Der BGH hat sich zur Vererblichkeit des Anspruchs auf Geldentschädigung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts (§ 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG) geäußert. Zwei Aspekte der Entscheidung sind hervorzuheben.
Zum einen verneint der Senat in materieller Hinsicht die Vererblichkeit eines Anspruchs auf Geldentschädigung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Der BGH unterscheidet zwischen den Funktionen eines solchen Anspruchs, namentlich der Präventionsfunktion und der Genugtuungsfunktion. Während unter dem Gesichtspunkt der Prävention eine Vererblichkeit des Anspruchs keineswegs ausgeschlossen sein dürfte – zur Prävention im Verhältnis zum Schädiger trägt die Durchsetzung des Anspruchs ja auch nach dem Tod des Geschädigten noch bei –, scheitert die Vererblichkeit aber an der nach dem Tod des Geschädigten nicht mehr erreichbaren Genugtuung. Diese kann nämlich nur dem Geschädigten selbst zu Gute kommen. Da die Genugtuungsfunktion nach Ansicht des BGH bei einer Geldentschädigung im Vordergrund steht, scheidet die Vererblichkeit des Anspruchs aus. Der Präventionsgedanke allein kann nach Ansicht des Senats die Gewährung einer Geldentschädigung nicht tragen.
Zum anderen äußert sich der BGH in prozessualer Hinsicht zu § 167 ZPO, eine Norm, die vor allem im zweiten Staatsexamen von herausragender Bedeutung ist. Nach Ansicht des Senats kann nämlich offen bleiben, ob im Hinblick auf die Vererblichkeit des Anspruchs etwas anderes gilt, wenn der Anspruchsberechtigte erst nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Geldentschädigungsanspruchs verstirbt. Im vorliegenden Fall verstarb der Anspruchsberechtigte nämlich einen Tag nach Einreichung der Klage. Zu diesem Zeitpunkt war die Klage noch nicht zugestellt und damit noch nicht rechtshängig. Selbst bei zeitnaher Zustellung kann § 167 ZPO hier nicht dazu führen, dass sie als von Anfang an rechtshängig behandelt werden muss. Die in § 167 ZPO vorgesehene Rückwirkung beschränkt sich nämlich auf Fälle, in denen durch die Zustellung eine laufende Frist gewahrt oder die Verjährung neu beginnen oder gehemmt werden soll.
Zur Pressemitteilung des BGH geht es hier.
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist ein Dauerbrenner in der Rechtsprechung und spielt auch im Examen immer wieder eine Rolle, häufiger aber in Form von Unterlassungsansprüchen (ein Beispielsfall etwa hier).
Ebenfalls in den Kontext gehören Ansprüche, die aus dem Recht am eigenen Bild (als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts) abgeleitet werden. Dabei sind stets auch die §§ 22, 23 KUG in den Blick zu nehmen (siehe etwa hier).
Die im aktuellen Fall angesprochenen Fragen der Vererblichkeit und einer möglichen Rückwirkung nach § 167 ZPO lassen sich ohne weiteres in jeden Fall zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht einbauen und sollten deshalb bekannt sein.
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Der BGH hat in einem Urteil vom 10.02.2011 (VII ZR 185/07) zu der Frage Stellung genommen, ob auch eine zeitliche Untergrenze für eine „demnächst“ erfolgende Zustellung nach § 167 ZPO verlangt werden kann und davon auszugehen ist, dass geringfügige Verzögerungen selbst dann unschädlich sind, wenn sie auf einer Nachlässigkeit des Zustellungsveranlassers beruhen und mit diesem Urteil seine bisherige Rechtsprechung bestätigt.
Sachverhalt
K verlangt von B die Rückzahlung vermeintlich zu Unrecht erhaltener Zahlungen aus einer Vertragserfüllungsbürgschaft und begehrt ferner die Feststellung, dass B verpflichtet sei, ihr den Schaden zu ersetzen, der ihr aus der Inanspruchnahme der Bürgschaft entstanden sei. Im Revisionsverfahren streiten die Parteien nur darüber, ob etwaige Forderungen verjährt sind.
Die Klageschrift ist am 30. Dezember 2004 beim Landgericht eingegangen. Am Montag, dem 7. Februar 2005, ist der Klägerin die Gerichtskostenanforderung zugegangen. Die italienische Muttergesellschaft der Klägerin zahlte die Gerichtskosten mit Überweisungsauftrag vom 16. Februar 2005 an die Deutsche Bank in Neapel, wobei als Valutadatum der 17. Februar 2005 angegeben wurde. Der angeforderte Betrag ist am 23. Februar 2005 bei der Justizkasse eingegangen. Die Klageschrift ist am 11. März 2005 zugestellt worden.
