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Schlagwortarchiv für: Amtshaftung

Dr. Lena Bleckmann

BGH: Der Staat haftet nicht für schlechte Gesetze – Neues zur Amtshaftung für legislatives Unrecht

Examensvorbereitung, Lerntipps, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Staatshaftung, Startseite

Am 28.1.2021 erging eine Entscheidung des BGH (III ZR 25/20), der viele mit Spannung entgegengeblickt haben. Das Verfahren zur Amtshaftung aufgrund einer unwirksamen Mietpreisbremse hat hohe praktische Relevanz, sind die vom BGH angewandten Grundsätze doch auf andere Fälle des legislativen Unrechts übertragbar. Staatshaftungsrecht ist bei Studenten bekanntermaßen nicht sonderlich beliebt – die hochaktuelle Entscheidung dürfte aber umso mehr für Klausurrelevanz sorgen. Die Lektüre lohnt sich also, insbesondere auch zur Wiederholung der Grundsätze der Amtshaftung.
I. Worum es geht
Nach § 556d Abs. 2 S. 1 BGB haben die Länder die Möglichkeit, durch Verordnung Gebiete mit angespannter Wohnsituation festzulegen und so den Mechanismus der Mietpreisbremse nach § 556d Abs. 1 BGB auszulösen. Zu Beginn des Mietverhältnisses darf die Miete die ortsübliche Vergleichsmiete dann um höchstens 10 % übersteigen. Eine solche Verordnung hat das Land Hessen u.a. für einen Stadtteil von Frankfurt am Main erlassen, allerdings die in § 556d Abs. 2 S. 5-7 BGB festgelegte Begründungspflicht verletzt. In der Folge erklärte der BGH die Verordnung für unwirksam (BGH, Urt. v. 17.7.2019 – VIII ZR 130/18). Damit konnte die Mietpreisbremse für den betroffenen Stadtteil nicht gelten, was für ein Ehepaar bedeutete, dass ihre Miete nicht wie erwartet um mehr als 200 € sank. Der Rechtsdienstleister wenigermieter.de, an den das Ehepaar seine Ansprüche abgetreten hatte, forderte nach der Entscheidung des BGH über die Unwirksamkeit der Verordnung Ersatz vom Staat. Dieser habe seine Amtspflicht gegenüber den Mietern verletzt.
II. Rechtliche Grundlagen
Maßgeblich geht es also um eine Amtshaftung nach § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG. Die grundsätzliche Konstruktion der Amtshaftung ist bekannt – § 839 Abs. 1 S. 1 BGB normiert zunächst die persönliche Einstandspflicht des handelnden Beamten, die Haftung wird aber durch Art. 34 GG auf den Staat übergeleitet. Voraussetzung für einen Amtshaftungsanspruch ist, dass jemand in Ausübung eines hoheitlichen Amtes die einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht verletzt, dies kausal zu einem Schaden führt und der Beamte dies zu verschulden hat. Der Begriff des Beamten ist hier weit zu fassen – Beamte im staatshaftungsrechtlichen Sinne sind alle Personen, denen öffentliche Gewalt anvertraut wurde und die ihre Tätigkeit nach den Bestimmungen des öffentlichen Rechts ausüben (s. BeckOK BGB/Reinert, § 839 Rn. 4, 15). Dies ist unter Anwendung der modifizierten Subjektstheorie zu bestimmen. Einschränkungen der Haftung folgen aus § 839 Abs. 1 S. 2 BGB (bei Fahrlässigkeit besteht kein Anspruch, wenn der Betroffene auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag), Abs. 2 (Spruchrichterprivileg) und Abs. 3 (kein Ersatz bei schuldhafter Versäumnis von Rechtsmitteln). Der Anspruch wird vor den ordentlichen Gerichten geltend gemacht, Art. 34 S. 3 GG, § 40 Abs. 2 S. 1 VwGO.
III. Die aktuelle Entscheidung des BGH im Kontext der Amtshaftung
Angewandt auf den zu entscheidenden Fall ist nun zunächst eindeutig, dass jemand – die Landesregierung bzw. deren Mitglieder – bei Erlass der Verordnung in Ausübung eines öffentlichen Amts agierte: Die in § 556d Abs. 2 BGB vorgesehene Verordnungsermächtigung berechtigt ausschließlich die Landesregierung als Trägerin hoheitlicher Gewalt und ist somit dem öffentlichen Recht zuzuordnen. Auf Grundlage dieser Norm agierte die Regierung in Ausübung eines öffentlichen Amtes, ihre Mitglieder sind Beamte im staatshaftungsrechtlichen Sinne.
Entscheidend ist demgegenüber das Merkmal der Verletzung einer drittbezogenen Amtspflicht. Der Begriff der Amtspflicht ist weit zu fassen und umfasst insbesondere auch die Pflicht zu rechtmäßigem Handeln. Indem die Begründungspflicht nach § 556d Abs. 2 S. 5-7 BGB verletzt wurde, wurde auch eine Amtspflicht verletzt, denn es liegt eine rechtswidrige Amtsausübung vor. Das reicht für den Amtshaftungsanspruch jedoch noch nicht – verletzt werden muss gerade eine drittgerichtete Amtspflicht. Das setzt voraus, dass die Amtspflicht gerade auch der Wahrung der Interessen des Dritten dient. Der BGH führt in seiner Pressemitteilung hierzu aus:

„Es muss mithin eine besondere Beziehung zwischen der verletzten Amtspflicht und dem geschädigten „Dritten“ bestehen. Gesetze und Verordnungen enthalten hingegen durchweg generelle und abstrakte Regeln, und dementsprechend nimmt der Gesetzgeber in der Regel ausschließlich Aufgaben gegenüber der Allgemeinheit wahr, denen die Richtung auf bestimmte Personen oder Personenkreise fehlt.“ (BGH, Pressemitteilung Nr. 018/2021)

Damit greift das Gericht die anerkannten Grundsätze zur Haftung – bzw. fehlenden Haftung – für legislatives Unrecht auf. Die Pflicht zum rechtmäßigen Handeln in ihrer Ausprägung, nur rechtmäßige Gesetze zu erlassen, dient i.d.R. nicht dem Einzelnen, sondern den Interessen der Allgemeinheit. Ein Amtshaftungsanspruch scheidet damit aus. Das muss aber nicht ausnahmslos in allen Fällen legislativen Unrechts gelten, wie auch der BGH anmerkt:

„Nur ausnahmsweise – etwa bei sogenannten Maßnahme- oder Einzelfallgesetzen – kann etwas Anderes in Betracht kommen und können Belange bestimmter Einzelner unmittelbar berührt werden, so dass sie als „Dritte“ im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB angesehen werden können.“ (BGH, Pressemitteilung Nr. 018/2021)

Die Verordnung zur Mietpreisbremse sei aber kein derartiges Maßnahme- oder Einzelfallgesetz, denn sie betreffe keine individuellen Mieter, sondern aufgrund der Weite ihres räumlichen Geltungsbereichs einen unüberschaubar großen und nicht individuell begrenzten Personenkreis.
Dies hätte womöglich schon gereicht, um den Amtshaftungsanspruch abzulehnen. Der BGH ging in seinen Ausführungen aber noch weiter und merkte an, dass auch der Eingriff in eine grundrechtlich geschützte Rechtsposition nicht zu einem Amtshaftungsanspruch führe:

„Nicht jede Grundrechtsbeeinträchtigung durch staatliche Amtsträger führt zur Staatshaftung. Der Gesetzgeber kann Voraussetzungen und Umfang von Amtshaftungs- und Entschädigungsansprüchen näher ausgestalten. Eine solche Ausgestaltung ist mit § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB erfolgt, wonach ein Amtshaftungsanspruch nur besteht, wenn ein Beamter die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht verletzt. Damit ist eine Haftung wegen der Verletzung von Amtspflichten, die dem Beamten nicht spezifisch dem Träger des betroffenen Grundrechts gegenüber obliegen, nicht vereinbar.“ (BGH, Pressemitteilung Nr. 018/2021)

Und auch das enttäuschte Vertrauen der Mieter in die Wirksamkeit der hessischen Mietpreisbremsenverordnung könne für sich genommen keinen Ersatzanspruch nach sich ziehen – ein allgemeiner Anspruch diesbezüglich ist nicht anerkannt, die Voraussetzungen der Amtshaftung mangels Drittbezogenheit nicht erfüllt.
IV. Was bleibt?
Der BGH ist seiner lang etablierten Linie treu geblieben und hat eine Haftung des Staates für mangelhafte und damit unwirksame Gesetze abgelehnt. Eine andere Entscheidung hätte weitreichende Folgen haben können – nicht nur zahlreiche Verordnungen zu Mietpreisbremsen sind in der Vergangenheit für unwirksam erklärt worden, die Entscheidung hätte Ausstrahlungswirkung auf sämtliche anderen unwirksamen Normen gehabt und so zu umfangreichen Haftungssummen führen können. Dies hat das Urteil abgewendet. Für Studenten und Examenskandidaten ist das begrüßenswert – es bleibt bei den bislang geltenden Grundsätzen, nach denen eine Haftung für legislatives Unrecht i.d.R. nicht besteht. Mieter und sonst von letztlich unwirksamen Gesetzen Betroffene dürften dem anders gegenüberstehen.

01.02.2021/1 Kommentar/von Dr. Lena Bleckmann
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Lena Bleckmann https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Lena Bleckmann2021-02-01 08:30:102021-02-01 08:30:10BGH: Der Staat haftet nicht für schlechte Gesetze – Neues zur Amtshaftung für legislatives Unrecht
Gastautor

BGH: Haftung für Hindernisse auf einem Waldweg

Deliktsrecht, Examensvorbereitung, Lerntipps, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Staatshaftung, Startseite, Zivilrecht

Wir freuen uns, einen Gastbeitrag von Ansgar Kalle veröffentlichen zu können. Der Autor ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Arbeitsrecht und Recht der sozialen Sicherheit der Universität Bonn, Lehrstuhl Prof. Dr. Stefan Greiner.
Die hier zu besprechende Entscheidung des BGH (Urt. v. 23. April 2020 – Az. III ZR 251/17 = NJW 2020, 3106) setzt sich mit zwei Grundlagenthemen des Deliktsrechts auseinander: den Verkehrssicherungspflichten und der Anspruchskürzung wegen Mitverschuldens. Beide Themen haben gemeinsam, dass ihre überzeugende Bewältigung in Klausuren eine am Sachverhalt orientierte, lebensnahe und wertungsmäßig überzeugende Argumentation voraussetzt. Damit eignen sie sich aus Prüfersicht hervorragend, um Argumentationsvermögen zu testen. Dementsprechend handelt es sich um beliebte Klausurthemen.
I. Sachverhalt (verkürzt und vereinfacht)
Der Kläger fuhr mit seinem neuen, mit Klickpedalen ausgestatteten Mountainbike mit ca. 16 km/h über einen ihm bislang unbekannten und unbefestigten Feldweg durch einen Wald. Dieser stand im Eigentum der beklagten Gemeinde und war für Radfahrer zugelassen. Auf dem Feldweg befand sich eine Absperrung. Diese bestand aus zwei parallel verlaufenden Stacheldrähten, die in einer Höhe von 60 bzw. 90 cm verliefen und über den Weg gespannt waren. An den Drähten war das Verkehrszeichen 260 angebracht, das Kraftfahrzeugen die Durchfahrt verbot. Der Bürgermeister der Gemeinde hatte das Hindernis errichten lassen, um illegale Abfallentsorgung zu verhindern. Der Bürgermeister der Beklagten inspizierte das Hindernis ca. einmal pro Monat.
Der Kläger kannte das Hindernis nicht und war daher überrascht, als er es bemerkte. Er versuchte, sein Fahrrad durch eine Vollbremsung rechtzeitig zum Stehen zu bringen. Bei seinem Bremsmanöver verlor er die Kontrolle über das Fahrrad, stürzte kopfüber in den Draht und zog sich erhebliche Verletzungen zu.
Nun begehrt der Kläger Schadensersatz und Schmerzensgeld von der Gemeinde.
Anmerkung: Neben der Gemeinde wurden die beiden für den Wald zuständigen Jagdpächter verklagt. Für das Verständnis der examensrelevanten Aspekte genügt es jedoch, den Anspruch gegen die Gemeinde in den Blick zu nehmen. Im Folgenden soll daher allein dieser erörtert werden.
II. Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 839 Abs. 1 S. 1 BGB iVm. Art. 34 S. 1 GG
Da der Anspruch einen potentiellen Verstoß gegen eine Amtspflicht zum Gegenstand hat, ist die Prüfung nicht mit § 823 Abs. 1 BGB einzuleiten, sondern mit § 839 Abs. 1 S. 1 BGB iVm. Art. 34 S. 1 GG als lex specialis (zum Konkurrenzverhältnis und zur Abgrenzung von allgemeiner Deliktshaftung und Amtshaftung anschaulich OLG Koblenz, Urt. v. 18.3.2016 – 1 U 832/15 = NJW-RR 2016, 796).
1. Beamter im haftungsrechtlichen Sinn & Amtshandeln
Der Bürgermeister der Beklagten ist unzweifelhaft Beamter im haftungsrechtlichen Sinn. Als solcher gilt nicht nur jeder Statusbeamte, sondern darüber hinaus jede andere Stelle, die hoheitlich handelt (Voßkuhle/Kaiser JuS 2015, 1076). Dies trifft auf den Bürgermeister zu, da dieser zahlreiche Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, z.B. die Verwaltung der gemeindeeigenen Straßen und Feldwege. Der Aufbau des Hindernisses geschah zur Erfüllung dieser Aufgabe, mithin nicht in privater, sondern in amtlicher Funktion.
2. Verletzung einer Amtspflicht
Problematischer ist das Vorliegen einer Amtspflichtverletzung. Die Gemeinde trug nach dem einschlägigen Landesrecht (§§ 9 Abs. 1 S. 1, 10 Abs. 4 S. 1, 15 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 4 lit. a StrWG SH) in ihrem Hoheitsgebiet die Straßenbaulast. Daher war sie u.a. dafür verantwortlich, dass ihre Feldwege sicher genutzt werden konnten (näher Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl. 2013, S. 31 ff.). Somit ergab sich bereits aus öffentlichem Recht eine ausdrückliche Amtspflicht in Form einer Verkehrssicherungspflicht.
Es stellt sich die Frage, ob die Gemeinde diese Pflicht durch den Aufbau des Hindernisses verletzt hat. Anknüpfungspunkt des deliktischen Vorwurfs ist also eine mittelbare Verletzungshandlung, das Schaffen einer Gefahrenquelle.
Der Adressat einer Verkehrssicherungspflicht hat – so der BGH – „die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern“ (BGH, Urt. v. 23.4.2010 – Az. III ZR 251/17 = NJW 2020, 3106 Rn. 24 mwN). Die Gemeinde hätte also verhindern müssen, dass es zu Gefahrensituationen kommt. Damit war es ihr insbesondere verwehrt, eine ungesicherte Gefahrquellen zu schaffen.
Zu klären ist damit zunächst, ob es sich beim Stacheldraht um eine Gefahrenquelle handelte. Indem die Gemeinde einen Stacheldraht über einen Feldweg aufspannte, schuf sie die Gefahr, dass Personen mit diesem kollidierten und sich dabei verletzen. Diese Gefahr war erheblich: Zum einen barg der Stacheldraht aufgrund seiner Beschaffenheit beachtliches Verletzungspotential. Zum anderen war er dünn und daher schwer zu erkennen. Schließlich handelte es sich um ein äußerst unübliches Hindernis, mit dem Wegnutzer nicht zu rechnen hatten und das daher überraschend wirkte.
Zur Gefahrverringerung beschränkte sich die Gemeinde im Wesentlichen darauf, ein Verkehrsschild an den Drähten zu befestigen. Gemessen an der Erheblichkeit der Gefahr war diese Maßnahme nicht ausreichend: Die Montage des Hinweisschilds konnte die Gefährlichkeit des Stacheldrahts kaum verringern. Vielmehr war das Schild Bestandteil des ungewöhnlichen Hindernisses. Sein Aussagegehalt war irreführend, da das Verbot von Kraftfahrzeugen Radfahrern suggerierte, dass ihr Verkehrsmittel auf dem Weg genutzt werden konnte. Damit trug das Schild eher zur Gefahrerhöhung als zur -verringerung bei.
Zu ihrer Entlastung trug die Gemeinde drei Einwände vor, die der BGH jedoch mit Recht allesamt als unbeachtlich verwarf.
Zunächst argumentierte die Gemeinde, dass der Draht bereits aus einer Entfernung von zehn bis 15 Metern sichtbar war. Dies war für den BGH jedoch irrelevant, da dies nichts daran änderte, dass der Draht ein tückisches Hindernis war, das leicht übersehen werden konnte.
Weiterhin argumentierte die Gemeinde, dass der Weg nur selten von Radfahrern genutzt wurde. Auch diesen Einwand wies der BGH zurück: Da der Weg für den Radverkehr freigegeben war, hatte die Gemeinde Gefahren für Radfahrer zu minimieren. Damit durfte sie vermeidbare Gefahrquellen gar nicht erst schaffen. Dass der Weg nur selten genutzt wurde, reduziere allenfalls den Umfang der gebotenen Verkehrssicherung, rechtfertige aber keine Gefahrschaffung.
Schließlich trug die Gemeinde vor, dass sie ihre Verkehrssicherungspflicht an die Jagdpächter übertragen hatte und daher nicht für die Verletzung dieser Pflichten verantwortlich gemacht werden konnte. Jedoch war zum einen nicht bewiesen, dass die Beklagte ihre Pflicht delegiert hatte; hierzu hätte es einer eindeutigen Vereinbarung bedurft (vgl. BGH, Urt. v. 22.1.2008 – VI ZR 126/07 = NJW 2008, 1440 Rn. 9). Zum anderen hätte eine Delegation lediglich dazu geführt, dass sich die Verkehrssicherungspflicht zu einer Kontroll- und Überwachungspflicht weiterentwickelt hätte (anschaulich Förster JA 2019, 1, 5; Beispiel in Gutachtenform bei Greiner/Kalle, Fallsammlung Schuldrecht II, 2. Aufl. 2020, Fall 48). Auch gegen eine solche Pflicht hätte die Gemeinde indessen verstoßen, weil der Bürgermeister das Hindernis kannte und hiergegen nichts unternahm.
3. Zwischenergebnis
Im Übrigen ist der Tatbestand des Amtshaftungsanspruchs ohne Weiteres gegeben. Die Gemeinde ist passivlegitimiert, da die persönliche Haftung des Bürgermeisters nach der Anvertrauenstheorie gemäß Art. 34 S. 1 GG auf die Gemeinde übergeleitet wird (vgl. Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl. 2013, S. 113 f.; zum Hintergrund der Haftungsüberleitung vertiefend Sauer JuS 2012, 695 ff.).
4. Haftungsprivilegierungen
Bevor der Amtshaftungsanspruch jedoch zugesprochen wird, sind die zahlreichen Privilegierungen des § 839 BGB anzudenken. Im Fall kommt eine nur subsidiäre Haftung der Gemeinde gemäß § 839 Abs. 1 S. 2 BGB in Betracht, da der Bürgermeister in Bezug auf die Verletzung des Klägers lediglich fahrlässig iSv. § 276 II BGB gehandelt hat. Allerdings rechtfertigt sich die Subsidiaritätsklausel historisch nur dadurch, dass sich die Amtshaftung vor Inkrafttreten von Art. 34 GG nicht gegen den Staat, sondern gegen den Beamten persönlich gerichtet hatte. Deshalb legt der BGH das Fahrlässigkeitsprivileg mittlerweile restriktiv aus. So findet es unter anderem keine Anwendung auf die Verletzung allgemeiner Verkehrssicherungspflichten (vgl. BGH, Urt. v. 1.7.1993 – III ZR 167/92 = BGHZ 123, 102, 104 f.).
5. Mitverschulden
Schließlich bleibt zu klären, ob der Anspruch des Klägers wegen Mitverschuldens nach § 254 Abs. 1 BGB zu kürzen ist.
Man könnte dem Kläger zunächst vorwerfen, zu schnell gefahren zu sein, um Hindernisse rechtzeitig wahrnehmen zu können. Dies wäre ein Verstoß gegen das Sichtfahrgebot des § 3 Abs. 1 S. 4 StVO gewesen. In der Tat scheint es naheliegend, dem Kläger ein zu hohes Tempo vorzuwerfen, weil er nicht mehr rechtzeitig abbremsen konnte, als er das Hindernis wahrnahm. Allerdings findet das Sichtfahrgebot seine Grenze im Vertrauensgrundsatz. Der Verkehrsteilnehmer muss bei der Wahl seiner Geschwindigkeit nicht damit rechnen, dass Objekte, die anfänglich nicht als Gefahrenquelle erkennbar sind, sich später völlig überraschend als Hindernisse zu erkennen geben. Andernfalls würde das Pflichtenprogramm von Verkehrsteilnehmern überspannt werden. Der Stacheldraht war ein solches Hindernis, mit dessen Vorliegen der Kläger in keiner Weise rechnen musste und das im Rahmen des Sichtfahrgebots nicht sinnvoll berücksichtigt werden konnte. Daher kann dem Kläger kein Verstoß gegen § 3 Abs. 1 S. 4 StVO vorgeworfen werden.
Auch die Durchführung der Vollbremsung kann dem Kläger nicht als Mitverschulden angelastet werden. Selbst wenn diese zu abrupt durchgeführt worden wäre, wäre dies nicht schuldhaft gewesen. Der Kläger wurde durch das Hindernis derart überrascht, dass er kaum Reaktionszeit hatte. In dieser Notsituation kann ihm ein evtl. überstürztes und unvorsichtiges Verhalten nicht vorgeworfen werden.
Da der Kläger ein neues Fahrrad nutzte, könnte man ihm weiterhin vorwerfen, nicht hinreichend mit dem Bremsverhalten vertraut gewesen zu sein. Hierfür fehlt es jedoch an hinreichenden Anhaltspunkten. Es ginge zu weit, dem Kläger allein wegen der Neuheit des Fahrrads abzuverlangen, sich so langsam zu bewegen, dass er selbst auf unvorhersehbare Gefahren angemessen reagieren kann.
Der BGH hielt es allerdings für möglich, dass den Kläger ein geringes Mitverschulden (bis zu 25 %) traf, weil er anstelle der herkömmlichen Fahrradpedale eine Klickpedale nutzte. Von einem Mitverschulden dürfte auszugehen sein, wenn der Kläger die Sicherheit des Fahrrads durch diese Modifikation beeinträchtigt hätte. Da die Vorinstanz hierzu jedoch keine Feststellungen getroffen hatte, verwies der BGH den Sachverhalt diesbezüglich zur Klärung zurück.
III. Prozessuales Problem: Heilung von Zustellungsmängeln nach § 189 ZPO
Neben den materiell-rechtlichen Fragen des Deliktsrechts warf der Fall ein interessantes prozessuales Zustellungsproblem auf. Die Zustellung von Klagen ist gelegentlich Thema in Examensklausuren. Die einschlägigen Vorschriften, insb. § 167 ZPO, sollten daher in der Examensvorbereitung zumindest einmal gelesen werden.
Im Fall wurde die Klage gegen die Gemeinde dem Bürgermeister zugestellt. Nach dem einschlägigen Kommunalrecht (§ 3 AmtsO SH) war dieser jedoch nicht gesetzlicher Vertreter der Gemeinde. Damit war die Zustellung der Klageschrift gemäß § 170 Abs. 1 S. 2 ZPO anfänglich unwirksam. Jedoch bestellte die Gemeinde später einen Prozessbevollmächtigten, dem sie die Klageschrift übergab. Hierdurch wurde der Zustellungsmangel gemäß § 189 ZPO geheilt.

