Strafrecht SI – Mai 2016 – 1. Staatsexamen NRW
Im Vorliegenden erhaltet ihr auch ein Gedächtnisprotokoll der gelaufenen Klausur im Strafrecht des 1. Staatsexamens im Mai 2016 in NRW. Vielen Dank dafür. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.
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Sachverhalt
T tritt in das Unternehmen seines Vaters ein und führt eine Apotheke weiter. Da T wegen seiner Spielsucht in Geldnöten ist, überlegt er sich ein raffiniertes System, um sein Einkommen hinreichend zu Ergänzen.
Das System funktioniert wie folgt:
Kassenpatienten, die bei T ein ärztlich verordnetes Medikament erwerben möchten, es aber nicht benötigen, erhalten von T eine Gutschrift für nicht verschreibungspflichtige Arzneien, die T teurer bei der Krankenkasse abrechnen kann als die verordneten Medikamente. Diese „Tauschkunden“ erhalten dann ein nicht verschreibungspflichtiges Medikament, das T anstelle des eigentlich ärztlich verordneten in seiner späteren Abrechnung einträgt.
Die Abrechnungen schickt T an ein Abrechnungsunternehmen, die G – GmbH, wo der Mitarbeiter P diese Abrechnungen und Rezepte bündelt und dann in einen Computer eingibt. Eine Überprüfung der Rezepte oder Abrechnungen erfolgt bei diesem Prozess nicht. Dem T ist dieser Vorgang bekannt.
Weiter wird die fertige Datei an die Krankenkasse K übersendet, deren Mitarbeiter Mals gängiges Prozedere bei der K diese nur auf Anzahl und Preis hin überprüft. Hierbei werden keine Unregelmäßigkeiten seitens des M oder der K festgestellt. Daraufhin veranlasst M die Zahlung an T. In einem Monat macht T mit dieser Methode 300.000€ von denen 60.000€ Reingewinn für T sind.
T, der wie seine Kunden auch Patient bei Arzt A ist, lässt sich dort untersuchen. Als er auf dem Tisch ein Rezept für einen Kunden seiner Apotheke sieht, ergänzt er ein für den Kunden nicht erforderliches Medikament und legt das Rezept wieder auf den Tisch. Weiter entdeckt T als A kurz aus dem Zimmer geht einen Rezeptblock samt Praxisstempel in der unverschlossenen Schreibtischschublade und stecke beide in seine Jackentasche.
Zuhause angekommen, fertigt T mit dem Rezeptblock und dem Stempel ein weiteres Rezept an, das er mit der Unterschrift des A unterschreibt.
T möchte mit den beiden Rezepten zur Post, um es für seine Abrechnung geltend zu machen. Daraufhin fährt T durch eine unübersichtliche mit Bodenwellen übersäte Straße auf der ein Tempolimit von 50 km/h besteht. Da ihm der Radfahrer R vor ihm zu langsam ist, überholt er ihn mit einer Geschwindigkeit von 100 km/h. Er geht bei dem Überholvorgang davon aus, dass er, obwohl er dies nicht beabsichtigt, mit einem entgegenkommenden Fahrzeug kollidieren könnte. Als T ausschert verliert er die Kontrolle über den Wagen und gerät auf die Gegenfahrbahn, wo er mit dem C kollidiert. Der neue VW Touran des C hat einen Totalschaden. C selbst ist lebensgefährlich verletzt worden. Nach der Kollision ist T sofort weitergefahren. R, der das ganze beobachtet hat begibt sich zu dem eingeklemmten C und sagt ihm, er (R) würde sofort Hilfe holen. Dies tat er aber nicht. C verstarb noch am Unfallort. Hätten T oder R den Notarzt gerufen, wäre C mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gerettet worden.
Wie haben sich T und R strafbar gemacht?
Bearbeitervermerk: Es ist auf alle aufgeworfenen Fragen einzugehen. Erforderliche Strafanträge sind gestellt.
Tatkomplex 1- Versenden der Rezepte
I. 263 ggü Mitarbeiter P zu Lasten der Abrechnungs GmbH
i.E (-) konkludente täuschung aber mangels Irrtumserregung (p)sachgedankliches Mitbewusstsein eher minus aA vertretbar, aber spätestens dann kein Schaden
263, 25 I 2.Alt. durch Abrechnungs Gmbh ggü M zu Lasten K zu Gunsten T
i.E (+) Probleme bei der Täuschungshandlung, da R nur die Rechnungen an die Abrechnungs Gmbh überreicht hat,diese haben aber die Tathandlung vorgenommen, mangels Kenntnis liegt mittelbare Täterschaft vor, Dreiecksbetrug (alle Theorien kommen auf dasselbe Ergebnis), Schaden da an sich ausgezahlt werden muss. Allenfalls Frage der Schadenskompensation, Schaden durchaus gegeben. Subjektiver Tatbestand (P) Stoffgleichheit aber iE plus
-> Regelbeispiele lagen auch vor
268, 25 I 2.alt iE minus mangels technischer Aufzeichnung
-> ein zwei Sätze maximum
Man hätte wohl noch 263 ggü Abrechnungs Gmbh zu lasten der versicherung prüfen können, aber ich habe das sachgedankliche mitbewusstsein abgelehnt, daher eher minus spätestens bei vermögensverfügung raus, da hM (-) Das sachgedankliche Mitbewusstsein könnte man aber auch annehmen, da BGH für das Mahnverfahren entschieden hat, das man trotz sehenden Auges keine offensichtlich nichtbestehenden Ansprüche zusprechen kann, Rechtsgedanke §1RPFLG, MANGELS vergleichbarkeit hab ichs abgelehnt
Tatkomplex 2- Geschehnisse beim Arzt
267 I 2.Alt, Absatz 3 eventuell hab ich aber nicht geprüft- vergessen-, durch ergänzen weiterer Rezepte, problematisiert, ob rezepte Urkunden sind dann dann das verhältnis zu den anderen varianten dargestellt iE PLUS
242, 243 I 2 Nr.1, 2 durch einstecken rezeptblock und stempel;
Probleme nur bei Zueignungsabsicht, da es ihm auf den wert der sache ankam.
