Strafrecht – Januar 2013 – 1. Staatsexamen Niedersachsen
Vielen Dank für die Zusendung eines Gedächtnisprotokolls zu der im Januar 2013 gelaufenen Klausur im Strafrecht in Niedersachsen. Ergänzungen oder Korrekturanmerkungen, sowie Lösungsansätze sind wie immer gern gesehen.
Unser Examensreport lebt von Eurer Mithilfe. Deshalb bitten wir Euch, uns Gedächtnisprotokolle Eurer Klausuren zuzuschicken, damit wir sie veröffentlichen können. Nur so können Eure Nachfolger genauso von der Seite profitieren, wie Ihr es getan habt. Vorab vielen Dank!
Sachverhalt
A, B und C sind seit der Schulzeit Bekannte. Sie haben in der Folgezeit keine Berufe gelernt, also verdienen sie sich ihr Geld mit „Gelegenheitsjobs“. Im Sommer herrscht mal wieder Geldflaute. A schlägt daher vor, den A, B und C ebenfalls noch aus der Schulzeit bekannten M, der mittlerweile Jura studiert und stets teure Klamotten trägt, zu entführen, um von der Familie des M Lösegeld zu fordern.
Nach Abschluss der Vorbereitungen schreiten A, B und C zur Tat. Sie fangen M auf dem Campusgelände ab, zerren ihn in ihr Auto und bringen ihn zu einer abgelegenen Waldhütte. Dort fesseln sie ihn und verriegeln die Tür von außen. Sodann rufen sie bei der Familie des M an und fordern 500.000€ Lösegeld, anderenfalls würden sie den M umbringen. Tatsächlich haben A, B und C jedoch keinesfalls vor, dem M etwas zu tun. Die Familie erklärt sich zur Zahlung bereit und es wird eine Geldübergabe vereinbart.
Aufgrund des heißen Sommers gibt es in der Region vermehrt Waldbrände. Eines Abends bricht auch im Wald, wo die Hütte mit M steht, ein Feuer aus. M stirbt in den Flammen. Dies haben A, B und C nicht gewollt. Zu einer Geldübergabe kommt es natürlich nicht mehr.
Frustriert gehen A, B, C zum Marktplatz. Dort sehen sie den ebenfalls noch aus Schulzeiten bekannten und verhassten X. A schlägt vor, den X mal „etwas aufzumischen“. Daraufhin stürmen A, B und C auf X zu, zerren ihn in einen dunklen Seiteneingang und beginnen, ihn zu schlagen und zu treten. B und C schlagen und treten beide abwechselnd auf X ein. Dies geht so etwa 30 min von statten, wobei das ganze an Brutalität zunimmt. Schließlich wird A übermütig und springt mit seinen schweren Stahlstiefeln auf den Kopf des X, wodurch dieser schwere Verletzungen erleidet, an denen er sofort stirbt. Der X hatte dies in Kauf genommen. B und C sind schockiert, denn den Tod des X hatten sie keinesfalls gewollt.
Geschockt rennen B und C davon. A folgt ihnen, um sie zu beruhigen. B ist jedoch völlig in Panik durch den Tod des X und meint nun, der A wolle nun auch noch ihn, B sowie den C umbringen. C hingegen hat erkannt, dass A ihnen nichts tun will. Weil er aber vom besserwisserischen Getue des A genervt ist, rät er B „Stich ihn ab“. Als A an B und C herantritt, zückt B daher sein Butterflymesser und sticht auf A ein, bis dieser leblos zusammensackt.
Aufgaben
Wie haben sich B und C strafbar gemacht?
§§ 239a, 239b StGB sind nicht zu prüfen.
Lösungsvorschläge?
kommt im 2. tatkomplex bezüglich der Tat an X ein mittäterexess in betracht?
Weiss jemand zufälligerweise, ob der Fall auch in NRW gelaufen ist?
liegt hier versuchter betrug oder eher versuchter raub / erpressung vor? ist die vermögensverfügung freiwillig? ich hoffe mir antwortet jemand :((
Ich habe versuchte schwere räuberische erpressung bejaht, betrug hingegen verneint (dazu gab es hier vor kurzem irgend einen aufsatz) weil die vermögensverfügung bei Lösegeldforderungen keine freiwillige ist und in diesem Sinne kein Selbstschädigungsdelikt vorliegen kann. Zudem im ersten Tatkomplex Mord/Totschlag durch Unterlassen verneint, fahrlässige Tötung durch Unterlassen aufgrund der Waldbrände im Vorfeld bejaht (Ingerenz, objektive Vorhersehbarkeit).
Sowie natürlich diverse Begleitdelikte wie Bedrohung der Familie, Nötigung des M in mehreren Fällen (Campus, Fesseln, Hütte), Freiheitsberaubung.
Im Zweiten Teil habe ich den Mitttäterexzess diskutiert, aber aufgrund der besonderen Situation (30 min, immer weiter aufgeheizt) insoweit abgelehnt, als ich bezüglich der Tötung Fahrlässigkeit und somit eine schwere KV mit Todesfolge angenommen habe. Sowie natürlich § 231 BGB.
Teil 3 war dann ein Erlaubnistatbestandsirrtum anzuprüfen den ich abgelehnt habe.. sowie eine Anstiftung, die bei mir durchgeht.
§ 30 II StGB hab ich glaub ich 50x auf der Lösungsskizze stehen, aber aufgrund Zeitnot in den Konkurrenzen leider vergessen.
Da ist ein Fehler drin
„Schließlich wird A übermütig und springt mit seinen schweren Stahlstiefeln auf den Kopf des X, wodurch dieser schwere Verletzungen erleidet, an denen er sofort stirbt. Der X hatte dies in Kauf genommen.“
Wer hat es denn nun in Kauf genommen? 😉
hat jemand einen Lösungsvorschlag für den Fall?