19.10.2020/4 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2020-10-19 08:21:072020-10-19 08:21:07BGH: Haftung für Hindernisse auf einem Waldweg
Dr. Lena Bleckmann

BGH: Amtshaftung der Gemeinde für Fahrradunfall auf gemeindlichem Feldweg

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Der Amtshaftungsanspruch aus § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG ist einer der wichtigsten Ansprüche des Staatshaftungsrechts. Als solcher ist er bei Prüfern als Teil von Klausuren und auch in der mündlichen Prüfung sehr beliebt und sollte jedem Kandidaten geläufig sein. Aktuelle Rechtsprechung zum Thema erhöht die Examensrelevanz, sodass das Urteil des BGH vom 23.4.2020 (Az. III ZR 250/17) zum Anlass genommen werden sollte, die Grundlagen der Staatshaftung zu wiederholen.
Sachverhalt (vereinfacht und gekürzt)
A unternahm am Unfalltag mit seinem zwei bis drei Monate alten Mountainbike eine Fahrradtour. Hierbei befuhr er einen zum Gemeindegebiet und Eigentum der Gemeinde G gehörenden Feldweg. A kannte die Strecke nicht, hatte sich aber vorher mittels einer Karten-App orientiert. Nach ca. 50 m befand sich auf dem Feldweg ein sog. Zieharmonikaheck, d.h. eine Vorrichtung aus Drähten und Holzlatten, bei der zwei Stacheldrähte über den Weg gespannt waren. Diese Vorrichtung war bereits Ende der 1980er-Jahre mit Genehmigung des damaligen Bürgermeisters der G errichtet worden. An der Vorrichtung befand sich das Verkehrszeichen 260, wonach die Nutzung des Weges für mehrspurige Kraftfahrzeuge und Krafträder, nicht aber für Fahrräder untersagt ist. A bemerkte den quer über den Weg gespannten Stacheldraht erst spät, nahm eine Vollbremsung vor, wodurch sich das Rad überschlug und A kopfüber in den Stacheldraht stürzte. A ist seither querschnittsgelähmt und pflegebedürftig. A begehrt von G Ersatz der Behandlungskosten und Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes.
Bearbeitervermerk: Es ist davon auszugehen, dass Ansprüche auf Ersatz der Behandlungskosten nicht auf Dritte übergegangen sind. Die Gemeinde ist nach den einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften Trägerin der Straßenbaulast.
Anmerkung: Im Originalfall richtete sich die Klage auch gegen die zuständigen Jagdpächter. Weiterhin wurden die Behandlungskosten in einem separaten Verfahren durch die Bundesrepublik Deutschland geltend gemacht, die als Dienstherr des geschädigten Soldaten dessen Behandlungskosten und Versorgungsbezüge zahlte.
Entscheidung
A könnte einen entsprechenden Anspruch aus § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG haben. Dazu müsste jemand in Ausübung eines öffentlichen Amtes schuldhaft eine drittgerichtete Amtspflicht verletzt haben. (Anm: Hierbei bildet § 839 BGB die anspruchsbegründende Norm. Haftungssubjekt ist hier grundsätzlich der handelnde Beamte. Art. 34 GG leitet diese Haftung sodann auf den Staat über.)
Hier gilt der haftungsrechtliche Beamtenbegriff, d.h. Täter kann nicht nur ein Beamter im statusrechtlichen Sinne sein, sondern jeder, der mit hoheitlichen Tätigkeiten betraut ist und in Ausübung dieser tätig wird. Ausreichend ist auch, dass jemand ein hoheitliches Tätigwerden unterlässt. Die Gemeinde war Trägerin der Straßenbaulast und als solche verpflichtet, die Sicherheit der Gemeindestraßen zu gewährleisten. Dem Träger der Straßenbaulast obliegt auch eine öffentlich-rechtliche Überwachungspflicht (hier ist jeweils auf die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften abzustellen). Indem der zuständige Amtswalter nicht gegen die Absperrvorrichtung auf dem Feldweg einschritt, handelte er in Ausübung eines öffentlichen Amtes.
Er müsste auch eine drittgerichtete Amtspflicht verletzt haben. Wichtige Amtspflichten sind z.B. die Pflicht zum rechtmäßigen Verwaltungshandeln, insbesondere das Unterlassen unerlaubter Handlungen, Verkehrsregelungs- und Verkehrssicherungspflichten und die Erteilung korrekter Auskünfte.  Hier könnte eine Verletzung einer Amtspflicht in Form einer Verkehrssicherungspflichtvorliegen. Hierzu führte die Vorinstanz, das OLG Schleswig-Holstein,  aus:

„Derjenige, der eine Gefahrenlage schafft (bzw. verantwortet), ist grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren. Dabei sind diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die geeignet sind, die Schädigung anderer tunlichst abzuwenden. (…) Es sind deshalb diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger des betroffenen Verkehrskreises (hier Gemeinde als Straßenbaulastträger, Jäger, anliegende Landwirte, Freizeitsportler) für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren und die nach den Umständen zuzumuten sind.“ (OLG Schleswig-Holstein v. 10.8.2017, Az. 7 U 28/16)

Der Stacheldraht war hier nur aus kurzer Entfernung erkennbar und nicht besonders gekennzeichnet. Das Verkehrsschild, das nur die Benutzung des Weges durch mehrspurige Kraftfahrzeuge und Krafträder untersagte, ließ darauf schließen, dass der Weg durch Fahrradfahrer benutzt werden konnte. Erforderlich und zumutbar wäre es gewesen, die Absperrung hinreichend zu kennzeichnen, sodass sie für Benutzer des Weges auch aus größerer Entfernung unmittelbar wahrgenommen werden könnte und das Risiko eines Unfalls verringert würde. So auch der BGH:

„Mit Recht hatte das Berufungsgericht eine schuldhafte Verkehrssicherungs-pflichtverletzung durch die Beklagten bejaht. Ein quer über einen für die Nutzung durch Radfahrer zugelassenen Weg gespannter, nicht auffällig gekennzeichneter Stacheldraht ist im wörtlichen wie auch im rechtlichen Sinne verkehrswidrig. Ein solches Hindernis ist angesichts seiner schweren Erkennbarkeit und der daraus sowie aus seiner Beschaffenheit folgenden Gefährlichkeit völlig ungewöhnlich und objektiv geradezu als tückisch anzusehen, so dass ein Fahrradfahrer hiermit nicht rechnen muss. Für diesen verkehrspflichtwidrigen Zustand haftet die Gemeinde als Trägerin der Straßenbaulast.“ (BGH, Pressemitteilung Nr. 042/2020)

Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass die Absperrung bereits über 20 Jahre vorhanden war, ohne dass bisher ein Schaden eingetreten war:

„Auch schon zur Unfallzeit – im Sommer 2012 – war Freizeitsport, wie Mountainbike-Fahren, zunehmend verbreitet (…). Gerade Feld- und Waldwege gehören zu den bevorzugten Flächen dieser Freizeitsportler und nach dem Aufkommen der Mountainbikes sind gerade Radfahrer in zunehmender Zahl auf derartigen Wegen anzutreffen (vgl. OLG Köln, Urteil vom 23.1.1998, VersR 1998, 860–862, juris Rdnr. 35). Diese Veränderung im Freizeitverhalten hätte auch die Bekl. zu 1) als Eigentümerin und Trägerin der Straßenbaulast zur Kenntnis nehmen und sich im Rahmen des Zumutbaren darauf einstellen können. Dazu gehört es, die Absperrung von öffentlich zugänglichen Wegen mit dünnen und daher zwangsläufig leicht zu übersehenden Stacheldrähten entweder ganz zu vermeiden oder aber sie als Gefahrenquelle zumindest deutlich zu kennzeichnen.“ (OLG Schleswig-Holstein v. 10.8.2017, Az. 7 U 28/16)

Drittgerichtet ist die Amtspflicht, wenn sie nicht nur den Interessen der Allgemeinheit zu dienen bestimmt ist, sondern auch die Interessen des Einzelnen schützt, der konkrete Sachverhalt sachlich und der Betroffene persönlich vom Schutzbereich umfasst ist. Die Verkehrssicherungspflicht der Gemeinde dient gerade dazu, Unfälle wie den vorliegenden zu verhindern, sodass die Gemeinde eine ihr im konkreten Fall gegenüber A obliegende Amtspflicht verletzt hat.
Die Verletzung der Amtspflicht müsste auch schuldhaft gewesen sein. (Anm: Dieser Prüfungspunkt darf unter keinen Umständen übersehen werden, grenzt doch das Verschuldenserfordernis den Amtshaftungsanspruch insbesondere von den Geldentschädigungsansprüchen des Staatshaftungsrechts ab).  Es gilt der Maßstab des § 276 BGB, d.h. erforderlich ist Vorsatz oder Fahrlässigkeit. Indem der zuständige Amtswalter nicht für eine ausreichende Kennzeichnung der Absperrung sorgte, obwohl bekannt war, dass die Feldwege im Gemeindegebiet häufig von Radfahrern genutzt werden, ließ er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt gemäß § 276 Abs. 2 BGB außer Acht und handelte somit fahrlässig und schuldhaft.
Ein Anspruchsausschluss nach den § 839 Abs. 1 S. 2, Abs. 2, Abs. 3 BGB kommt ersichtlich nicht in Betracht, insbesondere vermag A nicht gem. § 839 Abs. 1 S. 2 BGB auf andere Weise Ersatz zu erlangen.
Dem A müsste ein ersatzfähiger Schaden entstanden sein. Dieser besteht vorliegend in den entstandenen Behandlungskosten, die nach § 249 Abs. 1 BGB ersatzfähig sind. Weiterhin besteht ein immaterieller Schaden gemäß § 253 Abs. 2 BGB. Diese beruhen auch kausal auf der Amtspflichtverletzung. (Anm: An dieser Stelle sollte der Bearbeiter grds. beachten, dass im Rahmen der Amtshaftung stets nur Geldersatz, nicht aber Naturalrestitution verlangt werden kann.)
Der Ersatzanspruch könnte jedoch wegen Mitverschuldens des A bei der Schadensentstehung gem. § 254 Abs. 1 BGB zu mindern sein. Die Vorinstanz ging hier davon aus, dass dem A ein Mitverschulden von 75% anzulasten sei, weil er noch nicht an das Bremsverhalten seines neuen Fahrrads gewöhnt war und der Weg für ihn unbekannt war, er aber dennoch seine Geschwindigkeit nicht anpasste, wie § 3 Abs. 1 StVO es vorsehe:

„Aufgrund der dargestellten und auch aus den Lichtbildern der beigezogenen Ermittlungsakte ersichtlichen örtlichen Verhältnissen musste der Geschädigte jederzeit mit Hindernissen rechnen, die ihn zu einer Bremsung zwingen könnten. Zwar musste er nicht mit einer – wie oben dargestellt – verkehrssicherungswidrigen Absperrung quer über den Feldweg rechnen, gleichwohl hätte er sich aufgrund der im unbekannten örtlichen Verhältnisse auf dem unbefestigten Weg jedoch jederzeit bremsbereit verhalten müssen. Gemessen daran waren die von dem Geschädigten (mindestens) gefahrenen 16 km/h unangemessen zu hoch. (…) Außerdem hat sich der Geschädigte nicht hinreichend mit dem Bremsverhalten seines (relativ neuen) Mountainbikes (hohe Überschlagsneigung) vertraut gemacht.“ (OLG Schleswig-Holstein v. 10.8.2017, Az. 7 U 28/16)

Dem tritt der BGH entschieden entgegen. Eine Anpassung der Geschwindigkeit an schwer erkennbare Hindernisse könne nicht verlangt werden, weil Radfahrer sich sonst stets nur mit minimaler Geschwindigkeit bewegen dürften:

„Der Kläger hat allerdings entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts nicht gegen das Sichtfahrgebot verstoßen, so dass ihm insoweit kein Mitverschulden an dem Unfall anzulasten ist. Dieses Gebot verlangt, dass der Fahrer vor einem Hindernis, das sich innerhalb der übersehbaren Strecke auf der Straße befindet, anhalten kann. Es gebietet aber nicht, dass der Fahrer seine Geschwindigkeit auf solche Objekte einrichtet, die sich zwar bereits im Sichtbereich befinden, die jedoch – bei an sich übersichtlicher Lage – aus größerer Entfernung noch nicht zu erkennen sind. Dies betrifft etwa Hindernisse, die wegen ihrer besonderen Beschaffenheit ungewöhnlich schwer erkennbar sind oder deren Erkennbarkeit in atypischer Weise besonders erschwert ist und auf die nichts hindeutet. Anderenfalls dürfte sich der Fahrer stets nur mit minimalem Tempo bewegen, um noch rechtzeitig anhalten zu können. Um ein solches Hindernis handelte es sich im vorliegenden Fall. Daran änderte auch das an den Drähten angebrachte, mit nach unten auf den Boden gerichteten Holzlatten versehene Verkehrsschild nichts. Im Gegenteil erweckte es den Eindruck, der Weg sei für Fahrradfahrer frei passierbar“ (BGH, Pressemitteilung Nr. 042/2020).

Ein anspruchsminderndes Mitverschulden des A ist vorliegend daher abzulehnen.
A hat gegen die Gemeinde G einen Anspruch auf Ersatz der Behandlungskosten und Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes in voller Höhe.
Ausblick
Es handelt sich um einen klassischen Fall des Staatshaftungsrechts, der den Bearbeiter nicht vor größere Schwierigkeiten stellen sollte. Zur Wiederholung sei auf unser Schema zum Amtshaftungsanspruch verwiesen. Die Frage des Mitverschuldens bietet viel Argumentationsspielraum, wobei in der Klausurlösung mit entsprechender Begründung vieles vertretbar sein dürfte.
 

27.04.2020/1 Kommentar/von Dr. Lena Bleckmann
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Lena Bleckmann https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Lena Bleckmann2020-04-27 08:50:182020-04-27 08:50:18BGH: Amtshaftung der Gemeinde für Fahrradunfall auf gemeindlichem Feldweg
Dr. Melanie Jänsch

BGH: Sportlehrer müssen Erste Hilfe leisten

Rechtsprechung, Staatshaftung, Startseite

Mit Urteil vom 4.4.2019 (Az.: III ZR 35/18) hat sich der BGH mit Amtshaftungsansprüchen eines (ehemaligen) Schülers gegen das Land Hessen auseinandergesetzt. Bei einem im Sportunterricht erlittenen Zusammenbruch hätten die Sportlehrerin und ihr Kollege – so die Behauptung des Schülers – unzureichende Erste-Hilfe-Maßnahmen ergriffen, was letztlich zu einem Hirnschaden des Schülers geführt habe. Die Vorinstanz, das OLG Frankfurt a.M., hatte mit Urteil vom 25.01.2018 (Az.: 1 U 7/17) eine Amtshaftung abgelehnt, weil nicht bewiesen werde könne, ob das Unterlassen der Erste-Hilfe-Maßnahmen ursächlich für den Hirnschaden war. Dass das Gericht hiervon ausgehend den Beweisantrag des Klägers, ein Sachverständigengutachten zur Kausalität einzuholen, abgelehnt hat, war verfahrensfehlerhaft. Daher hat der BGH das vorangegangene Urteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen; auf der Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstandes sei ein Schadensersatzanspruch des Klägers nicht auszuschließen und es bedürfe insoweit weiterer tatrichterlicher Feststellungen. Die Entscheidung des BGH ist unter verschiedenen Gesichtspunkten als äußerst klausur- und examensrelevant einzuordnen: Dies betrifft zum einen die Konkretisierung der Amtspflichten, aber auch den Haftungsmaßstab bei Amtsträgerhandeln (Stichwort: analoge Anwendung des § 680 BGB) sowie Fragen zu einer möglichen Beweislastumkehr entsprechend den im Arzthaftungsrecht entwickelten Beweisgrundsätzen bei groben Behandlungsfehlern.
 
A) Sachverhalt (der Pressemitteilung 42/2019 entnommen)
Der seinerzeit 18 Jahre alte Kläger war Schüler der Jahrgangsstufe 13 und nahm im Januar 2013 am Sportunterricht teil. Etwa fünf Minuten nach Beginn des Aufwärmtrainings hörte er auf zu laufen, stellte sich an die Seitenwand der Sporthalle, rutschte dort in eine Sitzposition und reagierte auf Ansprache nicht mehr. Um 15.27 Uhr ging der von der Sportlehrerin ausgelöste Notruf bei der Rettungsleitstelle ein. Die Lehrerin wurde gefragt, ob der Kläger noch atme. Sie befragte dazu ihre Schüler; die Antwort ist streitig. Sie erhielt sodann von der Leitstelle die Anweisung, den Kläger in die stabile Seitenlage zu verbringen. Der Rettungswagen traf um 15.32 Uhr, der Notarzt um 15.35 Uhr ein. Die Sanitäter und der Notarzt begannen sofort mit Wiederbelebungsmaßnahmen, die ungefähr 45 Minuten dauerten. Sodann wurde der intubierte und beatmete Kläger in eine Klinik verbracht. Im dortigen Bericht ist unter anderem vermerkt: „Beim Eintreffen des Notarztes bereits 8 minütige Bewusstlosigkeit ohne jegliche Laienreanimation“. Es wurde ein hypoxischer Hirnschaden nach Kammerflimmern diagnostiziert, wobei die Genese unklar war. Während der stationären Behandlung ergaben sich weitere – teils lebensgefährliche – Erkrankungen. Seit Oktober 2013 ist der Kläger zu 100% als Schwerbehinderter anerkannt.
Der Kläger verlangt nunmehr Schadensersatz vom Land Hessen mit der Begründung, sein gesundheitlicher Zustand sei unmittelbare Folge des erlittenen Hirnschadens wegen mangelnder Sauerstoffversorgung des Gehirns infolge unterlassener Reanimationsmaßnahmen durch seine Sportlehrerin und einen weiteren herbeigerufenen Sportlehrer. Hätten diese im Rahmen der notfallmäßigen Erste-Hilfe-Versorgung eine Atemkontrolle und – angesichts des dabei festgestellten Atemstillstands – anschließend eine Reanimation durch Herzdruckmassage und Atemspende durchgeführt, wäre es nicht zu dem Hirnschaden gekommen.
 
