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Schlagwortarchiv für: § 123 VwGO

Redaktion

Gedächtnisprotokoll Öffentliches Recht I Mai 2024 NRW

Aktuelles, Examensreport, Nordrhein-Westfalen, Öffentliches Recht, Polizei- und Ordnungsrecht, Rechtsgebiete, Schon gelesen?, Startseite, Verfassungsrecht, Verschiedenes, Verwaltungsrecht

Wir freuen uns sehr, ein Gedächtnisprotokoll zur ersten Klausur im Öffentlichen Recht des Mai-Durchgangs 2024 in Nordrhein-Westfalen veröffentlichen zu können und danken Laura erneut ganz herzlich für die Zusendung. Selbstverständlich kann juraexamen.info keine Gewähr dafür geben, dass die in Gedächtnisprotokollen wiedergegebene Aufgabenstellung auch der tatsächlichen entspricht. Dennoch sollen Euch die Protokolle als Anhaltspunkt dienen, was euch im Examen erwartet.

Sachverhalt

In der kreisfreien Stadt D in NRW gibt es eine Gesamtschule mit einer gymnasialen Oberstufe (G). Die Schule wird von Schülern unterschiedlichster Religionsangehörigkeit besucht. Schon häufiger kam es zwischen den Schülern zu Spannungen auf Grund der verschiedenen Religionen.

Der 18-jährige A besucht die Oberstufe der G und ist seit kurzem Mitglied einer Glaubensgruppe die der Meinung ist, nur sie würden den christlichen Glauben richtig interpretieren. Dazu gehört, laut ihnen, auch das tägliche 10-minütige verpflichtende Gebet zwischen 12 und 13 Uhr. Dafür müssen sie sich auf den Boden vor einer Wand knien und laut beten. Der A fühlt sich demgegenüber verpflichtet und möchte nicht darauf verzichten oder leise beten.

Deswegen sucht er am 22.5 zum ersten Mal einen leeren Flur der Schule auf, um in der Pause diesem verpflichtenden Gebet nachzukommen. Dabei wird er rasch von anderen Schülern bemerkt. Einige fühlen sich davon provoziert und gestört und tun dies lautstark kund, andere wiederum verteidigen vehement diesen christlichen Glauben und schreien die anderen Schüler an. Der A beteiligt sich nicht an diesen Auseinandersetzungen und erscheint auch pünktlich zum Unterrichtsbeginn. Die Auseinandersetzungen sorgen aber dafür, dass der Unterricht nicht reibungslos abläuft.

Die Schulleiterin L zitiert den A deswegen in ihr Büro und ordnet ihm (formell rechtmäßig) ein Verbot des rituellen Betens auf dem Schulgelände, gem. § 43 III 3 SchulG NRW an, außerdem stellt sie ihm in Aussicht das Verstöße dagegen auch erzieherische Maßnahmen oder Ordnungsmaßnahmen nach sich ziehen können.

Der A lässt sich davon nicht beirren und so sucht er auch am 23.5 wieder einen leeren Flur auf, um dem Gebet nachzukommen. Dabei wird er auch wieder von Schülern bemerkt und wieder kommt es zu Auseinandersetzungen an denen A sich nicht beteiligt. Die L ermahnt den A und verweist ihn auf das Gespräch und den angedrohten Konsequenzen vom 22.5.

Auch am darauffolgenden Tag sucht der A wieder den Flur auf um beten zu können. Noch bevor andere Schüler ihn bemerken können, bemerkt die L ihn und zitiert ihn zusammen mit seiner Klassenlehrerin in ihr Büro. Nach Anhörung des A (§ 53 VI iVm § 123 I SchulG NRW) übergibt L dem A den schriftlichen und begründeten Unterrichtsausschluss für zwei Wochen beginnend ab dem folgenden Montag 27.5.

Der A legt noch am gleichen Tag einen formell rechtmäßigen Widerspruch und auch noch am gleichen Tag einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gegen das Land NRW beim zuständigen Verwaltungsgericht ein.

Laut A würde das Gebetsverbot ihn in seiner Religionsfreiheit aus Art. 4 GG einschränken, außerdem wäre es in Anbetracht der § 2 Abs. 6 Nr. 4 und 7 SchulG NRW Aufgabe der Schule ihm eine freie Religionsausübung zu gewährleisten. Deswegen wäre das Gebetsverbot sowieso rechtswidrig.

Außerdem würde ihn ein Unterrichtsausschluss benachteiligen, da seine Noten aktuell schon nicht gut sind und in Anbetracht der schon in einem Jahr stattfindenden Abiturprüfungen, würde diese harte „Sanktion“ unverhältnismäßig in sein Recht auf Bildung aus Art. 2 und 7 GG, § 1 SchulG NRW eingreifen.

Die G führt dagegen aus, dass sie schon alleine aufgrund der religiösen Neutralität solche rituellen Gebete unterbinden müsse. Deswegen könne das Gebetsverbot gar nicht rechtswidrig sein und wurde deswegen auch rechtmäßig angeordnet. Außerdem könnte sie, wenn der Unterricht gestört wird, nicht mehr ihrer Erziehungs- und Bildungspflicht nachkommen, welche sich aus dem Grundgesetz iVm § 1, § 2 SchulG NRW ergibt.

Frage: Hat der Antrag auf Einstweilige Anordnung des Rechtsschutzes Aussicht auf Erfolg?

Bearbeitervermerk:

– zu prüfen sind NICHT die Landesverfassung NRW, Art. 3 GG

– Aus dem SchulG sind nur die im Sachverhalt genannten Normen zu prüfen, deren Verfassungsmäßigkeit zu unterstellen ist

– unterstellen Sie die Prozess- und Beteiligtenfähigkeit

– Unterstellen Sie, dass der Antrag gegen den richtigen Klagegegner gerichtet ist

03.06.2024/1 Kommentar/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2024-06-03 13:04:412024-06-03 13:04:46Gedächtnisprotokoll Öffentliches Recht I Mai 2024 NRW
Carlo Pöschke

BVerfG: Antrag der AfD-Bundestagsfraktion auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt

Aktuelles, Öffentliches Recht, Schon gelesen?, Startseite, Verfassungsrecht

Ungefähr drei Monate sind vergangen, seit eine nächtliche Sitzung des Deutschen Bundestags für unerwartetes Aufsehen sorgte: Obwohl ein Abgeordneter der Fraktion „Alternative für Deutschland“ (AfD) die Beschlussfähigkeit des Bundestags bezweifelte und Schätzungen zufolge nur noch ca. 100 der 709 Parlamentarier im Sitzungssaal anwesend waren, wurde die Abstimmung u.a. über zwei europarechtliche Datenschutzvorlagen fortgesetzt. Am Tag danach erklärte die AfD-Vize-Fraktionsvorsitzende Beatrix von Storch, es werde geprüft, was gegen die Willkür, „mit der ein offenkundig nicht beschlussfähiger Bundestag in tiefer Nacht unter erkennbar offener Missachtung der Geschäftsordnung Gesetze durchdrückt“, unternommen werde könne. Daraufhin reichte die AfD-Bundestagsfraktion beim BVerfG einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ein, die es dem Bundespräsidenten untersagen sollte, die durch den Bundestag beschlossenen Gesetze gegenzuzeichnen und im Bundesgesetzblatt zu verkünden. Mit Beschluss vom 17.09.2019 – 2 BvQ 59/19, BeckRS 2019, 21913 lehnte der Zweite Senat den Erlass der einstweiligen Anordnung ab. Da der Vorgang auch erhebliche mediale Aufmerksamkeit erfahren hat, liegt die gesteigerte Prüfungsrelevanz auf der Hand. Gleichzeitig bietet die Entscheidung die Gelegenheit, die Grundlagen der einstweiligen Anordnung nach § 32 BVerfGG zu wiederholen, die im Studium im Vergleich zum vorläufigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz nach §§ 80 Abs. 5, 80a, 123 VwGO häufig nur geringe Aufmerksamkeit erfährt.

A. Sachverhalt (im Wesentlichen den Gründen des Beschlusses entnommen, leicht abgewandelt)

Doch was genau ist geschehen?

Die 107. Sitzung des 19. Deutschen Bundestages dauerte vom 27. bis in die frühen Morgenstunden des 28.06.2019. Als Tagesordnungspunkte 22a und 22b rief die Vizepräsidentin des Bundestages zwei Gesetzentwürfe zur Beratung auf. Bevor die Abgeordneten mit den Abstimmungen über die Gesetzentwürfe begannen, bezweifelte am 28.06.2019 gegen 1:27 Uhr ein Abgeordneter der AfD-Fraktion die Beschlussfähigkeit der Versammlung, woraufhin die Bundestagsvizepräsidentin für den Sitzungsvorstand erwiderte, dass nach dessen Meinung die Beschlussfähigkeit gegeben sei. Schätzungen zufolge waren jedoch nur ca. 100 der 709 Bundestagsabgeordneten im Plenarsaal anwesend. Für den Sitzungsvorstand war es auch eindeutig erkennbar, dass weniger als die Hälfte der Bundestagsabgeordneten im Plenarsaal anwesend waren. Dennoch wurden zunächst die beiden Gesetzentwürfe sowie später noch ein dritter Entwurf zur Abstimmung gestellt. Alle erhielten die Mehrheit der abgegebenen Stimmen.

Die AfD-Bundestagsfraktion stellte beim BVerfG daraufhin schriftlich einen den Anforderungen des § 23 Abs. 1 BVerfGG genügenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Der Antrag war darauf gerichtet, dem Bundespräsidenten bis auf Weiteres zu untersagen, die durch den Bundestag beschlossenen Gesetze gegenzuzeichnen, auszufertigen und im Bundesgesetzblatt zu verkünden.

Nach Ansicht der AfD-Fraktion verletzte die Nicht-Durchführung des sog. Hammelsprungs nicht nur § 45 Abs. 2 iVm. § 51 GOBT, sondern v.a. auch den Grundsatz der parlamentarischen Demokratie und speziell die Mitwirkungsrechte des gesamten Bundestags bei der Gesetzgebung. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 32 BVerfGG sei zulässig. Zunächst sei ein Organstreit in der Hauptsache grundsätzlich zulässig, denn eine Verletzung verfassungsmäßiger Rechte des Bundestages infolge des offensichtlich willkürlichen Vorgehens der Sitzungsleitung sei keineswegs ausgeschlossen. Gegen die Zulässigkeit des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung könne ferner nicht eingewendet werden, dass im noch anzustrengenden Organstreitverfahren nicht der Bundespräsident, sondern v.a. der Bundestag selbst als Antragsgegner in Betracht komme. Auch werde es in der späteren Hauptsache nur um die Feststellung der Verletzung organschaftlicher Rechte gehen und nicht wie hier um eine vorläufige Unterlassung. Jedoch könnten die verfassungsmäßigen Rechte des Bundestages anders nicht effektiv geschützt werden. Der Antrag sei schließlich auch begründet. Selbst unter Anlegung strenger Maßstäbe sprächen im Rahmen einer Folgenabwägung die besseren Gründe für den Erlass der einstweiligen Anordnung. Für den Fall, dass dem Eilantrag stattgegeben werde, der Hauptsacheantrag aber ohne Erfolg bliebe, entstehe kein nennenswerter Schaden. Die betroffenen Gesetze träten lediglich einige Monate später in Kraft, was durch die Gewissheit ihrer formellen Verfassungskonformität kompensiert werde. Hingegen sei das rasche Inkrafttreten der Gesetze vergleichsweise ohne Wert, denn sie seien mit dem Vorwurf der Verfassungswidrigkeit bemakelt. Für Rechtsfrieden könnten sie so nicht sorgen. Sollte hingegen der Eilantrag abgelehnt werden, der Organstreit in der Hauptsache aber erfolgreich sein, entstehe eine Art „verfassungsrechtlicher Notstand“. Denn das Bundesverfassungsgericht könne im Organstreitverfahren nur die Verletzung von Organrechten feststellen, nicht aber einen verfassungswidrig zustande gekommenen Rechtsakt für nichtig erklären. Es wären dann formell verfassungswidrige, aber weiterhin fortgeltende Gesetze in der Welt. Nur durch den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung könnten die Gesetze in einem ordnungsgemäßen Verfahren durch einen beschlussfähigen Bundestag abermals verabschiedet werden. Daher dürften sie jetzt jedenfalls noch nicht ausgefertigt werden.

Hat der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung Aussicht auf Erfolg?

B. Rechtliche Würdigung

Das BVerfG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung „abgelehnt“. Bereits am Tenor wird damit deutlich, dass sich die Entscheidung strukturell in die Rechtsprechung des BVerfG einfügt, die nicht zwischen Zulässigkeit und Begründetheit abgrenzt (vgl. dazu auch MKSB/Graßhof, BVerfGG, 56. EL Februar 2019, § 32 Rn. 37 f.). Auch wenn die praktische Bedeutung dieser Abgrenzung gering ist, ist Klausurbearbeitern gleichwohl zu raten, die Prüfung nach den Erfolgsaussichten der Übersichtlichkeit halber wie gewohnt in Zulässigkeit und Begründetheit zu gliedern.

Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung hat also Erfolg, soweit er zulässig und begründet ist.

