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Du bist hier: Startseite1 > § 253 StGB

Schlagwortarchiv für: § 253 StGB

Dr. Sebastian Rombey

BGH: Verwirklichung von Mordmerkmalen vor der Tötungshandlung?

Examensvorbereitung, Lerntipps, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Strafrecht, Strafrecht AT, Strafrecht BT

Der BGH hat sich jüngst in einer überaus examensrelevanten Entscheidung (Beschluss vom 26.03.2020 – 4 StR 134/19, NStZ 2020, 609) mit einer ganz grundsätzlichen Problematik befasst, die sich im Kern auf folgende Frage reduzieren lässt: Können Mordmerkmale bereits mehrere Tage vor dem späteren Totschlag verwirklicht werden, sodass dieser zum Mord avanciert?
I. Sachverhalt (leicht abgewandelt und vereinfacht)
Der Sachverhalt liest sich wie ein Hollywood-Krimi:
Der Täter T mietete eine Lagerhalle, die er mit Schallisolierung ausstattete und abdunkelte, um wohlhabende Geschäftsleute dorthin entführen zu können und so an hohe Bargeldbeträge zu gelangen. Der Tatplan sah wie folgt aus: Die Opfer sollten unter einem falschen Vorwand in die betreffende Lagerhalle gelockert, dann überwältigt und unter Todesandrohung zur Beschaffung hoher Bargeldmengen bewegt werden, bevor sie nach Erhalt des Bargeldes schließlich getötet werden sollten, um die Straftataufdeckung zu verhindern und somit im Besitz des Bargeldes bleiben zu können.
T spiegelte im Umsetzung eben dieses Plans dem wohlhabenden Geschäftsmann G wahrheitswidrig vor, die Lagerhalle verkaufen zu wollen, als er sich mit diesem in der Stadt traft; es handele sich um eine lohnende Immobilieninvestition. Um die Lagerhalle sodann zu begutachten, fuhren T und G gemeinsam zur besagten Lagerhalle. Dort angekommen brachte T den G in seine Gewalt, indem er plötzlich eine Pistole aus seinem Mantel zog und dem G drohte, ihn umzubringen. Er fesselte ihn, zerrte ihn in den unter der Lagerhalle liegenden Keller und forderte 1 Mio. Euro Lösegeld. G solle, so T, seine Freunde, Bekannten und Familienmitglieder anrufen und diesen vorspiegeln, er wolle die Lagerhalle erwerben und benötige hierzu eine große Summe Bargeld. G tat wie ihm geheißen; T hielt ihn zu diesem Zweck mehrere Tage unter weiteren Todesdrohungen in dem Keller gefangen, damit G glaubhaft mehrere Anrufe tätigen konnte. Die Summe von 1 Mio. Euro kam tatsächlich zusammen. T fuhr mit einem Transporter, in dessen Ladefläche der gefesselte G saß, zu einem mit den Geldgebern vereinbarten Treffpunkt in der Stadt. T gab sich als Geschäftspartner des G aus und nahm das gesammelte Bargeld entgegen. Danach tötete er den G. Strafbarkeit des T?
II. Gutachterliche Vorüberlegungen
T hat durch das geschilderte Verhalten recht eindeutig eine schwere räuberische Erpressung mit Todesfolge nach §§ 253, 255, 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. b), 251 StGB in Tateinheit (§ 52 StGB) mit einem räuberischen Menschenraub mit Todesfolge gemäß §§ 239a Abs. 1, 3 StGB begangen. Im Hinblick auf die schwere räuberische Erpressung wäre in einer Examensklausur auf die Konstellation einer Dreieckserpressung einzugehen (schließlich erhält T das Bargeld nicht von G selbst, sondern von Menschen, die in einem Näheverhältnis zu G stehen, sodass möglicherweise eine Dreieckspressung vorliegt, dafür Reitzig, RÜ 2020, 573, 574; a.A. mit überzeugender Begründung Jäger, JA 2020, 867, 869: G sei sowohl Genötigter als auch selbst Geschädigter, weil ihn ein Darlehensrückzahlungsanspruch seiner Gläubiger treffen, sodass eine Dreieckserpressung ausscheide), im Hinblick auf den räuberischen Menschenraub auf die Strafbarkeit im Zwei-Personen-Verhältnis (Notwendigkeit einer stabilen Bemächtigungslage). Bzgl. der jeweils verwirklichten Erfolgsqualifikation wäre auf den notwendigen Risikozusammenhang und die Leichtfertigkeit hinzuweisen. Zu erwägen wäre ferner noch ein eigennütziger Eingehungsbetrug zu Lasten der Geldgeber in mittelbarer Täterschaft, §§ 263 Abs. 1, 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB (näher Jäger, JA 2020, 867, 869 f.).