B) Rechtliche Erwägungen
Ansprüche des Klägers gegen das Land Hessen auf Ersatz der Schäden, die durch die von der Sportlehrerin unterlassenen Reanimationsmaßnahmen hervorgerufen wurden, könnten sich aus einem Amtshaftungsanspruch ergeben, der auf einer Zusammenschau von § 839 Abs. 1 BGB und Art. 34 S. 1 GG basiert. Während § 839 BGB als anspruchsbegründende Norm zuerst zu zitieren ist, ergibt sich aus Art. 34 S. 1 GG (so schon Art. 131 WRV) die Überleitung der Haftung auf den Staat. Art. 34 GG fungiert damit als verfassungsrechtlich verbürgte befreiende Schuldübernahme.
 
I. Ausübung eines öffentlichen Amtes
Hierfür müsste die Sportlehrerin in Ausübung eines öffentlichen Amtes gehandelt haben. Maßgeblich ist hierbei der haftungsrechtliche Beamtenbegriff. Dieser setzt voraus, dass der betreffenden Person von der zuständigen Stelle die Ausübung eines öffentlichen Amtes anvertraut worden ist, wobei unter einem öffentlichen Amt jede dienstliche Betätigung zu verstehen ist, die öffentlich-rechtliche Belange wahrnimmt. Das heißt, es muss gerade kein beamtenrechtliches Dienst- und Treueverhältnis im Sinne des staatsrechtlichen Beamtenbegriffs bestehen, sondern auch Personen, die in einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis oder in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zu einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft stehen, können dem haftungsrechtlichen Beamtenbegriff unterfallen (MüKoBGB/Papier/Shirvani, 7. Aufl. 2017, BGB § 839 Rn. 130 f.). Dies zugrunde legend sind Lehrer an öffentlichen Schulen – die regelmäßig ohnehin als Beamte im staatsrechtlichen Sinne tätig sind – im Rahmen ihrer Tätigkeit offensichtlich auch vom haftungsrechtlichen Beamtenbegriff erfasst (s. hierzu schon BGH v. 15.3.1954 – III ZR 333/52, NJW 1954, 874), und zwar unabhängig davon, ob sie verbeamtet oder angestellt sind. Die Sportlehrerin im vorliegenden Fall befand sich daher in Ausübung eines öffentlichen Amtes.
 
II. Verletzung einer drittbezogenen Amtspflicht
Fraglich ist, ob sie eine Amtspflicht verletzt hat, die ihr gegenüber Dritten oblag. Besondere Amtspflichten ergeben sich aus der Funktion des konkreten Amtes: Nach ständiger Rechtsprechung des BGH trifft Lehrer die Amtspflicht gegenüber ihnen anvertrauten Schülern, diese vor Schäden zu bewahren (s. beispielhaft BGH v. 15.3.1954 – III ZR 333/52, NJW 1954, 874). Dies beinhalte auch die Verpflichtung, Gesundheitsschäden von ihren Schülern abzuwenden. Es handele sich hierbei um eine Nebenpflicht, die neben die allgemeinen Pflichten – Unterrichtung und Erziehung – trete. Dass Sportlehrern konkret die Amtspflicht zukommt, im Notfall Erste Hilfe zu leisten, hat der BGH ausdrücklich klargestellt:

„Den Sportlehrern des beklagten Landes oblag die Amtspflicht, etwa erforderliche und zumutbare Erste-Hilfe-Maßnahmen rechtzeitig und in ordnungsgemäßer Weise durchzuführen.“

Indem dies nur unzureichend geschehen ist, haben die Lehrer also eine Amtspflicht verletzt. Die Amtspflicht ist offensichtlich auch drittbezogen: In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die dem Lehrpersonal obliegende Pflicht, die Schüler während des Sportunterrichts zur Verhinderung von Schäden zu beaufsichtigen, eine Amtspflicht darstellt, die auch Dritten gegenüber besteht (s. etwa OLG Frankfurt a.M. v. 18.1.2010 – 1 U 185/08, NVwZ-RR 2010, 479). Dann erscheint es nur konsequent, dies bei der Leistung lebensrettender Maßnahmen im Sportunterricht erst recht anzunehmen: Durch die Verpflichtung zur Ergreifung von Erste-Hilfe-Maßnahmen soll in qualifizierter und individualisierbarer Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises von Dritten – Leben und Gesundheit der Schüler – Rücksicht genommen werden. Indem die Lehrer die Vornahme der notwendigen Maßnahme unterlassen haben, haben sie also – so wird dies für diese Lösung unterstellt – eine drittbezogene Amtspflicht verletzt.
 
III. Kausalität
Diese müsste auch kausal zu einer Rechtsgutverletzung – hier: dem Hirnschaden – geführt haben. Ob die Kausalität zwischen Amtspflichtverletzung und Rechtsgutverletzung im vorliegenden Fall gegeben war, konnte jedoch nicht abschließend geklärt werden. Das Berufungsgericht hat offen gelassen, „ob die Sportlehrer nach dem Ergebnis der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme ihre Amtspflicht, erforderliche und zumutbare Erste-Hilfe-Maßnahmen zu leisten, verletzt haben. Denn es lasse sich jedenfalls nicht feststellen, dass sich ein etwa pflichtwidriges Unterlassen einer ausreichenden Kontrolle der Vitalfunktionen und etwaiger bis zum Eintreffen der Rettungskräfte gebotener Reanimationsmaßnahmen kausal auf den Gesundheitszustand des Klägers ausgewirkt habe […]. Denn es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Atmung des Klägers erst kurz vor dem Eintreffen der Rettungskräfte ausgesetzt habe oder dass selbst bei Durchführung einer bereits vorher gebotenen Reanimation der Kläger heute in gleicher Weise gesundheitlich beeinträchtigt wäre. Die Wertung des Landgerichts, wonach sich der Zeitpunkt, zu dem der Kläger aufgehört habe zu atmen, nicht verlässlich festlegen lasse, sodass auch nicht festgestellt werden könne, ab wann Wiederbelebungsmaßnahmen geboten gewesen wären, sei nicht zu beanstanden.“ Dann aber hätte das Berufungsgericht – so der BGH – den Beweisantrag des Klägers, ein Sachverständigengutachten zur Kausalität einzuholen, nicht ablehnen dürfen. Für die weiteren Darstellungen wird daher unterstellt, dass der Hirnschaden bei Vornahme der notwendigen Erste-Hilfe-Maßnahmen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht eingetreten wäre, sodass die Amtspflichtverletzung der Lehrer auch kausal war.
 
IV. Verschulden
1. Grundsatz: Vorsatz oder Fahrlässigkeit
Ihnen müsste auch ein Verschulden anzulasten sein. Hierfür müssten sie entweder vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt haben. Vorsatz bzw. Fahrlässigkeit müssen sich lediglich auf die Amtspflichtverletzung, nicht aber (auch) auf den schädigenden Erfolg beziehen (MüKoBGB/Papier/Shirvani, 7. Aufl. 2017, BGB § 839 Rn. 284). In Betracht kommt hier ersichtlich nur fahrlässiges Handeln, das nach allgemeiner Definition dann vorliegt, wenn der Amtswalter die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat. Ein pflichtgetreuer Durchschnittsbeamter hätte erkannt, dass er bei einem im Sportunterricht erlittenen Zusammenbruch eines Schülers Erste-Hilfe-Maßnahmen ergreifen muss. Insofern ist hier wohl von fahrlässigem Handeln auszugehen.
 
2. Haftungsprivilegierung analog § 680 BGB?
Möglicherweise sind hier jedoch analog § 680 BGB andere Maßstäbe anzulegen, mithin könnte die Haftung auf grobe Fahrlässigkeit beschränkt sein. Nach § 680 BGB hat der Geschäftsführer nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn die Geschäftsführung die Abwendung einer dem Geschäftsherrn drohenden dringenden Gefahr bezweckt. Der BGH hat eine analoge Anwendung jedoch ausdrücklich abgelehnt. Hier komme die Haftung des Landes nicht nur im Falle grober Fahrlässigkeit in Betracht. Denn:

„§ 680 BGB will denjenigen schützen, der sich bei einem Unglücksfall zu spontaner Hilfe entschließt. Dabei berücksichtigt die Vorschrift, dass wegen der in Gefahrensituationen geforderten schnellen Entscheidung ein ruhiges und überlegtes Abwägen kaum möglich ist und es sehr leicht zu einem Sichvergreifen in den Mitteln der Hilfe kommen kann. Die Situation einer Sportlehrkraft, die bei einem im Sportunterricht eintretenden Notfall tätig wird, ist aber nicht mit der einer spontan bei einem Unglücksfall Hilfe leistenden unbeteiligten Person zu vergleichen. Den Sportlehrern des beklagten Landes oblag die Amtspflicht, etwa erforderliche und zumutbare Erste-Hilfe-Maßnahmen rechtzeitig und in ordnungsgemäßer Weise durchzuführen. Um dies zu gewährleisten, mussten die Sportlehrer bereits damals über eine aktuelle Ausbildung in Erster Hilfe verfügen. Die Situation des § 680 BGB entspricht damit zwar der von Schülern, aber nicht der von Sportlehrern, zu deren öffentlich-rechtlichen Pflichten jedenfalls auch die Abwehr von Gesundheitsschäden der Schüler gehört. Selbst wenn es sich nur um eine Nebenpflicht der Sportlehrer handelt, sind Sinn und Zweck von § 680 BGB mit der Anwendung im konkreten Fall nicht vereinbar. Insoweit ist der Anwendungsbereich des § 839 Abs. 1 BGB auch davon geprägt, dass ein objektivierter Sorgfaltsmaßstab gilt, bei dem es auf die Kenntnisse und Fähigkeiten ankommt, die für die Führung des übernommenen Amtes erforderlich sind. Zur Führung des übernommenen Amtes gehören bei Sportlehrern aber auch die im Notfall gebotenen Erste-Hilfe-Maßnahmen. Dazu stände eine Haftungsbeschränkung auf grobe Fahrlässigkeit in Widerspruch. Eine solche einschneidende Haftungsbegrenzung erscheint dem Senat auch vor dem Hintergrund nicht gerechtfertigt, dass mit jedem Sportunterricht für die Schüler gewisse Gefahren verbunden sind. Es wäre aber nicht angemessen, wenn der Staat einerseits die Schüler zur Teilnahme am Sportunterricht verpflichtet, andererseits bei Notfällen im Sportunterricht eine Haftung für Amtspflichtverletzungen der zur Durchführung des staatlichen Sportunterrichts berufenen Lehrkräfte nur bei grober Fahrlässigkeit und damit nur in Ausnahmefällen einträte.“

Der BGH argumentiert überzeugend mit teleologischen Gesichtspunkten: § 680 BGB soll denjenigen privilegieren, der sich im Notfall spontan – ohne Erste-Hilfe-Ausbildung – zur Rettung entschließt. Dieser Gedanke greift aber offensichtlich dann nicht, wenn der betreffende Amtsträger einem Personenkreis angehört, der verpflichtet ist, über eine Erste-Hilfe-Ausbildung zu verfügen, und den ohnehin die Nebenpflicht trifft, Gesundheitsschäden von anderen abzuwenden. Daher vermag eine analoge Anwendung des § 680 BGB mit der Folge, dass der Haftungsmaßstab auf grobe Fahrlässigkeit begrenzt wäre, nicht zu überzeugen. Es bleibt also bei den allgemeinen Regeln, die einfache Fahrlässigkeit genügen lassen. Indem fahrlässiges Handeln zu bejahen ist, trifft die Lehrer also auch ein Verschulden.
 
Anmerkung: Dass § 680 BGB nicht analog auf den Amtshaftungsanspruch anwendbar ist, hat der BGH schon in seiner Entscheidung vom 14.06.2018 – III ZR 54/17, NJW 2018, 2723 festgestellt, in der es um die Haftung eines Feuerwehrbeamten ging, s. hierzu unsere ausführlich Besprechung.
 
V. Kausaler Schaden
Die Amtspflichtverletzung muss bei dem geschützten Dritten zudem einen Vermögensschaden verursacht haben. Dabei ist zu prüfen, welcher Verlauf sich bei pflichtgemäßem Verhalten der Amtsträger ergeben hätte und wie sich in diesem Fall die Vermögenslage des Verletzten darstellen würde (MüKoBGB/Papier/Shirvani, 7. Aufl. 2017, BGB § 839 Rn. 276). Ein Schaden, der auch bei amtspflichtgemäßem Verhalten eingetreten wäre, ist damit nicht kausal, was insbesondere bei einem Unterlassen – wie es im vorliegenden Fall gegeben ist – Relevanz erlangt. „Besteht die Amtspflichtverletzung in einem Unterlassen, kann ein Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden nur bejaht werden, wenn der Schadenseintritt bei pflichtgemäßem Handeln mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermieden worden wäre. Eine bloße Möglichkeit oder eine gewisse Wahrscheinlichkeit genügen nicht (s. BGH v. 27.1.1994 – III ZR 109/92, Rn. 33, juris)“. Da nicht abschließend geklärt werden konnte, ob die unzureichenden Rettungsmaßnahmen kausal für den Hirnschaden bzw. die hiermit verbundenen Kosten waren, kann Abhilfe wohl nur das Sachverständigengutachten schaffen. Auch insoweit muss die Entscheidung des OLG Frankfurt a.M. abgewartet werden.
 
VI. Beweislast
Im Übrigen äußerte sich der BGH zudem zur Beweislast. Nach allgemeinen Grundsätzen ist der Kläger beweisbelastet. Man könnte jedoch erwägen, ob – entsprechend den im Arzthaftungsrecht entwickelten Beweisgrundsätzen bei groben Behandlungsfehlern (s. hierzu ausführlich Spickhoff, NJW 2004, 2345 ff.) – eine Beweislastumkehr stattfindet mit der Folge, dass das Land die Nichtursächlichkeit etwaiger Pflichtverletzungen der Sportlehrer nachweisen muss. Das hat der BGH aber mit überzeugender Begründung verneint:

„Zwar gelten diese Grundsätze nach der Senatsrechtsprechung wegen der Vergleichbarkeit der Interessenlage entsprechend bei grober Verletzung von Berufs- oder Organisationspflichten, sofern diese als Kernpflichten, ähnlich wie beim Arztberuf, spezifisch dem Schutz von Leben und Gesundheit anderer dienen. Dies hat der Senat für Hausnotrufverträge und die Badeaufsicht in Schwimmbädern angenommen. Die Amtspflicht der Sportlehrer zur Ersten Hilfe bei Notfällen ist wertungsmäßig jedoch nur eine die Hauptpflicht zur Unterrichtung und Erziehung begleitende Nebenpflicht. Die Sportlehrer werden an der Schule nicht primär oder in erster Linie – sondern nur „auch“ – eingesetzt, um in Notsituationen Erste-Hilfe-Maßnahmen durchführen zu können. Eine Verletzung dieser Nebenpflicht, auch wenn sie grob fahrlässig erfolgt sein sollte, rechtfertigt keine Beweislastumkehr in Anlehnung an die oben aufgeführten Fallgruppen.“

Für eine Beweislastumkehr sei also erforderlich, dass es sich bei der Pflicht zur Erste-Hilfe-Leistung um eine Hauptpflicht handele. Da dies bei Sportlehrern ersichtlich nicht der Fall sei, bleibe es bei den allgemeinen Grundsätzen, dass den Kläger die Beweislast treffe.
 
VII. Ergebnis
Ein Anspruch aus § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG kommt damit grundsätzlich in Betracht.
 
C) Fazit
Fest steht damit: Sportlehrer trifft die Pflicht, im Notfall zumutbare Erste-Hilfe-Maßnahmen zu ergreifen. Wird dies unterlassen, kommt ein Anspruch gegen das Land aus § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG in Betracht. Dabei kommt ihnen auch keine Haftungsprivilegierung analog § 680 BGB zu. Denn § 680 BGB verfolgt den Zweck, denjenigen zu privilegieren, der sich spontan und ohne Erste-Hilfe-Ausbildung zu Rettungsmaßnahmen entschließt – dieser Gedanke trifft auf Sportlehrer, die ohnehin über eine derartige Ausbildung verfügen müssen, aber nicht zu. Genau wie es der BGH für die Berufsfeuerwehr entschieden hat, ist eine Analogiebildung also auch bei Sportlehrern nicht angezeigt. Ob jedoch im konkreten Fall ein Anspruch bejaht werden kann, ist noch unklar; insofern muss die Entscheidung des OLG Frankfurt a.M. abgewartet werden.
 
 

23.04.2019/1 Kommentar/von Dr. Melanie Jänsch
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Melanie Jänsch https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Melanie Jänsch2019-04-23 09:18:092019-04-23 09:18:09BGH: Sportlehrer müssen Erste Hilfe leisten
Dr. Marius Schäfer

LG Bonn: Keine Entschädigung für Kunduz-Opfer im Rahmen eines Amtshaftungsanspruches

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Sachverhalt
In erster Instanz hat das LG Bonn am 11.12.2013 (1 O 460/11) in einem brisanten Fall entschieden, dass den Hinterbliebenen des Luftangriffs von Kunduz kein Amtshaftungsanspruch gemäß § 839 I 1 BGB i.V.m. Art. 34 1 GG zusteht.
Hintergrund des Verfahrens ist der von der Bundeswehr angeforderte US-Luftangriff zweier von den Taliban entführter Tanklaster am 04. September 2006, bei dem neben den aufständischen Talibankämpfern allerdings auch umstehende Personen – nach Einschätzungen der NATO insgesamt 142 Menschen – der Zivilbevölkerung ums Leben kamen. Zur Aufklärung dieses tragischen Vorfalles wurde in der Folge eigens ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss eingerichtet. Im Raum standen vorliegend Schadensersatzforderungen von insgesamt etwa 90.000 Euro, wobei die Bundeswehr an freiwilligen Wiedergutmachungsleistungen ohnehin bislang etwa eine halbe Million Euro an die Hinterbliebenen geleistet hat.
Das Urteil bietet an dieser Stelle Anlass genug, sich mit den Grundsätzen sowie den Voraussetzungen des Amtshaftungsanspruches zu beschäftigen, um schließlich auf das Urteil des LG Bonn einzugehen.
 
Grundsätze des Amtshaftungsanspruches
Bei dem hier in Frage stehenden Amtshaftungsanspruch handelt es sich um die ausschließliche bzw. mittelbare Staatshaftung für rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten. Dabei ergänzt dieser Anspruch den verwaltungsprozessualen Rechtsschutz, indem für Amtspflichtverletzungen ein Schadensersatzverlangen hinzutritt, sofern ein Recht im Wege des Primärrechtsschutzes nicht durchsetzbar ist.
Der Inhalt dieses Anspruches richtet sich daher grundsätzlich nach den §§ 249 ff. BGB, jedoch eingeschränkt um die grundsätzliche Modifikation des ausschließlichen Anspruches auf Geldersatz nach § 251 I BGB, da sich die Haftung des Staates nur nach der Haftung des Amtswalters richten kann, der im Rahmen einer Naturalrestitution nicht öffentlich-rechtlich tätig zu werden im Stande ist.
Im Hinblick auf den Anspruchsgegner haftet nach der herrschenden Anvertrauens- bzw. Amtsübertragungstheorie grundsätzlich die Behörde, welche dem Amtsträger die jeweilige Aufgabe, bei deren Wahrnehmung die Amtspflichtverletzung begangen wurde, „anvertraut“ bzw. „übertragen“ hat, was im Regelfall die Körperschaft sein wird, die diesen Amtsträger angestellt (Anstellungskörperschaft) und ihm damit die Möglichkeit zur Amtsausübung eröffnet hat.
Für die gerichtliche Geltendmachung des Amtshaftungsanspruches hat der Gesetzgeber in Art. 34 3 GG den ordentlichen Rechtsweg verfassungsrechtlich normiert (siehe auch § 40 II 1 Alt.3 VwGO). Unabhängig vom Streitwert sind damit in erster Instanz die Landgerichte (§ 71 II Nr.2 GVG) sachlich zuständig.
 
Voraussetzungen des Amtshaftungsanspruches
 
1. Anspruchsgrundlage
Als Grundlage dieses Anspruches ergeben sich die Voraussetzung nunmehr aus der Weiterführung des Art. 131 WRV in § 839 BGB (Haftungsbegründung) i.V.m. Art. 34 1 GG (Haftungsüberleitung). Beide Normen beeinflussen sich gegenseitig und sind daher im Zusammenspiel zu sehen. Im Ergebnis erfolgt hier eine Übernahme der Haftung durch den Staat, mit schuldbefreiender Wirkung für den Beamten, d.h. dass dieser von einer persönlichen Verantwortlichkeit jedenfalls im Außenverhältnis entlastet wird und der Geschädigte einen solventen Schuldner erhält.
 
