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Gastautor

Ist die „Abschaffung“ des Europäischen Parlaments unionsrechtlich möglich?

Europarecht, Examensvorbereitung, Lerntipps, Mündliche Prüfung, Öffentliches Recht, Schon gelesen?, Startseite, Tagesgeschehen, Verfassungsrecht

Wir freuen uns, heute einen Gastbeitrag von Nikolaus Klausmann veröffentlichen zu können. Der Autor ist Doktorand und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Humboldt Universität zu Berlin (EWeRK Institut).
 

Die „Abschaffung“ des Europäischen Parlaments als Europawahlversprechen der AfD

 

-Eine Anmerkung aus europarechtlicher und verfassungsrechtlicher Perspektive-

 
Rechtliche Erläuterungen zu aktuellen politischen Ereignissen sind vor allem im Rahmen des mündlichen Teils der Juristischen Staatsprüfungen regelmäßig gefragt. Für die Vorbereitung auf diese Prüfungen ist es daher unerlässlich, sich mit politischem Tagesgeschehen aus rechtswissenschaftlicher Sicht zu beschäftigen. Die in diesem Beitrag beleuchtete Thematik bietet sich als Prüfungsgegenstand einer mündlichen Prüfung an. Es können europa- und verfassungsrechtliche Kenntnisse sowie die Fähigkeit, diese auf aktuelles Politikgeschehen anzuwenden, geprüft werden. 
 
Vom 23. bis 26. Mai 2019 findet die Wahl zum Europäischen Parlament statt. Die AfD möchte unter anderem mit der Forderung der „Abschaffung“ des EU-Parlamentes Stimmen gewinnen. Konkret ist im Europawahlprogramm[1] der AfD zu lesen: „Das undemokratische EU-Parlament mit seinen derzeit (…) 751 Abgeordneten wollen wir abschaffen“ (Seite 12). Zwar wird das Europäische Parlament aus verschiedensten politischen Richtungen als reformbedürftig bezeichnet. Die AfD ist jedoch die einzige in Deutschland zur Wahl antretende, maßgebliche Partei die eine Beseitigung des Organs fordert.[2]
 
Dieser Beitrag geht zunächst kurz auf die These ein, das Organ sei „undemokratisch“ (I.). Anschließend wird dargestellt wie sich das Parlamente tatsächlich „abschaffen“ ließe (II. & III.) und ob es Parallelen zwischen dem europäische Recht und der deutschen Verfassung bezüglich eines solchen Vorgangs gibt (IV.). In einem Fazit werden die wesentlichen Ergebnisse zusammengefasst (V.).
 
I. Anhaltspunkte für ein Demokratiedefizit?
Das „Demokratiedefizit der Europäischen Union“ ist wissenschaftlicher Forschungsgegenstand und viel bemühte Thematik der Politik. Untersucht wird in diesem Zusammenhang neben einem strukturellen Demokratiedefizit (Die Nichtexistenz einer „europäischen Öffentlichkeit“), auch ein sog. „institutionelles Demokratiedefizit“ (Ausgewogenheiten im institutionellen Gefüge der Europäischen Union).[3] Ein solches soll beispielsweise deshalb vorliegen, weil -gemäß Art. 294 AEUV- weder das Europäische Parlament, noch der Rat der EU -die europäischen Institute der Legislative, vgl. Art 12 I EUV- ein Initiativrecht im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens besitzen.[4] Ebenfalls ist die Anzahl der Abgeordneten eines Mitgliedsstaats im Europäischen Parlament nicht direkt proportional zu seiner Bevölkerungsgröße (sog.  degressiv proportionale Repräsentation), vgl. Art 14 II EUV.[5] Kritik an dieser institutionellen Ausgestaltung wird mit einem Verweis auf die Grundsätze der Effizienz, der Pluralität und der Solidarität begegnet.[6]
 
