Da ich mich derzeit in der Station der Staatsanwaltschaft des Referendariats befinde, möchte ich einen kurzen Überblick über einige Titel zum Strafrecht im Assessorexamen geben. Es gilt wie immer, dass das für das Assessorexamen notwendige Wissen ohnehin nicht umfassend aus Büchern gezogen werden kann. Gleichwohl geben die Anleitungsbücher einen guten Überblick über die zu beachtenden Formalia, die denkbaren Klausurkonstellation und auch das notwendige Prozessrecht gilt es einzuüben. Aus diesem Grund sei zumindest die Lektüre eines Werkes zum strafrechtlichen Assessorexamen durchaus angeraten.
Haller/Conzen, Das Strafverfahren: Eine systematische Darstellung mit Originalakte und Fallbeispielen, 6. Aufl. 2011
Dieses Werk ist mit beinahe 600 Seiten das umfassendste der hier rezensierten Bücher. Das Strafverfahren und die darin vorkommenden Problemsituation und Standardmaßnahmen werden sehr umfassend beschrieben. Für meinen Geschmack wird hier teilweise zu sehr ins Detail gegangen. Die Probleme, die bei der DNA-Entnahme aufkommen, interessieren den Referendar etwa im Grunde etwas weniger als andere klausurrelevantere Themen. Sofern hiermit in den Klausuren zu rechnen ist, sind Gesetzestext und Kommentar ausreichend probate Mittel, um die Probleme zu lösen.
Eine Einführung in die Verfügungstechnik der Staatsanwälte und die Fertigung der Anklageschrift ist zwar vorhanden, kommt m.E. – insbesondere in Relation zum sehr umfassenden Rest des Werkes – deutlich zu kurz. Dieses Manko versucht das Werk dadurch zu kompensieren, dass einige Fallbeispiele und auch Auszüge aus Originalakten enthalten sind. Wie ich finde, kann dieser didaktische Kniff die zu knappen Ausführungen zu diesen klausurrelevanten Themen nicht wettmachen.
Anzumerken sei, dass auch ein äußerst ausführlicher Abschnitt zum Abfassen des Strafurteils und ebenso der Revision enthalten ist. Auch die anwaltliche Sicht kommt in keinem der Kapitel zu kurz. Wer also ein ausführliches Werk für die gesamten strafrechtlichen Konstellationen im Assessorexamen sucht und wer sich Verfügungstechnik und die Formalia der Anklageschrift mittels der von der AG zur Verfügung gestellten Materialien aneignet, wird mit diesem Werk sicherlich glücklich werden.
Ernemann/Fuhse/Johannsen/Kraak/Palder/Pfordte/Westphal, Die Station in Strafsachen, 8. Aufl. 2011
Dieses Werk aus der Reihe „Referendariat“ des Verlages Ch. Beck ist etwas weniger umfangreich als das zuvor besprochene Werk. Auf unter 300 Seiten (allerdings im DIN A4 Format) werden die für den Referendar notwendigen Kenntnisse vermittelt.
Inhaltlich erfasst das Werk in etwa die gleichen Aspekte wie das zuvor besprochene Buch von Haller/Conzen. Im Vergleich dazu sind die Ausführungen allerdings wesentlich knapper gehalten. Gleichwohl enthält das Werk ebenso eine Vielzahl an Formulierungsbeispielen.
Im Hinblick auf die Verfügungstechnik fehlt es hingegen auch an klausurennahen Beispielen. Auch hier ist der Referendar wieder auf anderweitige Unterlagen angewiesen.
Anzumerken sei auch hier, dass das Werk einen ausführlichen Abschnitt zu Urteil und Revision enthält und dass zum Ende ein sehr ausführliches Kapitel den Schwerpunkten der Strafverteidigertätigkeit gewidmet ist. Nett, allerdings nicht zwingend notwendig, ist der Abschnitt mit praktischen Hinweisen für den Staatsanwalt als Sitzungsvertreter.