Weiterführender Hinweis: Da der obige Sachverhalt um die in dem BGH-Fall zusätzlich vorliegende Mittäterschaft bereinigt wurde, kann der Sachverhalt ohne weitere Mühen um Probleme der Zurechnung objektiver Tatbeiträge nach § 25 Abs. 2 StGB erweitert werden.
Die rechtliche Beurteilung der Tötung des G nach § 211 StGB stellt sich jedoch als besonders problembehaftet dar. Als Mordmerkmale kommen Heimtücke, Verdeckungsabsicht und Habgier in Betracht. Bevor sich der Begutachtung genähert werden kann, ist daran zu erinnern, dass die genannten Mordmerkmale grundsätzlich im Zeitpunkt der Tatbegehung vorliegen müssen, so verlangt es das Koinzidenzprinzip. Hier handelte T im Zeitpunkt der Tötungshandlung aber möglicherweise gar nicht mehr heimtückisch, schließlich war G schon mehrere Tage im Keller der Lagerhalle gefangen und musste mit einem Angriff auf seine körperliche Unversehrtheit rechnen. Möglicherweise handelte T auch nicht mit Verdeckungsabsicht, denn den Entschluss zur Tötung des G zur Spurenbeseitigung fasste er schon vorher, als er die Lagerhalle präparierte; und auch eine etwaige Habgier des T ist fraglich, denn im Zeitpunkt der Tötung des G war T ja schon längst im Besitz des Bargeldes. Im Einzelnen:
III. Die Entscheidung des BGH in wertender Betrachtung
1. Zunächst bejaht der Senat Heimtücke, also das bewusste Ausnutzen der auf der Arglosigkeit des Opfers beruhenden Wehrlosigkeit in feindlicher Willensrichtung. Maßgeblicher Zeitpunkt der Arglosigkeit ist eigentlich der erste mit Tötungsvorsatz geführte Angriff, bei dem das Opfer hier aber auf Grund der angewendeten Gewalt und fortwährenden Todesdrohungen nicht mehr arglos war. Der BGH macht hiervon indes eine Ausnahme, indem er seine Vorverlagerungsrechtsprechung bestätigt und partiell weiterentwickelt, wonach es ausnahmsweise ausreicht, wenn der Täter das Opfer in eine Falle lockt, sich so eine günstige Gelegenheit zur Tötung schafft und eben diese günstige Gelegenheit noch bis zur Tötung fortwirkt (ausführlich hierzu Schauf, NStZ 2019, 585). Die Fortwirkung der eingeschränkten Verteidigungsmöglichkeit bis zur Tat begründet also die Heimtücke im Tatzeitpunkt. Zur Arglosigkeit führt der 4. Strafsenat des BGH aus:
„Wird das Tatopfer in einen Hinterhalt gelockt oder ihm eine raffinierte Falle gestellt, kommt es daher nicht mehr darauf an, ob es zu Beginn der Tötungshandlung noch arglos war. Ausreichend ist, dass der Täter das Tatopfer unter Ausnutzung von dessen Arglosigkeit im Vorbereitungsstadium der Tat in eine wehrlose Lage bringt, er bereits in diesem Moment mit Tötungsvorsatz handelt und die so geschaffene Wehrlosigkeit bis zur Tatausführung ununterbrochen fortbesteht.“
Dies führt indes unmittelbar zum Folgeproblem der Wehrlosigkeit:
„Infolge seiner Arglosigkeit wehrlos ist dann auch derjenige, der in seinen Abwehrmöglichkeiten fortdauernd so erheblich eingeschränkt ist, dass er dem Täter nichts Wirkungsvolles mehr entgegenzusetzen vermag […]. Hiervon ist auszugehen, wenn das Opfer in eine Situation gebracht wird, in der es gehindert ist, sich zu verteidigen, zu fliehen, Hilfe herbeizurufen oder den Täter durch verbale Einwirkung noch von seinem Plan abzubringen.“
Der Umstand, dass G sich zunächst wehrte und später bei seinen zahlreichen Telefonaten theoretisch die Möglichkeit hatte, Hilfe herbeizurufen, reicht nicht aus, weil er fortdauernd per vorgehaltener Schusswaffe mit dem Tod bedroht wurde.
Damit steht nach der Rechtsprechung des BGH fest: „Wer sein argloses Opfer in Tötungsabsicht in eine Falle lockt und es dadurch in eine andauernde wehrlose Lage bringt, tötet auch dann heimtückisch, wenn er die durch die Arglosigkeit herbeigeführte Wehrlosigkeit tatplangemäß vor der Umsetzung seines Tötungsvorhabens zu einem Raub oder einer räuberischen Erpressung ausnutzt.“