II. Wie ließe sich das EU Parlament „abschaffen“?
Was meint die AfD mit dem Begriff des „Abschaffens“? Der Duden schlägt als Synonyme die Begriffe „aufheben, außer Kraft setzen, beseitigen“ vor. Es soll eine Situation ohne Existenz des Organs geschaffen werden – so das Versprechen.[7]
Der Grund für das Bestehen des Europäischen Parlaments ist dessen Verankerung in Art. 13 und 14 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) und  Handlungskompetenzen des Organs, beispielsweise im Bereich der Rechtssetzung, werden im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) definiert. Beide Verträge sind Teil des sogenannten europäischen Primärrechts. Dabei handelt es sich -im Gegensatz zum europäischen Sekundärrecht- nicht um von der EU erlassene Legislativakte, sondern um von den Mitgliedsstaaten ursprünglich geschlossene völkerrechtliche Verträge.[8] Sie bilden die Basis für das Bestehen der EU und die Handlungsfähigkeit ihrer Institutionen.[9]
Daher ist eine „Abschaffung“ des EU-Parlaments nur mit einer Änderung des europäischen Primärrechts möglich. Doch wie könnte die AfD als Teil des Parlamentes eine Primärrechtsänderung mit entsprechendem Inhalt herbeiführen, bzw. zu einer solchen beitragen?
 
III. Änderung des Europäischen Primärrechts
Art. 48 EUV regelt die Änderung der Verträge, also des EUV und des AEUV.[10] Diese Norm stellt somit lex specialis zu den allgemeinen Vorgaben aus dem Völkervertragsrecht, vgl. Art. 39 WVK ff., dar. Den dort dargelegten, verschiedenartigen Änderungsverfahren ist grundsätzlich gemein, dass sie der mitgliedstaatlichen Zustimmung bedürfen und nicht allein durch Rechtshandlungen der Organe der Europäischen Union bewirkt werden können. Das folgt auch aus deren völkerrechtlichem Ursprung.[11]
Initiiert werden kann ein Änderungsverfahren von der Regierung jedes Mitgliedstaates, dem Europäischen Parlament und der Kommission.[12] Als Teil des Parlamentes könnte die AfD daher grundsätzlich ein Änderungsverfahren anstoßen. Aber schon die Zulassung der Initiative hängt von der einfachen Mehrheit des Europäischen Rates ab. Sollte eine solche nicht zustande kommen, wäre die Initiative aus dem Parlament schon im Keim erstickt.
Nach erfolgreicher Initiative, hat ein Konvent von Vertretern und Vertreterinnen der nationalen Parlamente, der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten, des Europäischen Parlaments und der Kommission anschließend den Auftrag die Änderungsentwürfe zu prüfen.[13] Das Ergebnis dieser Prüfung wird nun der Regierungskonferenz – ausschließlich als Empfehlung – weitergeleitet.[14] Diese besteht aus Vertretern und Vertreterinnen der Regierungen der Mitgliedstaaten. Bis zu diesem Punkt könnte die AfD als Teil des EU-Parlaments auf die Ausgestaltung dieser Empfehlung, wenn auch nur sehr eingeschränkt, einwirken. In allen folgenden Schritten versiegt jedoch die Einflussnahme aller EU-Institutionen vollständig.
Diese Regelung ist nachvollziehbar: Die EU wurde auf Basis von Verträgen zwischen den Mitgliedsstaaten geschaffen; also auf Basis von Einigungen zwischen diesen. Der Inhalt solcher Verträge kann nur durch eine zeitlich nachgelagerte Einigung eben dieser Vertragspartner verändert werden.
 
