Der VGH Mannheim hatte sich vor Kurzem mit der rechtlichen Haltbarkeit einer ordnungsrechtlichen Gefahrenverordnung auseinanderzusetzen (Urteil v. 26.07.2012 – 1 S 2603/11). Derartige Prüfungsaufträge waren in letzter Zeit öfter im Fokus der deutschen Oberverwaltungsgerichte, so dass die Grundzüge des Problemkreises unbedingt beherrscht werden müssen. Wir berichteten bereits zu diesem Thema im Kontext von Alkoholverboten auf öffentlichen Plätzen (s. dazu hier).
Sachverhalt
Im Sachverhalt, den der VGH Mannheim nun zu entscheiden hatte, ging es um eine auf Ordnungsrecht basierende Verordnung, wonach das Mitführen zerbrechlicher Behältnisse am Bodensee verboten war, wenn aufgrund der konkreten Umstände die Absicht erkennbar war, dass deren Inhalt beim dauerhaften Verweilen konsumiert werden sollte. Die Verordnung galt für die Abend- und Nachtstunden an drei Abschnitten des Bodenseeufers und des Rheinufers. Mit ihr wollte die Stadt den Verletzungen vorbeugen, die Besucher sich durch umherliegende Scherben zuziehen können.
Entscheidung
Der Erlass einer polizei- oder ordnungsrechtlichen Gefahrenverordnung erfordert indes nach dem jeweils einschlägigen Landesrecht das Vorliegen einer abstrakten Gefahr. Die Schwelle zu einer solchen Gefahr ist erst dann überschritten, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das verbotene Verhalten regelmäßig und typischerweise erhebliche Rechtsgutverletzungen zur Folge hat.
Das sei vorliegend nach dem VGH Mannheim nicht der Fall. Zwar stehe außer Zweifel, dass von Glas- und Porzellanscherben ein gewisses Risiko ausgehe. Es habe sich indes nicht feststellen lassen, inwieweit es in dem betroffenen Gebiet in der Vergangenheit zu entsprechenden Schnittverletzungen gekommen sei. Es fehle an einer nachvollziehbaren Statistik oder auch nur Hochrechnung. Die Stadt Konstanz habe nicht belegen können, dass es nach Erlass mehrerer jeweils auf einen Monat befristeter Verordnungen in der Vergangenheit zu einem Rückgang der Verletzungen gekommen sei. Ebenso wenig sei der von ihr behauptete Anstieg des Scherbenaufkommens nach Auslaufen der einmonatigen Verordnungen nachgewiesen. Die wenigen aktenkundigen Verletzungen stellten sich daher als Einzelfälle dar.
Der VGH betonte in seiner Entscheidung, dass reine Vorsorgemaßnahmen durch die Ermächtigungsgrundlage zum Erlass von Gefahrenverordnungen nicht gedeckt seien. Die Exekutive dürfe das besondere Mittel der Verordnung nur zur Abwehr polizei- und ordnungsrechtlicher Gefahren einsetzen. Im Bereich der Gefahrenvorsorge sei es demnach aber allein Sache des Gesetzgebers (und gerade nicht der Exekutive) Risiken zu bewerten und zu bewältigen.
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1. Vorüberlegungen
Der hier im Rahmen eines Eilverfahrens thematisierte Beschluss des OVG Hamburg vom 16.04.2012 (Az.: 4 Bs 78/12) befasst sich mit einer gängigen Fallgestaltung im Bereich des Polizei- und Ordnungsrechtes hinsichtlich der von als „gewaltbereit“ bezeichneten Fußballfans ausgehenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Eine Examensrelevanz beinhaltet dieser Beschluss aber nicht zuletzt auch deshalb, da das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, auf den diese Beschwerde des FC St. Pauli abzielt, regelmäßig in Prüfungen wiederzufinden ist.
