Wir freuen uns nachfolgend eine Rezension von Andreas Buser veröffentlichen zu dürfen. Der Autor ist Student an der Freien Universität Berlin und steht kurz vor dem ersten Staatsexamen.
Andreas von Arnauld; Völkerrecht. 2012, Heidelberg: C. F. Müller.
ISBN 978-3-8114-9761-0
Preis: 29,99 €
Um es gleich zu sagen, dieses Buch ist das beste Lehrbuch das mir bisher auf den Tisch gekommen ist. Dies bezieht sich sowohl auf den Inhalt, als auch auf die Möglichkeit damit zu lernen. Angeschafft habe ich mir das Buch während meines Schwerpunktbereichsstudiums (Internationalisierung der Rechtsordnung = Völkerrecht, Europarecht und Rechtsvergleichung/IPR) nachdem ich zunächst mit den anderen bekannten Völkerrechtslehrbüchern experimentiert hatte. Innerhalb eines halben Jahres habe ich dieses Buch sicherlich fünf Mal, von vorn bis hinten, regelrecht zerlesen. Nun, mit etwas Abstand zum Schwerpunktbereich, möchte ich meine Erfahrungen mit dem Lehrbuch weitergeben.
Zunächst zum Inhalt:
Professor Dr. Andreas von Arnauld behandelt in seinem, 2012 in erster Auflage im C.F. Müller Verlag erschienen, Völkerrechtslehrbuch alle, auch im Schwerpunktbereich regelmäßig behandelten, Themen – im „Allgemeinen Teil“ des Völkerrechts die Historie, Quellen, Rechtssubjekte, Grundprinzipien, Verantwortlichkeit, Durchsetzung und innerstaatliche Bedeutung und im „Besonderen Teil“ die Diplomatischen Beziehungen, Menschenrechtsschutz, Umwelt und Entwicklung, Wirtschaftsvölkerrecht, Friedenssicherungsrecht, Recht des bewaffneten Konflikts und Völkerstrafrecht.
Im Schwerpunktbereich spielen erfahrungsgemäß nicht alle „besonderen Materien“ eine gleich große Rolle. So wurde etwa das Wirtschafts- genauso wie das Umwelt- und Entwicklungsvölkerrecht in meinem Schwerpunktbereich nur sehr oberflächlich behandelt. Lesenswert sind die entsprechenden Kapitel dennoch. Auch tragen sie zum umfassenderen Verständnis des Völkerrechts bei.
Besonderes Augenmerk legt das Buch meines Erachtens auf den „Menschen im Völkerrecht“. So widmet sich das Buch vertieft dem internationalen Menschenrechtsschutz und beinhaltet auch einen Überblick über die europäische Menschenrechtskonvention, dessen Lektüre sich auch zur Vorbereitung auf den staatlichen Teil des Examens lohnt. Hinzu kommt, dass der Autor vielfach die tradierte Lehre von der absoluten Souveränität der Staaten im Völkerrecht in Frage stellt und dem Konzepte entgegensetzt, die die Souveränität des Staates mit Blick auf die Menschenrechte relativieren. So wird etwa das Konzept der „responsibility to protect“ verständlich und umfassend erklärt. Diese Sichtweise „vom Menschen her“ zeigt sich auch in der Behandlung weiterer völkerrechtlicher „Probleme“, beispielhaft sei hier auf die Behandlung der Streitfragen um die Immunität von (ehemaligen) Staatsoberhäuptern (Bsp. Pinochet Fall) oder die Geltung von Menschenrechten in humanitären Konflikten verwiesen.
Positiv fällt auch die hohe Aktualität des Buches auf. So werden vielfach aktuelle (außen)politische Ereignisse (etwa der Nato Einsatz in Libyen) und Urteile der internationalen, aber auch nationalen Gerichte (etwa Pinochet, Kadi, Al-Skeini, Al-Jedda etc.) aufgegriffen und eingeordnet. Was das Buch, wie allgemein das Völkerrecht, besonders spannend macht.
