Der BGH hat sich im Urteil vom 17. Februar 2011 (Az. III ZR 35/10) zu AGB in Mobilfunkverträgen geäußert. Es ging dabei u.a. um die folgenden examensrelevanten Klauseln:
[…]
Der Kunde hat auch die Preise zu zahlen, die durch unbefugte Nutzung der überlassenen Leistungen durch Dritte entstanden sind, wenn und soweit er diese Nutzung zu vertreten hat.
Nach Verlust der Karte hat der Kunde allerdings nur die Verbindungspreise zu zahlen, die bis zum Eingang der Meldung über den Verlust der Karte angefallen sind.
[…]
Haftung für durch Dritte verursachte Mobilfunkkosten
Der BGH geht davon aus, dass die von der Beklagten verwendeten AGB einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB standhalten. Weiter führt der BGH aus:
Bei der Erbringung von Mobilfunkdienstleistungen handelt es sich um ein praktisch vollständig technisiertes, anonymes Massengeschäft. Die Beklagte nimmt von der konkreten Person des die Mobilfunkdienstleistung Abrufenden keine Kenntnis. Sie kann deshalb nicht beurteilen, ob das Abrufen der Mobilfunkdienstleistung mit Billigung des Kunden erfolgt. Sie muss sich darauf verlassen können, dass dieser beim Gebrauch seines Mobiltelefons die erforderlichen Vorkehrungen trifft, damit Unbefugte keinen Zugriff auf Mobilfunkdienstleistungen erhalten. Vom Mobilfunkkunden zu verlangen, nach seinen Möglichkeiten eine unbefugte Nutzung Dritter zu unterbinden, benachteiligt diesen nicht unangemessen. Eine andere Frage ist, wie die Sorgfaltspflichten, die dem Kunden in seiner Risikosphäre obliegen, im Einzelnen beschaffen sind. Den besonderen Gefährdungen, etwa hinsichtlich des Verlusts der SIM-Karte, gegebenenfalls einschließlich des Mobiltelefons, die sich gerade aus dem Umstand ergeben, dass die Mobilfunkdienstleistung an jedem Ort und damit auch außerhalb der geschützten Sphäre der Wohnung des Anschlussinhabers zur Verfügung steht, kann dadurch Rechnung getragen werden, dass die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten des Kunden nicht überspannt werden. Dies stellt jedoch die Wirksamkeit der hier fraglichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen unter dem Blickwinkel einer unangemessenen Benachteiligung der Kunden des Beklagten nicht in Frage.
Die Schlussfolgerungen des BGH tragen somit der Realität im Mobilfunkgeschäft Rechnung. Die Härte der ersten Klausel wird zudem dadurch abgefedert, dass die zweite genannte Klausel die Haftung des Nutzers wieder auf ein vernünftiges Maß beschränkt. Ohne einen solchen Zusatz wäre die erst Klausel wohl eine unagemessene Benachteiligung zu Lasten des Kunden.
Gleichzeitig geht der BGH davon aus, dass die Sorgfaltspflichten an den Kunden nicht überspannt werden dürfen. Hier sollte im Falle der Auslegung dieser Sorgfaltspflichten auch § 305c BGB genannt werden, wonach Zweifel bei der Verwendung von AGB zu Lasten des Verwenders gehen. Die Klauseln bieten dem Kunden somit im Ergebnis noch ausreichend Schutz und bürden nur die dem Vertrag ohnehin inhärenten Risiken auf.
Sperre der Simkarte durch AGB
Zudem setzte sich der BGH noch mit einer Klasuel auseinander, die im Falle der Nichtzahlung eine Sperre der Simkarte zulässt.
Ist der Kunde mit Zahlungsverpflichtungen in Höhe von mindestens 15,50 € in Verzug, kann der Mobilfunkanschluss auf Kosten des Kunden gesperrt werden.
Die Sperre des Mobilfunkanschlusses stelle der Sache nach die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts dar. Insbesondere von der gesetzlichen Wertung des § 320 Abs. 2 BGB weicht eine solche Klausel zum Nachteil des Kunden ab, so dass sie gegen § 307 Abs. 1 BGB verstößt. Bei fälligen Leistungen in solche einer geringen Höhe erscheint es nach Treu und Glauben unverhältnismäßig, dem Kunden seine mobile Erreichbarkeit zu nehmen. Im Übrigen stellt heutzutage auch häufig das Mobiltelefon das einzige Telefon generell dar, so dass die Erreichbarkeit vorübergehend komplett genommen wird. Ein weiterer Grund für das Vorliegen einer unagemessen Benachteiligung ist das unmittelbare Entstehen von Kosten für die Sperrung, die nach der Klausel auch der Kunde zu tragen hat, auch wenn er nur mit einem marginalen Betrag im Rückstand ist.
Im übrigen hat der Gesetzgeber in § 45k Abs. 2 Satz 1 TKG für die Telefondienstleistungsunternehmen im Festnetzbereich als Voraussetzung für eine Sperre den Betrag von 75 € festgelegt. Der BGH hat diese gesetzgeberische Wertung im Rahmen der AGB-Kontrolle einbezogen und auf den Mobilfunk übertragen.
Examensrelevanz
Auch wenn Mobilfunkverträge nicht zum üblichen Examensstoff gehören, sind die o.g. Klauseln durchaus relevant. Die Kenntnis der Wertung des § 45 TKG hingegen wird von keinem Examenskandidaten erwartet. Wichtig ist es nur, in diesem Fall zu erkennen, dass die Sperre des Mobilfunkvertrages einem Zurückbehaltungsrecht gleich steht, dass nach der Klausel bereits bei einer sehr geringen Schwelle ausgeübt werden könnte.