I. Zulässigkeit

Der Antrag müsste zulässig sein.

1. Eröffnung des Rechtswegs zum BVerfG

Dazu müsste zunächst der Rechtsweg zum BVerfG eröffnet sein, was dann der Fall ist, wenn das mit dem Hauptsacheverfahren verfolgte oder zu verfolgende (sog. isolierter Eilantrag) Anliegen einer der in Art. 93 Abs. 1 GG, § 13 BVerfGG abschließend aufgezählten Verfahrensarten zuzuordnen ist. Im Hauptsacheverfahren wäre ausweislich der Begründung des Antrags zu klären, ob durch das Vorgehen der Sitzungsleitung verfassungsmäßige Rechte des Bundestags verletzt wurden. Einschlägig wäre damit in der Hauptsache ein Organstreitverfahren nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG, §§ 13 Nr. 5, 63 ff. BVerfGG, sodass auch vorliegend der Rechtsweg zum BVerfG eröffnet ist.

2. Zuständigkeit des BVerfG

Gem. § 32 Abs. 1 BVerfGG ist das BVerfG zur Entscheidung über Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zuständig.

3. Antragsberechtigung

Weiterhin müsste die AfD-Fraktion antragsberechtigt sein. Die Antragsberechtigung ergibt sich dabei aus dem betreffenden Hauptsacheverfahren. Antragsberechtigt sind somit die Beteiligten des Hauptsacheverfahrens. Die Beteiligungsfähigkeit im Organstreitverfahren richtet sich nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG, § 63 BVerfGG. Nach § 63 BVerfGG sind der Bundespräsident, der Bundestag, der Bundesrat, die Bundesregierung und die im Grundgesetz oder in den Geschäftsordnungen des Bundestags und des Bundesrats mit eigenen Rechten ausgestatteten Teile dieser Organe beteiligungsfähig. Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG ist hinsichtlich der Beteiligungsfähigkeit weiter gefasst und lässt die Anträge eines obersten Bundesorgans oder anderer Beteiligter, die durch das GG oder in der Geschäftsordnung eines obersten Bundesorgans mit eigenen Rechten ausgestattet sind, zu. Eine Fraktion wird durch §§ 10 ff., 57 Abs. 2, 75 f. GOBT mit eigenen Rechten ausgestattet und ist damit ein Teil des Bundestags iSd. § 63 BVerfGG bzw. ein anderer Beteiligter iSd. Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG. Die AfD-Fraktion ist somit im Organstreitverfahren beteiligungsfähig und damit auch im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung antragsberechtigt.

4. Keine Vorwegnahme der Hauptsache

Außerdem dürfte die einstweilige Anordnung nicht die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehmen, da sie nur der vorläufigen Regelung eines Zustands dient. Vorliegend begehrt die Antragstellerin dem Bundespräsidenten bis auf Weiteres zu untersagen, die durch den Bundestag beschlossenen Gesetze gegenzuzeichnen, auszufertigen und im Bundesgesetzblatt zu verkünden. Auch nach Abschluss des Hauptsacheverfahrens könnte der Bundespräsident die beschlossenen Gesetze noch gegenzeichnen und im Bundesgesetzblatt verkünden. Dadurch würden die Folgen der einstweiligen Anordnung gleichsam rückgängig gemacht. (Salopp formuliert könnte man sagen, Gegenzeichnung und Verkündung werden durch eine einstweilige Anordnung bloß aufgeschoben, nicht aufgehoben.) Die einstweilige Anordnung nimmt daher die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorweg.

 5. Form

Die Formvorschriften des § 23 Abs. 1 BVerfGG wurden gewahrt.

Anmerkung: An dieser Stelle wurde der Sachverhalt aus didaktischen Gründen leicht abgewandelt: Das BVerfG hat im zu entscheidenden Fall zusätzlich die Frage aufgeworfen (aber letztendlich dahinstehen lassen), ob der Antrag überhaupt den Anforderungen des § 23 Abs. 1 BVerfGG genügt. Dies sei fraglich, da sich aus der bisherigen Begründung womöglich nicht deutlich genug ergebe, welche organschaftliche Rechtsposition die Antragstellerin in einem etwaigen Organstreitverfahren gedenkt geltend zu machen.

6. Zwischenergebnis

Der Antrag ist zulässig.

II. Begründetheit

Fraglich ist, ob der Antrag auch begründet ist.

Im Rahmen der (vom BVerfG nicht explizit als Begründetheitsprüfung bezeichneten) Begründetheitsprüfung arbeitet das BVerfG nach ständiger Rechtsprechung anders als vom verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutz bekannt mit einer spezifischen Folgenabwägung, bei der die konkreten Erfolgsaussichten der Hauptsache grds. außer Betracht bleiben. Stattdessen rekurriert das Gericht auf die sog. Doppelhypothese, bei der die Nachteile, die einträten, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, das Hauptsacheverfahren aber Erfolg hätte, abgewogen werden mit den Nachteilen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, dem Hauptsacheverfahren aber letztlich der Erfolg zu versagen wäre. Die einzelnen Tatbestandsmerkmale des § 32 Abs. 1 BVerfGG („Abwehr schwerer Nachteile“, „Verhinderung drohender Gewalt“, „anderer wichtiger Grund“) gehen bei dieser Formel im Begriff des Nachteils auf. Das BVerfG tritt in die Abwägung nach der Doppelhypothese jedoch nur ein, wenn sich das Hauptsacheverfahren weder als offensichtlich unzulässig noch als offensichtlich unbegründet erweist (hierzu m.w.N. BeckOK BVerfGG/Walter, 7. Ed. 01.06.2019, § 32 Rn. 42 f.).

1. Offensichtliche Unzulässigkeit oder Unbegründetheit in der Hauptsache

Die Hauptsache dürfte nicht offensichtlich unzulässig oder unbegründet sein. Dies wäre der Fall, wenn das Gericht zum Zeitpunkt seiner Entscheidung der Auffassung ist, dass kein Gesichtspunkt erkennbar ist, der dem Hauptsacheverfahren zum Erfolg verhelfen könnte.

Das BVerfG schneidet in dem Beschluss jedoch Zulässigkeits- und Begründetheitsfragen des Hauptsacheverfahrens nicht einmal an, sondern löst den Fall über die bereits angesprochene spezifische Folgenabwägung. Dies ist typisch für Entscheidungen des BVerfG über einstweilige Anordnungen, da in der verfassungsgerichtlichen Praxis die Zulässigkeit und Begründetheit des Hauptsacheverfahrens noch nicht abschließend geklärt sein müssen. Um auf alle im Sachverhalt aufgeworfenen Fragen in der gutachterlichen Bearbeitung eingehen zu können, ist Klausurbearbeitern dennoch zu empfehlen, die Zulässigkeit und Begründetheit des Hauptsacheverfahrens inzident zu prüfen.