Im Hinblick auf die Einarbeitung examensrelevanter Urteile ist das Werk auf einem sehr aktuellen Stand (gleiches gilt auch für das Werk von Haller/Conzen). Eine gewisse Gewähr für eine umfassende Berücksichtigung der Rechtsprechung erscheint mir hier zusätzlich dadurch gewährleistet, dass jedes Kapitel des Werkes von einem separaten Autor erstellt wird.
Sofern ich mich also zwischen dem ersten und diesem Werk entscheiden müsste, würde ich mich wohl – aufgrund der etwas komprimierteren Darstellung – für dieses hier entscheiden.
Hemmer/Wüst/Gold/Daxhammer, die Strafrechtsklausur im Assessorexamen, 6. Aufl. 2011
Das Skript von Hemmer zum Strafrecht im Assessorexamen ist ambivalent. Es fällt auf, dass dieses Werk im Vergleich zu den vorgenannten wahrlich sehr, sehr knapp ausfällt. Auf gerade einmal 144 Seiten sollen die Basics im Strafrecht für das Assessorexamen dargelegt werden. Nicht bloß die staatsanwaltschaftliche Abschlussverfügung, das Strafurteil und die Revision werden (mit Aufbaumustern für norddeutsche und süddeutsche Bundesländer) besprochen. Dazu kommen außerdem noch das Abschlussplädoyer des Staatsanwalts und des Verteidigers sowie examensrelevante Anwaltsklausurvarianten.
Man muss sich darüber im Klaren sein, dass im Prinzip nur der Aufbau der jeweiligen Klausurvarianten präsentiert wird. Dies gelingt den Autoren dieses Werks allerdings konzis und ohne unnötige Ausführungen. Echte prozessuale Probleme werden in diesem Skript (im Vergleich zu den beiden vorgenannten) allerdings nicht diskutiert.
Man sollte sich aus diesen Gründen einmal ein paar Seiten aus dem Skript durchlesen. Sofern man mit der Art der Darstellung klarkommt, ist es ein ordentliches Werk zur schnellen Wiederholung der verschiedenen Aufbauschemata und Formalien. Damit auch das notwendige prozessuale Wissen für die Klausuren vorhanden ist, empfiehlt es sich jedoch zusätzlich hierzu Fallsammlungen (etwa von Hammer [nicht Hemmer], StPO Fallrepetitorium, 4. Aufl. 2010) heranzuziehen.
Wolters/Gubitz, Strafrecht im Assessorexamen, 6. Aufl. 2010
Dieses Buch stellt unter den hier rezensierten Werken meinen persönlichen Favoriten dar. Auf rund 180 Seiten ist es den Autoren gelungen, äußerst klausurnah die jeweiligen Konstellationen, die im Assessorexamen abgefragt werden, didaktisch hochwertig zu präsentieren. Inhaltlich sowie in puncto Umfang wird somit ein Kompromiss aus den zuvor besprochenen Werken geschaffen.
Einen umfassenden prozessrechtlichen Leitfaden, wie er etwa von Haller/Conzen angeboten wird, bieten Wolters/Gubitz zwar nicht. Dafür werden aber in äußerst prägnanter Weise Verfügungstechnik, Besonderheiten bei der Anklageschrift, anwaltliche Aufgabenstellung, das Strafurteil und die Revision lernbar gemacht. Beweisverwertungsverbote und die Standardmaßnahmen im Ermittlungsverfahren kommen hierbei, im Gegensatz zu dem Hemmer-Skript, jedoch nicht zu kurz. Die Besonderheit dieses Werkes besteht für mich darin, dass diejenigen Konstellationen, die für Klausuren relevant werden, kurz und knapp mit verschiedenen Formulierungsbeispielen erläutert werden, ohne dass dabei der Lesefluss gestört würde.
Ich halte es deshalb für sinnvoll, dieses Werk (nicht nur einmal) durchzulesen. Der Rest, den man sich für die Klausuren aneignen muss, lernt man bei der Falllösung und der entsprechenden Lektüre der Kommentarstellen. Wer jedoch abstrakte Darstellung bevorzugt, wird wohl eines der ersten beiden Werke (oder ein anderes hier nicht rezensiertes Werk) wählen müssen.
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