Das mag man kritisieren, nicht nur, da sich der BGH damit von dem eigentlichen Wortgehalt der Heimtücke entfernt (so Jäger, JA 2020, 867, 870) und damit Bestimmtheitsbedenken nach Art. 103 Abs. 2 GG nährt, sondern auch, weil er zur Begründung des angesichts der absoluten Strafandrohung restriktiv auszulegenden Mordmerkmals auf eine Hilfskonstruktion zurückgreift, die die Heimtücke letztlich extensiv interpretiert (kritisch auch Schauf, NStZ 2019, 585, 593, wenngleich zu einem leicht anderes gelagerten Fall). Diese Vorverlagerungsrechtsprechung führt streng genommen dazu, dass nicht mehr die heimtückische Tötungshandlung, sondern die heimtückische Vorbereitungshandlung Anknüpfungspunkt des Mordmerkmals ist (Schiemann, NJW 2020, 2421, 2424) – was Zweifel an der Wahrung des Koinzidenzprinzips keimen lässt. Dabei ist es gerade bei so zentralen Mordmerkmalen wie der Heimtücke wichtig, dass es einen verlässlichen zeitlichen Bezugspunkt gibt (das mahnt auch Drees, NStZ 2020, 609, 612 an).
Andererseits können nur auf diese Weise Fälle erfasst werden, in denen der Täter bewusst eine Lage schafft, in der das Opfer sich nicht mehr verteidigen kann, und eben diese Lage später zur Tötung ausnutzt – etwas, das der Gesetzgeber als so verwerflich ansieht, dass er hierfür eigens das Mordmerkmal der Heimtücke geschaffen bzw. beibehalten hat. Warum also sollte man den Zeitpunkt der Arglosigkeit nicht mit dem BGH vorverlagern können und es ausreichen lassen, dass der Täter bei der Tötung die fortbestehende Wehrlosigkeit ausnutzt? Das Gerechtigkeitsgefühl mag hierfür streiten, die Dogmatik eher dagegen. Kurzum: Hier besteht viel Argumentationspotenzial.
2. Die Annahme von Verdeckungsabsicht ist dagegen weit weniger problematisch. Verdeckungsabsicht liegt vor, wenn der Täter jedenfalls mit Eventualvorsatz tötet, um hierdurch absichtlich eine vorangegangene Straftat als solche oder auch Spuren zu verdecken, die bei einer näheren Untersuchung Aufschluss über bedeutsame Tatumstände, insbesondere zur Täterschaft, geben könnten. Aber kann auch eine weit vor der Tötungshandlung gebildete Verdeckungsabsicht genügen? Der BGH antwortet ganz klar mit Ja:
„Der Umstand, dass die spätere Tötung im Zeitpunkt der Begehung der zu verdeckenden Tat bereits geplant war, steht der Annahme eines Verdeckungsmordes nicht entgegen, wenn es sich bei der zu verdeckenden Vortat und der Tötung um ein zweiaktiges Geschehen handelt.“
Dass die Tötung zur Verdeckung der anderen Tat (hier der schweren räuberischen Erpressung bzw. des erpresserischen Menschenraubs) von langer Hand geplant war, steht dem Mordmerkmal richtigerweise nicht entgegen, liegt darin doch ein deutlich verwerflicheres Verhalten als in einem affektiv-situativen Entschluss zur Verdeckung (einen höheren Unrechtsgehalt sieht hierin auch Jäger, JA 2020, 867, 870), zumal der Entschluss zur Verdeckungsabsicht im vorliegenden Fall über Tage hinweg immer wieder aktualisiert wurde (instruktiv Drees, NStZ 2020, 609, 612). Bei der Verdeckungsabsicht kann mithin auf den Zeitpunkt der Tötungshandlung abgestellt werden, ohne auf Hilfskonstruktionen zurückgreifen zu müssen. Probleme bereiten nur anders gelagerte Fälle, in denen es um ein einaktiges Geschehen geht, der Täter also die Spuren der Tötung selbst verwischt (Schiemann, NJW 2020, 2421, 2424).
3. Ebenso wenig dürfte es überraschen, dass in der hiesigen Konstellation Habgier, also rücksichtsloses Gewinnstreben um jeden Preis, zu vereinen ist. Denn die Summe von 1 Mio. Euro Bargeld hatte T im maßgeblichen Zeitpunkt der Tötungshandlung längst erhalten. Die Sicherung eines bereits erhaltenen Gewinns aber kann nur dann zur Annahme von Habgier führen, wenn das zu Grunde liegende Vermögensdelikt noch unbeendet ist; ist es dagegen – so wie die räuberische Erpressung hier – beendet, kann die Tötung zur Gewinnsicherung allein von der Verdeckungsabsicht erfasst werden. Denn dann kann der Grund für das Mordmerkmal nicht mehr abgebildet werden, der darin liegt, dass der Täter selbst um den Preis eines Menschenlebens nach materiellen Vorteilen strebt.
IV. Fazit
Wegen der Vielzahl der argumentativ aufzuarbeitenden Probleme, sowohl bei den Vermögens-, als auch bei den Nicht-Vermögensdelikten, bietet sich die Entscheidung geradezu für eine Examensklausur an. Ein Wiederholung und Vertiefung der aufgezeigten Fragestellungen ist daher anzuraten.
Merken sollte man sich zu § 211 StGB jedenfalls:

  • Heimtücke liegt nach dem BGH ausnahmsweise auch dann vor, wenn die vom Täter geschaffene, günstige Lage, die die Verteidigungsmöglichkeiten des Opfers einschränkt, bis zur Tat fortwirkt. Oder anders: Der Zeitpunkt der Arglosigkeit wird auf den (noch nicht tödlichen) Erstangriff vorverlagert, während die hierbei geschaffene Wehrlosigkeit bis zum tödlichen Angriff fortwirkt.
  • Der Annahme von Verdeckungsabsicht steht es nicht entgegen, wenn der Täter die Tötung zur Spurenbeseitigung und Verhinderung der späteren Aufdeckung des Vermögensdelikts schon von langer Hand geplant hat.
  • Und zuletzt: Habgier liegt nicht vor, wenn der Täter den Gewinn bereits vor der Tat erlangt hat, die spätere Tötung also nicht mehr dem Gewinnstreben, sondern der Gewinnsicherung gilt – schließlich gibt es gerade hierfür das Mordmerkmal der Verdeckungsabsicht.

26.10.2020/4 Kommentare/von Dr. Sebastian Rombey
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Sebastian Rombey https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Sebastian Rombey2020-10-26 08:35:272020-10-26 08:35:27BGH: Verwirklichung von Mordmerkmalen vor der Tötungshandlung?
Christian Muders

Rechtsprechungsüberblick in Strafsachen

Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Startseite, Strafrecht

Im Folgenden eine Übersicht über in letzter Zeit in Zeitschriften veröffentlichte interessante Entscheidungen von Obergerichten in Strafsachen (materielles Recht).
I. BGH, Beschl. v. 14.2.2012 – 3 StR 392/11 (= NStZ 2012, 627 f. = StV 2012, 465 f.)
– Kein Raub bzw. räuberische Erpressung bei der gewaltsamen Wegnahme eines Mobiltelefons zur bloßen Durchsuchung des Speichers und dem anschließenden Kopieren einzelner Daten –
1. Es liegt keine für einen Raub erforderliche Zueignungsabsicht vor, wenn der Täter ein Mobiltelefon gewaltsam an sich bringt, um im Speicher des Geräts nach Beweisen für die Art der Beziehung zwischen dem Geschädigten und der Schwester einer dritten Person zu suchen. Gleiches gilt für das Kopieren gefundener Daten, da dies nicht zu deren Verbrauch führt.
2. Ebenfalls fehlt es in diesem Fall an einer Bereicherungsabsicht i.S.d. räuberischen Erpressung, da der bloße Besitz einer Sache nur dann einen Vermögensvorteil darstellt, wenn ihm ein eigenständiger wirtschaftlicher Wert zukommt, etwa weil er zu wirtschaftlich messbaren Gebrauchsvorteilen führt, die der Täter für sich nutzen will. Daran fehlt es nicht nur in den Fällen, in denen der Täter die Sache unmittelbar nach Erlangung vernichten will, sondern auch dann, wenn er den mit seiner Tat verbundenen Vermögensvorteil nur als notwendige oder mögliche Folge seines ausschließlich auf einen anderen Zweck gerichteten Verhaltens hinnimmt.
II. BGH, Urt. v. 27.6.2012 – 2 StR 79/12 (= NStZ 2012, 629 f. = wistra 2012, 385 f.)
– Zum Vermögensschaden beim Betrug –
1. Wird bei einem Kauf über Umstände getäuscht, die den Verkehrswert der Sache maßgeblich mitbestimmen, erleidet der dadurch zum Kaufabschluss bewogene Kunde einen Betrugsschaden regelmäßig nur dann, wenn die Sache objektiv den vereinbarten Preis nicht wert ist. Unerheblich ist demgegenüber regelmäßig, ob die gelieferte Ware von geringerem Wert ist als die vertraglich vereinbarte.
2. Daher ist beim Fehlen einer vom Verkäufer fälschlich zugesicherten Eigenschaft der Kaufsache der Käufer nicht stets und ohne Rücksicht darauf, ob die Sache trotz Fehlens der zugesicherten Eigenschaft den vereinbarten Preis wert ist, durch den Abschluss des Vertrages betrügerisch geschädigt (hier: Kauf von Plagiatsfelgen, die als Originalfelgen ausgegeben wurden).
III. OLG Celle, Beschl. v. 23.7.2012 – 31 Ss 27/12 (StraFo 2012, 419 ff. = DAR 2012, 644 ff.)
– Zur Rechtswidrigkeit einer Diensthandlung i.S.d. § 113 StGB bei einer Verkehrskontrolle –
Eine Diensthandlung ist rechtswidrig im Sinne von § 113 Abs. 3 Satz 1 StGB, wenn Polizeibeamte einen Betroffenen falsch belehrt haben (konkret: Belehrung über eine allgemeine Verkehrskontrolle nach § 36 Abs. 5 StVO, wenn tatsächlich der Verdacht einer Trunkenheitsfahrt besteht).
VI. OLG Hamm, Urt. v. 21.8.2012 – III-4 Rvs 42/12 (= wistra 2012, 447 f.)
– Untreue und Irrtum über das Einverständnis des Vermögensinhabers –
1. Der Tatbestand der Untreue setzt einen gravierenden Pflichtenverstoß voraus, der durch das Einverständnis des Vermögensinhabers mit dem Handeln des Täters entfällt.
2. Ein Irrtum des Täters über das Einverständnis ist Tatbestandsirrtum i.S.d. § 16 Abs. 1 Satz 1 StGB.
(Anm.: Das OLG nutzt in der Entscheidung teilweise auch den Begriff der „Einwilligung“, offenbar als Synonym – dies ist in der Prüfung strikt zu vermeiden!)

