Vielen Dank auch für die Zusendung eines Gedächtnisprotokolls der zweiten Zivilrechtsklausur des 1. Staatsexamens in Hessen im September 2016. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.
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Sachverhalt
Teil 1
V ist Eigentümer eines Hauses mit 48 Wohneinheiten. Aus den Einnahmen bestreitet er seinen Lebensunterhalt. Für die Verwaltung der Wohneinheiten hat der V die V-Landschafts-KG beauftragt, dessen Komplementärin die F ist. Die F ist die Frau des V. Im Jahre 2014 schloss der V mit M einen Mietvertrag über eine Wohneinheit. Im Dezember 2015 lässt der V umfangreiche Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen an dem Haus vornehmen. Im Zuge dessen vereinbart V, vertreten durch die V-Landschafts-KG, mit dem V, dass die Arbeiten nur in der Zeit von 7-18 Uhr und von Montag – Freitag stattfinden sollen.
Aufgrund einer Bauverzögerung beauftragt der V einen Schlosser mit weitergehenden Bauarbeiten an einem Samstag. Als der M dies bemerkt stellt er empört den Schlosser zur Rede, woraufhin der V zum Schlosser kommt und ihn anweist, mit der Arbeit fortzufahren. Der V bleibt bis zur Beendigung der Arbeiten vor Ort.
Der M ist dermaßen über das Verhalten empört und sucht zum Rat den Rechtsanwalt R auf. Dieser setzt ein Schreiben auf und schickt es so dann zum V. In diesem fordert er ihn auf, Bauarbeiten an Samstagen zu unterlassen. Eine Reaktion des V bleibt aus. Über diese Tätigkeit stellt der R dem M 395€ in Rechnung. Diese werden von M auch beglichen. Da M dieses Verhalten sehr ärgert, möchte er die 395€ von V ersetzt haben. Dafür kündigt M in einer E-Mail an den V an, die 395€ von der Miete für den nächsten Monat abzuziehen. Als der M dies zum nächsten Monat tatsächlich in Abzug bringt reagiert der V erbost. Eine Aufrechnung/Abzug ist schon wegen §7 I der in einem Mustermietvertrages des Haus- und Grundstückbesitzerverbandes stehenden Vereinbarung nicht wirksam.
§7 I
„Ansprüche aus Schuldverhältnissen mit Anderen können nicht mit der Mietforderung aufgerechnet werden, es sei denn, diese sind unbestritten oder rechtskräftig. Der Mieter kann Ansprüche aus §§536a, 539 BGB nur geltend und in Abzug bringen, wenn sie den Vermieter spätestens einen Monat vor der Aufrechnung darüber in Kenntnis setzen“
M hält diese Klausel für rechtswidrig, und im Übrigen auch für unwirksam. Das würde sich schon aus dem Art. 3 der Richtlinie 93/13/EWG ergeben. Der V meint, dass diese Richtlinie schon gar nicht auf den Mietvertrag anwendbar ist.
Frage: Hat der V gegen M einen Anspruch auf Zahlung?
Bearbeitervermerk:
Es ist auf alle im Sachverhalt aufgeworfenen Rechtsfragen – auch ggfs. Hilfsgutachterlich – Stellung zu nehmen.
Es ist anzunehmen, dass die Rechnung des R nach dem RechtsanwaltsvergütungsG richtig und berechtigt ist.
Diese Rechtlinie wurde im April 1993 erlassen und wurde im BGB umgesetzt.
Abgedruckt war die folgenden Artikel dieser Richtlinie: Art. 1, Art. 2, Art. 3 I, II, Art. 6 I,II, Art. 8, Art. 10 und der Anhang des Art. 3 S. 3
2. Teil:
Ein paar Wochen später als Teil 1. Der V ist inzwischen verstorben. Die Ehefrau des V, die F, teilt dies dem M noch vor dem Monat Februar 2016 mit. Außerdem teilt sie diesem mit, dass er die künftige Miete an sie in Bar bezahlen solle. Dies tätigt der M auch ab Februar 2016. Am 1.4.2016 wird der M durch ein formwirksames, notarielles Testament ein Alleinerbschein ausgestellt. Kurze Zeit später wird ein weiteres Testament aufgefunden. Dieses weißt die X, die Geliebte des V, als Alleinerbin aus. Aufgrund des formwirksamen, eigenhändigen Testaments zieht das Nachlassgericht am 1.8.2016 den Erbschein der F ein und erteilt einen solchen an X. Der M zahlt ab August 2016 die Miete an X.
Frage: Hat die X einen Zahlungsanspruch auf die Monatsmieten Februar bis Juli 2016?