2. Sachverhalt (verkürzt)
Am 22.04.2012 sollte in Hamburg (Millerntor-Stadion) das mit Spannung erwartete Fußballspiel der 2. Fußballbundesliga zwischen dem FC St. Pauli und dem FC Hansa Rostock stattfinden. Nicht nur die sportliche Brisanz dieser Partie, sondern auch die seit Jahren verfestigte und ausgeprägte „Feindschaft“ der Fangruppen dieser beiden Vereine, welche in den vergangenen Jahren immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen dieser Gruppierungen untereinander sowie auch mit der Polizei führte, ließ nunmehr abermals vermuten, dass es bei diesem sog. „Hochrisikospiel“ zu erneuten Ausschreitungen kommen könnte. Von daher erließ die zuständige Behörde, mit Schreiben vom 01.03.2012, ein sog. polizeiliches Verbot gegenüber dem FC St. Pauli, welches das Verbot der sonst üblichen Abgabe von Eintrittskarten an den Gastverein zum Inhalt hatte. Zudem wurde die sofortige Vollziehung dieser Verfügung angeordnet.
Gegen dieses Abgabeverbot (Untersagungsverfügung) legte der FC St. Pauli Widerspruch ein und beantragte außerdem am 16.03.2012 beim Verwaltungsgericht die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gem. § 80 V 1 Alt.2 VwGO. Noch während des erstinstanzlichen Eilverfahrens erfolgte am 21.03.2012 die erneute Anordnung der sofortigen Vollziehung durch die Behörde, mitsamt einer hierauf bezogenen, ausführlichen Begründung. Schließlich lehnte das Verwaltungsgericht aber den Antrag des FC St. Pauli zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ab (Beschluss vom 02.04.2012), sodass sich der Fußballverein mit einer Beschwerde i.S.d. §§ 146 ff. VwGO an das OVG Hamburg gewendet hat.
3. Lösung
Die Beschwerde ist nach § 146 I VwGO die statthafte Antragsart, wenn diese gegen eine streitentscheidende Entscheidung des Verwaltungsgerichtes gerichtet ist, welche aber nicht in einem Urteil oder einem Gerichtsbescheid, sondern vielmehr u.a. in einer Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gem. § 80 V VwGO besteht (Hufen, Verwaltungsprozessrecht; § 42, Rn.4). Insofern bezieht sich die Beschwerde des FC St. Pauli auf die Ablehnung ihres Antrages auf die Widerherstellung der aufschiebenden Wirkung, durch die Entscheidung des Verwaltungsgerichts im erstinstanzlichen Eilverfahren nach § 80 V 1 Alt.2 VwGO. Das OVG entscheidet gem. § 150 VwGO über die Beschwerde durch einen Beschluss und prüft die angefochtene Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht (Schenke, Verwaltungsprozessrecht; Rn. 1150) auf deren Rechtswidrigkeit und ob diese den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt (Hufen, Verwaltungsprozessrecht; § 42, Rn.7). Dabei kommt dem Beschwerdegericht im gleichen Maße eine Ermessensentscheidungsbefugnis zu wie auch der Vorinstanz (Kopp/Schenke, VwGO; § 150, Rn.1). Ist die Beschwerde unzulässig, so wird diese verworfen, während eine Zurückweisung derselben stattfindet, soweit diese unbegründet ist (Hufen, Verwaltungsprozessrecht; § 42, Rn.9).
Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein eingelegter Widerspruch, wie der des FC St. Pauli gegen die vorliegende Unterlassungsverfügung, nach § 80 I 1 VwGO grundsätzlich den sog. „Suspensiveffekt“ herzustellen vermag. Da jedoch die zuständige Gefahrenabwehrbehörde die sofortige Vollziehung angeordnet hat, ist die aufschiebende Wirkung nach § 80 II Nr.4 VwGO vorliegend entfallen. Der Antrag im erstinstanzlichen Eilverfahren des FC St. Pauli richtete sich insofern auf die Wiederherstellung dieser aufschiebenden Wirkung nach § 80 V 1 Alt. 2 VwGO. Das Verwaltungsgericht hatte sodann zu prüfen, ob die Anordnung der sofortigen Vollziehung fehlerhaft war bzw. ob sich im Rahmen einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage feststellen lässt, dass das private Interesse an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung das öffentliche Interesse an der Anordnung der sofortigen Vollziehung überwiegt. Letzteres ist i.d.R. dann der Fall, wenn sich der zugrunde zulegende Verwaltungsakt (VA) als rechtswidrig erweist, da an dem sofortigen Vollzug eines rechtswidrigen VA kein öffentliches Interesse bestehen kann.