02.12.2012/2 Kommentare/von Christian Muders
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Christian Muders https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Christian Muders2012-12-02 12:00:522012-12-02 12:00:52Rechtsprechungsüberblick in Strafsachen
Christian Muders

BGH: Zum Vorliegen von Erpressung, erpresserischen Menschenraub und Geiselnahme

Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Schon gelesen?, Startseite, Strafrecht, Strafrecht, Strafrecht BT

Anm. zu BGH, Urteil vom 14. März 2012 – 2 StR 547/11
1. Worum geht´s?
Nach den Feststellungen der Vorinstanz wurde das spätere Tatopfer Y am Vorabend der Tat der Diskothek J.-Club verwiesen, deren Betreiber der Angeklagte C war und in der die übrigen Angeklagten als Türsteher arbeiteten. Aus Verärgerung holte Y aus seiner Wohnung eine mit einer Reizgaspatrone geladene Schreckschusspistole. Er kehrte zurück und schoss im Vorraum der Diskothek eine Hartplastikkugel in Richtung eines der Türsteher, die diesen jedoch verfehlte. Durch das gleichzeitig austretende Reizgas erlitt ein anderer Türsteher Augenreizungen. Infolge des Vorfalls verließen die anwesenden Gäste sofort die Diskothek, ohne ihre Rechnungen zu begleichen. Am nächsten Tag traf sich Y mit den Angeklagten an der Diskothek, um sich für sein Verhalten zu entschuldigen. Als Y sich an den C wandte, fragte dieser ihn, ob er ihn „verarschen“ wolle, versetzte ihm eine kräftige Ohrfeige und forderte „wegen der Rufschädigung und als Ausgleich“ 80.000 Euro. Versuche des Y, sich telefonisch bei Bekannten Geld zu leihen, blieben erfolglos. Während er zusammengekauert auf einem Hocker saß, schlugen ihn mehrere Türsteher mit der flachen Hand ins Gesicht. Hierbei äußerte C: „Entweder kommen die 80 Mille oder deine Leiche geht hier raus!“ Ein weiterer Türsteher zog ihm die Hose so weit herab, dass das nackte Gesäß zu sehen war. Die Angeklagten kündigten Y an, er werde jetzt „gefickt“. Nunmehr hielt einer der Türsteher die Mitangeklagten von weiteren Bestrafungsaktionen ab. Im Laufe der Auseinandersetzung hatte C seine Forderung zunächst auf 50.000,- Euro und schließlich auf 10.000,- Euro reduziert, wobei Y noch am selben Abend 3.000,- Euro zahlen sollte. Sodann wurde ein gemeinsamer Bekannter zum J.-Club bestellt, der bereit war, für Y zu bürgen. Von dem Geschehen hatten die Angeklagten Handyvideos gefertigt, verbunden mit der Drohung, diese für den Fall der Nichtzahlung zu verbreiten. Y erlitt bei dem Vorfall u.a. Prellungen und Hämatome sowie eine Versteifung des Vordergliedes des rechten Zeigefingers. Da er um sein Leben fürchtete, flog er noch am gleichen Tag in die Türkei.
Das Landgericht hat das Verhalten der Angeklagten als gefährliche Körperverletzung in Tateinheit mit versuchter Nötigung gewertet. Einen versuchten erpresserischen Menschenraub (§ 239a StGB) hat es mit der Begründung verneint, die Angeklagten hätten in der Vorstellung gehandelt, ihnen stehe ein Zahlungsanspruch in Höhe von 80.000,- Euro gegen den Geschädigten Y zu. (Sachverhalt leicht gekürzt wiedergegeben.)
2. Was sagt der BGH?
a) Der BGH weist zunächst die Ansicht des Landgerichts zurück, wonach ein  erpresserischer Menschenraub vorliegend bereits deswegen ausscheide, weil die Angeklagten von einem Zahlungsanspruch gegen den Geschädigten ausgegangen seien.
aa) Gesetzlicher Anknüpfungspunkt für diese Wertung der Vorinstanz ist zunächst der Umstand, dass der erpresserische Menschenraub gem. § 239a Abs. 1 StGB als (unvollkommen) zweiaktiges Delikt ausgestaltet ist: Danach erfordert dieser neben einer „Entführungs-„ bzw. „Bemächtigungshandlung“ des Täters als „erstem Akt“ zusätzlich noch – „zweiter Akt“ –

