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Schlagwortarchiv für: § 258 StGB

Dr. Yannik Beden, M.A.

Examensrelevante Rechtsprechung im Überblick: Strafrecht (Quartal 3/2018)

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Sowohl während des Studiums, als auch in der Vorbereitung auf Examensklausuren oder die mündliche Prüfung: Nur wer die aktuelle Rechtsprechung im Blick hat, ist auf neue Sachverhaltskonstellationen gut vorbereitet. Für das dritte Quartal 2018 haben wir euch im Zivilrecht und Öffentlichen Recht bereits die prüfungsrelevantesten Gerichtsentscheidungen präsentiert. Zur Vervollständigung unseres Quartalsberichts werden im nachstehenden Beitrag die wichtigsten Urteile und Beschlüsse zum materiellen Strafrecht und Strafprozessrecht besprochen:
I. Materielles Strafrecht
1. BGH Beschl. v. 5.7.2018 – 1 StR 201/18 zu den Rücktrittsanforderungen bei beendetem Versuch gem. § 24 Abs. 1 S. 1 Var. 2 StGB
Die Entscheidung des Ersten Senats betraf den Rücktritt vom versuchten Mord, §§ 211, 22, 23 StGB sowie der versuchten Brandstiftung mit Todesfolge, §§ 306c, 22, 23 StGB. Im zu entscheidenden Fall setzte der Angeklagte – ein Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr – ein mehrstöckiges Wohnhaus in Brand, um dadurch einen Feuerwehreinsatz auszulösen und im Anschluss an der Bekämpfung des Feuers mitzuwirken. Damit wollte der Täter die auszulobende Einsatzvergütung erlangen, um seine schlechte finanzielle Situation aufzubessern. Der Täter wirkte dabei nicht vor Ort, sondern verrichtete seine Dienste in der Funkzentrale. Der BGH sah hierdurch die Voraussetzungen des Rücktritts vom beendeten Versuch nach § 24 Abs. 1 S. 1 Var. 2 StGB nicht erfüllt. Eine – für einen wirksamen Rücktritt notwendige – eigene Kausalkette, die für die Nichtvollendung der Tat zumindest mitursächlich ist, habe der Täter durch sein Verhalten nicht in Gang gesetzt:

„Nach der Rechtsprechung des BGH kommt ein Rücktritt vom Versuch gem. § 24 Absatz I 1 Var. 2 StGB schon dann in Betracht, wenn der Täter unter mehreren Möglichkeiten der Erfolgsverhinderung nicht die sicherste oder „optimale“ gewählt hat, sofern sich das auf Erfolgsabwendung gerichtete Verhalten des Versuchstäters als erfolgreich und für die Verhinderung der Tatvollendung als ursächlich erweist. Es kommt nicht darauf an, ob dem Täter schnellere oder sicherere Möglichkeiten der Erfolgsabwendung zur Verfügung gestanden hätten; das Erfordernis eines „ernsthaften Bemühens“ gem. § 24 Absatz I 2 StGB gilt für diesen Fall nicht. Erforderlich ist aber stets, dass der Täter eine neue Kausalkette in Gang gesetzt hat, die für die Nichtvollendung der Tat ursächlich oder jedenfalls mitursächlich geworden ist. Ohne Belang ist dabei, ob der Täter noch mehr hätte tun können, sofern er nur die ihm bekannten und zur Verfügung stehenden Mittel benutzt hat, die aus seiner Sicht den Erfolg verhindern konnten.“

2. BGH Beschl. v. 7.8.2018 – 3 StR 47/18 zum Totschlag in besonders schwerem Fall
Die bisherige Rechtsprechung zur Frage, wann von einem besonders schweren Fall eines Totschlags i.S.v. § 212 Abs. 2 StGB ausgegangen werden kann, wurde vom BGH nochmals bestätigt. Es handelt sich um ein Problem der Strafzumessung, welches grundsätzlich eine Würdigung und Abwägung aller Einzelfallumstände bedarf. Im Ausgangspunkt nimmt die Rechtsprechung erst dann einen besonders schweren Fall an, wenn das Verschulden des Täters ebenso schwer wiegt wie das eines Mörders nach § 211 StGB. Dieses Verständnis liegt bereits aufgrund des gleichen Strafmaßes (lebenslange Freiheitsstrafe!) nahe. Im Einzelnen führte das Gericht aus:

„Ein besonders schwerer Fall des Totschlags setzt voraus, dass das in der Tat zum Ausdruck kommende Verschulden des Täters außergewöhnlich groß ist. Es muss ebenso schwer wiegen wie das eines Mörders. Dafür genügt nicht schon die bloße Nähe der die Tat oder den Täter kennzeichnenden Umstände zu gesetzlichen Mordmerkmalen. Es müssen vielmehr schulderhöhende Gesichtspunkte hinzukommen, die besonders gewichtig sind“

Sowohl in subjektiver als auch objektiver Hinsicht bedarf es jedoch mehr als einer bloßen Möglichkeit, dass der Täter gleichermaßen wie ein Mörder hätte handeln können. Für den vom Dritten Senat zu entscheidenden Fall bedeutete das:

„Daraus, dass „zahlreiche, nicht fernliegende Handlungsalternativen und Motivationslagen in Betracht“ kommen, die Mordmerkmale ausfüllen könnten, ergibt sich indes noch keine Nähe zu diesen. Das gilt insbesondere in Bezug auf die subjektive Tatseite. So vermochte die Strafkammer keine Feststellungen zu den „Vorstellungen und Motiven“ des Angeklagten zu treffen. Damit fehlt es an einer tragfähigen Grundlage für die Annahme, dass eine Nähe zu den Mordmerkmalen der niedrigen Beweggründe oder der Verdeckungsabsicht bestehe. Entsprechendes gilt im Hinblick auf das Mordmerkmal der Heimtücke. Da die Strafkammer nicht ausschließen konnte, dass das Kind zum Zeitpunkt des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs nicht mehr arglos war, kann nicht ohne Weiteres von einer Nähe zu heimtückischem Handeln ausgegangen werden.“

Deutlich wird, dass der BGH für das Merkmal der „Nähe zum Mord“ äußerst hohe Anforderungen stellt. In der Klausur bedeutet das, dass in Ermangelung eines Mordmerkmals tendenziell von einem „normalen“ Totschlag gem. § 212 Abs. 1 StGB und nicht von einem besonders schweren Fall ausgegangen werden sollte.
3. BGH Beschl. v. 8.8.2018 – 2 ARs 121/18 zur Strafvereitelung durch einen Strafverteidiger – § 258 StGB
Im streitgegenständlichen Verfahren teilte der Strafverteidiger der Ermittlungsbehörde wahrheitswidrig mit, dass die gesuchten Unterlagen sich in der Garage seines Mandanten befänden, obwohl sich tatsächlich noch wesentliche Teile der Dokumente in den Räumlichkeiten des Strafverteidigers befanden. Zudem erklärte der Strafverteidiger nach einer Sichtung seiner Büroräume, im Rahmen derer beweiserhebliche Materialien gefunden wurden, dass er über keine weiteren Beweismittel dieser Art verfüge, obwohl er jedenfalls über einen weiteren Ordner mit wichtigen Beweisurkunden verfügte. Der BGH entschied hier:

„Eine Strafvereitelung in diesem Sinn kann auch durch Vereitelung des staatlichen Beschlagnahmezugriffs auf Beweisgegenstände durch einen Strafverteidiger begangen werden. So gehen etwa wahrheitswidriges Bestreiten des Besitzes gesuchter Beweisurkunden und ein falscher Hinweis auf einen anderweitigen Belegenheitsort zur Vereitelung eines bevorstehenden Beschlagnahmezugriffs über die Grenzen zulässiger Strafverteidigung hinaus. Ein solches Verhalten erfüllt den Tatbestand der Strafvereitelung, wenn dadurch der Abschluss des staatlichen Strafverfahrens für geraume Zeit verzögert wird und der Strafverteidiger absichtlich oder wissentlich handelt.
[…]
Anders liegt es, wenn durch die Ermittlungsbehörde oder das Strafgericht die Herausgabe solcher Beweismittel, die nicht originär durch die Verteidigung hervorgebracht wurden, verlangt (§ 95 Abs. 1 StPO) oder deren Beschlagnahme (§ 94 Abs. 2 StPO) angestrebt wird. In diesem Fall darf der Verteidiger solche Beweismittel, die nicht spezifisches Verteidigungsmaterial darstellen, nicht dem staatlichen Zugriff entziehen, indem er sie verborgen hält oder falsche Angaben zum Belegenheitsort macht. In Bezug auf solche Beweismittel, namentlich „verfängliche Geschäftsunterlagen“, besteht kein Beschlagnahmeverbot gemäß § 97 Abs. 1 Nr. 3 StPO.
[…]
Der Verteidiger darf „Überführungsstücke“, auf die ein staatlicher Beschlagnahmezugriff zielt, nicht in seinen Räumen verstecken. Sein Mandat soll nicht dazu genutzt werden können, gesuchten Beweisgegenständen „Asyl“ zu gewähren. Erst recht gestattet keine der Regelungen zum Schutz des Vertrauensverhältnisses gemäß §§ 53, 97, 160a, 148 StPO es dem Strafverteidiger, falsche Angaben über seinen Besitz an Beweisgegenständen zu machen.“

