematisch. Wiederholt dafür die klassischen Streitigkeiten zur Konkurrenz von c.i.c. und Anfechtung nach § 123 BGB sowie jeweils die Konkurrenz zum Gewährleistungsrecht. Am Ende kann man mit der Wertung „der arglistig Täuschende ist nicht schutzwürdig“ alle Ansprüche sogar bejahen. Auch an §§ 438 Abs. 3, 442, 444 BGB ist zu denken.

04.09.2009/0 Kommentare/von Dr. Stephan Pötters
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Stephan Pötters https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Stephan Pötters2009-09-04 08:46:252009-09-04 08:46:25„Das Auto ist in einem Superzustand!“ – Arglistige Täuschung?

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