  • im subjektiven Tatbestand die von Anfang an geplante Ausführung einer Erpressung (Entführungstatbestand, Alt. 1);
  • oder aber, wenn dieser Entschluss erst nach Beginn der Tathandlung reift, sogar eine (zumindest in den Versuchsbereich vorgerückte) objektive Verwirklichung derselben (Ausnutzungsvariante, Alt. 2).

In jedem Fall muss der Täter daher mit dem Vorsatz handeln, mithilfe der Entführung bzw. Bemächtigung eine tatbestandsmäßige Erpressung i.S.d. § 253 (§ 255) StGB zu begehen. Bei diesem Tatbestand wiederum ist u.a. gefordert, dass der Täter handelt, um sich oder einen Dritten „zu Unrecht zu bereichern“. Die Rechtswidrigkeit der Bereicherung stellt dabei im Rahmen des § 253 StGB (ebenso wie bei § 263 StGB oder auch – dort im Hinblick auf die Zueignungsabsicht – bei den §§ 242, 249 StGB) ein echtes normatives Tatbestandsmerkmal dar. Somit ist es von der allgemeinen Rechtswidrigkeit der Tat zu scheiden, bei der Fehlvorstellungen allenfalls zu einem Erlaubnistatbestandsirrtum führen können, welcher die Vorsatzschuld entfallen lässt (s. hierzu nur den „Hells-Angels“-Fall des BGH vom letzten Jahr – Aufbereitung hier). Für den (objektiven) Ausschluss der Rechtswidrigkeit der Bereicherung kommen dabei insbesondere bestehende zivilrechtliche Ansprüche des Täters in Betracht, die sich auf den Bereicherungsgegenstand beziehen. Vorliegend nun könnte man aufgrund der vergangenen Geschehnisse in der Diskothek an einen Schadensersatzanspruch des C gegen Y aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB denken oder auch – nach dem Sachverhalt allerdings eher fernliegend – an eine Forderung wegen Eingriffs in den ausgeübten Gewerbebetrieb (§ 823 Abs. 1 BGB).
bb) Der BGH hat demgegenüber angenommen, dass eine ausreichende Vorstellung der Angeklagten im Hinblick auf einen zivilrechtlichen Anspruch gegen Y jedenfalls in Höhe des geforderten Betrages nicht hinreichend begründet gewesen sei. Er stellt insofern zunächst den generellen Maßstab dar:

Jedoch genügt es für den Erpressungsvorsatz, wenn der Täter es für möglich hält und billigend in Kauf nimmt, dass die Forderung nicht oder nicht im Umfang des Nötigungsziels besteht oder aber von der Rechtsordnung nicht geschützt ist. Nur wenn der Täter klare Vorstellungen über Grund und Höhe des geltend gemachten Anspruchs hat, fehlt es ihm an dem Bewusstsein einer rechtswidrigen Bereicherung.

Sodann führt der BGH aus, warum dieser Maßstab nach Maßgabe der durch die Vorinstanz getroffenen Feststellungen nicht erfüllt ist:

Die Ausführungen des Landgerichts, der von dem Angeklagten C zunächst geforderte Betrag von 80.000 Euro erscheine angesichts des den Angeklagten neben einem Schmerzensgeld zustehenden Ausgleichsanspruchs für Umsatzverluste nicht abwegig, wenn es durch Rufverlust zur Schließung der Diskothek komme (…), belegen, dass das Landgericht den Prüfungsmaßstab für die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Bereicherung verkannt hat. (…) Feststellungen zur Höhe des entgangenen Gewinns aufgrund des fluchtartigen Verhaltens der Gäste enthält das Urteil nicht. Hinsichtlich möglicher künftiger Umsatzeinbußen, zu deren Höhe sich das Urteil ebenfalls nicht verhält, bestand kein fälliger Anspruch auf Zahlung (§ 252 BGB), sondern allenfalls ein zivilrechtlicher Feststellungsanspruch. (…) Naheliegende Umstände, die dagegen sprechen könnten, dass die Angeklagten nicht nur vage, sondern klare Vorstellungen über Grund und Höhe der von ihnen geltend gemachten Forderung hatten, hat das Landgericht nicht erkennbar in seine Überlegungen einbezogen. (…) Hinzu kommt, dass der Angeklagte C seine Forderung von ursprünglich 80.000 Euro im Laufe des Tatgeschehens zunächst auf 50.000 Euro und schließlich auf 10.000 Euro reduzierte.