Als erster problematischer Punkt einer inzidenten Zulässigkeitsprüfung wäre damit die Frage zu beantworten, wer der Antragsgegner ist und ob dieser ebenfalls beteiligungsfähig gem. Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG, § 63 BVerfGG ist. Die AfD-Fraktion führt in ihrem Antrag bereits selbst aus, dass im noch anzustrengenden Organstreitverfahren nicht der Bundespräsident, sondern v.a. der Bundestag selbst als Antragsgegner in Betracht komme. Da vorliegend jedoch die Stellvertreterin des Bundestagspräsidenten handelte, erscheint es naheliegender, den Bundestagspräsidenten als Antragsgegner zu wählen. Dabei handelt der Stellvertreter des Präsidenten bei der Leitung von Bundestagssitzungen als „amtierender Präsident“ iSd. § 8 Abs. 1 GOBT. Der Bundestagspräsident wird z.B. durch §§ 7 Abs. 1 S. 1, S. 2 a.E., 22 S. 1 GOBT auch mit eigenen Rechten ausgestattet und ist damit sowohl gem. Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG als auch nach § 63 BVerfGG beteiligungsfähig.

Ebenfalls näheren Ausführungen bedarf es bei der Frage, ob die AfD-Fraktion auch antragsbefugt ist, Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG, § 64 Abs. 1 BVerfGG. Dazu müsste die Antragstellerin geltend machen, d.h. die Möglichkeit aufzeigen, dass sie oder das Organ, dem sie angehört, durch die Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners (hier: Ablehnung des Antrags auf Durchführung eines Hammelsprungs durch den Sitzungsvorstand) in ihren ihr durch das GG übertragenen Rechten und Pflichten verletzt oder unmittelbar gefährdet ist. Weil das Organstreitverfahren ein kontradiktorisches Streitverfahren ist, bei dem der Antragsteller eine Verletzung eigener durch das GG übertragener Rechte oder im Rahmen einer Prozessstandschaft die Verletzung von Rechten der Organs, dem er angehört, geltend machen muss, genügt eine Berufung auf eine bloße Missachtung der GOBT oder objektiver Verfassungsprinzipien nicht. Im vorliegenden Fall erscheint eine Verletzung eigener verfassungsrechtlicher Rechte der AfD-Fraktion nicht einmal möglich, da der Sitzungstermin bekannt war und die gesamte Fraktion an der Sitzung des Bundestags hätte teilnehmen können. Gleiches gilt, soweit die AfD-Fraktion prozessstandschaftlich die Rechte des Bundestags geltend machen würde: Der Sitzungstermin wurde rechtzeitig bekanntgemacht und Hinweise zu etwaigen Behinderungen der parlamentarischen Abläufe im Vorfeld lagen nicht vor. Auch das Gesetzgebungsrecht des Bundestags wurde nicht beeinträchtigt, da die Verweigerung des Hammelsprungs gerade dazu führte, dass es zu den Gesetzesbeschlüssen kommen konnte (hierzu s. Deger, Verfassungsblog v. 14.08.2019).

Somit könnte man (jedenfalls in einer Klausurbearbeitung) den Antrag bereits wegen offensichtlicher Unzulässigkeit des Hauptsacheverfahrens als unbegründet ansehen.

2. Folgenabwägung

Der Zweite Senat hingegen ist von einem offenen Ausgang des Hauptsacheverfahrens ausgegangen und hat somit direkt die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Antrag in der Hauptsache aber Erfolg hätte, gegen die Folgen abgewogen, die eintreten würden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, dem Antrag in der Hauptsache aber der Erfolg zu versagen wäre.

Nach Ansicht des Gerichts drohte der AfD-Fraktion kein schwerer Nachteil, wenn die einstweilige Anordnung nicht erlassen würde und ein Organstreitverfahren später Erfolg hätte. Das Argument, für diesen Fall sei der Eintritt einer Art „verfassungsrechtlichen Notstands“ zu befürchten, überzeugte das BVerfG nicht. Denn:

„Was […] [die AfD-Fraktion] […] in der Sache rügt, ist das Auseinanderfallen der möglichen Rechtsfolgen von Organstreitverfahren einerseits und Normenkontrollverfahren andererseits. Nach § 67 BVerfGG stellt das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung über einen Organstreit nur fest, ob die beanstandete Maßnahme gegen eine Bestimmung des Grundgesetzes verstößt; Rechtsfolge der abstrakten Normenkontrolle kann hingegen nach § 78 BVerfGG die Nichtigkeitserklärung eines Gesetzes durch das Bundesverfassungsgericht sein. Eine Rechtsschutzlücke für mögliche Antragsteller des Organstreits folgt hieraus jedoch nicht, sondern dies ist Ausdruck der verfassungsrechtlichen Grundentscheidung in Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 und 2 GG, dem objektiven Normenbeanstandungsverfahren mit dem Organstreit ein kontradiktorisches Streitverfahren ausschließlich zur Klärung eines bestimmten Verfassungsrechtsverhältnisses zur Seite zu stellen. Für eine sich von diesem gesetzlich gezogenen Rahmen lösende Ausdehnung der Kompetenzen des Bundesverfassungsgerichts ist kein Raum […].“

Auch durch das Inkraftbleiben eines zunächst formell verfassungswidrigen Gesetzes im Falle eines späteren Erfolgs im Organstreitverfahren stelle – so das BVerfG – keinen schweren Nachteil für die AfD-Fraktion dar. An dieser Stelle verweist das Gericht erneut auf eine grundgesetzliche Kompetenzentscheidung: Verfassungsgerichtlicher Rechtsschutz sei grds. nachgelagerter, kassatorischer Rechtsschutz, wobei das BVerfG insb. die Prüfungskompetenz des Bundespräsidenten zu respektieren habe.

Ebenfalls nicht überzeugte das Gericht das Argument, nur durch den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung könnten die fraglichen Gesetze in einem ordnungsgemäßen Verfahren durch einen beschlussfähigen Bundestag abermals verabschiedet werden. Dazu führt das BVerfG in seiner Entscheidung aus, dass der

„Bundestag […] zu jedem Zeitpunkt erneut über die seitens der Antragstellerin bemängelten Gesetze abstimmen [kann], und zwar unabhängig sowohl von einem Erlass der einstweiligen Anordnung als auch von einer Feststellung der Verletzung organschaftlicher Rechte der Antragstellerin in einem späteren Organstreitverfahren.“

Im Ergebnis gewichtete das BVerfG somit ein späteres Inkrafttreten der verabschiedeten Gesetze für den Fall, dass dem Antrag stattgegeben wird, der Hauptsacheantrag aber ohne Erfolg bleibt, schwerer als die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Antrag in der Hauptsache aber Erfolg hätte. Dies auch deshalb, weil die Aussetzung des Vollzugs eines Gesetzes stets einen erheblichen Eingriff in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers darstellt und daher bei der Prüfung der Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung unter diesen Umständen ein besonders strenger Maßstab anzulegen ist.