Zum Didaktischen:
Das Buch ist mit Kontrollfragen, Hinweisen auf Fallbearbeitungen und einer Zusammenfassung wesentlicher Gerichtsentscheidungen ausgestattet.
Die Kontrollfragetechnik ist nun keine Neuheit in juristischen Lehrbüchern. In diesem Buch schaffen es die Kontrollfragen aber, entgegen denen in manch anderem Buch, nahezu den gesamten Inhalt des Buches abzufragen. So dienen sie nicht nur als Kontrolle, ob der_die Leser_in überhaupt etwas verstanden hat, sondern können, ähnlich wie Karteikarten, wiederholt abgefragt werden, um sich so den Stoff langfristig anzueignen. Dazu empfiehlt es sich die relevanten Stichworte zu jeder Kontrollfrage im Text farblich zu markieren. Bleibt die Antwort trotz Lektüre des Markierten unklar, so kann die Passage noch einmal umfänglich nachgelesen werden. Gerade diese direkte Möglichkeit des Nachlesens ist meines Erachtens ein wichtiger Vorteil gegenüber Karteikarten, insbesondere wenn es Ihnen so wie mir geht und Sie den eigenen Karteikarten oft nicht mehr trauen.
Nach jedem Kapitel finden sich zudem umfangreiche Hinweise auf einschlägige Fallbearbeitungen zum jeweiligen Thema aus Ausbildungszeitschriften. So kann das Erlernte dann im Fall getestet und die Verortung der Probleme im Aufbau geübt werden. Daneben existiert auch das Fallbuch vom gleichen Autor. Dieses stellt die im Lehrbuch behandelten Probleme in Falllösungen dar, geht aber auch meist nicht über den Inhalt des Lehrbuchs hinaus.
Zu guter Letzt findet sich am Ende des Buches eine Aufzählung wichtiger gerichtlicher Entscheidungen zum Völkerrecht, jeweils mit kurzer Inhaltsangabe. Im Völkerrecht, das zu einem großen Teil auf Gewohnheitsrecht beruht, welches durch die Gerichte festgestellt und oft auch wesentlich geprägt wird, kommt diesen Entscheidungen eine besondere Bedeutung zu. Alle Entscheidungen sind auch im Buch selbst eingearbeitet, die Entscheidungen am Schluss können aber nochmals, ähnlich wie die Kontrollfragen, zur Abfragung des jeweiligen Inhalts genutzt werden.
Weitere Hinweise zur Prüfungsvorbereitung
In Klausuren und insbesondere in mündlichen Prüfungen wird gerne auf aktuelle politische Entscheidungen oder Rechtsprechung Bezug genommen. Schon deswegen empfiehlt es sich hier am Ball zu bleiben. Darüber hinaus macht gerade die Anwendung des gelernten Völkerrechts auf aktuelle „Fälle“ besonders viel Spaß und verfestigt nebenbei das Erlernte. Ausbildungszeitschriften beschäftigen sich nur gelegentlich mit dem Völkerrecht und sind in der Regel nicht hinreichend aktuell. Hier empfehlen sich zahlreiche Blogs die im Internet frei zur Verfügung stehen. Besonders ans Herz legen möchte ich Ihnen den Blog des EJIL (European Journal of International Law) in welchem tagesaktuell renommierte Völkerrechtler_innen internationale politische Ereignisse rechtlich bewerten und analysieren.
Resümee
Mein Resümee steht fest: Das aus meiner Sicht beste (deutschsprachige) Völkerrechtslehrbuch am Markt. Empfehlen möchte ich noch das Buch nicht nur zu lesen, sondern es zu „zerlesen“, es sich mit eigenen Anmerkungen und Markierungen anzueignen. Wer darüber hinaus das eine oder andere Problem durch Lektüre der angegebenen Nachweise vertieft und regelmäßig die Anwendung im Fall und in der Vorlesung übt, dem stehen auch sehr gute Noten im Schwerpunktbereich offen.
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