4. BGH Urt. v. 15.5.2018 – 2 StR 152/18 zur Sittenwidrigkeit einer Körperverletzung nach § 228 StGB
Wird in eine Körperverletzung eingewilligt, ist die Tat nur rechtswidrig, wenn sie trotz Einwilligung gegen die „guten Sitten“ verstößt. Dieses äußert weit gefasste Merkmal konkretisierte der BGH erneut. Für die ex-ante zu bestimmende Sittenwidrigkeit sei vordergründig auf die Art und Schwere des Rechtsgutsangriffs abzustellen. Die Tat müsse in Anbetracht des Umfangs der Verletzung sowie des damit verbundenen Gefahrengrads für Leib und Leben trotz Einwilligung des Rechtsgutsträgers „nicht mehr als von der Rechtsordnung hinnehmbar erscheinen“. Viel ist damit freilich noch nicht gesagt, da auch der Begriff der Hinnehmbarkeit vieles bedeuten kann. Der BGH grenzt allerdings ein: Ebenso wie die Zwecksetzung der Tat sei unbeachtlich, welche gesellschaftliche Vorstellung über die Tat vorliegen mögen.

„Die Weite und Konturenlosigkeit des Merkmals der guten Sitten in § 228 StGB erfordert, dieses strikt auf das Rechtsgut der Körperverletzungsdelikte zu beziehen und auf seinen Kerngehalt zu reduzieren. Gesellschaftliche Vorstellungen oder der durch die Tat verfolgte Zweck können lediglich dazu führen, dass ihretwegen eine Einwilligung trotz massiver Rechtsgutsverletzungen Wirksamkeit entfalten kann. Zur Feststellung eines Sittenverstoßes und damit – über die Unbeachtlichkeit der Einwilligung – zur Begründung der Strafbarkeit von einvernehmlich vorgenommenen Körperverletzungen können sie nicht herangezogen werden.“ 

5. BGH Beschl. v. 12.6.2018 – 3 StR 171/17 zum subjektiven Schadenseinschlag beim Betrug (Nachtrag zu Quartal 2/2018)
Besondere Prüfungsrelevanz dürfte die Entscheidung des BGH zu den Grundsätzen des subjektiven Schadenseinschlags bei § 263 StGB haben. Das Gericht konkretisierte die Anforderungen an den persönlichen Schadenseinschlag: Ausgehend vom Grundsatz, dass ein Vermögensschaden trotz objektiver Gleichwertigkeit der Gegenleistung auch vorliegen kann, wenn diese für das Opfer unter Berücksichtigung der individuellen und wirtschaftlichen Bedürfnisse und Verhältnisse subjektiv wertlos ist, stellte der Dritte Senat nun fest:

„Insofern kann als Schaden die gesamte Leistung des Gesch. anzusehen sein, wenn die Gegenleistung nicht oder nicht in vollem Umfange zu dem vertraglich vorausgesetzten Zweck brauchbar ist und er sie auch nicht in anderer zumutbarer Weise verwenden, namentlich ohne besondere Schwierigkeiten wieder veräußern kann“  