Vor diesem Hintergrund stellte das OVG Hamburg fest, dass die Vollziehungsanordnung rechtmäßig ergangen ist. In Bezug auf die Begründungspflicht der Vollziehungsanordnung nach § 80 III 1 VwGO ließ das Verwaltungsgericht ausdrücklich offen, ob das am 21.03.2012 erfolgte Nachschieben einer (ausführlichen) Begründung überhaupt zulässig ist. Jedenfalls sei aber durch die erneute Anordnung der sofortigen Vollziehung am 21.03.2012 eine neue Vollziehungsanordnung i.S.d. § 80 II Nr.4 VwGO erlassen worden, die den Anforderungen des § 80 III 1 VwGO vollumfänglich gerecht wurde.
In materiell-rechtlicher Hinsicht, bezogen auf die zugrunde zu legende Untersagungsverfügung (VA i.S.d. § 35 1 VwVfG), folgte das OVG Hamburg der Vorinstanz und führte dabei aus, dass bei der summarischen Prüfung im Eilverfahren eine Folgenabwägung streitentscheidend sei. Im vorliegenden Fall sei zunächst eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung i.S.d. § 3 I Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (SOG) gegeben, da beim Aufeinandertreffen der jeweiligen Fangruppierungen anlässlich des Fußballspieles vom 22.04.2012 mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen wäre, dass es zu „schweren Ausschreitungen und in deren Folge zu Verletzungen von Personen und zu Sachschäden kommen werde“. Diese Annahme sei deswegen zu erwarten, da sich in der Vergangenheit ein derartiges Muster eines solchen Verhaltens herausgebildet habe, was durch Verlaufsberichte der Polizei und insbes. durch sog. szenekundige Beamte (SKB) ausreichend dokumentiert wurde. Im Hinblick auf die vorzunehmende Abwägung der widerstreitenden Interessen sei außerdem zu berücksichtigen, dass in unmittelbarer Nähe zum Stadion ein Volksfest („Hamburger Dom“) stattfinde, welches v.a. von Familien stark frequentiert sei. Demgegenüber solle allerdings zu beachten sein, dass der FC St. Pauli durch die Statuten der DFL dazu verpflichtet ist, ein Kartenkontingent von 10 % für die Gästefans zu reservieren. Auch dürfe das Interesse der (friedlichen) Gästefans auf Besuch des Fußballspieles nicht unberücksichtigt bleiben. Wägt man die hier gegenüberstehenden Interessen miteinander ab, so lasse sich feststellen, dass das Fußballspiel auch trotz der Untersagungsverfügung stattfinden könne und ein wirtschaftlicher Schaden des FC St. Pauli nicht entscheidend ins Gewicht falle, sodass die Interessen des Vereines, unter Heranziehung des Prognosespielraumes der Behörde, gegenüber dem öffentlichen Interesse an dem Schutz der Öffentlichen Sicherheit zurücktreten müsse.
Deutlich wird hier also, dass das OVG Hamburg die Ermessensentscheidung der Behörde nach § 3 I SOG gerade im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit überprüft. Wenngleich das OVG Hamburg die getroffene Maßnahme als verhältnismäßig ansieht, so ist es aber dennoch fraglich, ob der FC St. Pauli hier überhaupt in Anspruch genommen werden durfte, um eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit abzuwenden, da die Gefahr de facto von den gewaltbereiten Fans der beiden Fußballvereine ausgeht, nicht jedoch vom Fußballverein FC St. Pauli. Ob der Veranstalter des Fußballspieles ein „Sonderrisiko“ schaffe oder gar als sog. „Zweckveranlasser“ anzusehen sei, lässt das OVG jedoch ausdrücklich offen. Jedenfalls könne der FC St. Pauli nach § 10 I SOG als sog. „Nichtstörer“ in Anspruch genommen werden, wobei dann insbes. eine „unmittelbar bevorstehende Gefahr“ zu verlangen sei. Aufgrund des nicht gerade geringen Zeitraumes zwischen der Untersagungsverfügung und dem Fußballspiel, sowie aufgrund eines gesteigerten Maßes bzgl. der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintrittes erscheint die Annahme einer „unmittelbar bevorstehenden Gefahr“ allerdings insoweit nicht ganz unproblematisch. Diese sowie die vorangestellte Problematik sei allerdings nicht in einem derartigen Eilverfahren zu entscheiden, da das Gericht im Eilverfahren ausschließlich eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage vorzunehmen habe. Ebenso müsse in diesem Eilverfahren offen bleiben, ob es tatsächlich zutreffen könnte, dass die Polizei die Abwehr einer unmittelbar bevorstehenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung i.S.d. § 10 I SOG nicht durch ausreichend eigene Kräfte und Mittel („polizeilicher Notstand“) sicherzustellen vermag.
