Schweizer Minarett-Verbot vor Menschenrechtsgerichtshof
Das umstrittene Schweizer Minarett-Verbot, über das wir bereits berichtet haben, soll nun vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte überprüft werden. Am 15.12.2009 wurde eine Individualbeschwerde bei dem Straßburger Gericht eingereicht.
Im Beck-Ticker wurde ebenfalls darüber berichtet:
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sei nur eine Art Notbremse, meinte der Schweizer Strafrechtsprofessor Stefan Trechsel in der «Tagesschau» des Schweizer Fernsehens zu der Klage Ouardiris. Zuerst müssten alle Instanzen in der Schweiz bis hin zum Bundesgericht angerufen werden. Zudem seien die Beschwerdeführer persönlich vom Minarett-Verbot gar nicht betroffen, weil ihnen kein Gesuch für den Bau eines Minaretts verwehrt worden sei.
Für die mündliche Prüfung vielleicht ein Anreiz, sich kurz mit den einschlägigen Verfahrensnormen der EMRK beschäftigen.
Notwendigkeit der Erschöpfung des Rechtswegs
Der EGMR kann im Individualbeschwerdeverfahren (zu unterscheiden von der Staatenbeschwerde nach Art. 33 EGMR) erst angerufen werden, wenn der innerstaatliche Instanzenzug durchlaufen ist und keine Rechtsbehelfe mehr verbleiben. Daher muss grundsätzlich auch ein Verfassungsgericht wie beispielsweise das BVerfG angerufen werden, selbst wenn dieses nach dem nationalen Recht nicht zum eigentlichen Instanzenzug gehört.
Die Anrufungsfrist nach der letzten endgültigen innerstaatlichen Entscheidung beträgt sechs Monate (vgl. Art. 35 EMRK).
Bindungswirkung
Art. 46 der EMRK lautet: „Die Hohen Vertragsparteien verpflichten sich, in allen Rechts sachen, in denen sie Partei sind, das endgültige Urteil des Gerichtshofs zu befolgen.“
Da die EMRK in Deutschland aber durch ein Transformationsgesetz in nationales Recht umgesetzt wurde, stellt sie lediglich einfaches Bundesrecht und kein Verfassungsrecht dar und müsste demnach bei einer Verfassungsbeschwerde im Grunde nicht berücksichtigt werden.
Die Erwägungen der Urteile des EGMR berücksichtigt das BVerfG bei einer Verfassungsbeschwerde jedoch trotzdem weitestgehend im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung, um so denvölkerrechtlichen Pflichten der Bundesrepublik Deutschland nachzukommen.
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