Sachverhalt der 2. Zivilrecht Examensklausur – Mai 2011 – 1. Staatsexamen NRW
Wir danken Julia für die Zusendung eines Gedächtnisprotokolls von der 2. Zivilrechtsklausur, die im 1. Staatsexamen im Mai 2011 in NRW gelaufen ist.
Fall 1
A ist Ingenieur und hatte bereits während seines Studiums in den Jahren 2007, 2008 für jeweils 4 Wochen ganztägig bei der G-AG gejobbt. Nach erfolgreichem Abschluss seines Studiums wurde A zunächst bei einem Maschinenbauunternehmen tätig. Als dieses Insolvenz anmelden musste, schloss er mit der G-AG zum 1.11.2010 einen Arbeitsvertrag, welcher folgende Regelung enthielt:
§ 1 Erprobung und Befristung
Der Arbeitsvertrag wird vom 1.11.2010 bis zum 30.10.2012 befristet. Die Probezeit wird auf sechs Monate festgelegt.
Ende April 2011 sprach der Personalchef der G-AG den A an und teilte ihm mit, dass er ab Mai 2011 nicht mehr erscheinen müsse. Sein Arbeitsvertrag laufe aus. A ist erbost, da er dachte, dass er sich erst zum Ende des Jahres 2012 nach einem neuen Arbeitsplatz umschauen müsse.
Er wendet sich an sie mit der Bitte um Erläuterung, ob und ggf. bis wann sein Arbeitsvertrag wirksam befristet wurde und wie er ggf. gegen eine unwirksame Befristung angehen könne.
Fall 2
B ist seit 2003 bei der G-AG in der Kantine angestellt. Von 2005 bis 2008 war sie in Mutterschutz mit anschließender Elternzeit wegen der Geburt ihrer Tochter. Die G-AG lagert indes durch Vertrag ihre Werkskantine an die GV-GmbH aus. Ende 2010 werden die Arbeitnehmer von diesem Vorgang nach den arbeitsrechtlichen Vorschriften informiert. Auch die B erhält eine solche Information.
Als die B im am 01.04.2011 wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehrt, gibt sie vor, dass ihr die Arbeit nunmehr unzumutbar sei. Sie habe in den letzten Monaten den Koran studiert und wolle nunmehr nach diesem ihr Leben gestalten. Die Arbeit in der Kantine sei ihr fortan nicht mehr möglich, weil sie dort u.a. mit Alkohol in Kontakt komme.
Nach mehreren Gesprächen mit der B, welche allesamt erfolglos blieben, erhält die B am 05.04.2011 eine Abmahnung der GV-GmbH. Da die B auch daraufhin ihre Arbeit nicht aufnimmt. kündigt die GV-GmbH der B mit Schreiben vom 08.04.2011 fristlos, wahlweise jedoch fristgerecht zum 30.06 (nach tarifvertraglicher Regelung).
B erhebt Klage vor dem zuständigen Arbeitsgericht.
Die GV-GmbH könne ihr nicht kündigen, da die G-AG ihr Arbeitgeber sei. Sie wolle auch viel lieber bei der G-AG arbeiten, da sie dort auf einen Arbeitsplatz in der Putzkolonne abweichen könne, in der GV-GmbH bestehe eine solche Ausweichmöglichkeit nicht. Zudem sei sowohl die fristlose, als auch die fristgerechte Kündigung wegen Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot unwirksam.
Wie wird das Arbeitsgericht entscheiden?
Anmerkung: Beantworten sie sowohl in 1 u 2 alle aufgeworfenen Rechtsfragen –notfalls hilfsgutacherlich.
Wichtig ist bei Fall1 noch, dass § 1 des Arbeitsvertrags die Formulierung enthielt: Nach ablauf der sechsmonatigen Probezeit endet das Arbeitsverhältnis automatisch ohne dass es einer Kündigung bedarf
Der Arbeitsvertrag ist befristet und enthielt noch eine zusätzliche Klausel, dass der Vertrag nach der Probezeit ausläuft? o.O
Sehe ich das richtig, dass der erste Satz vom ersten Sachverhalt für die Fristenberechnung irrelevant ist? Schließlich hat A nach dem Studium bei einem anderen Unternehmen gearbeitet und ist erst dann wieder zu der G-AG gewechselt.
Ja, wurde auch schon so ähnlich vom BGH entschieden. Bei der Klausel handelt es sich meiner Meinung nach um eine unwirksame, da sie zweideutig und missverständlich ist (–> AGB-Kontrolle, §§ 307, 305 c)