Letztlich erscheint es jedoch auch fraglich, ob die Unterlassungsverfügung überhaupt geeignet ist, die Gefahr tatsächlich abzuwenden, da das OVG Hamburg der Meinung ist, dass trotz des Kartenabgabeverbotes eine erhebliche Anzahl an durchaus auch gewaltbereiten Fans des FC Hansa Rostock den Weg nach Hamburg finden werde, um nichts desto trotz eine Auseinandersetzung mit den Fans des FC St. Pauli zu suchen. Jedoch sei die Eignung der polizeilichen Maßnahme nach § 4 I 1 SOG auch dann gegeben, wenn die Gefahr „nur vermindert oder vorübergehend abgewehrt wird“, was hier zu bejahen ist, da durch das Kartenabgabeverbot eine geringere Anzahl an Fans der Gastmannschaft zu erwarten ist. Selbst die geplante Abschlusskundgebung einer Versammlung der „Fanszene Rostock e.V.“ vermag an dieser Beurteilung nicht nachträglich etwas zu ändern.
Im Ergebnis stellt das OVG Hamburg fest, dass eine Entscheidung im Eilverfahren angesichts des offenen Ausganges des Hauptsacheverfahrens auf der Grundlage einer Abwägung der Folgen zu treffen sei, „die sich für den Antragsteller ergeben, sofern sein Eilantrag abgelehnt, er aber mit seinem Rechtsmittel gegen das Kartenabgabeverbot Erfolg haben sollte, und den Folgen, die im Fall einer Aussetzung des Sofortvollzugs der Untersagungsverfügung eintreten könnten und für den Fall der Bestätigung von dessen Rechtmäßigkeit nicht mehr rückgängig zu machen wären“ (sog. Doppelhypothese). Dabei folgt das OVG Hamburg den Entscheidungsgründen der Vorinstanz, sodass das Interesse des FC St. Pauli an der Abgabe der Karten gegenüber dem Interesse an der Gefahrenabwehr zurücktreten müsse und das Vollziehungsinteresse insoweit als vorrangig anzusehen wäre, zumal der FC St. Pauli nach § 10 III SOG eine angemessen Entschädigung geltend machen könne.
4. Bewertung
Der Beschluss des OVG Hamburg überzeugt, da das Gericht zwar die unterschiedlichen Interessen aller Beteiligten in ausreichendem und gebotenem Maße berücksichtigt aber dennoch klar stellt, dass es sich lediglich um eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage handelt und eine abschließende Beurteilung in der Hauptsache erfolgen muss. Sodann stellt das OVG Hamburg auch zu Recht eine Folgenabwägung i.S.d. sog. Doppelhypothese an, um zu einer Entscheidung in diesem Eilverfahren zu gelangen. Von daher eignet sich dieser Beschluss besonders, um die Argumentation im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nachzuvollziehen, insbes. im Bereich einer gefahrenrechtlichen Abwehrmaßnahme.
Das VG Schleswig entschied am 16.02.2012 über die Verfassungsmäßigkeit einer Regelung des schleswig-holsteinischen Gefahrhundegesetz (Az. 3 A 212/10).
Schubladendenken bei Hunden?