3. Zwischenergebnis

Der Antrag der AfD-Fraktion auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist unbegründet.

III. Ergebnis

Der Antrag hat keinen Erfolg.

C. Stellungnahme/Ausblick

Was bleibt?

  • Die Entscheidung des BVerfG ist im Ergebnis richtig, das allgemeine Vorgehen des Verfassungsgerichts bei der Prüfung von einstweiligen Anordnungen erweist sich jedoch als wenig systematisch. Weshalb auf eine Unterteilung zwischen Zulässigkeit und Begründetheit verzichtet wird, ist nicht ersichtlich. Ebenfalls nicht erklären lässt sich, weshalb statt auf eine summarische Prüfung wie beim verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutz auf eine Folgenabwägung gesetzt wird: Laut BVerfG müssen „bei der Entscheidung über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung […] die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Maßnahme vorgetragen werden, grundsätzlich außer Betracht […] bleiben“, um im gleichen Atemzug festzustellen, dass dies nicht gelte, wenn sich die in der Hauptsache begehrte Feststellung oder der in der Hauptsache gestellte Antrag als von vornherein unzulässig oder offensichtlich unbegründet erweist. Gerade dadurch wird jedoch der Erlass der einstweiligen Anordnung vom prognostischen Ausgang des Hauptsacheverfahrens abhängig gemacht. Der Unterschied zwischen Folgenabwägung und summarischer Prüfung ist daher höchstens graduell. Prüflingen ist dennoch zu raten, die Terminologie und die Struktur der Prüfung durch das BVerfG mit Ausnahme der bereits geschilderten Abweichungen in die eigene gutachterliche Falllösung zu übernehmen, um dem Prüfer zu zeigen, dass die Unterschiede zwischen verwaltungsgerichtlichem Eilrechtsschutz und einstweiliger Anordnung nach § 32 BVerfGG bekannt sind.
  • Der vorliegende Fall kann nicht nur als Ganzes, sondern auch in vielfältigen anderen Konstellationen in verfassungs- oder verwaltungsgerichtlichen Klausuren Bedeutung erlangen. Insb. kann die Problematik um die Verweigerung eines Hammelsprungs immer dann eingestreut werden, wenn die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes geprüft werden soll. Bei der Prüfung der Ordnungsmäßigkeit des Gesetzgebungsverfahrens (Art. 76 ff. GG) iRd. formellen Verfassungsmäßigkeit wäre dann zu prüfen, ob die Geschäftsordnungsvorschriften der §§ 45, 51 GOBT durch die Verweigerung des Hammelsprungs verletzt wurden (zu dieser Frage ausführlicher Deger, Verfassungsblog v. 14.08.2019). Kommt man zu dem Ergebnis, dass eine Verletzung von §§ 45, 51 GOBT vorliegt, wäre weiter zu erörtern, ob ein bloßer Verstoß gegen Geschäftsordnungsvorschriften vorliegt oder ob §§ 45, 51 GOBT zudem Verfassungsrecht konkretisieren. Nur im letztgenannten Fall führt eine Missachtung von §§ 45, 51 GOBT auch zur Verfassungswidrigkeit des betreffenden Gesetzes.

07.10.2019/1 Kommentar/von Carlo Pöschke
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Carlo Pöschke https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Carlo Pöschke2019-10-07 09:17:412019-10-07 09:17:41BVerfG: Antrag der AfD-Bundestagsfraktion auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt
Redaktion

Schema: Der Antrag nach § 123 VwGO

Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Schon gelesen?, Startseite, Verschiedenes, Verwaltungsrecht

Schema: Vorläufiger Rechtsschutz – der Antrag nach § 123 VwGO

Zu unterscheiden sind:

  • Sicherungsanordnung, § 123 I 1 VwGO

    – Spezialfall
    – Ziel: Sicherung eines bestehenden Zustandes durch die vorbeugende Abwehr von drohenden Beeinträchtigungen.
  • Regelungsanordnung, § 123 I 2 VwGO

    – Ziel: Erlangung einer vorläufigen Regelung, idR einer Zustandsverbesserung.

A. Zulässigkeit des Antrags vor dem Verwaltungsgericht

I. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs für den Antrag
(+), wenn der Verwaltungsrechtsweg in der Hauptsache eröffnet ist (§ 123 II VwGO). Die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs in der Hauptsache richtet sich nach § 40 I 1 VwGO.

II. Statthaftigkeit des Antrags
– Richtet sich nach dem Antrag
– Gem. § 123 V VwGO nur statthaft, wenn kein Fall der §§ 80, 80a VwGO vorliegt.
„Faustregel“: Der Antrag nach § 123 VwGO ist regelmäßig statthaft, wenn in der Hauptsache eine Verpflichtungs-, Leistungs- oder Feststellungsklage statthaft ist.

III. Antragsbefugnis, § 42 II VwGO analog
(+), wenn der Antragsteller in der Hauptsache klagebefugt ist.

IV. Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis 
– Vorheriger Antrag an zuständige Behörde
– Hauptsacheverfahren nicht offensichtlich unzulässig
– Kein einfacherer und schnellerer Weg 

V. Keine Frist

VI. Antragsgegner
Richtet sich nach Klageart in der Hauptsache:
Im Rahmen der Verpflichtungsklage gilt § 78 VwGO analog, im Rahmen von Leistungs- und Feststellungsklage gilt das Rechtsträgerprinzip als allgemeiner Prozessgrundsatz.

VI. Beteiligten- und Prozessfähigkeit, §§ 61, 62 VwGO

B. Begründetheit
Der Antrag ist begründet, wenn der Antragsteller Tatsachen glaubhaft macht, die einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund begründen (§ 123 III VwGO i.V.m. §§ 920 II, 294 ZPO).

I. Anordnungsanspruch
Materieller Anspruch auf die begehrte Begünstigung.
– Im Falle einer Sicherungsanordnung muss ein sicherungsfähiges Recht bzw. ein Unterlassungsanspruch bestehen.
– Im Falle einer Regelungsanordnung muss der geltend gemachte Anspruch bestehen.

II. Anordnungsgrund
Antragsteller muss die Gefahr vollendeter Tatsachen glaubhaft machen können bzw. die besondere Eilbedürftigkeit darlegen. Hier erfolgt eine umfassende Güter- und Interessenabwägung.