2. Handeln eines Amtswalters
Der Begriff des „Beamten“ in § 839 I 1 BGB wirkt zwar eindeutig, doch wird dieser durch die Tatbestandsmodifikation des Art. 34 1 GG („jemand“) zu einem schwer zu bestimmenden Tatbestandsmerkmal des „Amtswalters“. Insofern ist nicht auf den statusrechtlichen Beamtenbegriff, sondern ausschließlich auf die hoheitliche Funktion abzustellen, die der Handelnde dem Bürger gegenüber im Außenverhältnis wahrnimmt (hoheitliches Handeln).
Der Begriff des Beamten im haftungsrechtlichen Sinne ist demnach funktional zu betrachten, womit insofern derjenige hierunter fällt, der in seiner konkreten Funktion mit der Ausübung hoheitlicher Gewalt betraut ist. Erfasst ist somit jedes öffentlich-rechtliche Handeln von Exekutive, Judikative und Legislative, im Bereich der hoheitlich-obrigkeitlichen Verwaltung aber auch im Bereich der schlicht-hoheitlichen Leistungsverwaltung. Problematisch ist diese Einordnung jedoch dann, wenn ein öffentliches Amt durch Privatpersonen ausgeübt wird, was in der Regel durch Beliehene und Verwaltungshelfer geschieht, aber auch durch Personen, die als selbstständige Privatunternehmer vom Staat zur Erfüllung seiner Aufgaben herangezogen werden.
 
3. Handeln in Ausübung eines öffentlichen Amtes
Ein öffentliches Amt wird regelmäßig dann ausgeübt, wenn im öffentlichen Interesse liegende Aufgaben in den Formen des Öffentlichen Rechts wahrgenommen werden bzw. ein Tätigwerden in einem öffentlich-rechtlichen Pflichtenkreis vorliegt. Der Begriff „öffentliche Aufgabe“ ist dabei sehr weit zu fassen, da geradezu jede Tätigkeit eines Hoheitsträgers zumindest mittelbar einen Gemeinwohlbezug aufweisen kann. Unstreitig handelt es sich jedenfalls dann um eine öffentliche Aufgabe, wenn diese dem Staat – durch Gesetz oder Rechtsakt – zwingend zugeordnet wurde. Schwierigkeiten bestehen dann, wenn ein Hoheitsträger im Rahmen der Aufgabenerfüllung eine schädigende aber rechtlich neutrale Handlung begeht, sodass in diesem Falle auf den äußeren und inneren Funktionszusammenhang zwischen dem Realakt und der hoheitlichen Aufgabe abzustellen ist. Mit der herrschenden Meinung scheidet für verwaltungsprivatrechtliches Handeln ein Amtshaftungsanspruch jedenfalls von vorneherein aus.
Das Tatbestandsmerkmal des Handelns in Ausübung dient schließlich dazu, den Zurechnungszusammenhang zwischen hoheitlicher Aufgabe und Schädigungshandlung herzustellen, sodass ein solcher immer dann fehlt, wenn die Verletzungshandlung lediglich „bei Gelegenheit“ erfolgt ist.
 
4. Verletzung einer Amtspflicht
Zunächst ist hier das Vorliegen einer Amtspflicht festzustellen, hinsichtlich der wiederum eine Verletzungshandlung stattgefunden haben muss. Die Amtspflicht wird dabei als persönliche Verhaltenspflicht des Beamten im haftungsrechtlichen Sinn definiert, die ihm im Innenverhältnis gegenüber seinem Dienstherrn obliegt. Damit begründet insbesondere jede Verletzung von allgemeinen Obhuts- und Sorgfaltspflichten eine Amtspflichtverletzung. Als Grundlage für das Bestehen von speziellen Amtspflichten kommt jede Rechtsquelle in Betracht, während allgemeine Amtspflichten vor allem durch die Rechtsprechung ausgeformt wurden, wie die aus Art. 20 III GG abgeleitete Amtspflicht zu rechtmäßigem Handeln. Zudem begründet aber auch bereits jede Rechtspflichtverletzung im Außenverhältnis eine Amtspflichtverletzung, da sich das Rechtmäßigkeitserfordernis jeden staatlichen Handelns (Art. 20 III GG) auch auf den für den Hoheitsträger handelnden Amtswalter erstrecken muss.
 
5. Drittbezogenheit der verletzten Amtspflicht
Bei der notwendigen Verbindung zwischen der Außenwirkung der Amtspflichtverletzung und dem entstandenen Schaden findet eine Beschränkung auf die Verletzung solcher Amtspflichten statt, deren Sinn und Zweck darin besteht, ein besonderes Näheverhältnis zwischen Bürger und Staat herzustellen. Die verletzte Amtspflicht muss also zumindest auch gegenüber dem Geschädigten bestehen und gerade den Schutz desjenigen bezwecken – der Amtshaftungsanspruch ist damit als Korrelat zum subjektiven Primärrechtsschutz zu betrachten, welcher wiederum von einer entsprechenden Schutznorm abhängig ist (siehe § 42 II VwGO). Um die Drittbezogenheit einer Amtspflicht bejahen zu können, muss die Amtspflicht im Ergebnis kumulativ einen generellen, personalen sowie sachlichen Drittbezug aufweisen können.
Fraglich ist in diesem Kontext, ob der Staat auch für rechtswidrige Gesetzgebungsakte sowie für eine rechtswidrige Unterlassung eines Gesetzgebungsaktes haftet. Während teilweise eine Haftung für legislatives bzw. normatives Unrecht bejaht wird, verneint die h.M. dies mit dem Hinweis auf den generellen Charakter von Normen, welche der Gesetzgeber ausschließlich im Allgemeininteresse erlässt (Ausnahme: Zulässige Maßnahmen- und Einzelfallgesetze). Weitere Probleme können sich in diesem Zusammenhang im Rahmen des sachlichen Schutzbereichs der Amtspflicht, des Drittbezuges zwischen Hoheitsträgern sowie beim Drittbezug von innerbehördlichen Vorgängen ergeben.
 
6. Verschulden
Die Amtspflichtverletzung muss durch den handelnden Amtswalter verschuldet worden sein. Zu fordern ist im Rahmen des abstrakt zu bildenden Verschuldensmaßstabs eine subjektive Vorwerfbarkeit  des jeweiligen Fehlverhaltens. In Ermangelung einer entgegenstehenden Vorschrift ist der objektivierte Verschuldensmaßstab des § 276 I 1 BGB (Vorsatz und Fahrlässigkeit) anhand einer objektiven Sorgfaltsanforderung heranzuziehen, wobei eine Amtspflichtverletzung ein Verschulden grundsätzlich zu indizieren vermag. Probleme können dann entstehen, wenn ein Kollegialorgan eine Amtspflichtverletzung begangen hat oder wenn eine unrichtige Rechtsanwendung – bei zweifelhafter Rechtslage – durch die Exekutive vorgenommen wurde.
 
7. Schaden
Der Geschädigte muss einen Schaden an einem seiner Rechtsgüter erlitten haben. Erfasst werden von § 839 BGB alle in Frage kommenden Rechtsgüter. Das Vorliegen eines Vermögensschadens ist mittels der Differenzhypothese festzustellen: Ein Schaden ist zu bejahen, wenn der jetzige, tatsächliche Wert des Vermögens geringer ist als der Wert, den das Vermögen ohne das schädigende Ereignis aufweisen würde (§ 249 I BGB). Eine Einschränkung findet jedoch dahingehend statt, da das Rechtsgut überhaupt vom sachlichen Schutzbereich der verletzten Amtspflicht erfasst sein muss.
 
8. Haftungsausfüllende Kausalität
Das Erfordernis des Ursachenzusammenhangs zwischen Rechtsgut- bzw. Amtspflichtverletzung und Schaden folgt bereits aus dem Wortlaut des § 839 BGB. Wie dies im gesamten Schadensrecht der Fall ist, gilt auch hier das Erfordernis der sozial-adäquaten Verursachung, mit einer zugrunde zu legenden dreistufigen Prüfung: Dabei ist zunächst festzustellen, ob die Rechtsgutverletzung äquivalent kausal für den Schaden war (conditio-sine-qua-non-Formel). Auf der zweiten Stufe ist die adäquate Kausalität zu prüfen, d.h. dass die Möglichkeit des Schadenseintritts nicht so weit entfernt sein darf, dass diese nach der Lebenserfahrung vernünftigerweise nicht in Betracht gezogen werden kann. Auf der dritten Stufe ist schließlich der Schutzzweck der Norm zu prüfen, bei der eine Schadensersatzpflicht nur zu bejahen ist, wenn der geltend gemachte Schaden nach Art und Entstehungsweise unter den Schutzzweck der jeweils verletzten Norm fällt. Bei einer fehlerhaften Ermessensentscheidung ist im übrigen eine besonders strenge Anforderung an die Prüfung der Kausalität zu stellen.
 
9. Haftungsbeschränkungen
Im Rahmen der Haftungsbeschränkungen sind i.E. insbesondere sondergesetzliche Haftungsbeschränkungen, die Subsidiaritätsklausel (§ 839 I 2 BGB), das Richterspruchprivileg (§ 839 II 1 BGB), ein mögliches Rechtsschutzversäumnis (§ 839 III BGB), ein etwaiges Mitverschulden (§ 254 BGB) sowie eine gegebenenfalls vorliegende Verjährung (siehe §§ 195, 199 BGB) zu beachten.
 
Rechtliche Würdigung
Wenngleich sich das LG Bonn für zuständig erkannte und bereits zuvor auf eine gütliche Einigung zwischen den Parteien mehrfach hinzuwirken versuchte, wies es die Klage der Hinterbliebenen dennoch aus materiell-rechtlichen Erwägungen ab.
Das LG Bonn führte in seiner Begründung im Wesentlichen aus, dass obwohl selbst im Ausnahmefall einer kriegerischen Auseinandersetzung ein Amtshaftungsanspruch gemäß § 839 I 1 BGB i.V.m. Art. 34 1 GG dem Grunde nach begründet sein könne, die Regeln des humanitären Völkerrechts das deutsche Deliktsrecht suspendierten, sodass dieses nicht der Maßstab für die Beurteilung einer Amtspflichtverletzung des handelnden Offiziers sein könne. Vielmehr sei in diesem Kontext und dieser Umgebung schlicht mehr „erlaubt“. Zwar obliege dem befehlshabenden Offizier grundsätzlich die Pflicht, vor einem solchen Luftangriff die genau Sachlage aufzuklären, um eine Gefahr für Zivilisten vor Ort auszuschließen und das Ziel hinreichend als militärisch zu identifizieren, doch sei dieser Verpflichtung bereits dadurch ausreichend nachgekommen, da eine wiederholte Überprüfung der Plausibilität von Hinweisen eines Informanten durchgeführt wurde, um sich so zu vergewissern, dass sich bei den Tanklastern keine Zivilisten aufhielten. Dazu wurden Luftbild-Aufnahmen miteinander abgeglichen, auf denen die vorhandenen Personen nur als unterschiedslose Punkte erkennbar gewesen seien, sodass man von diesen Punkten nicht etwa auf die Größe oder das Alter der Personen hätte schließen oder gar feststellen können, ob diese Waffen bei sich geführt haben. Schließlich seien die aufständischen Taliban sowie die entführten Tanklaster unstreitig als ein militärisches Ziel zu klassifizieren gewesen, sodass es auch keiner vorherigen Warnung bedurft habe.
Bedeutsam in Frage stand damit insofern das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals „Verletzung einer Amtspflicht“, was das LG Bonn im Ergebnis ablehnte und so einen Amtshaftungsanspruch ausschließen konnte. Unter Verweis auf eine Entscheidung des BVerfG (Beschlüsse v. 13.08.2013 – 2 BvR 2660/06, 2 BvR 487/07) könne Privatpersonen darüber hinaus auch kein gleichartiger Anspruch unmittelbar aus dem Völkerrecht zugebilligt werden. Insofern war der Schadensersatzklage kein Erfolg beschieden.
 
Abschließende Bewertung
Da die erste Instanz eine Berufung zugelassen hat, ist es nicht unwahrscheinlich, dass die Rechtslage erneut gerichtlich überprüft wird und dabei auch Fragen geklärt werden, die das LG Bonn unbeantwortet lassen konnte, wie z.B. die Bestimmung des richtigen Beklagten. Das LG Bonn hat sich in seiner Urteilsfindung jedenfalls nicht von Emotionen leiten lassen, sondern die Rechtslage ausschließlich materiell-rechtlich bestimmt und letztlich ein rechtlich nachvollziehbares Urteil präsentiert. Ob dies auch der nachfolgenden Instanz im Rahmen einer möglichen Berufung gelingen würde, bleibt abzuwarten. Rechtlich wird dann entscheidend zu klären sein, ob und inwieweit hier hoheitliche Tätigkeiten von welcher Institution ausgeführt wurden und ob kriegerische Auseinandersetzungen tatsächlich ein haftungsrechtlich rechtsfreier oder zumindest stark eingeschränkter Raum sind.
 
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13.12.2013/1 Kommentar/von Dr. Marius Schäfer
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Marius Schäfer https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Marius Schäfer2013-12-13 13:00:352013-12-13 13:00:35LG Bonn: Keine Entschädigung für Kunduz-Opfer im Rahmen eines Amtshaftungsanspruches
Dr. Jan Winzen

BGH: Lehrbuchfall zur Amtshaftung nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG

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Über einen Amtshaftungsfall, wie er in jedem Lehrbuch stehen könnte, hatte der dritte Zivilsenat in einem aktuellen Urteil vom 04.07.2013 (III ZR 250/12) zu entscheiden.
A. Sachverhalt
Die Klägerin ist Halterin eines durch Steinschlag beschädigten PKW. Ihr Ehemann befuhr mit diesem PKW eine Bundesstraße in Brandenburg. Auf dem zu der Bundesstraße gehörenden seitlichen Grünstreifen führten zwei Mitarbeiter der Straßenmeisterei Mäharbeiten durch. Da die Bundesstraße in dem maßgeblichen Bereich mit einer Schutzplanke versehen ist, konnten die Arbeiten an dieser Stelle nur mit sog. Freischneidern ausgeführt werden. Dabei handelt es sich um Handmotorsensen, die das Mähgut auf der vom Bediener aus gesehen linken Seite auswerfen. Ausweislich der Bedienungsanleitung dürfen sich sowohl während des Startvorgangs als auch während der Arbeit mit den Geräten im Umkreis von 15 m keine weiteren Personen aufhalten. Dieser Abstand ist wegen der Gefahr der Sachbeschädigung durch wegschleudernde Gegenstände auch zu Sachen einzuhalten.
Als der Ehemann der Klägerin die Stelle, an der gerade die Mäharbeien durchgeführt wurden, mit dem PKW passierte, kam es durch aufgewirbelte Steine zu einer Beschädigung des PKW. Die Klägerin macht daraufhin Schadensersatz in Höhe von 978,32 € nebst Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten geltend.
B. Rechtliche Würdigung
Der Klägerin könnte gegen das beklagte Land Brandenburg ein Amtshaftungsanspruch aus § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i. V. m. Art. 34 GG wegen der Beschädigung ihres Fahrzeuges durch die bei den Mäharbeiten hochgeschleuderten Steine zustehen.
Die vier wesentlichen Anspruchsvoraussetzungen lauten:

  • Handeln in Ausübung eines öffentlichen Amtes
  • Amtspfichtverletzung
  • Drittbezogenheit
  • Verschulden

I. Handeln in Ausübung eines öffentlichen Amtes
Die Mitarbeiter der Straßenmeisterei müssten bei Durchführung der Mäharbeiten in Ausübung eines öffentlichen Amtes gehandelt haben. Dies ist jedenfalls dann zu bejahen, wenn es sich bei den Mäharbeiten um eine öffentlich rechtliche Tätigkeit im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VWGO handelt.
[Anmerkung: Will man in der Prüfung streng schematisch vorgehen, kann man auch zunächst die Frage aufwerfen, ob es sich bei den Mitarbeitern der Straßenmeisterei überhaupt um Beamte im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB handelt. Da es aber für die Beamteneigenschaft von Personen, die nicht bereits Beamte im staatsrechtlichen Sinne (= nach den Beamtengesetzen) sind, entscheidend darauf ankommt, ob diese in Ausübung eines öffentliches Amtes gehandelt haben (funktionaler Beamtenbegriff), empfiehlt es sich von vornherein dieser Frage nachzugehen.]
Die Mäharbeiten könnten Bestandteil einer gegenüber den Straßenbenutzern bestehenden Verkehrssicherungspflicht des Landes sein.
1.) Bestehen einer Verkehrssicherungspflicht des Landes
Zum grundsätzlichen Bestehen einer Verkehrssicherungspflicht des Landes führt die Vorinstanz aus:

Dem beklagten Land obliegt die Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich des betreffenden Streckenabschnitts. Die Verwaltungszuständigkeit für die gem. § 5 Abs. 1 FStrG in der Straßenbaulast der Bundesrepublik Deutschland stehenden Bundesfernstraßen (außerhalb geschlossener Ortschaften) liegt gem. Art. 90 Abs. 2 GG, § 20 Abs. 1 FStrG bei den Straßenbaubehörden der Länder, die allein über die nötigen rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten verfügen, die von der Straße ausgehenden Gefahren zu beseitigen. Dieses im Rahmen der Auftragsverwaltung selbständige und eigenverantwortliche Handeln der Landesbehörden rechtfertigt es, die Verkehrssicherungspflicht auch für die Bundesstraßen den Ländern zuzuordnen. Dabei gehören zum Straßenkörper nicht nur die Fahrbahnen, sondern auch Geh- und Radwege sowie Trenn-, Seiten-, Rand- und Sicherheitsstreifen (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 b BbgStrG).

2.) Einordnung der Verkehrssicherungspflicht
Die danach bestehende Verkehrssicherungspflicht müsste öffentlich rechtlich sein. Zwar ist die Einordnung straßenrechtlicher Verkehrssicherungspflicht und ihrer einzelnen Bestandteile (als öffentlich rechtlich) dogmatisch alles andere als selbstverständlich (siehe zu den Einzelheiten etwa Papier, in: Münchener Kommentar, 6. Auflage 2913, § 839 BGB Rn. 177 ff.). Grundsätzlich wird insoweit ein privatrechtliches Haftungsregime angewendet. Dies ist aber anders, wenn – wie regelmäßig – der Landesgesetzgeber den hoheitlichen Charakter der Verkehrssicherung ausdrücklich bestimmt hat.
§ 10 Abs. 1 Satz 1 des brandenburgischen Straßengesetzes (BbgStrG) lautet:

Die mit dem Bau und der Unterhaltung sowie der Erhaltung der Verkehrssicherheit der Straßen einschließlich der Bundesfernstraßen zusammenhängenden Aufgaben obliegen den Bediensteten der damit befassten Körperschaften als Amtspflichten in Ausübung hoheitlicher Tätigkeit.

3) Mäharbeiten Bestandteil der Verkehrssicherungspflicht

Die öffentlich-rechtlich gestaltete Amtspflicht zur Sorge für die Verkehrssicherheit entspricht inhaltlich der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht (vgl. BGHZ 60, 54) und erfasst auch Gefahren, die von der unmittelbaren Umgebung der Straße für den Straßenverkehr ausgehen können (Rotermund/Krafft, Haftungsrecht in der kommunalen Praxis, 4. Aufl., Rdnr. 293). Der Inhalt der rechtlich selbständig neben der Straßenbaulast stehenden Verkehrssicherungspflicht geht deshalb dahin, die öffentlichen Verkehrsflächen möglichst gefahrlos zu gestalten und zu erhalten, sowie im Rahmen des Zumutbaren alles zu tun, um den Gefahren zu begegnen, die den Verkehrsteilnehmern aus einem nicht ordnungsgemäßen Zustand der Straßen, Wege und Plätze unabhängig von deren baulicher Beschaffenheit drohen, wozu z. B. das Streuen, die Reinigung und die Beleuchtung zählen. Damit umfasst der Umfang der Verkehrssicherungspflicht auch das Mähen von zum Straßenkörper gehörenden Grünstreifen.