cc) Ist daher nach dem BGH der Vorsatz zur Vornahme einer (räuberischen) Erpressung bei den Angeklagten nicht ausgeschlossen, sieht er allerdings aus einem anderen Grund den hiermit verknüpften Tatbestand des erpresserischen Menschenraubs als nicht erfüllt an: So führt er aus, dass es im Hinblick auf den vom Tatopfer letztendlich geforderten Betrag i.H.v. 10.000,- Euro jedenfalls an einem funktionalen Zusammenhang mit der Bemächtigungslage des § 239a StGB fehle:

Zwar hatten sich die Angeklagten des Geschädigten Y bemächtigt, jedoch wohl nicht in der Erwartung, dass die erpresserische Forderung noch innerhalb der Bemächtigungslage erfüllt werden sollte. Vielmehr kam es ihnen nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe darauf an, den Geschädigten während der Dauer der Zwangslage einzuschüchtern und seine entsprechende Bereitschaft zu einer späteren Zahlung nach erfolgter Freilassung zu wecken (…).

Das Erfordernis eines solch „funktionalen Zusammenhangs“ ergibt sich dabei nach h.M. aus der gebotenen restriktiven Auslegung des § 239a StGB: Danach muss gerade die durch die Bemächtigung geschaffene, gesicherte Zwangslage zur Verwirklichung des weiteren Nötigungsziels eingesetzt werden.
dd) Zuletzt ist bzgl. des erpresserischen Menschenraubs noch anzumerken, dass – entgegen der Vorinstanz – wohl nicht lediglich ein Versuch des § 239a StGB, sondern wenn überhaupt dessen Vollendung in Rede stand: Denn da die Erpressung in der Entführungsalternative des § 239a Abs. 1 StGB lediglich geplant, im Rahmen der Ausnutzungsalternative – zumindest nach der Rspr. – nur versucht sein muss (BGH, NStZ 2007, 32; krit. dazu Joecks, Studienkommentar StGB, 7. Aufl. 2007, § 239a Rn. 20a m.w.N.), steht das Ausbleiben des vom Täter erstrebten  Nötigungserfolgs einer Vollendung nicht entgegen (vgl. auch § 239a Abs. 4 StGB, der bei „Verzicht auf die erstrebte Leistung“ lediglich eine fakultative Strafmilderung nach Art einer tätigen Reue formuliert).
b) Im Folgenden irritiert allerdings, dass der Senat im unmittelbaren Anschluss an die Verneinung des erpresserischen Menschenraubs auf die Möglichkeit der Verwirklichung des „Geschwister“-Tatbestandes zu § 239a StGB , nämlich der Geiselnahme nach § 239b StGB verweist:

Ob insoweit gegebenenfalls eine Geiselnahme (§ 239b Abs. 1 StGB) in Betracht kommt, wird der neue Tatrichter auf der Grundlage der neu zu treffenden Feststellungen zu erwägen haben.

aa) Irritierend ist diese Feststellung deshalb, da die Rspr. (jedenfalls bisher) auch für die Geiselnahme einen entsprechenden funktionalen Zusammenhang zwischen den dort ebenfalls zu findenden Tathandlungen der „Entführung“ bzw. „Bemächtigung“ mit der zumindest subjektiv anvisierten, weiteren Nötigung des Opfers gefordert hat. Dazu nur BGH, Urteil v. 20.09.2005 – 1 StR 86/05 (= NStZ 2006, 36 ff. m. insoweit zust. Anm. Jahn/Kudlich, NStZ 2006, 340):

Nach der Rechtsprechung des BGH ist es erforderlich, dass zwischen der Entführung eines Opfers und einer beabsichtigten Nötigung ein funktionaler und zeitlicher Zusammenhang derart besteht, dass der Täter das Opfer während der Dauer der Entführung nötigen will (…) und die abgenötigte Handlung auch während der Dauer der Zwangslage vorgenommen werden soll (…). Denn der Zweck dieser Strafvorschrift, die schon wegen ihrer hohen Mindeststrafe der einschränkenden Auslegung bedarf, besteht gerade darin, das Sich-Bemächtigen oder die Entführung des Opfers deshalb besonders unter Strafe zu stellen, weil der Täter seine Drohung während der Dauer der Zwangslage jederzeit realisieren kann.