III. Rechtsfolge

Besteht eine Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund, muss das VG die einstweilige Anordnung erlassen. Ermessen besteht nur bzgl. des Inhalts der Anordnung. Es gilt jedoch:
– Keine Vorwegnahme der Hauptsache.
– Ausnahmsweise Vorwegnahme der Hauptsache, wenn andernfalls überhaupt kein effektiver Rechtsschutz gewährt werden kann (Art. 19 IV GG) und dies zur Verhinderung schwerer Nachteile unerlässlich ist.

 

Das Schema ist in den Grundzügen entnommen von myjurazone.de.

19.01.2017/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2017-01-19 10:00:432017-01-19 10:00:43Schema: Der Antrag nach § 123 VwGO
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Der einstweilige Rechtsschutz im Verwaltungsrecht – Formale Unterschiede zum Urteil und Tenorierungsbeispiele

Lerntipps, Öffentliches Recht, Schon gelesen?, Startseite, Verschiedenes, Verwaltungsrecht

Wir freuen uns nachfolgend einen Gastbeitrag von Ass.iur. Susanne Münch veröffentlichen zu können. Der Beitrag beschäftigt sich mit den formalen Besonderheiten des einstweiligen Rechtsschutzes in verwaltungsrechtlichen Assessorklausuren.
 
1. Der einstweilige Rechtsschutz
Der einstweilige Rechtsschutz spielt im Assessorexamen eine sehr wichtige Rolle. Im Folgenden werden die wichtigsten formalen Anforderungen des Beschlusses dargestellt und einige Tenorierungsbeispiele zur Übung gegeben.
Sowohl über die Anordnung (bzw. Wiederherstellung) der aufschiebenden Wirkung im Zusammenhang mit einem Anfechtungsbegehren, §§ 80, 80 a VwGO, also auch über den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO  wird im Wege des Beschlusses entschieden.
2. Im Unterschied zum Urteilsaufbau müssen folgende formalen Unterschiede beachtet werden:
a) Rubrum:
– Es wird nicht „im Namen des Volkes“ verkündet, da der Beschluss kein Urteil ist.
– Parteien heißen Antragsteller und Antragsgegner, nicht Kläger und Beklagter.
– Bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung wirken die ehrenamtlichen Richter nicht mit (§ 5 III S.2 VwGO).
 
b) Beschlussformel:
– Es wird „beschlossen“, nicht „entschieden“.
– Sie enthält einen Hauptausspruch und eine Kostenentscheidung; ein Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit erfolgt nicht, da einstweilige Anordnungen per se vollstreckbar sind (§ 168 I Nr.2 VwGO; § 149 I VwGO).
– Die Entscheidung über den Wert des Streitgegenstandes wird in Klausuren i.d.R. erlassen (§ 53 III iVm § 52 I, II GKG).
 
c) Gründe:
– Kein Differenzierung in „Tatbestand und Entscheidungsgründe“; alles wird unter der Überschrift „Gründe“ abgehandelt:
I. (Sachverhaltsdarstellung)
II. (Entscheidungsgründe)
 
d) Rechtsmittelbelehrung:
– Die Beschwerde nach §§ 146, 147 VwGO.
 
e) Tenorierungsbeispiele:
(1) Der Antrag nach § 80 V VwGO hat keinen Erfolg: „Der Antrag wird abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.“
 
(2)  Die Stadt S erlässt gegen A eine Untersagungsverfügung und erklärt diese für sofort vollziehbar. A erhebt Widerspruch und beantragt mit Erfolg vorläufigen Rechtsschutz: „Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom (…) gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom (…) wird wiederhergestellt. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.“
 
(3) Die Stadt S erlässt gegen A eine Untersagungsverfügung und erklärt diese ohne Begründung für sofort vollziehbar (Vollziehungsanordnung formell rechtswidrig). A erhebt Widerspruch und beantragt vorläufigen Rechtsschutz: „Die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Bescheids der Antragsgegnerin vom (…) wird aufgehoben. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.“
Anm. (str.): Nach h.M. wird hier gerade nicht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederhergestellt, sondern nur die Anordnung der sofortigen Vollziehung aufgehoben; danach kann die Stadt S (mit Begründung) erneut die sofortige Vollziehung anordnen.
 
(4) Die Stadt S erlässt gegen A einen Abschleppkostenbescheid. A legt Widerspruch ein. Die Stadt S hält den Abschleppkostenbescheid kraft Gesetzes für sofort vollziehbar und will nun die Forderung eintreiben. A, der den Bescheid nicht für sofort vollziehbar kraft Gesetzes hält, beantragt vorläufigen Rechtsschutz: „Es wird festgestellt, dass der Widerspruch des A gegen den Bescheid der Stadt S vom (…) aufschiebende Wirkung hat. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.“
Anm.: Die Kosten einer Ersatzvornahme oder einer unmittelbaren Ausführung fallen nach h.M. weder unter § 80 II S.1 Nr.1 VwGO noch unter die Verwaltungsvollstreckung (also nicht unter § 20 AGVWGO). Hier droht also eine sog. „faktische Vollziehung“.
 
(5) Die Stadt S erteilt Gastwirt W eine Gaststättenerlaubnis. Nachbar N legt Widerspruch ein. Die Stadt S lehnt die von W beantragte Anordnung der sofortigen Vollziehung der Erlaubnis ab. W beantragt jetzt beim VerwG die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Erlaubnis. Das Gericht lädt N bei, N stellt keinen Antrag. W hat mit seinem Antrag Erfolg: „Die sofortige Vollziehung der Gaststättenerlaubnis der Stadt S vom (…) wird angeordnet. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.“
 Anm.: § 80a III iVm I Nr.1 VwGO
 
(6) Nachbar N erhält eine Baugenehmigung. W legt Widerspruch ein und beantragt erfolglos, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen. W wendet sich an das VerwG. Dieses lädt N bei, der eine Ablehnung des Antrags beantragt. W hat keinen Erfolg: „Der Antrag wird abgelehnt. Der Antragssteller trägt die Kosten des Verfahrens, einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.“
Anm.: Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 I VwGO. Es entspricht der Billigkeit i.S.v. § 162 III VwGO, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen dem Antragssteller aufzuerlegen, denn der Beigeladene hat sich durch seine Antragsstellung dem Risiko ausgesetzt, im Falle des Unterliegens gem. § 154 III VwGO mit Verfahrenskosten belastet zu werden.
 