Da im streitgegenständlichen Verfahren die verkauften Geräte nur mit „erheblichen Verlusten“ hätten weiterveräußert werden können, nahm der BGH einen persönlichen Schadenseinschlag und mithin einen Vermögensschaden an. Eine ausführliche Besprechung dieses besonders prüfungsrelevanten Urteils findet sich im hierzu erstellen Beitrag von Sebastian Rombey.
II. Strafprozessrecht
1. BGH Urt. v. 4.7.2018 – 5 StR 46/18 zur Verhandlungsunfähigkeit eines Angeklagten
Die Entscheidung behandelt die Grenze zur Verhandlungsunfähigkeit bei einem Angeklagten, dessen geistige, psychische oder körperliche Fähigkeit zur Wahrnehmung seiner Verteidigungsrechte eingeschränkt ist. Der 5. Strafsenat geht von einer Verhandlungsunfähigkeit erst aus, wenn dem Angeklagten auch bei Inanspruchnahme verfahrensrechtlicher Hilfe – also insbesondere einem Verteidiger – eine eigenständige, selbstverantwortliche Entscheidungen über die wesentlichen Belange seiner Verteidigung sowie eine sachgerechte Wahrnehmung der ihm zustehenden Verfahrensrechte nicht mehr möglich ist. Dabei geht es vor allem um solche Verfahrensrechte, die der Angeklagte selbst, d.h. persönlich wahrnehmen muss. Danach soll es speziell für das Revisionsverfahren ausreichen, wenn der Beschwerdeführer zumindest zeitweilig zur Konsensfindung mit seinem Verteidiger darüber, ob das Rechtsmittel aufrechterhalten oder zurückgenommen werden soll, in der Lage ist.

„Verhandlungsfähigkeit im strafprozessualen Sinne bedeutet, dass der Angekl. in der Lage sein muss, seine Interessen in und außerhalb der Verhandlung vernünftig wahrzunehmen, die Verteidigung in verständiger und verständlicher Weise zu führen sowie Prozesserklärungen abzugeben und entgegenzunehmen. Dies bedeutet aber nicht, dass der Angekl. auch tatsächlich fähig sein muss, die ihm gesetzlich eingeräumten Verfahrensrechte in jeder Hinsicht selbständig und ohne fremden Beistand wahrzunehmen. Auch bei solchen Angekl., deren geistige, psychische oder körperliche Fähigkeit zur Wahrnehmung der Verteidigungsrechte eingeschränkt ist, muss die Schuld- und Straffrage in einem rechtsstaatlichen Strafverfahren geklärt und entschieden werden können. Danach liegt Verhandlungsunfähigkeit bei solchen Einschränkungen der geistigen, psychischen oder körperlichen Fähigkeiten nicht vor, wenn die Auswirkungen dieser Einschränkungen auf die tatsächliche Wahrnehmung der Verfahrensrechte durch Hilfen für den Besch. hinreichend ausgeglichen werden können. Die Grenze zur Verhandlungsunfähigkeit ist erst dann überschritten, wenn dem Angekl. Auch bei Inanspruchnahme solcher verfahrensrechtlichen Hilfen eine selbstverantwortliche Entscheidung über grundlegende Fragen seiner Verteidigung und eine sachgerechte Wahrnehmung der von ihm persönlich auszuübenden Verfahrensrechte nicht mehr möglich ist“

2. BGH Beschl. v. 5.7.2018 – 1 StR 42/18 zur Selbstbelastungsfreiheit, § 136 Abs. 1 S. 2 StPO
Äußert sich der Angeklagte nicht zu den Gründen seines Aufenthalts am Ort seiner polizeilichen Festnahme und stellt das erkennende Gericht sowohl in seiner Beweiswürdigung, als auch seiner rechtlichen Würdigung ausdrücklich hierauf ab, wird das Schweigen zum Nachteil des Angeklagten gewertet, sein Schweigerecht mithin konterkariert. Dies verstößt gegen die Grundsätze eines fairen Verfahrens und gegen den Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit gem. §§ 136 Abs. 1 S. 2, 243 Abs. 5 S. 1 StPO:

„Der Grundsatz, dass niemand im Strafverfahren gegen sich selbst auszusagen braucht, insoweit also ein Schweigerecht besteht, ist notwendiger Bestandteil eines fairen Verfahrens. Es steht dem Angeklagten frei, sich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen (§ 136 Abs. 1 Satz 2, § 243 Absatz 5 Satz 1 StPO). Macht ein Angeklagter von seinem Schweigerecht Gebrauch, so darf dies nicht zu seinem Nachteil gewertet werden. So liegt der Fall aber hier.
Es ist zwar rechtlich zutreffend, dass der Zweifelssatz es nicht gebietet, zugunsten eines Angeklagten Geschehensabläufe zu unterstellen, für deren Vorliegen keine Anhaltspunkte bestehen. Das Landgericht stellt jedoch in seiner Beweiswürdigung, aber auch in der rechtlichen Würdigung, an mehreren Passagen ausdrücklich darauf ab, dass sich die Angeklagten nicht zu den Gründen ihres Aufenthalts im Bereich des Festnahmeortes geäußert oder erklärt haben. Damit wird im Ergebnis zum Nachteil gewertet, dass die Angeklagten von ihrem Schweigerecht Gebrauch gemacht haben.“


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23.10.2018/1 Kommentar/von Dr. Yannik Beden, M.A.
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Yannik Beden, M.A. https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Yannik Beden, M.A.2018-10-23 09:30:292018-10-23 09:30:29Examensrelevante Rechtsprechung im Überblick: Strafrecht (Quartal 3/2018)
Christian Muders

BGH: Zur Konkretisierung des Vorsatzerfordernisses bei der Beihilfe

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Der BGH hat in einem Beschluss vom 28. Februar 2012 (3 StR 435/11 = StraFo 2012, 239 = wistra 2012, 302 f.) zu einigen Fragen der Beihilfe Stellung genommen und dabei insbesondere die Anforderungen, die an den Vorsatz des Gehilfen zu stellen sind, präzisiert.
1. Worum geht’s?
Nach den Feststellungen der Eingangsinstanz leisteten die Angeklagten in unterschiedlichem Umfang durch das Bereitstellen von Bankkonten, durch Weiterüberweisung und die Abhebung eingegangener Geldbeträge Beihilfe zum Computerbetrug zum Nachteil von Online-Banking-Nutzern durch sog. „Phishing“. Zur subjektiven Tatseite hat das Landgericht festgestellt, den Angeklagten sei bewusst gewesen, „dass die Zahlungseingänge einen illegalen Hintergrund hatten“. Die Angeklagte A habe zumindest mit bedingtem Vorsatz gehandelt, da sie „bewusst in Kauf genommen“ habe, „jedwede, den Umständen nach nicht fernliegende Art von Vermögensdelikten, insbesondere auch Delikte des Computerbetrugs durch ihr Verhalten zu unterstützen“. Ebenso habe der Angeklagte B den subjektiven Tatbestand der Beihilfe zum Computerbetrug erfüllt. Auch wenn er Einzelheiten dazu, wie die Gelder auf die Konten gelangt seien, nicht „konkret“ gekannt habe, sei ihm doch bewusst gewesen, dass es sich um etwas „Illegales“ gehandelt habe. Er habe dies nicht weiter hinterfragt und damit „bewusst in Kauf genommen, irgendeine, nicht fernliegende Art von Vermögensdelikten, darunter auch einen etwaigen Computerbetrug, durch sein Verhalten zu unterstützen“. Das Landgericht hat beide Angeklagte wegen Beihilfe zum Computerbetrug verurteilt.
2. Was sagt der BGH?
Der BGH hat beide Urteile aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kammer des LG zurückverwiesen. Zu den wesentlichen Aussagen des Beschlusses:
a) Keine ausreichenden Feststellungen zum Beihilfevorsatz
Der entscheidende Senat hat zunächst bemängelt, dass nach den Feststellungen des LG den Erfordernissen an die subjektive Tatseite einer Beihilfe nicht genügt sei:

