Aus gegebenem Anlass hier noch ein paar juristische Hintergrundinformationen zum Verhalten des Chefredakteurs der „Zeit“:
Herr di Lorenzo könnte sich der Wahlfälschung i.S.d. § 107a I StGB strafbar gemacht haben. Dieser schützt das Interesse der Allgemeinheit an ordnungsgemäßen Wahlen.[1] In Frage käme eine Erfüllung des Tatbestands des unbefugten Wählens. Unbefugt wählt, wer seine Stimme abgibt, ohne gültiges Stimmrecht zu besitzen[2]. Hierunter fällt auch der Fall des Mehrfachwählens.[3]
Da di Lorenzo allerdings im Besitz der italienischen und der deutschen Staatsbürgerschaft ist, dürfte er auch in beiden Ländern wählen. Allerdings im Hinblick auf § 6 IV EuWG nur einmal insgesamt, sodass der Tatbestand der Mehrfachwahl durchaus als erfüllt anzusehen ist.
Interessant wird zudem, dass sich di Lorenzo auf Nichtwissen des Unrechts seines Verhaltens beruft, was auf einen Verbotsirrtum i.S.d. § 17 StGB hindeutet, obwohl die Online-Ausgabe der „Zeit“ bereits am 21.05.14 darüber berichtete.
Wenn er der Überzeugung war, dass er aufgrund seiner doppelten Staatsbürgerschaft dazu befugt wäre, zweimal zu wählen, bestünde zudem die Möglichkeit des Tatbestandsirrtums i.S.d. § 16 I StGB.
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[1] BGH NJW 1981, 588.
[2] MüKo, Müller, § 107a, Rn.7.
[3] RGSt 37, 297, 298.
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