II. Amtspflichtverletzung
Weitere Voraussetzung des Anspruchs aus § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i. V. m. Art. 34 GG ist die Verletzung einer Amtspflicht. Der Beamte muss die Aufgaben und Befugnisse der juristischen Person des öffentlichen Rechts, in deren Namen und Rechtskreis er tätig wird, im Einklang mit dem objektiven Recht wahrnehmen (= Amtspflicht zu gesetzmäßigem Verhalten, vgl. dazu Papier, in: Münchener Kommentar, 6. Auflage 2913, § 839 BGB Rn. 193). Gegenstand der Amtspflicht zu gesetzmäßigem Verhalten ist insbesondere die (zumutbare) Verhinderung  deliktischer Schädigungen:

Zu den Amtspflichten, die Amtsträger zu beachten haben, gehört die Pflicht zu rechtmäßigem Verhalten. Eine besonders wichtige Konsequenz dieser Pflicht ist es, deliktische Schädigungen zu unterlassen, insbesondere sich bei der Amtsausübung aller rechtswidrigen Eingriffe in fremde Rechte zu enthalten, vor allem in die durch § 823 Abs. 1 BGB geschützten absoluten Rechtsgüter, hier das Eigentum (vgl. Senatsurteil vom 28. November 2002 – III ZR 122/02, NVwZ-RR 2003, 166). Bei Mäharbeiten der vorliegenden Art sind dabei (insbesondere) die notwendigen Sicherungsvorkehrungen und -maßnahmen zu treffen, um Schäden durch hochgeschleuderte Steine zu vermeiden (Senat aaO), wobei freilich nur solche Schutzvorkehrungen getroffen werden müssen, die unter Berücksichtigung des Gefahrenpotentials mit vertretbarem Aufwand durchgeführt werden können (vgl. BGH, Urteil vom 18. Januar 2005 – VI ZR 115/04, NVwZ-RR 2005, 381, 382 zu § 7 StVG).

Ausgehend von diesem Prüfungsmaßstab ist eine Amtspflichtverletzung zu bejahen, da das beklagte Land es unterlassen hat Schutzplanen zur Verhinderung von Beschädigungen vorbeifahrender Autos zu ergreifen:

Die Annahme einer Amtspflichtverletzung wird hier schon allein dadurch getragen, dass nach den Feststellungen des Berufungsgerichts eine mobile, auf Rollen montierte, wiederverwendbare Schutzwand aus Kunststoffplanen bei den Mäharbeiten hätte verwendet werden können, die entsprechend dem jeweiligen Mähabschnitt hätte mitgeführt werden können, was die vorbeifahrenden Fahrzeuge vor aufgewirbelten Steinen geschützt hätte.

Der Einsatz von Schutzplanen zur Verhinderung deliktischer Schädigungen war nach Ansicht des BGH im vorliegenden Fall auch nicht unzumutbar:

Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass der Einsatz von Planen an längeren zu mähenden Abschnitten einer Straße unzumutbar sei. Das Berufungsgericht ist nicht davon ausgegangen, dass der gesamte Streckenabschnitt einheitlich hätte abgeplant werden müssen. Die Entscheidung steht deshalb auch nicht im Widerspruch zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 18. Januar 2005 (VI ZR 115/04, NVwZ-RR 2005, 381, 382 zu § 7 StVG), wonach ein vollständiges Abplanen des zukünftigen Arbeitsbereichs bei Mäharbeiten an Autobahnen unzumutbar sei. (…) Umstände, die den Einsatz einer mobilen Plane auf Rollen angesichts der Gefahren für den an den Mäharbeiten vorbeifließenden Verkehr als wirtschaftlich unzumutbar erscheinen lassen, zeigt der Beklagte nicht auf. Insbesondere ist ein die Grenzen der Zumutbarkeit überscheitender zusätzlicher Personalaufwand nicht ersichtlich.

III. Drittbezogenheit
Der Anspruch aus § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i. V. m. Art. 34 GG setzt weiter die Drittbezogenheit der Amtspflicht voraus. Die konkrete Pflicht muss also zumindest auch dem Schutz von Individualinteressen dienen. Im Zusammenhang mit straßenrechtlichen Pflichten ist insoweit kurz klarzustellen, dass die Straßenbaulast als solche lediglich im öffentlichen Interesse besteht. Die daraus abgeleitete Verkehrssicherungspflicht hingegen dient dem Schutz Dritter, die mit der betreffenden Straße bestimmungsgemäß in Berührung kommen:

Die dargelegte Amtspflichtverletzung der Beklagten ist auch drittbezogen, weil durch die Schutzvorrichtungen gerade das Eigentum des vorbeifahrenden Kraftfahrers geschützt werden soll.

IV. Verschulden
Die Mitarbeiter der Straßenmeisterei müssten ihre Amtspflicht schuldhaft verletzt haben:

Nach dem das Amtshaftungsrecht beherrschenden objektiven Sorgfaltsmaßstab trifft die Mitarbeiter des Beklagten hier auch ein Fahrlässigkeitsvorwurf: Sie hätten die Notwendigkeit weitergehender Schutzvorkehrungen zumindest erkennen und in Rechnung stellen können. Insbesondere der Einsatz von mobilen Absperrvorrichtungen hätte in Erwägung gezogen werden müssen.

Das Instanzgericht hatte hierzu (noch deutlicher) ausgeführt:

Der Mitarbeiter der Beklagten handelte auch mindestens fahrlässig, wenn nicht sogar bedingt vorsätzlich und damit schuldhaft. Ihm waren die Abstandsregelungen aus der Betriebsanleitung des verwendeten Gerätes und damit die Gefahr der Sachbeschädigung vorbeifahrender Kraftfahrzeuge bekannt. Dies folgt bereits daraus, dass er angab, er und sein Mitarbeiter würden immer mindestens 15 Meter versetzt arbeiten und bei vorbeifahrenden Kraftfahrzeugen, wenn möglich, die Arbeit unterbrechen.

Bemerkenswert ist im Übrigen noch der Vortrag des beklagten Landes, ein Verschulden könne nach den Grundsätzen der Kollegialgerichtsrichtlinie nicht angenommen werden, weil das Landgericht (in erster Insanz) eine Verkehrssicherungspflichtverletzung verneint habe. Tatsächlich wird zwar im Bereich der Amtshaftung ein Verschulden regelmäßig verneint, wenn ein mit mehreren Rechtskundigen besetztes Kollegialgericht die Amtshandlung für rechtmäßig gehalten hat. Im vorliegenden Fall konnte dieser Einwand indessen schon deshalb nicht durchgreifen, weil das Landgericht durch den Einzelrichter entschieden hatte und nicht durch die Kammer (als ein mit mehreren Rechtskundigen besetztes Kollegialgericht).
V. Kausalität und Schaden
Insoweit bestehen keine Bedenken.
VI. Kein Haftungsausschluss nach § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB
§ 839 Abs. 1 Satz 2 BGB sollte man bei einer Klausur aus dem Bereich der Amtshaftung immer (zumindest gedanklich) im Blick haben. Nach dieser Norm kann der Beamte und ihm folgend der Staat bei Fahrlässigkeit des Beamten nur in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag. In Klausuren wird indessen (wie hier) meist eine der Fallgruppen einschlägig sein, in denen der Haftungsausschluss nach Sinn und Zweck (angesichts der Haftungsübernahme gebotene Entlastung der öffentlichen Hand) nicht eingreift. Hierzu zählen insbesondere Fälle, in denen sich der Geschädigte eine Ersatzleistung selbst „erkauft“ hat (etwa durch Abschluss einer Volkasoversicherung). Eine weitere Fallgruppe ist die Verletzung öffentlich rechtlicher Verkehrssicherungspflichten.

Dieser Grundsatz der subsidiären Haftung gilt allerdings im Bereich der als hoheitlichen Aufgabe ausgestalteten Verkehrssicherungspflichten gerade nicht, vielmehr gilt hier der Grundsatz der haftungsrechtlichen Gleichbehandlung (vgl. Palandt/Sprau, 70. Aufl. 2011, Rdnr. 57 zu § 839 BGB). Deshalb kommt es auf die Frage, ob die Klägerin gegen den Eintritt von Steinschlagschäden privat versichert war (etwa durch Abschluss einer Vollkasko oder ggf. Teilkaskoversicherung) nicht an, solches ist aber auch nicht vorgetragen oder ersichtlich.

VII. Passivlegitimation
Passivlegitimiert ist beim Anspruch aus § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i. V. m. Art. 34 GG die Anstellungskörperschaft, hier also das Land Brandenburg.
C. Zinsen + vorgerichtliche Anwaltskosten

Der Zinsanspruch der Klägerin folgt aus den §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB, allerdings erst ab Rechtshängigkeit (22. Dezember 2010) und nicht bereits, wie gefordert ab dem 8. Oktober 2010. Denn das anwaltliche Schreiben vom 5. Oktober 2010 stellt lediglich eine Zahlungsaufforderung dar, durch die die Zahlung erst fällig wird.
Schließlich sind der Klägerin als Nebenkosten vorgerichtlich entstandene Anwaltskosten zu ersetzen. Diese sind, bezogen auf einen Gegenstandswert, der dem ersatzfähigen Schaden in Höhe von 978,32 € entspricht, erstattungsfähig. Der 1,3-fache Gebührensatz nach KV 2300 ist angemessen. Bei einem Gegenstandswert von bis 1.200,00 € beläuft sich die 1,3-fache Gebühr folglich auf 110,50 € netto. Hinzu kommt die geforderte Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen, Nr. 7002 VV RVG.

D. Fazit
Zwar dürften Examensklausuren aus dem Bereich der Amtshaftung eher selten sein. Die vorliegende Entscheidung ließe sich aber eins zu eins als Klausur stellen. Im zweiten Examen wäre dabei allerdings wohl nur an eine anwaltliche Aufgabenstellung zu denken, da über Ansprüche aus Amtshaftung die ordentlichen Gerichte entscheiden (§ 40 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Eine Urteilsklausur wäre damit wohl ausgeschlossen.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

18.09.2013/0 Kommentare/von Dr. Jan Winzen
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Jan Winzen https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Jan Winzen2013-09-18 13:00:412013-09-18 13:00:41BGH: Lehrbuchfall zur Amtshaftung nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG
Dr. Jan Winzen

BGH: Amtshaftung wegen nicht durchgeführter BSE-Tests?

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Der BGH verhandelte am 08.11.2012 in zwei Fällen (III ZR 293/11 und III ZR 151/12) über Schadensersatzansprüche aus Amtshaftung im Zusammenhang mit BSE-Tests.
Zum Sachverhalt:
Die Beklagte war jeweils das Land Baden-Württemberg. Auf Klägerseite standen zwei Herstellerunternehmen, die zur Fertigung ihrer Erzeugnisse Schlachtprodukte verwenden. In der Sache III ZR 293/11 ging es um rindertalghaltiges Vogelfutter. III ZR 151/12 betraf Lebensmittel-, Futter- und Industriefette, zu deren Herstellung Schlachtfett verwendet wurde.
Das zuständige Veterinäramt des Landes Baden-Württemberg unterhielt in einem Schlachthof eine sog. Fleischhygienestelle zur Durchführung von BSE-Tests. BSE-Tests waren nach der maßgeblichen BSE-Untersuchungsverordnung ab dem 01.01.2009 für in Deutschland geborene und gehaltene Rinder vorgeschrieben, soweit diese älter als 48 Monate waren. Aufgrund eines Versehens bei der Klassifizierung der Tiere wurden sieben testpflichtige Rinder ohne Durchführung eines Tests geschlachtet und das Schlachtfett auf Sicherungsschein an das klagende Unternehmen in der Sache III ZR 151/12 (K1) ausgeliefert. Nach der Auslieferung erteilte das Veterinäramt die Freigabe für das veräußerte Schlachtfett, indem es K1 (irrtümlich) den negativen Ausgang der (tatsächlich nicht vorgenommenen) BSE-Tests mitteilte. K1 verarbeitet das Fett weiter und veräußerte es teilweise in Form von Rindertalg an das klagende Unternehmen in der Sache III ZR 293/11 (K2). Im weiteren Verlauf wurde der Fehler festgestellt. Das zwischenzeitlich auf Basis des Rindertalgs hergestellte Vogelfutter (98 Tonnen Maisknödel) musste vernichtet werden. Dabei entstand ein Schaden von über 100.000,00 Euro.
Landgericht und Oberlandesgericht wiesen die Schadensersatzklagen ab (K1 machte dabei neben eigenen Ansprüchen wegen der Vernichtung ihrer Erzeugnisse auch noch Ansprüche aus abgetretenem Recht einiger Abnehmer geltend). Der BGH wies das Rechtsmittel der K2 zurück. Im Hinblick auf K1 wies das Gericht Rechtsmittel nur insoweit zurück, als sie Ansprüche aus abgetretenem Recht geltend gemacht hatte. Der BGH hat das Berufungsurteil jedoch aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, soweit K1 eigene Schäden geltend gemacht hat.
Zur Sache:
Der BGH hatte zu prüfen, ob die Voraussetzungen eines Amtshaftungsanspruchs nach Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB vorlagen (siehe zu den verschiedenen Anknüpfungspunkten einer Haftung des Staates gegenüber dem Bürger hier). Die Entscheidungsgründe liegen noch nicht im Volltext vor. Orientiert an den Tatbestandsvoraussetzungen des Amtshaftungsanspruchs ließe sich die Prüfung aber wie folgt aufbauen:
1.) Handeln in Ausübung eines öffentlichen Amtes
An der Eröffnung des persönlichen Anwendungsbereiches dürfte im Hinblick auf die zuständigen Bediensteten des Veterinäramtes kein Zweifel bestehen. Der Beamtenbegriff im Rahmen der Amtshaftung (von Ossenbühl seit jeher als Funktionshaftung bezeichnet) ist weit zu verstehen und umfasst neben den Beamten im Sinne der Beamtengesetze auch sonstige mit öffentlicher Gewalt betraute Personen (insbesondere auch Angestellte des öffentlichen Dienstes und Verwaltungshelfer). In einer Entscheidung aus dem Jahre 2007 sah der BGH den persönlichen Anwendungsbereich der Amtshaftung übrigens auch im Falle der Beauftragung privater Labors zum Zwecke der Durchführung von BSE-Tests als eröffnet an, da er die Labors als Verwaltungshelfer einstufte (BGH, Beschluß vom 15. 2. 2007 – III ZR 137/06).
Dass das Veterinäramt bei der Durchführung der BSE-Tests bzw. der Erteilung der Negativbescheiningung auch in Ausübung eines öffentlichen Amtes (§ 40 VwGO) handelte, bedarf keiner weiteren Begründung.
2.) Verletzung einer drittbezogenen Amtspflicht
Amtshaftungsansprüche nach Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB setzen die Verletzung einer gerade einem Dritten gegenüber obliegenden Amtspflicht voraus.
Amtspflicht ist hier die ordnungsgemäße Befolgung der rechtlichen Bestimmungen über die Durchführung von BSE-Tests. Die Verletzung dieser Amtspflicht sieht das Gericht dann wohl in der fehlerhaften (und fahrlässigen) Freigabe des ausgelieferten Schlachtfetts.
Die zentrale Frage, die der BGH zu erörtern hatte, ist die nach der Drittbezogenheit der verletzten Amtspflicht. Eine Amtspflicht ist drittbezogen, wenn sie zumindest auch dem Schutz von Individualinteressen zu dienen bestimmt ist.
Grundsatz: keine Drittbezogenheit
An dieser Stelle lässt sich der Pressemitteilung des BGH folgender unmissverständlicher Grundsatz entnehmen:

Die rechtlichen Bestimmungen über die Durchführung von BSE-Tests dienen (…) dem Gesundheitsschutz; ihnen lässt sich kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass die hier betroffenen wirtschaftlichen Interessen der Klägerinnen geschützt werden sollen.

Dies gilt allerdings nur soweit, wie Ansprüche Dritter (namentlich von in der weiteren Abnehmer- und Verarbeitungskette stehenden Unternehmen) geltend gemacht werden. Im Verhältnis des Staates zum Schlachtbetrieb selbst heißt es in der Pressemitteilung:

Nach der Rechtsprechung des Senats (sind) die bei der Durchführung einer BSE-Untersuchung bestehenden Amtspflichten im Verhältnis zum betroffenen Schlachtbetrieb drittbezogen und es kommen Schadensersatzansprüche in Betracht, wenn ein Schlachthofbetreiber durch Fehler der zuständigen Behörden unmittelbar an der (gewinnbringenden) Verwertung seines Eigentums gehindert wird.

Da im vorliegenden Fall aber nicht der Schlachthofbetreiber selbst klagte, kommt dieser Aussage zunächst eigentlich nur die Qualität eines Obiter Dictum zu. Der BGH nennt aber im Anschluss auch noch ein paar Argumente, die gegen eine Erweiterung der Haftung für unterlassene BSE-Tests auf Abnehmer sprechen:

  • Unübersehbarer Personenkreis

Eine derartige Ausweitung würde nach Ansicht des Gerichts zu einer konturlosen Haftung des Staates führen, die letztlich nur noch eine Frage der Kausalität wäre. Dies stünde aber im Widerspruch zu dem Grundsatz, dass drittbezogene Amtspflichten stets nur dem Schutze eines erkennbar abgegrenzten Personenkreises zu dienen bestimmt seien.

  • Keine Haftungserweiterung durch Abschluss von Verträgen

Auch könne es nicht in der Hand des geschützten Dritten (hier des Schlachthofes) liegen, den Schutzbereich der ihm gegenüber obliegenden Amtspflichten durch den Abschluss von Verträgen auf den Vertragspartner zu erstrecken.

  • Schadenshöhe nicht absehbar

Schließlich wären die potentiellen Schäden und die damit verbundenen Haftungsrisiken kaum absehbar und ausufernd, da die Verarbeitung selbst geringer Mengen von verkehrsunfähigen Fleischbestandteilen oder Nebenprodukten dazu führen könne, dass große Mengen der mit Hilfe dieser Stoffe hergestellten End- oder Fertigprodukte unbrauchbar würden.
Für die Beurteilung der Ansprüche der K2 (wegen der Vernichtung des Vogelfutters) bedeutet dies, dass es an der für Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB erforderlichen Drittbezogenheit fehlt. Soweit K1 Ansprüche aus abgetretenem Recht (weiterer Abnehmer) geltend gemacht hat, gilt entsprechendes.
Ausnahme: Adressat der Freigabeerklärung
Etwas anderes ergibt sich nach Ansicht des BGH aber hinsichtlich der eigenen Ansprüche der K1. Denn diese konnte als direkte Adressatin der Freigabebescheinigung des Veterinäramtes auf deren Richtigkeit vertrauen:

Die Auslegung der in den Begleitscheinen enthaltenen Ergebnismitteilungen ergibt, dass die hiervon erfassten Rohfettlieferungen von Rindern stammen, bei deren Schlachtung die Vorgaben der BSE-Verordnung eingehalten worden sind. Die Klägerin, bei der sich zum Zeitpunkt der Mitteilungen die fraglichen Rohfette tatsächlich befunden haben und aufgrund der ausgesprochenen vorläufigen Sicherstellungen auch nur befinden durften, konnte als Adressat dieser Mitteilungen auf deren Richtigkeit vertrauen und entsprechend wirtschaftlich disponieren; insoweit ist sie auch als geschützte Dritte im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB anzusehen.

Insoweit obliegt es nun also wieder dem Berufungsgericht, neu zu verhandeln und zu entscheiden.
Fazit:
Festhalten lässt sich, dass den Veterinäramtern der Länder eine Amtspflicht zur ordnungsgemäßen Durchführung von BSE-Tests obliegt. Diese Amtspflicht ist grundsätzlich nicht drittbezogen, sondern dient allein dem Schutz der Gesundheit (als Allgemeingut). Auf Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB gestützte Amtshaftungsansprüche von Unternehmen der Fertigungsindustrie, die auf Grundlage von Schlachterzeugnissen produzieren, kommen folglich nicht in Betracht.
Etwas anderes gilt in zwei Fällen: Der Schlachthof, in dem die Kontrollen durchgeführt werden, kann Amtshaftungsansprüche wegen nicht ordnungsgemäß durchgeführter BSE-Tests geltend machen, wenn er infolgedessen an der gewinnbringenden Verwertung seines Eigentums gehindert ist. Entsprechendes gilt aufgrund eines besonderen Vertrauenstatbestandes für einen Abnehmer, der direkter Adressat einer Freigabeerklärung (Negativ-Bescheinigung) des Veterinäramtes war.
Im ersten Examen könnte ein solcher Amtshaftungsanspruch etwa als Zusatzfrage in Betracht kommen. Eine reine Amtshaftungsklausur ist wohl eher untypisch (siehe zur Klausurrelevanz des Staatshaftungsrechts auch schon hier).
Im zweiten Examen kann er als Urteilsklausur wegen der Rechtswegzuweisung des Art. 34 S. 3 GG (i.V.m § 40 Abs. 2 Satz 1 VwGO) eigentlich nur im Zivilrecht kommen (was angeblich auch schon passiert ist und dazu geführt hat, dass es eine „dritte Ö-Rechts Klausur“ gab). Anders ist es allenfalls in einer Anwaltsklausur. Hier kann es durchaus angezeigt sein, für den Mandanten mögliche Amtshaftungsansprüche zu prüfen (und geltend zu machen).
 
 
 

12.11.2012/0 Kommentare/von Dr. Jan Winzen
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Jan Winzen https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Jan Winzen2012-11-12 09:00:242012-11-12 09:00:24BGH: Amtshaftung wegen nicht durchgeführter BSE-Tests?
Dr. Johannes Traut

Haftung für fehlende Krippenplätze?!