Zwar braucht der Gehilfe Einzelheiten der Haupttat nicht zu kennen und keine bestimmte Vorstellung von ihr zu haben (BGH, Beschluss vom 20. Januar 2011 – 3 StR 420/10, NStZ 2011, 399, 400; Urteil vom 18. April 1996 – 1 StR 14/96, BGHSt 42, 135, 137). Eine andere rechtliche Einordnung der Tat ist für den Gehilfenvorsatz unschädlich, sofern die vorgestellte Haupttat in ihrem Unrechtsgehalt von der tatsächlich begangenen nicht gänzlich abweicht (Fischer, StGB, 59. Aufl., § 27 Rn. 22). Allerdings muss der Gehilfe seinen eigenen Tatbeitrag sowie die wesentlichen Merkmale der Haupttat, insbesondere deren Unrechts- und Angriffsrichtung, im Sinne bedingten Vorsatzes zumindest für möglich halten und billigen. Dieses Mindestmaß einer Konkretisierung des Gehilfenvorsatzes hat das Landgericht nicht festgestellt. Dass die Angeklagten „jedwedes“ oder „irgendein“ Vermögensdelikt fördern wollten, reicht nicht aus.

b) Möglichkeit der Strafbarkeit wegen Begünstigung
Des Weiteren weist der BGH darauf hin, dass nach vorliegender Sachverhaltskonstellation, bei der es u.a. um die Weiterleitung und Abhebung von durch Computerbetrug erlangten Geldern ging, neben einer Beihilfe auch eine Strafbarkeit wegen Begünstigung (§ 257 StGB) im Raum stehe. Er macht aus diesem Anlass Ausführungen zur Abgrenzung beider Delikte:

Der neue Tatrichter wird bei der Bewertung der Tatbeiträge der Angeklagten zu berücksichtigen haben, dass Beihilfe nur bis zur materiellen Beendigung der Haupttat, also bis zur endgültigen Sicherung ihres Erfolges, möglich ist. Danach kommt nach Maßgabe des § 257 Abs. 3 StGB eine Strafbarkeit wegen Begünstigung in Betracht. Von einer materiellen Beendigung solcher Taten des Computerbetruges, bei denen aufgrund einer Manipulation des Datenverarbeitungsvorgangs Geldbeträge von Konten der Geschädigten auf Empfängerkonten geleitet werden, ist auszugehen, sobald entweder das überwiesene Geld vom Empfängerkonto abgehoben wurde oder es auf ein zweites Konto weiterüberwiesen worden ist.

c) Abgrenzung von Tateinheit zu Tatmehrheit
Schließlich nimmt der Senat – wiederum eingekleidet in einen Hinweis für die neue Verhandlung – zur Differenzierung zwischen Tateinheit und Tatmehrheit bei einer Diskrepanz zwischen der Anzahl an geleisteten Beihilfehandlungen zu der Menge der geförderten Haupttaten Stellung:

Bei der Bestimmung des Konkurrenzverhältnisses (…) wird der neue Tatrichter zu beachten haben, dass die Förderung mehrerer rechtlich selbständiger Taten durch eine Beihilfehandlung nur als eine Beihilfe im Rechtssinne zu werten ist. Leistet der Gehilfe allerdings nicht nur durch eine Beihilfehandlung zu verschiedenen Haupttaten, sondern zusätzlich zu jeder Haupttat noch durch weitere selbständige Unterstützungshandlungen Hilfe im Sinne des § 27 Abs. 1 StGB, so stehen die Beihilfehandlungen für jede Haupttat im Verhältnis der Tatmehrheit zueinander (…).