IV. Das Parlament auf europäischer und deutscher Ebene
Interessanterweise richtet sich aber nicht das Recht selbst gegen eine entsprechende Gesetzesänderung. An dieser Stelle unterscheidet sich das europäische vom deutschen Recht. Unabhängig von parlamentarischen Mehrheiten und sonstigen politischen Erwägungen stünde einer -jedenfalls ersatzlosen- Abschaffung des deutschen Bundestages die Verfassung selbst entgegen. Für eine entsprechendes Vorhaben müsste Art. 20 GG geändert oder verworfen werden, denn: Gesetzgebung ohne Parlament wäre mit der Gewährleistung eines Kernbestands des demokratischen Prinzips unvereinbar.[15] Eine Verfassungsänderung ist dem Grunde nach möglich, vgl. Art. 76 II & III GG, Art. 79 I GG, bedarf aber jedenfalls einer zweidrittel Mehrheit des Bundestages und des Bundesrates.[16]
Gegen eine entsprechende Änderung, schützt sich die deutsche Rechtsordnung jedoch u.a. in diesem Einzelfall mit der sog. „Ewigkeitsklausel“ selbst. Sie sieht in Art. 79 III GG eine Bestandsgarantie für die in Art. 20 GG niedergelegten Grundsätze, namentlich auch den Erhalt der Volksouveränität  vor.[17] Eine solche ist aber nur gewährleistet, wenn das staatliche Handeln demokratisch legitimiert ist. Bei einem ersatzlosen Abschaffen des Bundestages wäre das wohl nicht weiter der Fall. Daher sind gesellschaftliche Mehrheitsverhältnisse für ein entsprechendes Vorhaben nicht ausschlaggebend. Die aus Art. 20 GG ableitbaren staatsorganisatorischen Grundsätze ließen sich auf deutscher-nationalen Ebene nicht abschaffen. Politischer Wille könnte daran nichts ändern.
Auf die europäische Ebene ist diese Argumentation nicht übertragbar. Hier entwickelte sich Demokratie zwar von einer politischen Forderung, ohne Status eines Rechtsprinzips, zur verbindlichen primärrechtlichen Vorgabe (s.o.). Die Ewigkeitsklausel aus der deutschen Verfassung findet auf unionsrechtlicher Ebene jedoch keine Entsprechung. Deshalb ist jede Primärrechtsänderung dem Grunde nach möglich.
 
V. Fazit
Der „Abschaffung“ des Europäischen Parlamentes stellt sich zwar kein, der Ewigkeitsklausel der deutschen Verfassung entsprechender unionsrechtlicher Schutzmechanismus entgegen. Für die Beseitigung des Organs wäre jedoch eine Änderung des Europäischen Vertragswerkes notwendig. Hierzu würde es der Einstimmigkeit der Vertragspartner – der europäischen Mitgliedstaaten – bedürfen. Ausschließlich diese besitzen entsprechende Änderungskompetenzen. Das bedeutet: Die Forderung lässt sich schlicht auf europäischer Ebene nicht umsetzen.
 
 
 
[1] Abrufbar unter: https://www.afd.de/europawahlprogramm/.
[2] Europawahl 2019 – Die wesentlichen Kernforderungen von FDP, CDU, SPD, DIE LINKE, Bündis 90/Die Grünen und AfD, Friedrich Naumann Stiftung, S. 5.
[3] Vgl. z.B: Calliess, Auf der Suche nach dem europäischen Weg: Überlegungen im Lichte des Weißbuchs der Europäischen Kommission zur Zukunft Europas, NVwZ 2018, 1ff.; Christian Kreuder-Sonnen, Europas doppeltes Demokratieproblem – Defizite von EU und Mitgliedsstaaten verstärken sich gegenseitig (2018), WZB Mitteilungen, Heft 160, S. 13 ff; Wissenschaftlicher Dienst des Deutschen Bundestages, Das Demokratiedefizit der Europäischen Union und der Vertrag von Lissabon (2008), S. 4; Follesdal, Andreas und Hix, Simon (2006): “Why there is a democratic deficit in the EU: A response to Majone and Moravcsik.” Journal of Common Market Studies, 4:3, S. 533ff.; Lord, Christopher und Magnette, Paul (2004): E Pluribus Unum? Creative Disagreement about Legitimacy in the EU”. Journal of Common Market Studies, 42:1, S. 183 ff.
[4] Wissenschaftlicher Dienst des DeutschenBundestages, Das Demokratiedefizit der Europäischen Union und der Vertrag von Lissabon (2008), S. f.
[5] Wissenschaftlicher Dienst des Deutscher Bundestag, Das Demokratiedefizit der Europäischen Union und der Vertrag von Lissabon (2008), S. 7f.
[6] Vgl. Calliess/Ruffert, EUV/AEUV Art. 14. EUV, Rn. 23 f.
[7] Diese Interpretation bestätigte Jörg Meuthen ausdrücklich in: „Ich würde nie…“ mit Jörg Meuthen (AfD), Deutschlandfunk Nova, 06.05.2019 -abrufbar unter: https://www.youtube.com/watch?v=BtIun9CGS84.
[8] Calliess/Ruffert, EUV/AEUV Art. 1 AEUV, Rn. 5.
[9] Vgl. Haratsch/König/Pechstein, Europarecht (2016), S. 32 ff.
[10] Vgl. Calliess/Ruffert, EUV/AEUV Art. 48 EUV, Rn. 1 ff; Haratsch/König/Pechstein, Europarecht (2016), S. 88 ff.
[11] Calliess/Ruffert, EUV/AEUV Art. 48 EUV, Rn. 1; NJW 2013, 9f.
[12] Calliess/Ruffert, EUV/AEUV Art. 48 EUV, Rn. 4.
[13] Calliess/Ruffert, EUV/AEUV Art. 48 EUV, Rn. 5.
[14] Calliess/Ruffert, EUV/AEUV Art. 48 EUV, Rn. 6.
[15] BVerfGE 104, 151 (208); BeckOK Grundgesetz, Eppig/Hillgruber 40. Edition, Art. 20 GG, Rn. 131 ff.
[16] Boehl, Zu viele Abgeordnete im Bundestag?, ZRP 2017, 197, 200.
[17] BeckOK Grundgesetz, Eppig/Hillgruber 40. Edition, Art. 79 GG, Rn. 33 ff.