Aktuelles, Öffentliches Recht, Staatshaftung, Verwaltungsrecht

In der Presse wird über die drohende Klagewelle wegen fehlender Krippenplätze diskutiert. Die Aufregung ist durchaus nicht völlig aus der Luft gegriffen: Gibt es nicht genug Krippenplätze, steht den Eltern, die für ihr Kind keinen erhalten, ein Schadensersatzsanspruch aus Amtshaftung (§ 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG) zu.
I. Der gesetzliche Anspruch auf einen Krippenplatz: § 24 Abs. 2 SGB VIII n.F.
Geschaffen wurde der Anspruch auf eine durch das sogenannte „Kinderförderungsgesetz (KiföG, unter diesem Namen auch bei beck-online zu finden)“ v. 10.12.2008 (BGBl. I S. 2403; Gesetzgebungsmaterialien BT-Drs. 16/9299, 16/10173). Bisher enthält das SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfe) nur einen Anspruch auf einen Kindergartenplatz. Geregelt ist dieser in § 24 Abs. 1 S. 1. Für jüngere Kinder besteht nur der gesetzliche Auftrag, sie durch Betreuung zu fördern, aber kein Rechtsanspruch (§ 23 Abs. 3 SGB VIII). Es handelt sich lediglich um eine objektiv-rechtliche Verpflichtung (vgl. auch BT-Drs. 16/9299, S. 15). Die gesamte Norm lautet wie folgt:

§ 24 Anspruch auf Förderung in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege
(1)     Ein Kind hat vom vollendeten dritten Lebensjahr bis zum Schuleintritt Anspruch auf den Besuch einer Tageseinrichtung. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben darauf hinzuwirken, dass für diese Altersgruppe ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen oder ergänzend Förderung in Kindertagespflege zur Verfügung steht.
(2)     Für Kinder im Alter unter drei Jahren und im schulpflichtigen Alter ist ein bedarfsgerechtes Angebot an Plätzen in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege vorzuhalten.
(3)     Ein Kind, das das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern, wenn

  1. diese Leistung für seine Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit geboten ist oder
  2. die Erziehungsberechtigten

a)      einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder Arbeit suchend sind,
b)      sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder
c)      Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des Zweiten Buches erhalten.
Lebt das Kind nur mit einem Erziehungsberechtigten zusammen, so tritt diese Person an die Stelle der Erziehungsberechtigten. Der Umfang der täglichen Förderung richtet sich nach dem individuellen Bedarf.
(4)     Die Träger der Öffentlichen Jugendhilfe oder die von ihnen beauftragten Stellen sind verpflichtet, Eltern oder Elternteile, die Leistungen nach Absatz 1 oder 2 in Anspruch nehmen wollen, über das Platzangebot im örtlichen Einzugsbereich und die pädagogische Konzeption der Einrichtungen zu informieren und sie bei der Auswahl zu beraten. Landesrecht kann bestimmen, dass Eltern den Träger der Öffentlichen Jugendhilfe oder die beauftragte Stelle innerhalb einer bestimmten Frist vor der beabsichtigten Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis setzen.
(5)     Geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 Abs  3 können auch vermittelt werden, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 3 nicht vorliegen. In diesem Fall besteht die Pflicht zur Gewährung einer laufenden Geldleistung nach § 23 Abs  1 nicht; Aufwendungen nach § 23 Abs  2 Satz 1 Nr  3 können erstattet werden.
(6)     Weitergehendes Landesrecht bleibt unberührt.

Das KiFöG hat mit § 24a SGB VIII zunächst Übergangsrecht geschaffen, das für eine ausreichende Zahl von Krippenplätzen zum Stichtag sorgen soll. Nach Art. 10 Abs. 3 KiFöG tritt zum 1.8.2013 § 24a SGB VIII in Kraft und § 24 SGB VIII erthält gleichzeitig folgende Fassung:

 § 24 Anspruch auf Förderung in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege n.F.
(1)    Ein Kind, das das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in einer Einrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern, wenn

  1. durch diese Leistung seine Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit gestärkt wird oder
  2. die Erziehungsberechtigten

a)      einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder Arbeit suchend sind,
b)      sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder
c)      Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des Zweiten Buches erhalten.
Lebt das Kind nur mit einem Erziehungsberechtigten zusammen, so tritt diese Person an die Stelle der Erziehungsberechtigten. Der Umfang der täglichen Förderung richtet sich nach dem individuellen Bedarf.
(2)    Ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, hat bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.
(3)    Ein Kind, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, hat bis zum Schuleintritt Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben darauf hinzuwirken, dass für diese Altersgruppe ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen zur Verfügung steht. Das Kind kann bei besonderem Bedarf oder ergänzend auch in Kindertagespflege gefördert werden.
(4)    Für Kinder im schulpflichtigen Alter ist ein bedarfsgerechtes Angebot in Tageseinrichtungen vorzuhalten. Absatz 1 Satz 3 und Absatz 3 Satz 3 gelten entsprechend.
(5)    Die Träger der öffentliche Jugendhilfe oder die von ihnen beauftragten Stellen sind verpflichtet, Eltern oder Elternteile, die Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 in Anspruch nehmen wollen, über das Platzangebot im örtlichen Einzugsbereich und die pädagogische Konzeption der Einrichtungen zu informieren und sie bei der Auswahl zu beraten. Landesrecht kann bestimmen, dass die erziehungsberechtigten Personen den zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die beauftragte Stelle innerhalb einer bestimmten Frist vor der beabsichtigten Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis setzen.
(6)    Weitergehendes Landesrecht bleibt unberührt.

Dann enthält das Gesetz damit nicht nur einen unmittelbaren Anspruch auf einen Kindergartenplatz (so schon bisher nach § 24 Abs. 1 SGB VIII a.F.; ab 1.8.2013 dann § 24 Abs. 3 SGB VIII n.F.), sondern auch auf einen Krippenplatz (§ 24 Abs. 2 SGB VIII n.F.). Die Gesetzesbegründung ist ganz eindeutig: Es geht um einen „Rechtsanspruch“, der ausdrücklich in Gegensatz zu lediglich objektiv-rechtlichen Verpflichtungen (vgl. § 24 Abs. 1 SGB VIII n.F.) gesetzt wird. Er ist also ein subjektives Recht und damit einklagbar (vgl. auch BT-Drs. 16/9299, S. 15).
Inhaber des Anspruchs ist zunächst das Kind – wie sich aus dem Wortlaut eindeutig ergibt.
II. Einklagbarer Anspruch
Der Anspruch auf einen Krippenplatz kann damit – nach Antrag und ggf. erfolglosem Widerspruchsverfahren – im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durchgesetzt werden. Man kann auf die umfangreiche Literatur und Rechtsprechung zum Anspruch auf einen Kindergartenplatz zurückgreifen (vgl. etwa OVG Lüneburg v. 24.1.2003 – 4 ME 596/02, NJW 2003, 1826; VG Göttingen v. 21.8.1998 – 2 B 2297–98, NVwZ-RR 1999, 130; Wiesner/Struck, SGB VIII, 4. Auflage 2011, § 24 Rn. 7ff. m.w.N.; wirklich gute Darstellung bei Gregorii, NJW 1996, 686).
Der Anspruch richtet sich gegen den Träger der öffentlichen Jugendhilfe (vgl. § 24 Abs. 3 S. 2 SGB VIII n.F.). Dieser wird durch Landesrecht bestimmt (§ 69 Abs. 1 SGB VIII). Soweit sie keine Regelung getroffen haben, gilt die alte Rechtslage vor der Förderalismusreform fort, wonach die kommunalen Gebietskörperschaften zuständig waren.
Erfüllt werden kann der Anspruch nur durch ein bedarfsgerechtes Angebot; bei Berufstätigen Eltern bedarf es also eines Platzes in der Vormittagsgruppe (OVG Lüneburg v. 24.1.2003 – 4 ME 596/02, NJW 2003, 1826, 1827). Erforderlich ist wohl eine Mindestbetreuungszeit von etwa sechs Stunden (so zu Kindergartenplätzen Gregorii, NJW 1996, 686, 688) Allerdings haben die Eltern keinen Anspruch auf einen ganz bestimmten Platz. Noch etwas unklar ist, inwieweit der Träger sich auf Unmöglichkeit (allgemeiner Rechtsgedanke des § 275 Abs. 1 BGB) berufen kann, weil die Kapzitäten nicht ausreichen.
Das OVG Lüneburg (OVG Lüneburg v. 24.1.2003 – 4 ME 596/02, NJW 2003, 1826, 1827) führte dazu aus:

 „Dem somit glaubhaft gemachten Anspruch auf Verschaffung eines Kindergartenplatzes in einer Vormittagsgruppe eines ortsnahen Kindergartens kann der Ag. nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Kapazität der in Betracht kommenden Kindergärten sei erschöpft. Dies kann nur dann gelten, wenn alle tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten erschöpft sind, das Kind in eine Vormittagsgruppe eines Kindergartens aufzunehmen (vgl. Rechtsprechung des BVerfG zur Zulassungsbeschränkung im Hochschulrecht: BVerfGE 33, 303 = NJW 1972, 1561; BVerfGE 51, 130 = NJW 1979, 1541).“

Dieser Rechtsansicht wird man wohl nicht folgen können. Bei Studienplätzen besteht nur eine Verpflichtung dazu, angemessene Kapazitäten vorzuhalten. Innerhalb dieser darf dann ein Zulassungsanspruch abgelehnt werden, soweit ermessenfehlerfrei (Art. 3 Abs. 1 GG) ausgewählt wurde. Hier jedoch besteht ausdrücklich ein Anspruch JEDES Kindes auf einen Krippenplatz. § 24 SGB Abs. 2 SGB VIII n.F. (und die Übergangsvorschrift des § 24a SGB VIII) zielen gerade darauf ab, entsprechende Kapazitäten zu schaffen. Einzig relevanter Einwand kann daher sein, dass es nicht möglich ist, schnell genug ausreichende Kapazitäten zu schaffen (vgl. auch Gregorii, NJW 1996, 686, 689 zu Kindergartenplätzen). Allgemein die Berufung auf unzureichende Kapazitäten zuzulassen, würde dagegen die dauerhafte Vereitelung des Gesetzeszweckes ermöglichen. Das kann man nicht zulassen.

 Anmerkung: A.A. natürlich vertretbar, insbesondere mit dem Hinweis auf das scharfe Schwert des dann bestehenden Staatshaftungsanspruchs – s. dazu sogleich.

Zur prozessualen Durchsetzung (für die mündliche Prüfung insb.):

  •  Verwaltungsrechtsweg: § 40 Abs. 1 VwGO (eine abdrängende Zuweisung zu den Sozialgerichten besteht nach § 51 SGG nicht).
  •  Klageart: Üblicherweise Verpflichtungsklage; auch soweit die Gemeinde ihre Kinderkrippen privatrechtlich organisiert hat. Hier gilt die Zwei-Stufen-Theorie. Genauer dazu den Beitrag zur Nutzung gemeindlicher Einrichtungen .
  •  Einstweiliger Rechtsschutz (Beispiel: VG Göttingen v. 21.8.1998 – 2 B 2297–98, NVwZ-RR 1999, 130): Hier geht es um einen Fall des § 123 Abs. 1 VwGO (Argumente wie bekannt: Verpflichtungsklage in Hauptsache bzw. Wiederherstellung aufschiebender Wirkung würde nicht genügen). Auch eine Vorwegnahme der Hauptsache ist wegen Art. 19 Abs. 4 GG hinzunehmen, auch wenn dies eigentlich Sinn und Zweck des einstweiligen Rechtsschutzes widerspricht (vgl. Gregorii, NJW 1996, 686, 689).

III. Sekundäransprüche
 1. Schadensersatz nach § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG
Bereits für den Kindergartenplatz war anerkannt, dass das Versäumnis, ausreichende Kapazitäten zu schaffen eine Amtspflichtverletzung für die Behördenspitze des jeweils zuständigen Verwaltungsträgers (meist der Gemeinden) darstellt. Der Bürgermeister einer Gemeinde muss also für ausreichende Kapazitäten sorgen, ansonsten hat er seine durch § 24 SGB VIII begründete Pflichten verletzt. Da der sich abzeichende Kapazitätsengpass zu erkennen war, ist die Verletzung auch schuldhaft (zumindest fahrlässig). Zu all dem für die Kindergartenplätze Gregorii, NJW 1996, 686, 689f. Im Einzelnen kann man argumentieren:
Aus § 24 Abs. 2 SGB VIII n.F. und davor aus § 24a SGB VIII folgt ganz eindeutig die Rechtspflicht, angemessene Betreuungskapazitäten zu schaffen. Diese trifft die zuständigen Amtsträger. Nach den Gemeindeordnungen sind der Bürgermeister der Gemeinde und der Rat gemeinsam zuständig. Der Bürgermeister ist verantwortlich für die Leitung und Beaufsichtigung des Geschäftsganges der gesamten Verwaltung (§ 62 GO NRW); der Rat kann alle Angelegenheiten an sich ziehen, § 41 GO NRW. Deshalb trifft sie jedenfalls zusammen die Pflicht, für ausreichende Kapazitäten zu sorgen. Dass eine genaue Schuldzuweisung zwischen Rat und Bürgermeister nicht gelingt, ist unerheblich. Der Bürger kann nicht mit dem internen Aufbau der Verwaltung belastet werden.
Allerdings ist die Schaffung entsprechender Krippenplätze zunächst eine objektiv-rechtliche Pflicht, deren Verletzung nicht ohne weiteres „dem Bürger gegenüber obliegt“ (vgl. § 839 Abs. 1 BGB). Aus der Formulierung folgt, dass die verletzte Amtspflicht eine Pflicht sein muss, die nicht nur gegenüber der Allgemeinheit besteht, sondern den Zweck hat, mindestens auch die Interessen gerade des Geschädigten wahrzunehmen. Das ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Amtspflichtverstoß wie hier zugleich eine Verletzung subjektiver öffentlicher Rechte des Geschädigten darstellt (BGH NJW 1983, 215). Dies ist hier erst der Fall, wenn am 1.8.2013 der neue § 24 Abs. 2 SGB VIII n.F. einen subjektiven Leistungsanspruch begründet. Dann entsteht eine drittbezogene Amtspflicht, die der zuständige Amtsträger durch ungenügenden Vorbereitung verletzten konnte. Die Verletzung ist auch schuldhaft (s.oben). Der Anspruch besteht auch gegenüber den Eltern; zwar sind die Kinder Anspruchsberechtigte des § 24 Abs. 2 SGB VIII n.F., aber die Norm ist auch den Eltern zu dienen bestimmt (vgl. auch Gregroii, NJW 1996, 686, 689f.; hier kann man auch A.A. sein, so wohl Wiesner/Struck, SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 24 Rn. 26f.). Letztlich kommt es darauf ab nicht unbedingt an, da die Eltern auch im Namen des Kindes entsprechende Leistungen „erwerben können“.
Ersatzfähig sind damit alle kausalen Schäden, allerdings kann nur Geldersatz gefordert werden (es geht ja im dogmatischen Ausgangspunkt um die Haftung des Beamten selbst, nicht um die des Staates). Es kann sich um erhebliche Summe handeln: Es sind alle finanziellen Nachteile, die durch die Versagung des Kindergartenplatzes entstanden sind, auszugleichen. Hierzu zählen insbesondere die Aufwendungen, die der Geschädigte zur Abwendung des Schadenseintrittes oder zur Geringhaltung des Schadens gemacht hat und die er nach Lage der Dinge für erforderlich halten durfte (vgl. Wiesner/Struck, SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 24 Rn. 26f). Wenn Eltern zur Ermöglichung der eigenen Erwerbstätigkeit etwa eine Kindertagesmutter einstellen, können sie den die Kindergartenbeiträge überschießenden finanziellen Aufwand ersetzt verlangen. Ist die Verpflichtung einer Tagesmutter nicht möglich und muß deswegen ein Elternteil den Beruf aufgeben, so kann als Schaden der Verdienstausfall geltend gemacht werden (dazu Gregorii, NJW 1996, 686, 690).
Allerdings gilt nach § 839 Abs. 3 BGB: Kein Dulde und Liqudiere! Daher muss das Kind bzw. seine Eltern (je nachdem, wer den Anspruch stellt) vorher erfolglos den Verwaltungsrechtsweg beschritten haben!
2. Aufwendungsersatzanspruch nach §§ 670, 683, 677 BGB
In Betracht kommt auch ein Aufwendungsersatzanspruch nach §§ 670, 683, 677 BGB aus öffentlich-rechtlicher GoA. Führung eines fremden Geschäfts ist dann die Selbsterfüllung der Amtspflicht aus § 24 Abs. 3 SGB VIII. Gregroii bejahte für den Kindergartenplatz diesen Anspruch recht freihändig (NJW 1990, 686, 690ff.). Hier kann man ausführlich diskutieren. Ich würde ihn ablehnen. Die öffentliche Hand wird kaum derartige Fremdgeschäftsführung wollen. Sie ist wohl auch nicht ohne weiters nach § 679 BGB unbeachtlich. Nur weil eine entsprechende Amtspflicht besteht, muss die Erfüllung nicht zwingend im öffentlichen Interesse sein. Vielmehr droht die Umgehung des § 839 Abs. 3 BGB. Hinzu kommt noch, dass der Gesetzgeber selbst durch § 24a SGB VIII dafür sorgen wollte, dass die öffentliche Hand den Anspruch selbst erfüllen kann. Deshalb also M.E. kein öffentliches Interesse daran, dass gerade die Eltern selbst den Krippenplatz schaffen.
In jedem Fall ist in der Praxis die Erforderlichkeit (§ 670 BGB) kaum nachzuweisen, weil ohne entsprechenden Prozess nicht gezeigt ist, dass die öffentliche Hand den Anspruch wirklich nicht hätte erfüllen können.

31.05.2012/1 Kommentar/von Dr. Johannes Traut
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Johannes Traut https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Johannes Traut2012-05-31 08:04:292012-05-31 08:04:29Haftung für fehlende Krippenplätze?!
Dr. Christoph Werkmeister

VG Köln: Klage eines bei Kundus-Angriff Verletzten mittels FFK ist unzulässig

Öffentliches Recht, Rechtsprechung, Staatshaftung, Verwaltungsrecht

Das VG Köln konnte sich mit Urteil vom 09.02.2012 (Az. 26 K 5534/10) zu einem Fall äußern, der die Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage betraf.
Sachverhalt
Geklagt hatte ein bei einem Bombenangriff in Afghanistan verletzter Lkw-Fahrer. Der Fahrer wollte festgestellt wissen, dass der von einem Bundeswehroberst angeordnete Bombenabwurf auf verschiedene Tanklastwagen im Kundus rechtswidrig war. In der Sache ging es um einen Luftangriff auf Tanklastwagen, die von bewaffneten Talibankämpfern entführt worden waren. Der Luftschlag führte zu einer Vielzahl von Toten. Der o.g. Kläger war Fahrer einer der attackierten Laster.
Rechtlich ging es u.a. um weniger examensrelevante Vorschriften des Völkerrechts, so dass die Klausurrelevanz nicht unbedingt gegeben ist. Da aber allgemeine prozessuale Probleme den Schwerpunkt des Urteils bildeten, lassen sich die vom VG Köln angedachten Aspekte allerdings optimal im Rahmen einer mündlichen Prüfung abfragen.
Fortsetzungsfeststellungsinteresse
Fraglich war hier, ob die eingelegte Klage zulässig war. Damit eine Fortsetzungsfeststellungsklage (FFK) zulässig ist, bedarf es insbesondere eines besonderen Fortsetzungsfeststellungsinteresses. Dieses liegt vor, wenn einer der folgenden Gründe gegeben ist:
1. Wiederholungsgefahr
Wiederholungsgefahr liegt vor, wenn die Behörde erkennen lässt, dass sie einen gleichartigen Verwaltungsakt erneut gegenüber dem Kläger wieder erlassen wird.
2. Vorbereitung von Amtshaftung
Dieser Grund liegt vor, wenn die FFK der Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses dient. Dies wird nach h.M. jedoch nur dann anerkannt, wenn sich das Verwaltungsgericht bereits mit der Sache befasst hat. Das präjudizielle Interesse betrifft damit nur die Fälle der Erledigung nach Klageerhebung. Sofern Erledigung bereits vor Klageerhebung vorliegt, kann genauso gut auch direkt eine auf § 839 BGB, Art. 34 GG gestützte Amtshaftungsklage beim Landgericht verfolgt werden. Es entspricht nicht der Prozessökonomie, wenn zwei Klagen gleichzeitig eingelegt werden, obwohl das Interesse des Klägers auch mit einer Klage bei den ordentlichen Gerichten befriedigt werden kann.
3. Rehabilitationsinteresse
Rehabilitationsinteresse liegt vor, wenn der Verwaltungsakt oder dessen Vollziehung eine besonders diskriminierende Wirkung haben. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn Dritte direkte Kenntnis von dem Vorgang haben (Beispiel: man wird in aller Öffentlichkeit von der Polizei abgeführt und fühlt sich deshalb gedemütigt).
4. Tiefgreifender Grundrechtseingriff
Bei besonders belastenden Maßnahmen wird zudem angenommen, dass auch bei Nichtvorliegen der übrigen Fallgruppen eine gerichtliche Überprüfung staatlicher Akte möglich sein kann. Es bedarf hierzu allerdings eines substantiierten Parteivortrags. Insbesondere im Kontext von Durchsuchungen wurde oftmals ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse wegen des tiefgreifenden Eingriffs in Art. 13 Abs. 1 GG anerkannt. Bei diesem Aspekt gilt es die Beeinträchtigung des Klägers und seine Rechtsschutzmöglichkeiten im Einzelfall zu beleuchten. Eine umfassendere Darstellung dieses Grundes hat nur dann zu erfolgen, wenn keiner der vorgenannten Gründe gegeben ist.
Die Entscheidung des VG Köln
Im hier zu entscheidenden Fall verneinte das VG Köln das Vorliegen des besonderen rechtlichen Interesses. Die Klage war damit unzulässig. Begründet wurde diese Auffassung damit, dass der Kläger wohl nicht nochmals in eine vergleichbare Situation geraten würde. Die Wiederholungsgefahr war damit außen vor. Auch die Vorbereitung eines Amtshaftungsanspruchs griff nicht durch, da es sich vorliegend um eine Erledigung vor Klageerhebung handelte. Der Kläger könnte auch direkt vor dem Landgericht auf Amtshaftung klagen.
Mit Blick auf die Möglichkeit der Klärung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes im zivilrechtlichen Verfahren konnte auch die letztgenannte Fallgruppe nach Ansicht des VG Köln nicht durchgreifen. Hier hätte m.E. auch eine andere Auffassung vertreten werden können, da der Lastwagenfahrer durch den Bombenangriff wohl doch erheblich in seinem Recht auf körperliche Integrität nach Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG beeinträchtigt war.
Der Fall zeigt, dass das Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht in jedem Fall blindlings bejaht werden sollte. Es muss vielmehr eine kritische Subsumtion unter alle Fallgruppen erfolgen. Nur so kann den Besonderheiten des Einzelfalles Rechnung getragen werden.