3. Warum ist die Entscheidung wichtig?
a) Der Beschluss des BGH präzisiert zunächst die Erfordernisse, die an einen tauglichen Beihilfevorsatz zu stellen sind, was grundsätzlich begrüßenswert ist. Im Allgemeinen wird ja angenommen, dass die Anforderungen an den subjektiven Tatbestand des Gehilfen geringer anzusetzen sind als diejenigen, die für den Anstifter gelten. Begründet wird dies damit, dass letzterer eine zu konkretisierende Tat erst vorgibt, während der Gehilfe eine bereits konkretisierte Tat begleitet (prägnant Satzger, Jura 2008, 514 [520]). Der BGH stellt nun klar, dass diese Herabsetzung der Anforderungen an die Beihilfe nicht so weit reichen kann, dass bereits der Gedanke an „irgendein Vermögensdelikt“, welches der Haupttäter verwirklicht, ausreichend wäre, um die Strafbarkeit des Gehilfen zu begründen. Dies erscheint insoweit stimmig, als dass die Unrechtsdiskrepanz zwischen unterschiedlichen Vermögensdelikten beträchtlich sein kann (vgl. z.B. den Strafrahmen des Diebstahls mit demjenigen des Raubes), so dass eine automatische Haftung des Gehilfen, der keine präziseren Vorstellungen hegt, für einen durch den Haupttäter erfüllten Tatbestand mit hohem Strafrahmen evident ungerecht erscheint. Freilich kann diese Linie zu einer Begünstigung von Gehilfen führen, die bewusst davor die Augen verschließen, welche Delikte der Haupttäter realisiert – man denke etwa an die Ehefrau des Mafiabosses, die ihren Mann in dessen illegalem Tun durch Verstecken von Geld o.ä. mittelbar unterstützt, ohne dass sie so genau weiß, noch wissen möchte, womit der werte Gatte so den gemeinsamen Lebensstil erwirtschaftet.
b) Bei dem Hinweis des Gerichts, dass zusätzlich zu der von der Vorinstanz angenommenen Beihilfe nach § 27 StGB auch eine Begünstigung gem. § 257 StGB in Betracht komme, ist insbesondere der auch in den Entscheidungsgründen zu findende Verweis auf Abs. 3 der letztgenannten Norm wichtig. Danach wird nämlich wegen Begünstigung nicht bestraft, wer wegen Beteiligung an der Vortat strafbar ist (S. 1), wobei eine Ausnahme für denjenigen Vortatbeteiligten gilt, der sich an der anschließenden Begünstigung durch Anstiftung des Helfenden beteiligt (S. 2). Legt man danach die Feststellungen der Vorinstanz zugrunde, wie sie aus dem Beschluss des BGH hervorgehen, dürfte eine (zusätzliche) Strafbarkeit der Angeklagten wegen Begünstigung im Ergebnis zu verneinen sein: Denn soweit beide Angeklagten bereits durch das „Bereitstellen von Bankkonten“ (erstmalig) den Zufluss von Geldern aus der Begehung von Taten des Computerbetrugs an den Haupttäter ermöglicht haben, liegt darin noch eine Förderung der Vortat, die erst mit der Realisierung der subjektiven Innentendenz, also dem tatsächlichen Erlangen des mit Bereicherungsabsicht erstrebten Vermögensvorteils, beendet ist. Die weitergehenden Unterstützungshandlungen, die durch das Abheben bzw. die Weiterleitung des Geldes eingeleitet wurden, wären dann straflos.
c) Zuletzt noch einige ergänzende Worte im Hinblick auf die vom BGH ebenfalls erörterte Behandlung der Konkurrenzen bei der Beihilfe: Dass es bei der Frage des Vorliegens von Tateinheit oder Tatmehrheit bei der Teilnahme auf das Verhalten des Teilnehmers und nicht etwa auf die Anzahl der Taten des Haupttäters ankommt, erscheint unmittelbar einsichtig, da der Teilnehmer schließlich für seine eigenen Verhaltensweisen und nicht für diejenigen des Haupttäters bestraft wird. Zu ergänzen bleibt allerdings, dass nach der Rspr. wegen der Akzessorietät der Teilnahme zur Haupttat ebenfalls nur Tateinheit gegeben ist, wenn zwar mehrere Teilnahmehandlungen, aber nur eine Haupttat vorliegt (vgl. BGH, Urteil v. 14.04.1999 – 1 StR 678/98 [= NStZ 1999, 513 f.]) – die Abhängigkeit der Teilnahme von der Haupttat wirkt sich i.E. also stets zu Gunsten, nie zu Lasten des Teilnehmers aus. Zum Schluss sei noch darauf hingewiesen, dass das eigentlich als selbstverständlich erscheinende Abstellen auf die bereits verwirklichten Tathandlungen des jeweiligen Beteiligten im Rahmen der versuchten Beteiligung nach § 30 Abs. 2 StGB zwischen den Senaten des BGH lebhaft umstritten ist: Während auch hier teilweise (zu Recht) die bereits vollzogenen Beteiligungshandlungen als Maßstab genommen werden (BGH, Urteil v. 17.02.2011 d – 3 StR 419/10 [= BGHSt 56, 170 ff.]), stellt eine andere Entscheidung zur Bestimmung des Konkurrenzverhältnisses auf die erst zukünftig geplanten Taten ab (BGH, Urteil v. 13.01.2010 – 2 StR 439/09 [= NJW 2010, 623 f.]).

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