(7) Die XYZ- Partei will in wenigen Tagen in der Stadthalle der Stadt S ihren Landesparteitag durchführen. Der Antrag hat Erfolg: „Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin am (…) die Stadthalle zur (…) zu überlassen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.“
Anm.: Regelungsanordnung
 
(8) Der Antragsteller möchte vor dem Hintergrund seiner beamtenrechtlichen Konkurrentenklage verhindern, dass der Beigeladene vor einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache befördert wird (nach einer Beförderung stünde seinem Anliegen der Grundsatz der Ämterstabilität im Wege). Der Beigeladene stellt keinen Antrag. Der Antrag hat Erfolg.„Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache von der Beförderung des Beigeladenen abzusehen. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen.“
Anm: Sicherungsanordnung

11.04.2014/3 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2014-04-11 09:00:552014-04-11 09:00:55Der einstweilige Rechtsschutz im Verwaltungsrecht – Formale Unterschiede zum Urteil und Tenorierungsbeispiele
Dr. Jan Winzen

VG Bremen: neues zum Diskotheken-Streit – Eilantrag für "Stubu" abgelehnt

Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Startseite, Verwaltungsrecht

Um Bremens größte Diskothek, das „Stubu“ rankt sich seit einiger Zeit ein Streit zwischen Betreibern, Behörden und Gerichten (siehe zum Hintergrund etwa diesen ). In einer aktuellen Entscheidung vom 24.06.2013 lehnte das VG Bremen (5 V 259/13) nun einen Eilantrag auf Erteilung einer Gaststättenerlaubnis ab.

A. Zum Sachverhalt

Das Stubu wurde bis vor einigen Jahren von dem Eigentümer (E) des Gebäudes, in dem sich die Discothek befindet, selbst betrieben. Nachdem u.a. das Verhalten der dort beschäftigten Türsteher wiederholt Gegenstand polizeilicher und staatsanwaltlicher Ermittlungen gewesen war, widerrief die zuständige Behörde die zu diesem Zwecke erteilte Erlaubnis wegen fehlender Zuverlässigkeit. In der Folgezeit kam es zu der Gründung einer GmbH durch den G. In seiner Funktion als Geschäftsführer der GmbH beantragte und erhielt der G eine Gaststättenerlaubnis für den Betrieb des Stubu. Nach Erhalt der Erlaubnis übertrug er die Anteile an der GmbH an den B, der wiederrum seine „eigenen“ Geschäftsführer einsetzte. Es kam dann erneut zu einem Widerruf der Gaststättenerlaubnis wegen Unzuverlässigkeit eines der Geschäftsführer und – nach dessen Abberufung – zu einer weiteren Neuerteilung. Mit für sofort vollziehbar erklärter Verfügung nahm die zuständige Behörde auch diese Gaststättenerlaubnis im Jahr 2012 mit der Begründung zurück, die GmbH agiere als Strohmann für den B, der seinerseits die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitze.

Ende 2012/ Anfang 2013 kam es dann zu dem nun streitgegenständlichen Vorgang. Zunächst wurde die Antragstellerin (ebenfalls eine GmbH) errichtet, deren Geschäftsführer der G war. Die Antragstellerin schloss mit dem B einen Pachtvertrag über die Räumlichkeiten des Stubu und beantragte die Erteilung einer personenbezogenen Gaststättenerlaubnis. Die Erteilung wurde im Wesentlichen mit der Begründung verweigert, dem G fehle die erforderliche Zuverlässigkeit, weil (aus verschiedenen dargelegten Gründen) zu erwarten sei, dass der Betriebsablauf unter dem bestimmenden Einfluss eines unzuverlässigen Dritten stehen werde. Außerdem bestünden auch erhebliche Zweifel an der Zuverlässigkeit des G, weil gegen diesen Strafverfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung und der Vorenthaltung und Veruntreuung von Arbeitsentgelt eingeleitet worden seien.

Gegen den ablehnenden Bescheid hat die Antragstellerin Klage beim Verwaltungsgericht erhobenen und zugleich einen Eilantrag auf vorläufige Erteilung einer Gaststättenerlaubnis für das Stubu gestellt. Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen auf die Zuverlässigkeit des G, die bei Nichterteilung der Erlaubnis bestehende Verzögerungsgefahr, weiter auflaufende Gewinnausfälle (bislang 230.000 Euro) und die daraus resultierende Insolvenzgefahr für die GmbH.

B. Zu den Erfolgsaussichten des Eilantrags

I. Statthafte Antragsart

Die Antragstellerin begehrt den (vorläufigen) Erlass einer Gaststättenerlaubnis. Dabei handelt es sich um einen begünstigenden Verwaltungsakt. Es liegt eine Verpflichtungssituation vor. Statthaft ist folglich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (Regelungsanordnung) nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO (siehe ausführlich zur Zulässigkeit eines Antrags nach § 123 Abs. 1 VwGO etwa hier).

II. Prüfungsmaßstab für die Begründetheit

Der Antrag auf Erlass einer (einstweiligen) Regelungsanordnung ist begründet, wenn der jeweilige Antragsteller einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht hat. (§§ 123 Abs. 3 VwGO, §§ 920 Abs. 2,
294 Abs.1 ZPO). Maßgeblicher Zeitpunkt für die verwaltungsgerichtliche Beurteilung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.

1. Anordnungsanspruch

a) Vorwegnahme der Hauptsache

Im Rahmen des Anordnungsanspruchs ist grds. zu prüfen, ob der Antragstellerin bei summarischer Prüfung ein materiell-rechtlicher Anspruch auf Erteilung der personenbezogenen Gaststättenerlaubnis zusteht. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BremGastG bedarf der Betrieb einer Gaststätte mit dem Ausschank alkoholischer Getränke der Erlaubnis. Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller die für den Gaststättenbetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt (§ 2 Abs. 2 Satz 1 BremGastG) – sog. Verbot mit Erlaubnisvorbehalt.

Ob die im Rahmen des Eilverfahrens erforderliche überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Zuverlässigkeit des G vorliegt, lässt das Gericht zunächst offen,

weil die Antragstellerin eine regelmäßig unzulässige, dem Sinn und Zweck einer einstweiligen Anordnung widersprechende Vorwegnahme der Hauptsache begehrt.