23.05.2019/2 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2019-05-23 09:30:372019-05-23 09:30:37Ist die „Abschaffung“ des Europäischen Parlaments unionsrechtlich möglich?
Dr. Melanie Jänsch

Abschaffung der Störerhaftung – Haftungsfragen für offene WLAN-Hotspots bleiben examensrelevant

Deliktsrecht, Examensvorbereitung, Lerntipps, Schon gelesen?, Startseite, Tagesgeschehen, Verbraucherschutzrecht, Zivilrecht

Nach langer Diskussion hat sich die Große Koalition auf ein neues WLAN-Gesetz geeinigt, welches bereits im Herbst 2016 in Kraft treten könnte. Medienberichten zufolge soll nun die sog. Störerhaftung, die bis dato ein Hemmnis für den Ausbau offener WLAN-Hotspots darstellte, abgeschafft werden. Künftig sollen also private und nebengewerbliche Betreiber offener WLAN-Zugänge nicht mehr für Rechtsverletzungen ihrer Nutzer verantwortlich gemacht werden können – eine sicherlich begrüßenswerte Entwicklung!
Da das aktuelle Vorhaben nicht nur gesellschaftlich interessant ist, sondern auch insbesondere in der mündlichen Prüfung Potenzial hat, im Rahmen allgemeiner zivilrechtlicher Normen (§§ 1004, 823 I BGB) abgeprüft zu werden, sollen die rechtlichen Grundlagen der (derzeit noch bestehenden) Störerhaftung vorliegend noch einmal näher beleuchtet werden.
I. Haftungsgrundsätze der Störerhaftung
Da wegen über das Internet begangener Rechtsverletzungen wie Verletzungen des Markenrechts, des Urheberrechts oder des allgemeinen Persönlichkeitsrechts häufig keine Ansprüche gegen den Schädiger geltend gemacht werden können, weil dieser nicht ermittelt werden kann – da die bloße Ermittlung der IP-Adresse hierzu nicht genügt –, versuchen Geschädigte, gegen den Betreiber des Internetzugangs vorzugehen. Allerdings scheitern Schadensersatzansprüche wie § 823 I BGB i. d. R. am fehlenden Verschulden des Vermittlers.
Ein Anspruch auf Unterlassung analog § 1004 I 1 BGB (oder spezialgesetzlich z.B. § 97 I UrhG, der sich an § 1004 BGB orientiert) könnte sich allerdings aus den vom BGH entwickelten Grundsätzen der Störerhaftung ergeben. Als Störer gilt, wer ohne Täter oder Teilnehmer zu sein, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung eines geschützten Rechtsguts beiträgt. In dem Betrieb eines ungesicherten Internetzugangs liegt jedenfalls eine für die Rechtsverletzung mitursächliche Handlung des Vermittlers. Zudem wird hierbei eine Verletzung von Prüfungspflichten vorausgesetzt, wobei der konkrete Umfang dieser sich danach bestimmt, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenem nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (BGH v. 17.5.2001 – I ZR 251/99, BGHZ 148, 13). Welche konkreten Maßnahmen der Betreiber eines WLAN-Zugangs ergreifen soll, ist nicht gesetzlich geregelt, sondern wird von der Rechtsprechung anhand des Kriteriums der Zumutbarkeit bzw. einer Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls festgelegt. Nach Ansicht des BGH genügt jedoch die „Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlichen Dritten, sofern der Inanspruchgenommene die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte“ (BGH v. 8.1.2014 – I ZR 169/12, BGHZ 200, 76), um eine Haftung zu begründen.
1. Ungesichertes WLAN