13.02.2012/4 Kommentare/von Dr. Christoph Werkmeister
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Christoph Werkmeister https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Christoph Werkmeister2012-02-13 07:46:352012-02-13 07:46:35VG Köln: Klage eines bei Kundus-Angriff Verletzten mittels FFK ist unzulässig
Dr. Johannes Traut

Haftung für fehlende Krippenplätze in Deutschland?!

Aktuelles, Öffentliches Recht, Staatshaftung

Die FAZ berichtet: „Kinderbetreuung – Kommunen fürchten um Krippen-Ausbau“: Der hessische Städte- und Gemeindebund hat sich in Recht deutlichen Worten dafür ausgesprochen, den Rechtsanspruch von Eltern auf die Betreuung von Kleinkindern nicht schon 2013 gelten zu lassen. (FAZ.net v. 8.11.2011 ). Die Kommunen fürchten den nahenden Stichtag zu Recht: Ab dem 1.8.2013 können sich die Kinder in die Krippen einklagen. Gibt es nicht genug Krippenplätze, steht ihnen ein Schadensersatzsanspruch aus Amtshaftung (§ 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG) zu.
I. Der gesetzliche Anspruch auf einen Krippenplatz: § 24 Abs. 2 SGB VIII n.F.
Geschaffen wurde der Anspruch auf eine durch das sogenannte „Kinderförderungsgesetz (KiföG, unter diesem Namen auch bei beck-online zu finden)“ v. 10.12.2008 (BGBl. I S. 2403; Gesetzgebungsmaterialien BT-Drs. 16/9299, 16/10173). Bisher enthält das SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfe) nur einen Anspruch auf einen Kindergartenplatz. Geregelt ist dieser in § 24 Abs. 1 S. 1. Für jüngere Kinder besteht nur der gesetzliche Auftrag, sie durch Betreuung zu fördern, aber kein Rechtsanspruch (§ 23 Abs. 3 SGB VIII). Es handelt sich lediglich um eine objektiv-rechtliche Verpflichtung (vgl. auch BT-Drs. 16/9299, S. 15). Die gesamte Norm lautet wie folgt:
 
§ 24 Anspruch auf Förderung in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege
(1)     Ein Kind hat vom vollendeten dritten Lebensjahr bis zum Schuleintritt Anspruch auf den Besuch einer Tageseinrichtung. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben darauf hinzuwirken, dass für diese Altersgruppe ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen oder ergänzend Förderung in Kindertagespflege zur Verfügung steht.
(2)     Für Kinder im Alter unter drei Jahren und im schulpflichtigen Alter ist ein bedarfsgerechtes Angebot an Plätzen in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege vorzuhalten.
(3)     Ein Kind, das das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern, wenn

  1. diese Leistung für seine Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit geboten ist oder
  2. die Erziehungsberechtigten

a)      einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder Arbeit suchend sind,
b)      sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder
c)      Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des Zweiten Buches erhalten.
Lebt das Kind nur mit einem Erziehungsberechtigten zusammen, so tritt diese Person an die Stelle der Erziehungsberechtigten. Der Umfang der täglichen Förderung richtet sich nach dem individuellen Bedarf.
(4)     Die Träger der Öffentlichen Jugendhilfe oder die von ihnen beauftragten Stellen sind verpflichtet, Eltern oder Elternteile, die Leistungen nach Absatz 1 oder 2 in Anspruch nehmen wollen, über das Platzangebot im örtlichen Einzugsbereich und die pädagogische Konzeption der Einrichtungen zu informieren und sie bei der Auswahl zu beraten. Landesrecht kann bestimmen, dass Eltern den Träger der Öffentlichen Jugendhilfe oder die beauftragte Stelle innerhalb einer bestimmten Frist vor der beabsichtigten Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis setzen.
(5)     Geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 Abs  3 können auch vermittelt werden, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 3 nicht vorliegen. In diesem Fall besteht die Pflicht zur Gewährung einer laufenden Geldleistung nach § 23 Abs  1 nicht; Aufwendungen nach § 23 Abs  2 Satz 1 Nr  3 können erstattet werden.
(6)     Weitergehendes Landesrecht bleibt unberührt.
 
Das KiFöG hat mit § 24a SGB VIII zunächst Übergangsrecht geschaffen, das für eine ausreichende Zahl von Krippenplätzen zum Stichtag sorgen soll. Nach Art. 10 Abs. 3 KiFöG tritt zum 1.8.2013 § 24a SGB VIII in Kraft und § 24 SGB VIII erthält gleichzeitig folgende Fassung:
 
§ 24 Anspruch auf Förderung in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege n.F.
(1)    Ein Kind, das das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in einer Einrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern, wenn

  1. durch diese Leistung seine Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit gestärkt wird oder
  2. die Erziehungsberechtigten

a)      einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder Arbeit suchend sind,
b)      sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder
c)      Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des Zweiten Buches erhalten.
Lebt das Kind nur mit einem Erziehungsberechtigten zusammen, so tritt diese Person an die Stelle der Erziehungsberechtigten. Der Umfang der täglichen Förderung richtet sich nach dem individuellen Bedarf.
(2)    Ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, hat bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.
(3)    Ein Kind, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, hat bis zum Schuleintritt Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben darauf hinzuwirken, dass für diese Altersgruppe ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen zur Verfügung steht. Das Kind kann bei besonderem Bedarf oder ergänzend auch in Kindertagespflege gefördert werden.
(4)    Für Kinder im schulpflichtigen Alter ist ein bedarfsgerechtes Angebot in Tageseinrichtungen vorzuhalten. Absatz 1 Satz 3 und Absatz 3 Satz 3 gelten entsprechend.
(5)    Die Träger der öffentliche Jugendhilfe oder die von ihnen beauftragten Stellen sind verpflichtet, Eltern oder Elternteile, die Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 in Anspruch nehmen wollen, über das Platzangebot im örtlichen Einzugsbereich und die pädagogische Konzeption der Einrichtungen zu informieren und sie bei der Auswahl zu beraten. Landesrecht kann bestimmen, dass die erziehungsberechtigten Personen den zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die beauftragte Stelle innerhalb einer bestimmten Frist vor der beabsichtigten Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis setzen.
(6)    Weitergehendes Landesrecht bleibt unberührt.
 
Dann enthält das Gesetz damit nicht nur einen unmittelbaren Anspruch auf einen Kindergartenplatz (so schon bisher nach § 24 Abs. 1 SGB VIII a.F.; ab 1.8.2013 dann § 24 Abs. 3 SGB VIII n.F.), sondern auch auf einen Krippenplatz (§ 24 Abs. 2 SGB VIII n.F.). Die Gesetzesbegründung ist ganz eindeutig: Es geht um einen „Rechtsanspruch“, der ausdrücklich in Gegensatz zu lediglich objektiv-rechtlichen Verpflichtungen (vgl. § 24 Abs. 1 SGB VIII n.F.) gesetzt wird. Er ist also ein subjektives Recht und damit einklagbar (vgl. auch BT-Drs. 16/9299, S. 15).
II. Einklagbarer Anspruch
Der Anspruch auf einen Krippenplatz kann damit – nach Antrag und ggf. erfolglosem Widerspruchsverfahren – im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durchgesetzt werden. Man kann auf die umfangreiche Literatur und Rechtsprechung zum Anspruch auf einen Kindergartenplatz zurückgreifen (vgl. etwa OVG Lüneburg v. 24.1.2003 – 4 ME 596/02, NJW 2003, 1826; VG Göttingen v. 21.8.1998 – 2 B 2297–98, NVwZ-RR 1999, 130; Wiesner/Struck, SGB VIII, 4. Auflage 2011, § 24 Rn. 7ff. m.w.N.; wirklich gute Darstellung bei Georgii, NJW 1996, 686).
Der Anspruch richtet sich gegen den Träger der öffentlichen Jugendhilfe (vgl. § 24 Abs. 3 S. 2 SGB VIII n.F.). Dieser wird durch Landesrecht bestimmt (§ 69 Abs. 1 SGB VIII). Soweit sie keine Regelung getroffen haben, gilt die alte Rechtslage vor der Förderalismusreform fort, wonach die kommunalen Gebietskörperschaften zuständig waren.
Erfüllt werden kann der Anspruch nur durch ein bedarfsgerechtes Angebot; bei Berufstätigen Eltern bedarf es also eines Platzes in der Vormittagsgruppe (OVG Lüneburg v. 24.1.2003 – 4 ME 596/02, NJW 2003, 1826, 1827). Erforderlich ist wohl eine Mindestbetreuungszeit von etwa sechs Stunden (so zu Kindergartenplätzen Georgii, NJW 1996, 686, 688) Allerdings haben die Eltern keinen Anspruch auf einen ganz bestimmten Platz. Noch etwas unklar ist, inwieweit der Träger sich auf Unmöglichkeit (allgemeiner Rechtsgedanke des § 275 Abs. 1 BGB) berufen kann, weil die Kapzitäten nicht ausreichen.
Das OVG Lüneburg (OVG Lüneburg v. 24.1.2003 – 4 ME 596/02, NJW 2003, 1826, 1827) führte dazu aus:

 „Dem somit glaubhaft gemachten Anspruch auf Verschaffung eines Kindergartenplatzes in einer Vormittagsgruppe eines ortsnahen Kindergartens kann der Ag. nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Kapazität der in Betracht kommenden Kindergärten sei erschöpft. Dies kann nur dann gelten, wenn alle tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten erschöpft sind, das Kind in eine Vormittagsgruppe eines Kindergartens aufzunehmen (vgl. Rechtsprechung des BVerfG zur Zulassungsbeschränkung im Hochschulrecht: BVerfGE 33, 303 = NJW 1972, 1561; BVerfGE 51, 130 = NJW 1979, 1541).“

Dieser Rechtsansicht wird man wohl nicht folgen können. Bei Studienplätzen besteht nur eine Verpflichtung dazu, angemessene Kapazitäten vorzuhalten. Innerhalb dieser darf dann ein Zulassungsanspruch abgelehnt werden, soweit ermessenfehlerfrei (Art. 3 Abs. 1 GG) ausgewählt wurde. Hier jedoch besteht ausdrücklich ein Anspruch JEDES Kindes auf einen Krippenplatz. § 24 SGB Abs. 2 SGB VIII n.F. (und die Übergangsvorschrift des § 24a SGB VIII) zielen gerade darauf ab, entsprechende Kapazitäten zu schaffen. Einzig relevanter Einwand kann daher sein, dass es nicht möglich ist, schnell genug ausreichende Kapazitäten zu schaffen (vgl. auch Georgii, NJW 1996, 686, 689 zu Kindergartenplätzen). Allgemein die Berufung auf unzureichende Kapazitäten zuzulassen, würde dagegen die dauerhafte Vereitelung des Gesetzeszwecks ermöglichen. Das kann man nicht zulassen.

 Anmerkung: A.A. natürlich vertretbar, insbesondere mit dem Hinweis auf das scharfe Schwert des dann bestehenden Staatshaftungsanspruchs – s. dazu sogleich.

Zur prozessualen Durchsetzung (für die mündliche Prüfung insb.):

  •  Verwaltungsrechtsweg: § 40 Abs. 1 VwGO (eine abdrängende Zuweisung zu den Sozialgerichten besteht nach § 51 SGG nicht).
  •  Klageart: Üblicherweise Verpflichtungsklage; auch soweit die Gemeinde ihre Kinderkrippen privatrechtlich organisiert hat. Hier gilt die Zwei-Stufen-Theorie. Genauer dazu den Beitrag zur Nutzung gemeindlicher Einrichtungen .
  •  Einstweiliger Rechtsschutz (Beispiel: VG Göttingen v. 21.8.1998 – 2 B 2297–98, NVwZ-RR 1999, 130): Hier geht es um einen Fall des § 123 Abs. 1 VwGO (Argumente wie bekannt: Verpflichtungsklage in Hauptsache bzw. Wiederherstellung aufschiebender Wirkung würde nicht genügen). Auch eine Vorwegnahme der Hauptsache ist wegen Art. 19 Abs. 4 GG hinzunehmen, auch wenn dies eigentlich Sinn und Zweck des einstweiligen Rechtsschutzes widerspricht (vgl. Gregorii, NJW 1996, 686, 689).

III. Sekundäransprüche
 1. Schadensersatz nach § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG
Bereits für den Kindergartenplatz war anerkannt, dass das Versäumnis, ausreichende Kapazitäten zu schaffen eine Amtspflichtverletzung für die Behördenspitze des jeweils zuständigen Verwaltungsträgers (meist der Gemeinden) darstellt. Der Bürgermeister einer Gemeinde muss also für ausreichende Kapazitäten sorgen, ansonsten hat er seine durch § 24 SGB VIII begründete Pflichten verletzt. Da der sich abzeichende Kapazitätsengpass zu erkennen war, ist die Verletzung auch schuldhaft (zumindest fahrlässig). Zu all dem für die Kindergartenplätze Georgii, NJW 1996, 686, 689f. Im Einzelnen kann man argumentieren:
Aus § 24 Abs. 2 SGB VIII n.F. und davor aus § 24a SGB VIII folgt ganz eindeutig die Rechtspflicht, angemessene Betreuungskapazitäten zu schaffen. Diese trifft die zuständigen Amtsträger. Nach den Gemeindeordnungen sind der Bürgermeister der Gemeinde und der Rat gemeinsam zuständig. Der Bürgermeister ist verantwortlich für die Leitung und Beaufsichtigung des Geschäftsganges der gesamten Verwaltung (§ 62 GO NRW); der Rat kann alle Angelegenheiten an sich ziehen, § 41 GO NRW. Deshalb trifft sie jedenfalls zusammen die Pflicht, für ausreichende Kapazitäten zu sorgen. Dass eine genaue Schuldzuweisung zwischen Rat und Bürgermeister nicht gelingt, ist unerheblich. Der Bürger kann nicht mit dem internen Aufbau der Verwaltung belastet werden.
Allerdings ist die Schaffung entsprechender Krippenplätze zunächst eine objektiv-rechtliche Pflicht, deren Verletzung nicht ohne weiteres „dem Bürger gegenüber obliegt“ (vgl. § 839 Abs. 1 BGB). Aus der Formulierung folgt, dass die verletzte Amtspflicht eine Pflicht sein muss, die nicht nur gegenüber der Allgemeinheit besteht, sondern den Zweck hat, mindestens auch die Interessen gerade des Geschädigten wahrzunehmen. Das ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Amtspflichtverstoß wie hier zugleich eine Verletzung subjektiver öffentlicher Rechte des Geschädigten darstellt (BGH NJW 1983, 215). Dies ist hier erst der Fall, wenn am 1.8.2013 der neue § 24 Abs. 2 SGB VIII n.F. ein subjektiven Leistungsanspruch begründet. Dann entsteht eine drittbezogene Amtspflicht, die der zuständige Amtsträger durch ungenügende Vorbereitung verletzten konnte. Die Verletzung ist auch schuldhaft (s.oben). Der Anspruch besteht auch gegenüber den Eltern; zwar sind die Kinder Anspruchsberechtigte des § 24 Abs. 2 SGB VIII n.F., aber die Norm ist auch den Eltern zu dienen bestimmt (vgl. auch Georgii, NJW 1996, 686, 689f.; hier kann man auch A.A. sein, so wohl Wiesner/Struck, SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 24 Rn. 26f.). Letztlich kommt es darauf aber nicht unbedingt an, da die Eltern auch im Namen des Kindes entsprechende Leistungen „erwerben können“.
Ersatzfähig sind damit alle kausalen Schäden, allerdings kann nur Geldersatz gefordert werden (es geht ja im dogmatischen Ausgangspunkt um die Haftung des Beamten selbst, nicht um die des Staates). Es kann sich um erhebliche Summe handeln: Es sind alle finanziellen Nachteile, die durch die Versagung des Kindergartenplatzes entstanden sind, auszugleichen. Hierzu zählen insbesondere die Aufwendungen, die der Geschädigte zur Abwendung des Schadenseintrittes oder zur Geringhaltung des Schadens gemacht hat und die er nach Lage der Dinge für erforderlich halten durfte (vgl. Wiesner/Struck, SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 24 Rn. 26f). Wenn Eltern zur Ermöglichung der eigenen Erwerbstätigkeit etwa eine Kindertagesmutter einstellen, können sie den die Kindergartenbeiträge überschießenden finanziellen Aufwand ersetzt verlangen. Ist die Verpflichtung einer Tagesmutter nicht möglich und muß deswegen ein Elternteil den Beruf aufgeben, so kann als Schaden der Verdienstausfall geltend gemacht werden (dazu Gregorii, NJW 1996, 686, 690).
Allerdings gilt nach § 839 Abs. 3 BGB: Kein Dulde und Liqudiere! Daher muss das Kind bzw. seine Eltern (je nachdem, wer den Anspruch stellt) vorher erfolglos den Verwaltungsrechtsweg beschritten haben!
2. Aufwendungsersatzanspruch nach §§ 670, 683, 677 BGB
In Betracht kommt auch ein Aufwendungsersatzanspruch nach §§ 670, 683, 677 BGB aus öffentlich-rechtlicher GoA. Führung eines fremden Geschäfts ist dann die Selbsterfüllung der Amtspflicht aus § 24 Abs. 3 SGB VIII. Georgii bejahte für den Kindergartenplatz diesen Anspruch recht freihändig (NJW 1990, 686, 690ff.). Hier kann man ausführlich diskutieren. Ich würde ihn ablehnen. Die öffentliche Hand wird kaum derartige Fremdgeschäftsführung wollen. Sie ist wohl auch nicht ohne weiters nach § 679 BGB unbeachtlich. Nur weil eine entsprechende Amtspflicht besteht, muss die Erfüllung nicht zwingend im öffentlichen Interesse sein. Vielmehr droht die Umgehung des § 839 Abs. 3 BGB. Hinzu kommt , dass der Gesetzgeber selbst durch § 24a SGB VIII dafür sorgen wollte, dass die öffentliche Hand den Anspruch selbst erfüllen kann. Deshalb besteht also M.E. kein öffentliches Interesse daran, dass gerade die Eltern selbst den Krippenplatz schaffen.
In jedem Fall ist in der Praxis die Erforderlichkeit (§ 670 BGB) kaum nachzuweisen, weil ohne entsprechenden Prozess nicht gezeigt ist, dass die öffentliche Hand den Anspruch wirklich nicht hätte erfüllen können.