Die Vorwegnahme der Hauptsache begründet das Gericht im Wesentlichen mit dem Umstand, dass eine vorläufige Erteilung bis zur Entscheidung in der Hauptsache faktisch wie eine endgültige Erteilung wirken würde und die Antragstellerin bis dahin erhebliche Gewinne erwirtschaften könnte, die ihr im Nachhinein nicht mehr (oder nur schwer) wieder entzogen werden könnten:

Eine solche ist anzunehmen, wenn die einstweilige Anordnung einer vorläufigen Verurteilung in der
Hauptsache gleichkommt. Dies ist vorliegend der Fall, da die Antragstellerin bei Stattgabe ihres Antrags jedenfalls bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren das Stubu ohne Weiteres so betreiben könnte, als sei sie im Besitz einer gaststättenrechtlichen Erlaubnis. Die Antragstellerin erstrebt eine Regelung, für die ihr im Anordnungsverfahren uneingeschränkt und unentziehbar eine Rechtsposition eingeräumt würde, die entsprechend der Natur der Sache bis zur Hauptsacheentscheidung nur endgültig getroffen werden kann (vgl. VG Bremen, Beschluss vom 14.02.2012 – 5 V 1710/11 -, juris Rn. 14). Daran, dass vorliegend durch die Antragstellerin mit der vorläufigen Erteilung einer gaststättenrechtlichen Erlaubnis eine Vorwegnahme der Hauptsache begehrt wird, ändert auch der Umstand nichts, dass die Vorwegnahme nicht endgültig ist und, falls die Antragstellerin im Klageverfahren unterliegen sollte, rückgängig gemacht werden kann (vgl. OVG Koblenz, Beschluss vom 21.10.1987 – 12 B 109/87 -, NVwZ-RR 1988, 19; VGH Mannheim, Beschluss vom 20.09.1994 – 9 S 687/94 -, juris Rn. 3; OVG Münster, Beschluss vom 05.01.1994, a. a. O.). Ein solches Rückgängigmachen hätte nämlich nur Bedeutung für die Zukunft und ließe außer Acht, dass die Antragstellerin bis zum Zeitpunkt der Hauptsacheentscheidung erhebliche Gewinne erwirtschaftet hätte, die ihr dann nur schwer wieder entzogen werden könnten.

b) keine Ausnahme vom Vorwegnahmeverbot

Die Vorwegnahme der Hauptsache ist auch nicht ausnahmsweise zulässig. Dies ist nur der Fall, wenn

im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG die Regelung zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, also wenn die sonst zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar wären und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache spricht.

Für eine Ausnahme vom Vorwegnahmeverbot gelten demnach erhöhte Anforderungen im Hinblick auf die Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs. Das Gericht prüft vor diesem Hintergrund, ob eine hohe Wahrscheinlickeit für die Zuverlässigkeit des G besteht.

Unzuverlässig ist, wer nicht die Gewähr dafür bietet, dass er das Gewerbe zukünftig ordnungsgemäß, d. h. im
Einklang mit dem geltenden Recht, ausüben werde.

Für den G spreche zwar, dass sowohl sein Führungszeugnis, also auch das Gewerbezentralregister und finanzbehördliche Auskünfte keine Auffälligkeiten ergeben hätten. Entscheidend gegen die hohe Wahrscheinlichkeit der Zuverlässigkeit spricht nach Ansicht des Gerichts aber, dass ein (aufgrund verschiedener Zeugenaussagen und eines Urteils des Landgerichts Braunschweig) erhärteter Verdacht dafür spricht, dass der G zukünftig einem unzuverlässigen Dritten (dem B) bestimmenden Einfluss auf den Betriebsablauf einräumen werde. Diesen Verdacht

vermag die Antragstellerin auch durch die Vorlage eidesstattlicher Versicherungen nicht in einem solchen Maße zu entkräften, dass von einem Obsiegen mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Hauptsache ausgegangen werden könnte.

Zudem komme den laufenden Ermittlungsverfahren gegen den G Bedeutung für die Beurteilung seiner Unzuverlässigkeit zu, denn

Grundlage für die Bewertung, ob ein Gewerbetreibender die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt, ist nicht die Tatsache der Bestrafung bzw. des Erlasses eines Bußgeldbescheides an sich, sondern der zugrunde liegende Lebenssachverhalt. Strafrechtliche Unschuldsvermutungen beziehen sich ausschließlich auf die strafrechtliche Seite; für die Bewertung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit kommt es hierauf nicht an.

Vor diesem Hintergrund könne die Erlaubnis im Eilverfahren nicht (vorläufig) erteilt werden:

Aus den vorgenannten Gründen wird die Frage, ob der Geschäftsführer der Antragstellerin die für den Betrieb des Stubu erforderliche Zuverlässigkeit besitzt, in einer umfassenden Beweisaufnahme im Hauptsacheverfahren zu klären sein, da dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes eine Beweiserhebung grundsätzlich fremd ist (vgl. § 123Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO).

2. Anordnungsgrund

Das Gericht macht zuletzt noch eine kurze Bemerkung zum Anordnungsgrund. An dessen Glaubhaftmachung sind im auf die Erteilung einer Gaststättenerlaubnis gerichteten Eilverfahren hohe Anforderungen zu stellen. Hierfür reicht nach Ansicht des Gerichts jedenfalls nicht aus, dass die Antragstellerin schon einen Pachtvertrag abgeschlossen hat, denn dies fällt allein in ihren Risikobereich.

Die hieraus entstehenden wirtschaftlichen Nachteile werden allen Bewerbern um eine Gaststättenerlaubnis angesichts der Ausgestaltung als Verbotstatbestand mit Erlaubnisvorbehalt von der Rechtsordnung zugemutet.

C. Fazit

Eine interessante Entscheidung in einem Komplex, der schon mehrmals die Verwaltungsgerichte beschäftigt hat und sicher auch noch weiter beschäftigen wird. Der vorliegende Fall selbst hat für das (schriftliche) erste Examen sicher keine größere Bedeutung, da er von einer in weiten Teilen unsicheren Tatsachengrundlage ausgeht. Gleichwohl demonstriert die Entscheidung anschaulich einige wichtige Aspekte des (verwaltungsgerichtlichen) Eilrechtsschutzes (der natürlich besonders examensrelevant ist). Das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache spielt bei § 123 VwGO sehr häufig eine Rolle. Eine solche ist nur unter sehr engen Voraussetzungen zulässig. Entscheidend ist, dass man die Problematik erkennt und sachlich argumentiert. Aus gaststätten- und gewerberechtlicher Sicht ist die Strohmann-Problematik hervorzuheben. Das Zuverlässigkeitserfordernis kann regelmäßig nicht durch den Einsatz eines (faktisch) weisungsgebundenen Dritten umgangen werden. Außerdem kann, da das Verwaltungsrecht von anderen Wertungen (insb. präventive Gefahrenabwehr) bestimmt wird als das Strafrecht (repressiv/Unschuldsvermutung), noch andauernden Ermittlungsverfahren für die Beurteilung der Zuverlässigkeit durchaus Bedeutung zukommen.

 

 

 

 

 

 

„„

03.07.2013/2 Kommentare/von Dr. Jan Winzen
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Jan Winzen https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Jan Winzen2013-07-03 08:00:312013-07-03 08:00:31VG Bremen: neues zum Diskotheken-Streit – Eilantrag für "Stubu" abgelehnt

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