In der Entscheidung Sommer unseres Lebens (BGH v. 12.5.2010 – I ZR 121/08, siehe auch hierzu unseren Artikel v. 14.5.2010) hat der BGH erstmals festgelegt, dass eine Pflicht besteht, den WLAN-Anschluss durch ein Passwort zu sichern und somit den Zugriff durch unbefugte Dritte zu verhindern. Die Verletzung dieser Sorgfaltspflicht führt zu einem Unterlassungsanspruch gem. § 97 I 1 UrhG sowie einem Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten gem. § 97a II UrhG. Dem privaten Betreiber eines WLAN-Netzes könne zwar nicht zugemutet werden, die Netzwerksicherheit fortlaufend dem neuesten Stand der Technik anzupassen und dafür entsprechende finanzielle Mittel aufzuwenden. Die Prüfpflicht beziehe sich aber auf die Einhaltung der im Zeitpunkt der Installation des Routers für den privaten Bereich marktüblichen Sicherungen, wobei sich dieser Sorgfaltsmaßstab auch auf die allgemeine Störerhaftung analog § 1004 I 1 BGB übertragen lässt.
2. Überlassung des Zugangs an Familienangehörige
Diese Grundsätze sind wohl aber nicht auf das Überlassen eines Internetanschlusses an Familienangehörige übertragbar (vgl. BGH v. 8.1.2014 – I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 – BearShare; s. auch v. 15.11.2012 – I ZR 74/12, NJW 2013, 1441 – Morpheus), da insofern ein grundrechtlich geschütztes familiäres Vertrauensverhältnis (Art. 6 I GG) besteht, in dem keine Überwachungspflichten gefordert werden dürfen. Sogar hinsichtlich Minderjährigen gilt, dass Eltern grundsätzlich keine Pflicht trifft, die Nutzung des Internets durch ihr Kind zu überwachen oder diesem den Zugang zum Internet zu versperren, sofern nicht konkrete Anhaltspunkte bestehen, dass Rechtsverletzungen begangen werden (BGH v. 15.11.2012 – I ZR 74/12, NJW 2013, 1441 – Morpheus).
II. Privilegierung nach dem Telemediengesetz (TMG)
Besondere Bedeutung kommt im Kontext der Haftung für Rechtsverletzungen Dritter im Internet dem TMG zu. Für sog. Access Provider, also Diensteanbieter, die Zugang zur Nutzung von Informationen vermitteln (worunter nach h. M. auch das Zurverfügungstellen eines offenen WLAN-Zugangs fällt, vgl. auch Mantz/Sassenberg, NJW 2014, 3537; Hoeren/Jakopp, ZRP 2014, 72), findet sich in den §§ 7 ff. TMG als Umsetzung der E-Commerce-RL 2000/31/EG eine Privilegierung. Gem. § 8 TMG sind Access Provider für die Übermittlung von Informationen nicht verantwortlich, sofern sie die Übermittlung nicht veranlasst (§ 8 I Nr. 1 TMG), den Adressaten der übermittelten Information nicht ausgewählt (Nr. 2) und die übermittelten Informationen nicht ausgewählt oder verändert haben (Nr. 3). Ungeklärt war bis jetzt jedoch, ob auch Privatpersonen und Nebengewerbliche unter den persönlichen Anwendungsbereich der Norm fallen. Zudem findet die Privilegierung auf Unterlassungsansprüche wie die Störerhaftung nach ständiger Rechtsprechung des BGH gerade keine Anwendung (s. z.B. BGH v. 1.4.2004 – I ZR 317/01, BGHZ 158, 343). Ob dies nun durch das neue Gesetz geändert wird, und ob nun endgültig klargestellt wird, dass alle WLAN-Betreiber unter die Privilegierung des § 8 TMG fallen, bleibt abzuwarten, bis das neue Gesetz final verabschiedet ist. Den Medienberichten zufolge sollen jedenfalls künftig auch private und nebengewerbliche Anbieter das Providerprivileg genießen, wohl indem der Abs. 4 des § 8 TMG des umstrittenen Referentenentwurfs vom 11.3.2015, der forderte, dass WLAN-Anbieter zumutbare Maßnahmen ergreifen müssen, um Rechtsverletzungen der Nutzer zu verhindern, ersatzlos weggestrichen wird. Machen Sie erfolgreich Wetten auf der Website der Österreichischen Spielbanken spielautomaten
III. Ansicht des EuGH
Den Anstoß für das neue Gesetz hat wohl Generalanwalt Szpunar des Europäischen Gerichtshofs gegeben, der sich in seinem Schlussantrag zur Rechtssache C-484/14 gegen die Störerhaftung ausspricht. Das LG München I hatte mit seinem Beschluss v. 18.9.2014 (Az. 7 O 14719/12) dem EuGH die Frage vorgelegt, ob und inwiefern ein gewerblich handelnder Betreiber eines offenen WLAN für Urheberrechtsverstöße seiner Nutzer haftet, insb. ob die Privilegierung des § 8 TMG anwendbar ist. Szpunar führt u.a. dazu aus, dass