Ohne Zahlung des Gerichtskostenvorschusses keine Klagezustellung
Erforderlich für die Klagezustellung ist die Zahlung des Gerichtskostenvorschusses nach § 12 Abs. 1 S. 1 GKG. Der angeforderte Betrag ging hier jedoch erst am 23.2.2005 bei der Justizkasse ein.
Background
Zwei widerstreitende Interessen stoßen nun bei der Frage, ob eine Zustellung „demnächst“ erfolgt ist, aufeinander: Auf der einen Seite ist da das Interesse des Zustellungsveranlassers, vor dem sog. Verzögerungsrisiko geschützt zu werden. Dem wird dadurch Rechnung getragen, dass es für die Fristwahrung allein darauf ankommen soll, wann er seinen Antrag oder seine Erklärung zur Zustellung beim Gericht eingereicht hat, und er somit vor Zufällen geschützt ist. Auf der anderen Seite möchte natürlich auch der Adressat davor geschützt werden, eine durch Fristablauf erlangte Rechtsposition wegen einer fehlenden zeitlichen Obergrenze wieder zu verlieren.
Was ist unter „demnächst“ bei § 167 ZPO zu verstehen?
1. Zeitliche Obergrenze
Die Länge des Zeitraums kann im Einzelfall verschieden sein und in Einzelfällen sogar mehrere Monate umfassen. (vgl. BGH NJW 2006, 3206) Andiskutiert wird eine absolute Obergrenze von zehn Monaten. (vgl. BGH NJW 2004, 1138, 1141)
2. Zeitliche Untergrenze
In diesem Urteil stellte sich nun aber die Frage, ob auch eine zeitliche Untergrenze gefordert werden kann und davon auszugehen ist, dass geringfügige Verzögerungen selbst dann unschädlich sind, wenn sie auf einer Nachlässigkeit des Zustellungsveranlassers beruhen.
Der BGH hat in diesem Urteil seine bisherige Rechtsprechung (zuletzt BGH Urteil vom 20. April 2000 – VII ZR 116/ 99) bestätigt:
„Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Zustellung einer Klage jedenfalls dann noch demnächst erfolgt, wenn die durch den Kläger zu vertretende Verzögerung der Zustellung den Zeitraum von 14 Tagen nicht überschreitet. Bei der Berechnung der Zeitdauer der Verzögerung ist auf die Zeitspanne abzustellen, um die sich der ohnehin erforderliche Zeitraum für die Zustellung der Klage als Folge der Nachlässigkeit des Klägers verzögert (BGH, Urteile vom 20. April 2000 – VII ZR 116/ 99, aaO; vom 25. Februar 1971 – VII ZR 181/ 69, NJW 1971, 891; OLG München, WM 2009, 2176).“
Weiter führt der BGH aus:
„Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt es nach diesen Grundsätzen nicht insgesamt auf die Zeitspanne zwischen der Aufforderung zur Einzahlung der Gerichtskosten und deren Eingang bei der Gerichtskasse an. Die Klägerin hat hiervon allenfalls eine Verzögerung von nicht mehr als 14 Tagen zu vertreten. Es kann dahinstehen, innerhalb welcher Zeit die Klägerin die Überweisung nach Anforderung des Gerichtskostenvorschusses veranlassen musste, ohne nachlässig zu handeln. Selbst wenn man, was eher fern liegt, fordert, dass die Überweisung bereits am 8. Februar 2005, also einen Tag nach Anforderung des Gerichtskostenvorschusses, hätte veranlasst werden müssen und man darüber hinaus annehmen wollte, dass die Klägerin einen Eingang des Vorschusses binnen eines Bankarbeitstages hätte sicherstellen müssen, wäre der Vorschuss erst am 9. Februar 2005 bei der Gerichtskasse eingegangen. Tatsächlich ist er am 23. Februar 2005, mithin nur 14 Tage später eingegangen. Selbst wenn man unterstellt, dass diese 14 Tage in vollem Umfang auf eine Nachlässigkeit der Klägerin beruhten, wäre die Zustellung nach den oben genannten Grundsätzen noch demnächst erfolgt.“
Ergebnis:
Mithin ist die Zustellung der am 30. Dezember 2004 beim Landgericht eingegangenen Klageschrift am 11. März 2005 noch „demnächst“ im Sinne von § 167 ZPO erfolgt. Damit trat die Hemmung der Verjährung etwaiger Ansprüche der Klägerin nach § 204 BGB bereits mit Eingang der Klageschrift am 30. Dezember 2004 ein.