Die infrage stehende Regelung (§ 3 Abs. 3 Nr. 4 GefHG) gab vor, dass solche Hunde als „gefährlich“ im Sinne des Gesetzes gelten, welche ein anderes Tier gebissen haben, ohne aber selbst angegriffen worden zu sein. Weitergehende Voraussetzungen stellt § 3 Abs. 3 Nr. 4 GefHG indes nicht. Die Gefährlichkeit hat u.a. zur Folge, dass eine Hundehaltererlaubnis nach § 3 Abs. 1 GefHG beantrag werden muss. In der Konsequenz bedeutet dies, dass u.U. ein Hund nach der vorgenannten Regelung als gefährlich eingestuft werden könnte, obwohl sich dieser nur ein einziges mal daneben benommen hat. Für viele Hundehalter also eine nicht hinnehmbare Regelung, weil sie zu pauschal formuliert ist. Liebe und zutrauliche Tiere könnten so in Einzelfällen in die Kategorie der gefährlichen Hunde eingeordnet werden, obwohl sie nur einen einmaligen – vielleicht sogar nachvollziehbaren – Ausraster erlegen waren.
Verfassungskonforme Auslegung
Das VG ging indes von der Verfassungsmäßigkeit der Regelung aus. Die Vorschrift greife zwar in den Schutzbereich des Art. 2 I GG im Hinblick auf den Hundehalter ein, es liege aber eine verfassungsmäßige Rechtfertigung vor. Der Gesetzgeber habe mit den Normen des GefHG nicht lediglich die Abwehr konkreter Gefahren (wie etwa in den ordnungsrechtlichen Generalklauseln vorgesehen) geregelt, sondern ausdrücklich auch potentiellen Gefahren für Menschen und Tiere vorbeugen wollen. Insoweit habe der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum. Diese Einschätzungsprärogative sei durch die infrage stehende Regelung nicht überschritten. In Anbetracht der zu schützenden Rechtsgüter sei die Vorschrift insbesondere nicht unverhältnismäßig und genüge darüber hinaus auch dem aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1, Abs. 3 GG) wurzelnden Bestimmtheitsgrundsatz.
Die Regelung sei zwar durchaus sehr weitgehend, sie könne indes verfassungskonform angewendet werden. Das Verwaltungsgericht betonte in diesem Kontext, dass an die Feststellung der Tatbestandsvoraussetzungen äußerst strenge Anforderungen zu stellen seien. Die Behörde müsse deshalb besonders gründlich prüfen, bevor sie eine Entscheidung trifft.
Examensrelevanz
Die Ausführungen des VG Schleswig sind exemplarisch für eine Vielzahl von Konstellationen, die gerne in Staatsexamina abgeprüft werden. Oftmals ist genau wie hier die inzidente Prüfung der Verfassungsmäßigkeit einer Ermächtigungsgrundlage gefordert. Der Bestimmtheitsgrundsatz spielt dabei sehr häufig eine Rolle, wobei eine Verletzung dieses Grundsatzes nur vereinzelt zu bejahen sein wird (s. einen solchen Einzelfall hier). Genau wie bei der Entscheidung des VG Schleswig ist allerdings auch stets an die Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung der Norm zu denken, was insbesondere bei Ermessensvorschriften in Betracht kommt. Kann das Gesetz noch im systematischen Einklang mit der Verfassung ausgelegt werden, muss die Nichtigkeit zwingend verneint werden.
In verwaltungsgerichtlichen Urteilsklausuren für das zweite Examen, bei denen die Verfassungsmäßigkeit eines formellen Parlamentsgesetzes zu überprüfen ist, wird im Ergebnis regelmäßig von der Verfassungsmäßigkeit der Ermächtigungsgrundlage auszugehen sein. Ansonsten müsste das Gericht gemäß Art. 100 Abs. 1 S. 1 GG einen Antrag auf konkrete Normenkontrolle stellen, was vom Klausurersteller regelmäßig nicht gewollt sein wird. Bei Gesetzen im lediglich materiellen Sinne, also Rechtsverordnungen und Satzungen, kann hingegen im Einzelfall auch die Verfassungswidrigkeit bejaht werden.