„[…]eine Verallgemeinerung der Verpflichtung, WLAN-Netze zum Schutz von Urheberrechten im Internet zu sichern, für die Gesellschaft insgesamt von Nachteil sein könnte und dass dieser Nachteil den möglichen Vorteil für die Inhaber dieser Rechte überwiegen könnte.
Zum einen ist die Bandbreite der von vielen Personen genutzten öffentlichen WLAN-Netze verhältnismäßig begrenzt, so dass es dort nicht zu vielen Beeinträchtigungen von Rechten an urheberrechtlich geschützten Werken und Gegenständen kommt. Zum anderen bieten WLAN-Hotspots zweifellos ein wichtiges Innovationspotenzial. Jede Maßnahme, die die Entwicklung dieser Tätigkeit bremsen könnte, ist deshalb im Hinblick auf ihren potenziellen Nutzen gründlich zu prüfen.“

Seiner Ansicht nach könne ein WLAN-Betreiber zwar gerichtlich verpflichtet werden, eine Rechtsverletzung zu verhindern, jedoch seien hierbei die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und Effektivität zu beachten. Aus EU-rechtlicher Sicht schränke die Pflicht zur Überwachung, wie sie in der deutschen Störerhaftung vorgesehen ist, die unternehmerische Freiheit zu stark ein. Auch wenn noch keine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vorliegt, deutet der Schlussantrag des Generalanwalts jedenfalls auf eine Einschränkung der Störerhaftung hin – die ja jetzt in Form des neuen Gesetzes wohl sowieso gänzlich abgeschafft wird.
IV. Zusammenfassung
Nach dem neuen Gesetz, das auch private und nebengewerbliche WLAN-Anbieter von der Verantwortlichkeit für Rechtsverletzungen Dritter befreit, müssen jene ihren WLAN-Zugang nicht mehr mit einem Passwortschutz oder einer Vorschaltseite sichern, was den Betrieb offener Hotspots – wie sie in anderen Ländern bereits gang und gäbe sind – ermöglicht.
Für eine mündliche Prüfung sollte die Störerhaftung angesichts der Aktualität des Themas im Auge behalten werden, da sie beispielsweise im Zusammenhang mit dem allgemeinen zivilrechtlichen Unterlassungsanspruch des § 1004 BGB angesprochen werden kann.

23.05.2016/1 Kommentar/von Dr. Melanie Jänsch
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Melanie Jänsch https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Melanie Jänsch2016-05-23 13:49:502016-05-23 13:49:50Abschaffung der Störerhaftung – Haftungsfragen für offene WLAN-Hotspots bleiben examensrelevant

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