09.11.2011/5 Kommentare/von Dr. Johannes Traut
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Johannes Traut https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Johannes Traut2011-11-09 19:56:562011-11-09 19:56:56Haftung für fehlende Krippenplätze in Deutschland?!
Dr. Johannes Traut

Der Dioxin-Skandal aus juristischer Sicht: Öffentliches Recht

Europarecht, Öffentliches Recht, Verwaltungsrecht

Der Dioxin-Skandal: Eine öffentlich-rechtliche Einordnung
Dieser Beitrag wirft einen Blick auf die öffentlich-rechtliche Seite des Dioxinskandals und beschäftigt sich mit der Zulässigkeit von Betriebsschließungen in Folge des Dioxinverdachts oder im Falle einer vorgefundenden Belastung. Auch hier gilt: Es geht um einen ersten Blick auf die Rechtslage und darum Denkanstöße zu geben, nicht aber um die Abfassung eines erschöpfenden Gutachtens. Verbesserungsvorschläge sind willkommen.
A. Primärebene – Betriebsschließungen
Auch hier besteht ein nebeneinander von europäischen und nationalen Rechtsvorschriften. Auf der europäischen Ebene existiert eine EU-Lebensmittel-Rahmenverordnung (VO (EG) 178/2002), die die Grundsätze des Lebensmittelrechts enthält, so etwa in Art. 14 Abs. 1 das grundlegende Verbot, unsichere Lebensmittel in Verkehr zu bringen:

Art. 14 Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit

(1) Lebensmittel, die nicht sicher sind, dürfen nicht in Verkehr gebracht werden.
[…]

Art. 15 Anforderungen an die Futtermittelsicherheit

(1) Futtermittel, die nicht sicher sind, dürfen nicht in Verkehr gebracht oder an der Lebensmittelgewinnung dienende Tiere verfüttert werden.

Diese VO wird durch weitere Verordnungen auf europäischer Ebene konkretisiert. Hier interessiert insbesondere die  VO (EG) 882/2004 E(G-Lebens-/FuttermittelR-KontrollVO), dazu sogleich mehr. Ferner existiert auf der nationalen Ebene das deutsches Lebens- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB), das die Rahmenverordnung konkretisiert und teilweise erweitert.
Eine Erweiterung besteht darin, dass das deutsche Recht nicht nur das Inverkehrbringen von gesundheitsschädlichen Lebensmitteln verbietet, sondern auch ihre Herstellung:

§ 5 Verbote zum Schutz der Gesundheit

(1) 1Es ist verboten, Lebensmittel für andere derart herzustellen oder zu behandeln, dass ihr Verzehr gesundheitsschädlich im Sinne des Artikels 14 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 ist.
[…]

I. EGL
1. Europarecht?

Wegen des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts ist zunächst hier nach einer Ermächtigungsgrundlage zu suchen. Sie könnte sich aus aus  Art. 54 der VO (EG) 882/2004 EG-Lebens-/FuttermittelR-KontrollVO ergeben.

Art. 54 VO (EG) 882/2004 Maßnahmen im Fall eines Verstoßes

(1) 1Stellt die zuständige Behörde einen Verstoß fest, so trifft sie die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Unternehmer Abhilfe schafft. 2Sie berücksichtigt dabei die Art des Verstoßes und das bisherige Verhalten des betreffenden Unternehmers mit Blick auf Verstöße.
(2) Dazu können gegebenenfalls folgende Maßnahmen gehören:

  • a)Verhängung von Gesundheitsschutz- oder anderen Maßnahmen, die als notwendig erachtet werden, um die Sicherheit von Futtermitteln oder Lebensmitteln oder die Einhaltung des Futtermittel- oder Lebensmittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz zu gewährleisten;
  • b)Einschränkung oder Untersagung des Inverkehrbringens und der Ein- oder Ausfuhr von Futtermitteln, Lebensmitteln oder Tieren;
  • c)Überwachung und, falls erforderlich, Anordnung der Rücknahme, des Rückrufs und/oder der Vernichtung der Futtermittel oder Lebensmittel;
  • d)Genehmigung zur Verwendung des Futtermittels oder Lebensmittels für andere als die ursprünglich vorgesehenen Zwecke;
  • e)Betriebsaussetzung oder Schließung des ganzen oder eines Teils des betreffenden Unternehmens für einen angemessenen Zeitraum;
  • f)Aussetzung oder Entzug der Zulassung des Betriebs;
  • g)Maßnahmen gemäß Artikel 19 in Bezug auf Sendungen aus Drittländern;
  • h)sonstige Maßnahmen, die von der zuständigen Behörde für angemessen erachtet werden.

(3) Die zuständige Behörde unterrichtet den betreffenden Unternehmer oder einen Vertreter

  • a)schriftlich über ihre Entscheidung über Maßnahmen nach Absatz 1 und die Gründe hierfür;
  • b)über sein Widerspruchsrecht gegen derartige Entscheidungen sowie über geltende Verfahren und Fristen.

(4) Gegebenenfalls teilt die zuständige Behörde ihre Entscheidung auch der zuständigen Behörde des versendenden Mitgliedstaats mit.
(5) Alle infolge der Durchführung dieses Artikels anfallenden Kosten sind von dem betreffenden Futtermittel- und Lebensmittelunternehmer zu tragen.

Zunächst ist allerdings zu klären, ob Art. 54 Abs. 1 S. 1 VO (EG) 882/2004 überhaupt eine Ermächtigungsgrundlage darstellt. Als Teil einer europäischen Verordnung ist sie unmittelbar anwendbar und damit geeignet, der Behörde Rechte einzuräumen, vgl. Art. 288 Abs. 2 AEUV und die Schlussformel der VO. Allerdings könnte sie als Ermächtigungsgrundlage zu wenig konkret sein. Diese Bedenken verfangen jedoch nicht. Sie lässt, insbesondere durch den Maßnahmenkatalog in Abs. 2 konkretisierter, Weise erkennen, welche Maßnahmen die Behörden ergreifen können und vor allem an welchem Zweck der Eingriff zu messen ist. Deshalb totz ihres Charakters als Generalklausel hinreichend bestimmt, um unmittelbar als Ermächtigungsgrundlage herangezogen zu werden.
Allerdings ist ihre Reichweite nicht klar. Dem bloßen Wortlaut des Art. 54 folgend, kann man ihn als Ermächtigungsgrundlage dafür lesen, gegen sämtliche Verstöße gegen das europäische Recht vorzugehen, etwa gegen das in Art. 14 der EU-Lebensmittel-Rahmenverordnung (VO (EG) 178/2002) normierte Verbot, unsichere Lebensmittel in Verkehr zu bringen. Aus dem systematischen Zusammenhang folgt jedoch, dass sich Art. 54 der VO (EG) 882/2004 nur auf Verstöße gegen diese Verordnung bezieht. Da die VO nur die Durchführungen von Kontrollen regelt, ist damit nicht jeder Verstoß gegen die materiellen Verbote der Rahmen-VO auch einer gegen die Kontroll-VO. Demnach sind Maßnahmen nach Art. 54 VO (EG) 882/2004 etwa dann möglich, wenn ein Bauer entgegen den Vorgaben der VO nicht ordnungsgemäß mit den Behörden zusammenarbeitet. Hat er dagegen seine Kontrollverpflichtungen eingehalten – davon gehen wir hier aus – dann hat er nicht gegen die Kontroll-VO verstoßen und entsprechend kann Art. 54 nicht als EGL herangezogen werden.
Ein Indiz für den begrenzten Anwendungsbereich der Kontroll-VO ergibt sich aus Art. 17 Abs. 2 der Rahmen-VO, den sie konkretisiert , Meyer/Streinz, LFBG – BasisVO, 1. Auflage 2007, VO 178/2002/EG Art. 17  Rn. 47f. Angesichts ihres begrenzten Anwendungsbereichs bezieht sie sich nicht auf den gesamten Abs. 2, sondern nur auf Abs. 2 UAbs. 2. Die allgemeine Vorgehen gegen Verstöße gegen die Rahmen-VO ist den Mitgliedsstaaten überlassen, Art. 17 Abs. 2 UAbs. 1.

Art. 17 Zuständigkeiten

[…]
(2) Die Mitgliedstaaten setzen das Lebensmittelrecht durch und überwachen und überprüfen, dass die entsprechenden Anforderungen des Lebensmittelrechts von den Lebensmittel und Futtermittelunternehmern in allen Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen eingehalten werden.
Hierzu betreiben sie ein System amtlicher Kontrollen und führen andere den Umständen angemessene Maßnahmen durch, einschließlich der öffentlichen Bekanntgabe von Informationen über die Sicherheit und Risiken von Lebensmitteln und Futtermitteln, der Überwachung der Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit und anderer Aufsichtsmaßnahmen auf allen Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen.
1Außerdem legen sie Vorschriften für Maßnahmen und Sanktionen bei Verstößen gegen das Lebensmittel- und Futtermittelrecht fest. 2Diese Maßnahmen und Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.

Damit ist Art. 54 Abs. 1 der VO (EG) 882/2004 E(G-Lebens-/FuttermittelR-KontrollVO)vorliegend nicht als Ermächtigungsgrundlage einschlägig. [Anmerkung: Das ist die Ansicht des Verfassers, eine andere ist ebenfalls vertretbar. In der Literatur wurde, soweit ersichtlich, das Thema bisher nicht behandelt, vgl. Zipfke/Rathke, Lebensmittelrecht, 141. Ergänzungslieferung 2010, § 39 LFGB Rn. 53a. Meine Ansicht beruht entscheidend darauf, dass der Anwendungsbereich der Kontroll-VO im obigen Sinne eingeschränkt ist. Da ich kein Experte im Lebens- und Futtermittelrecht bin, lasse ich mich diesbezüglich jedoch gerne eines besseren Belehren.]
2. Deutsches Recht
Somit ist eine Ermächtigungsgrundlage im deutschen Recht zu suchen. In Betracht kommt hier vor allem § 39 Abs. 2 S. 1 Lebens- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB):

39 Aufgabe und Maßnahmen der zuständigen Behörden

(1) 1Die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes, der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes über Erzeugnisse und lebende Tiere im Sinne des § 4 Absatz 1 Nummer 1 ist Aufgabe der zuständigen Behörden. 2Dazu haben sie sich durch regelmäßige Überprüfungen und Probennahmen davon zu überzeugen, dass die Vorschriften eingehalten werden.
(2) 1Die zuständigen Behörden treffen die notwendigen Anordnungen und Maßnahmen, die zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes oder zur Beseitigung festgestellter Verstöße oder zur Verhütung künftiger Verstöße sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung erforderlich sind. 2Sie können insbesondere

  • 1.anordnen, dass derjenige, der ein Erzeugnis hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht hat oder dies beabsichtigt,
    • a)eine Prüfung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Prüfung mitteilt,
    • b)ihr den Eingang eines Erzeugnisses anzeigt,

    wenn Grund zu der Annahme besteht, dass das Erzeugnis den Vorschriften dieses Gesetzes, der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen oder der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes nicht entspricht,

  • 2.vorübergehend verbieten, dass ein Erzeugnis in den Verkehr gebracht wird, bis das Ergebnis einer entnommenen Probe oder einer nach Nummer 1 angeordneten Prüfung vorliegt,
  • 3.das Herstellen, Behandeln oder das Inverkehrbringen von Erzeugnissen verbieten oder beschränken,
  • 4.eine Maßnahme überwachen oder, falls erforderlich, anordnen, mit der verhindert werden soll, dass ein Erzeugnis, das den Verbraucher noch nicht erreicht hat, auch durch andere Wirtschaftsbeteiligte weiter in den Verkehr gebracht wird (Rücknahme), oder die auf die Rückgabe eines in den Verkehr gebrachten Erzeugnisses abzielt, das den Verbraucher oder den Verwender bereits erreicht hat oder erreicht haben könnte (Rückruf),
  • 5.Erzeugnisse, auch vorläufig, sicherstellen und, soweit dies zum Erreichen der in § 1 Absatz 1 Nummer 1 oder 4 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa oder Absatz 2, stets jeweils auch in Verbindung mit Absatz 3, genannten Zwecke erforderlich ist, die unschädliche Beseitigung der Erzeugnisse veranlassen,
  • 6.das Verbringen von Erzeugnissen, einschließlich lebender Tiere im Sinne des § 4 Absatz 1 Nummer 1, in das Inland im Einzelfall vorübergehend verbieten oder beschränken, wenn
    • a)die Bundesrepublik Deutschland von der Kommission hierzu ermächtigt worden ist und dies das Bundesministerium im Bundesanzeiger bekannt gemacht hat oder
    • b)Tatsachen vorliegen, die darauf schließen lassen, dass die Erzeugnisse oder lebenden Tiere ein Risiko für die Gesundheit von Mensch oder Tier mit sich bringen,
  • 7.anordnen, dass diejenigen, die einer von einem in Verkehr gebrachten Erzeugnis ausgehenden Gefahr ausgesetzt sein können, rechtzeitig in geeigneter Form auf diese Gefahr hingewiesen werden,
  • 8.Anordnungen zur Durchsetzung der Pflicht des Lebensmittelunternehmers zur Unterrichtung der Verbraucher nach Artikel 19 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Pflicht des Futtermittelunternehmers zur Unterrichtung der Verwender nach Artikel 20 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 treffen und
  • 9.die Öffentlichkeit nach Maßgabe von § 40 informieren.

3Artikel 54 Absatz 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz (ABl. L 165 vom 30.4.2004, S. 1, L 191 vom 28.5.2004, S. 1, L 204 vom 4.8.2007, S. 29), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 1029/2008 (ABl. L 278 vom 21.10.2008, S. 6) geändert worden ist, über Maßnahmen im Fall eines Verstoßes bleibt unberührt.
(3) Eine Anordnung nach

  • 1.Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 5 kann auch in Bezug auf das Verwenden eines zugelassenen Erzeugnisses ergehen, soweit dies erforderlich ist, um eine unmittelbare drohende Gefahr für die Gesundheit des Menschen abzuwehren; die Anordnung ist zu befristen, bis über die weitere Zulassung des betroffenen Erzeugnisses von der zuständigen Stelle entschieden ist,
  • 2.Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 bis 3 und 5 kann auch in Bezug auf das Verfüttern eines Futtermittels ergehen.

(4) Die Absätze 1 bis 3 Satz 1 und 2 sowie § 40 gelten für mit Lebensmitteln verwechselbare Produkte entsprechend.
[…]
(7) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Anordnungen, die der Durchführung von Verboten nach

  • 1.Artikel 14 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
  • 2.Artikel 15 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 erster Anstrich der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 oder
  • 3.§ 5, § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, § 26 oder § 30

dienen, haben keine aufschiebende Wirkung.
(7a) Soweit im Einzelfall eine notwendige Anordnung oder eine sonstige notwendige Maßnahme nicht auf Grund der Absätze 2 bis 4 getroffen werden kann, bleiben weitergehende Regelungen der Länder, einschließlich der Regelungen auf dem Gebiet des Polizeirechts, auf Grund derer eine solche Anordnung oder Maßnahme getroffen werden kann, anwendbar.

II. Formelle Rechtmäßigkeit

  • Zuständigkeit: § 38 Abs. 1 LFGB: Richtet sich nach Landesrecht, dort suchen. In NRW grundsätlich Kreisordnungsbehörde, § 1 Abs. 1 Nr. 1 Zuständigkeitsverordnung Verbraucherschutz NRW – ZustVOVS NRW.
  • Verfahren: Anhörung häufig entbehrlich nach § 28 Abs. 2 Nr. 1 VwvfG
  • Form: § 37 Abs. 2 S. 1 VwvfG

III. Materielle Rechtmäßigkeit
Die zuständigen Behörden treffen die notwendigen Anordnungen und Maßnahmen, die zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes oder zur Beseitigung festgestellter Verstöße oder zur Verhütung künftiger Verstöße sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung erforderlich sind. Letzter Var. ist freilich überflüssig, da durch die vorherigen bereits abgedeckt, s. auch Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, 141. Erg.-Lfg 2010, § 39 LFGB Rn. 23.
1. Materielle Voraussetzungen der EGL
a) Vorliegen eines Verstoßes (Var. 2)
„Verstoß“ bedeutet im Zusammenhang mit § 39 Abs. 1 LFGB Verstoß gegen die Vorschriften dieses Gesetzes, gegen die der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und gegen die unmittelbar geltenden Rechtsakte  der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes. Man subsumiert also die Verbote die oben bereits kurz angerissen wurden:

  • Art. 14 Abs. 1 VO (EG) 178/2002: Verbot, unsichere Lebensmittel in den Verkehr zu bringen
  • Art. 15 Abs. 1 Alt. 2 VO (EG) 178/2002: Verbot, unsichere Futtermittel zu verfüttern
  • § 5 LFGB: Verbot, unsichere Lebensmittel herzustellen

Immer ist die Subsumtion gefordert. Die Verbote erfordern kein Verschulden, ein objektiver Verstoß reicht aus. Umfangreiche Definitionen sowohl am Anfang der VO wie auch am Anfang des LFGB.
Man beachte: Wenn man die Anscheinsgefahr nicht unter die Var. 1 (dazu sogleich) fast, wird man sie hier zulassen müssen, analog zum allgemeinen Ordnugnsrecht (vgl. § 14 Abs. 1 OBG). Bei so wichtigen Gütern muss man auch bei einem ernsthaften Verdacht sofort handeln können.
b) Hinreichender Verdacht auf einen Verstoß (Var. 1)
Fraglich wie auszulegen, da der Begriff des hinreichenden Verdachts aus dem Strafrecht stammt (hinreichender Tatverdacht = wenn Verurteilung wahrscheinlich). Man kann dies entsprechend eng auslegen. Damit wären nur dann Eingriffe zulässig, wenn es sehr wahrscheinlich ist, dass tatsächlich ein Verdachte vorliegt. Gefahrerforschungseingriffe wäre damit eher nicht zulassen, Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, 141. Erg.-Lfg 2010, § 39 LFGB Rn. 20.
Damit hätte die Variante praktisch keine eigene Bedeutung. M.E. ist es sinnvoller, hier mit den üblichen ordnungsrechtlichen Begriffen zu hantieren und hinreichenden Verdacht als Anscheinsgefahr zu verstehen. Dann Abgrenzung zur Scheingefahr. Ferner darauf achten, dass, obwohl eine „Gefahr“ vorliegt, erstmal Gefahrerforschungseingriffe vorzunehmen sind.
c) Gefahr künftiger Verstöße (Var. 3)
Gefahr im ordnungsrechtlichen Sinne? Jedenfalls nicht allzu engherzig auslegen, das Rechtsgut ist ja von überragender Bedeutung.
2. Störerverantwortlichkeit?
Ist nicht ausdrücklich erwähnt, könnte sich aber aus § 12 Abs. 2 OBG NRW i.V.m. §§ 17ff. OBG ergeben. Daher die Frage: Lässt das LFGB dafür Raum? Eher nicht, eigene Regelung z.B. in § 39 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 „derjenige“. Die §§ 17ff. OBG würden aber vor allem zu einer zu engen Bindung führen. Letztlich kann man hier aber offen diskutieren.
IV. Rechtsfolge: Ermessen
Formulierung des § 39 Abs. 2 S. 1 LFGB ist insofern nicht ganz klar, s. aber  § 39 Abs. 2 S. 2 „kann“. Hier kann man dann recht frei argumentieren. Folgende Leitlinien sind zu beachten:
– Anbindung an den Katalog des § 39 Abs. 2 S. 2 LFGB.
– Gesundheit der Bevölkerung ist ein überragend wichtiges Rechtsgut und kann daher sehr einschneidende Maßnahmen rechtfertigen.
– Bei der Verhältnismäßigkeit ist die wirtschaftliche Schädigung zu beachten, insofern aber auch Ausgleichsansprüche (soweit werthaltig) usw.
– Die Bauern sind je schutzwürdiger desto „unverschuldeter“ sie in die Lage gekommen sind.
– Differenzierung zwischen Gefahrbeseitigungs- und erforschungseingriffen
B. Sekundärrechtliche Ebene – Ausgleichsansprüche für Inanspruchnahme?
Hier nur ein paar Stichworte. M.E. dürften, so lange die Behörden nach pflichtgemäßem Ermessen gehandelt habe, leer ausgehen.
I. Aus enteignendem/enteignungsgleichen Eingriff
§ 39 Abs. 1 OBG NRW i.V.M. § 12 OBG NRW?

§ 39 Zur Entschädigung verpflichtende Maßnahmen

(1) Ein Schaden, den jemand durch Maßnahmen der Ordnungsbehörden erleidet, ist zu ersetzen, wenn er

  • a)infolge einer Inanspruchnahme nach § 19 oder
  • b)durch rechtswidrige Maßnahmen, gleichgültig, ob die Ordnungsbehörden ein Verschulden trifft oder nicht,

entstanden ist.
[…]

(-) weil 1. Nicht Inanspruchnahme nach § 19 OBG (entweder eigene Regelung oder Bauer Handlungs-/Zustandsstörer nach §§ 17f. OBG).und 2. nicht rechtswidrig.
II. § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG?
(-) bei rechtmäßiger Maßnahme

19.01.2011/0 Kommentare/von Dr. Johannes Traut
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