Die Annahme eines parallelen Erfordernisses des „funktionalen Zusammenhangs“ sowohl bei § 239a als auch bei § 239b StGB erscheint dabei insofern überzeugend, als beide Delikte im objektiven Tatbestand identisch sind und nur im Rahmen des subjektiv geplanten bzw. ins Versuchsstadium getretenen zweiten Handlungsakts divergieren: Während bei § 239a Abs. 1 StGB eine Erpressung mit entsprechender Bereicherungsabsicht gefordert ist, lässt § 239b StGB grds. jedwedes Nötigungsziel ausreichen – wobei der Tatbestand freilich die hierzu genutzten Nötigungsmittel auf besonders qualifizierte Drohungen bzw. Gewalteinwirkungen beschränkt (Drohung mit Tod, schwerer Körperverletzung oder Freiheitsentziehung von über einer Woche Dauer).
bb) Im Übrigen ist zu beachten, dass – abzüglich des wohl auch für § 239b StGB fehlenden funktionalen Zusammenhangs – in dem Fall, dass dem Diskothekenbesitzer C und seinen Kumpanen tatsächlich eine Forderung i.H.v. 800.000,- Euro zugekommen wäre, dies der Verwirklichung des Tatbestands der Geiselnahme dennoch nicht entgegengestanden hätte: Denn da diese Vorschrift sich nicht zu einer spezifisch rechtswidrigen Bereicherungsabsicht äußert, sondern grds. jedweden Nötigungszweck genügen lässt, ist auch das Ziel, das Opfer zur Begleichung einer tatsächlich bestehenden Forderungen zu zwingen, erfasst. Allenfalls im Rahmen der allgemeinen Rechtwidrigkeitsprüfung wäre dann noch zu untersuchen, ob ein berechtigtes Zahlungsbegehren den Tatbestand eines Rechfertigungsgrundes auszufüllen vermag bzw. die Verwerflichkeit der mit der Bemächtigung/Entführung verknüpften Nötigung nach § 240 Abs. 2 StGB ausschließt. Ein solches dürfe indes bereits im Hinblick auf den Einsatz der von § 239b StGB geforderten intensiven Nötigungsmittel (s.o.) stets ausscheiden.
c) Schließlich hat der BGH auch die Berücksichtigung einer vom Landgericht nicht bejahten Freiheitsberaubung (§ 239 StGB) angemahnt. Geht man davon aus, dass sowohl der erpresserische Menschenraub als auch die Geiselnahme in Zwei-Personen-Verhältnissen eine gewisse „Stabilisierung“ der Bemächtigungslage verlangen, um diese Tatbestände von der „einfachen“ (räuberischen) Erpressung bzw. sonstigen Nötigungsdelikten abgrenzen zu können (vgl. dazu nur Kindhäuser, LPK, 4. Aufl. 2010, § 239a Rn. 26 m.w.N.), wird § 239 StGB regelmäßig (mit-)erfüllt sein – und tritt freilich bei gleichzeitiger Bejahung eines der vorgenannten Delikte zurück. Liegt hingegen (wie vom Landgericht angenommen) nur eine Nötigung im Tateinheit mit Körperverletzungsdelikten vor, kann der Freiheitsberaubung durchaus eine eigenständige Bedeutung zukommen.
3. Warum ist die Entscheidung wichtig?
Die Entscheidung lohnt sich zu merken, da – neben den eher in Nebenrollen auftretenden Körperverletzungsdelikten – einige bekannte Tatbestände aus dem Umfeld der Vermögens- und Freiheitsdelikte zur Debatte stehen. Demgemäß eignet sie sich sowohl für eine mündliche Prüfung als auch (als Teilstück) einer größer angelegten Examensklausur. Aus Prüfersicht ist dabei namentlich die Abgrenzung des § 239a StGB von einer „einfachen“ räuberischen Erpressung (Stichwort: Zweiaktigkeit, funktionaler Zusammenhang) interessant. Mit dem Vorbringen, dass die Täter von der Durchsetzung eines berechtigten Anspruchs ausgingen, kann außerdem das Verständnis des Prüflings bzgl. der Einordnung des Merkmals der „Rechtswidrigkeit“ der Bereicherungsabsicht abgeprüft werden. Schlussendlich ist das Erkennen der „Auffangfunktion“ des § 239b StGB in diesem Zusammenhang, der auch bei Abnötigung berechtigter Forderungen eingreifen kann, nicht uninteressant.

05.07.2012/1 Kommentar/von Christian Muders
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Christian Muders https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Christian Muders2012-07-05 10:00:132012-07-05 10:00:13BGH: Zum Vorliegen von Erpressung, erpresserischen Menschenraub und Geiselnahme

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