Strafrecht SI – Oktober 2015 – 1. Staatsexamen Berlin
Nachfolgend erhaltet ihr ein Gedächtnisprotokoll der Strafrechtsklausur des 1. Staatsexamens in Berlin im Oktober 2015. Vielen Dank für die Zusendung. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.
Unser Examensreport lebt von Eurer Mithilfe. Deshalb bitten wir Euch, uns Gedächtnisprotokolle Eurer Klausuren zuzuschicken, damit wir sie veröffentlichen können. Nur so können Eure Nachfolger genauso von der Seite profitieren, wie Ihr es getan habt. Unsere Adresse lautet examensreport@juraexamen.info. Weitere nützliche Hinweise findet ihr auch hier.
Sachverhalt
Fan D ist erbost über den Sponsor (Geflügelmastanlage) seines Lieblingsfußballvereins V. Um zu demonstrieren kettet er sich am Haupteingang des Trainingsplatzes mit zwei schweren Ketten um seine Hüfte fest, die mit mehreren Schlössern an den Pfosten befestigt sind. Dadurch kann der Mannschaftsbus mit den Spielern nicht auf das Gelände fahren. Die Ketten können erst nach 2 Stunden unter Einsatz von Werkzeug wieder entfernt werden. Weitere Fahrzeuge werden nicht behindert, innerhalb des Geländes befinden sich keine Personen.
D findet, dass die Gänse der Geflügelmastanlage einen überdurchschnittlich hohen Fettanteil aufweisen. Er recherchiert ausführlich und stellt einen Verstoß gegen § 3 Nr. 9 TierSchG fest, in dem verboten ist, Gänse zu stopfen.
D daher schreibt dem Vorsitzenden G der Geflügelmastanlage einen Brief an seine Privatadresse, in dem er ihn persönlich den Vorwurf macht gegen § 3 Nr. 9 TischSchG zu verstoßen. G liest den Brief und wirft ihn ohne zu antworten weg.
D ist sauer, dass G nicht antwortet. Er erzählt seinem Bekannten B alles, der auch Tierschützer ist. Sie beschließen gemeinsam dem G eins auszuwischen. Zwei Wochen später verfolgen sie den G unbemerkt auf seiner Wanderung durchs Hochgebirge. Als kein anderer Mensch mehr in der Nähe ist, rufen B und D unter Vorhalt ihrer ungeladenen Pistolen (was für G nicht erkennbar ist) dem G, der sich in 50 Metern Entfernung befindet zu, dass sie ihn erschließen werden. Dabei wollen sie ihm nur Angst machen und ihn später ordentlich verprügeln. G bekommt Panik und rennt weg. Die sportlichen B und D haben ihn fast eingeholt als er auf dem unwegsamen Gelände stürzt, in die Tiefe fällt und sofort an seinen Verletzungen stirbt. Damit haben B und D nicht gerechnet.
Der Fußballspieler F ist homosexuell und in einer langjährigen Beziehung mit seinem Partner P, was außer seinem engsten Familienkreis niemand erfahren darf, da er Angst vor den negativen Reaktionen der Fans hat. Sein ehemals guter Freund Y ist sauer auf ihn und erzählt daher bei einem Fanstammtisch, dass F homosexuell ist und in einer festen Beziehung lebt. Dies habe ihm Z erzählt. Z ist ein sehr bekannter Mann, der stets gut informiert ist. Außerdem erzählt Y, dass Z ihm von einer nicht bezahlten Restaurantrechnung des F erzählt hat. Y macht dabei deutlich, dass er selbst nicht weiß, ob beide Gerüchte stimmen. Es lässt sich nicht mehr aufklären, ob die Restaurantrechnung tatsächlich nicht bezahlt wurde. Wie vom Y vorhergesehen, verbreitet sich das Gerücht der Homosexualität schnell. Die Fans sind aggressiv und pfeifen den F beim nächsten Spiel aus. Obwohl F eine sehr gute Spielleistung erbringt, wird er beim nächsten Spiel vom Trainer bereits nach 20 Minuten ausgewechselt, wegen der aggressiven Stimmung im Stadion.
Strafbarkeit von D, B und Y?
Eine Strafbarkeit zum Nachteil des Z ist nicht zu prüfen. Erforderliche Strafanträge sind gestellt. Etwaige Strafverfolgungshindernisse sind nicht zu prüfen.
Grob:
1. TK: Gewaltbegriff und Gewalt (+), da zusätzliche physische Barriere durch Ankettung an beiden Pfosten usw.
2. TK: Da fehlt nach Mitteilung einiger Mitschreiber etwas im Sachverhalt, nämlich dass die Vorwürfe unzutreffend waren, daher Diskussion im subjektiven Tatbestand wie es sich auswirkt, dass Täter die Recherchen für wahr hielt.
3. TK: Unmittelbares Ansetzen an 223 ff. schon beim Zielen usw., dann Körperverletzung mit Todesfolge, Anknüpfung an Handlung oder Erfolg – Da an Handlung angeknüpft werden kann (+)
4. TK: Puh.. Beleidigungsdelikte mal wieder .. Bezüglich Homosexualität wird man festhalten müssen, dass dies isoliert natürlich keine 185 ff. darstellen kann. Hier kann die Kundgabe von Missachtung aber aus den Gesamtumständen ergehen, nicht auf eine Formalbeleidigung „Du Homsexueller“ o.Ä.
Bezüglich Rechnung: 186 objektive Bedingung der Strafbarkeit und Umkehr des in dubio pro reo Grundsatzes .. kann hier durch Täter nicht erwiesen werden, dass Nichtzahlung zutrifft.