Wertsumme und Sachsubstanztheorie aber bei iE gleich nicht enscheidungserheblich.
243 I 2 nr.1 abgelehnt und nr.2 iE auch aber den Streit eröffnet, da Schublade nicht abgeschlossen. Habe aber einen eigenen besonderen Fall angenommen, wegen der Indizwirkung der Regelbeispiele.
Überdies den Ausschluss nach Absatz 2 geprüft und den Marktwert dargestellt wegen 25€ und wegen immateriellem wert durchaus mehr als 25 euro und daher kein ausschluss.
267 I 1 und 3. Var. wegen herstellen eines neues Rezepts. Herstellen plus gebrauchen minus allenfalls bzgl gebrauchen straflose Vorbereitungshandlung/ erst abgabe bei der Post etc führt dazu( wollte mir Zeit einsparen damit ich den versuchten Betrug nicht prüfen muss)
Tatkomplet 3- Geschehnisse vor der Fahrt
212 durch anfahren iE Minus mangels vorsatz abgrenzung dolus eventualis bewusste Fahrlässigkeit, da mE voluntatives Element zwingend eher bewusste Fahrlässigkeit
227 iE minus mangels Vorsatz wollte gefährdung aber nicht körperverletzung- wollte Kollision zwingend meiden
222 iE plus
315c I Nr 2b, weitere varianten möglich mangels zeitdruck 2b bejaht-> hierfür 5 StVO als Argument für das falsche überholen
315b abgelehnt, da 315c abschließend bei den 7 Todessünden innerhalb der Verkehrsflusses, 315b allenfalls eingriffe von außen-> pervertierung
Tatkomplex 4- Geschehnisse nach dem Unfall, 142 StGB als zeitliche Zäsur
142 iE Plus
211 durch unterlassen iE PLUS, Probleme Verdeckungsabsicht, eA Absicht Rspr. vorsatz hier aber opfer und anderer gesehen daher verdeckungsabsicht minus aber niedrige beweggründe trotz restriktiver auslegung angenommen.
323c tritt dahinter zurück (ka ob ich das noch hingeschrieben hab) 😀
Strafbarkeit des R
Totschlag durch unterlassen
Probleme: Garantenstellung: -Ingerenz aber hier kein pflichtwidriges vorverhalten. Hab angebracht dass auch zu langsames Fahren pflichtwidrigkeit begründet siehe STVO aber, dass das verhalten nur die subjektive wahrnehmung des T wiedergibt und es gar nicht feststeht lebensnah, ob er zu schnell fuhr. Folglich iE Art. 20 III ivm 6 EMRK eher minus
strittig ob auch pflichtgemäßes Vorverhalten ausreicht. hM nur bei sozial auffälligem …. íE Ingerenz minus
-Kraft übernahme: minus da keine anderen hilfsbereiten Personen vor Ort
daher 212, 13 Minus
aber 323c dafür plus
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Einige haben wohl noch 265 geprüft, was für mich gar nicht verständlich ist. Falls mich jemand aufklären mag. Vielleicht hab ich ja auch etwas vollkommen vergessen 😀
1. Bei dem „Tausuchgeschäft“ leistet die Apotheke etwas, was seinen Preis und evtl. nicht absolut unbauchbar ist. Damit kann Betrug noch zw. sein.
2. Im Hinblick auf das Inrechnungsetllen falsch ausgesetllter Rezepte kann dagegen noch Betrug ggenüber der Krankenkasse
erwägbar sein.
3. Beim Rezeptblock und Arztblock kann Zueignungsabsicht insoweit fraglich sein, inweiweit sich T als Eigentümer gerieren will. Soweit T Blockzettel nur mit fremdem Artztnamen ausgefüllt nutzen will, kann er sich dabei evtl. gerade nicht selbst als Eigentümer geben wollen. Ebenso evtl. nicht beim Stempel mit fremden Identifikationszeichen.
Insofern kann Diebstahl noch problematischer sein.
4. Bei 315 b und 315 c ist weithin verbeitete Ansicht, dass diese zueinander exklusiv sind. Diskutiert wird heute, dass § 315c und § 222 für manch grob Verkehrswidirgkeiten mit schweren Folgen vom Strafrahmen zu niedrig sein können. Erwägbar kann daher sein, dass § 315 c Delikte aus dem Verkehr abschließend regelt, jedoch insoweit nicht eckluasi, ondern nur spezieller gegenüber § 315 b I N.3 StGB sein kann. Ein Eingriff kann hier evt. aus absichtlicher gober Verkehrswidrigkeit und Rücksichtslosigkeit folgen. Ein solches Verständnis kann bei schweren Folgen evtl. inen weitergehenden Strafrahmen aus § 315 III eröffnen.
5. Die Lösung im Hinblick den Tod von C kann verbreiteter Ansicht entsprechen. Es liegt hierbei ein aktiver und ein Unterlassensbeitrag vor. Der aktive Beitrag kann im Hinblick auf den Unterlassens-beitrag stets dazwischentretender Beitrag sein. Es kann fraglich sein, inwieweit Unterlassen dabei noch insgesamt tatherrschaftlich für einen entsprechenden Taterfolg sein kann. Dies selbt, wenn nur ein fahrlässiger aktiver Beitrag vorliegt. U.U. kann daher grds. nur eine aktive fahrlässige Tat vorliegen. Daneben noch § 323 c und § 142.