Sachverhalt der 1. Zivilrechts Klausur – Dezember 2011 – 1.Staatsexamen NRW, Hamburg
Vielen Dank an Katharina und Christian für die Zusendung eines Gedächtnisprotokolls der heute in NRW gelaufenen, ersten Klausur im Zivilrecht. Wie immer sind Ergänzungen und Anmerkungen höchst willkommen.
Sachverhalt
Künstler K will sich eines seiner Ölgemälde (Wert 2000,-) entledigen und möchte, dass es vom Sperrmüll abgeholt und zerstört wird. Ihm ist dabei besonders wichtig, dass das Gemälde wirklich zerstört und nicht von irgendeinem Passanten mitgenommen wird. Am Vorabend der Abholung stellt er das Gemälde in seine Garageneinfahrt zur Abholung bereit.
Kunstliebhaber L sieht das Gemälde und erkennt zutreffend, dass K das Gemälde abgeholt und zerstört wissen will. Trotzdem nimmt er es an sich, um es seiner Freundin S zum Geburtstag eine Woche später zu schenken. Er hatte ohnehin vor ihr ein Geschenk im Wert von 2000,- zu kaufen (Gem. d. Protokoll aus HH: L hätte der S niemals so ein teures Geschenk gemacht.).
Er schenkt ihr das Gemälde, wobei S davon ausgeht, L habe es teuer erstanden. Nach einem heftigen Streit zerstört S aus Wut das Bild mittels eines Papierschredders.
In der Nacht noch vor der Abholung hatte es sich K jedoch noch einmal anders überlegt und wollte das Gemälde doch wieder in sein Atelier aufnehmen, musste am nächsten Morgen aber leider feststellen, dass es bereits durch einen Dritten – nicht durch den Sperrmüll – mitgenommen worden war. Später erfährt er von dem Verbleib des Bildes.
Er fragt seinen Anwalt ob/welche Rechte er gegen L und/oder S hat.
Bearbeitervermerk: Das Gutachten des Anwalts ist zu erstellen. Dabei ist auf alle Rechtsfragen einzugehen.
Basiert übrigens auf Urteil von LG Ravensburg, wo ein Künstler selbstgemalte Bilde auf den Sperrmüll stellte
NJW 1987, 3142
Laut LG keine Dereliktion § 959
Super, danke für den Hinweis auf das Urteil!
Was war das denn bitte?
Von wegen Weihnachtsgeschenke und so! Der Klausursteller war bestimmt der Grinch!
Keine Ahnung was ich da fabriziert habe! War ein gewurschtel im Sachenrecht!
Auf Dereliktion kam ich gar nicht! Wusste auch nicht wie ich das da rein packen sollte!
Bitte morgen was anständiges!
Ich habe geprüft –
Ansprüche gegen L:
– 989, 990 +
– 992, 823 I +
– 823 II i.V.m 858, 242 StGB +
– 812 I 1, 2. Fall +
– 816 I 1 -, weil ersparte Aufwendungen kein „etwas“ sind und keine Genehmigung
Ansprüche gegen S:
– 989, 990 – wegen Gutgläubigkeit
– 812 I 1, 1. Fall – wegen Rechtsgrund Schenkung
– 812 I 1, 2. Fall – wegen Subsidiarität
– 816 I 2 – wegen Entreicherung
Ich habe mich mit dem schädigenden Ereignis ziemlich schwergetan. Bei L habe ich das in dem Besitzentzug gesehen, bei S nachher in der endgültigen Zerstörung. Ansonsten allerdings ein fairer Sachverhalt.
habe das soweit größtenteils wie Frischling
Anspruch K gg L § 816 I 1 habe ich daran scheitern lassen, dass die Verfügung ggü K jedenfalls nicht wirksam war
K gg S habe ich noch (statt § 812) den Anspruch aus § 822 der aber bei mir auch an der Entreicherung scheitert
Wie siehts denn aus mit der Sperrwirkung vom EBV?
Konnte man vertreten, dass §812 ff. gesperrt sind und EBV insoweit spezialregelungen trifft?
Schließe mich Vorposter an mit folgender Modifikation: Sperrwirkung des EBV bei S, dafür aber 988 Nutzungsersatz für Mietkosten eines vergleichbaren Bildes. Bei Ansprüchen gegen L i.E. genauso, sofern man Sperrwirkung realtiv sieht. Geltendmachung des Anspruchs von 816 I ist die konkludente Genehmigung der Übereignug im Rahmen der Schenkung – sofern man als Anwalt seinem Mandanten dazu rät. Erlangt durch die Verfügung ist dann die Befreiung vom Schenkungsvertrag – objektiver Wert 2000 Euro.
Wenn die §§ 989 ff gegeben sind, also EBV +, sind dann §§823 ff und §§ 812 ff (außer § 816) nicht gesperrt? Ich weiß es gibt Ausnahmen, aber hier?
Was ist denn mit der Sperrwirkung? Konnte man die Anwendung von 812ff nicht vielleicht sogar ganz verneinen? :S
Aber geht ein anspruch aus 812 I 1, 1. gegen s denn überhaupt? Es gilt doch die relativität der leistungsbeziehung und k hat das bild doch nicht der s geschenkt.
Naja, zumindest § 816 ist doch neben EBV anwendbar, da §§987ff nur bzg SE, Nutzungen und Verwendung abschließend sind.
Wobei ich § 816 nur bei L geprüft habe, S hat doch gar nicht verfügt (@ Frischling), bei S konnte man allenfalls an § 822 denken, doch war L ja gerade nicht entreichert, weshalb Aushilfshaftung nach § 822 auch nicht greift?! Noch andere Lösungsvorschläge?
Die Sperrwirkung habe ich abgelehnt, weil die Kondiktionsansprüche auf Wertersatz angelegt sind und 993 I a.E. ja nur Ansprüche auf Nutzungs- und SE sperrt.
@Antisperrwirkung: Bei S habe ich 816 I 2 geprüft, weil sie durch die Verfügung des L unentgeltlich etwas erlangt hat. § 822 wäre m.E. nur anwendbar, wenn S das Bild unentgeltlich weitergegeben hätte (jedenfalls nach meinem Verständnis von 816 I 2 zu 822)
Hi,
hat jemand in irgendeiner Weise Ansprüche aus GoA geprüft?
Bei L habe ich sie ganz weggelassen und bei S habe ich GoA erwähnt aber in einem Satz wegen 687 I verneint.
Ich habe für L angemaßte Eigengeschäftsführung geprüft, da die Verfügung über eine Sache dem Rechtskreis des Eigentümers, also immer noch K angehört und für L somit ein fremdes Geschäft war.
Er hat ferner erkannt, dass K das Gemälde zerstören lassen wollte, also sein Eigentum noch nicht gänzlich aufgegeben hatte, war sich also seiner Nichtberechtigung bewusst.
damit SE oder Herausgabe des Erlangten.
Erlangt hat L aber nichts, da unentgeltlich
Noch andere Vorschläge?
wie kann das sein? ZR 1 Dezember, NRW und Hamburg und hier
https://red.ab7.dev/sachverhalt-der-1-zivilrechts-klausur-dezember-2011-1-staatsexamen-hamburg/
sind zwei verschiedene Sachverhalte, da ist wohl eine die ZR2 Klausur oder?
In Hamburg wird zusätzlich zu Anfang eine Klausur im Handels- und Gesellschaftsrecht geschrieben, wenn ich das richtig sehe. War ein Fehler in der Überschrift, wurde bei dem anderen Protokoll korrigiert. Danke aber für den Hinweis.
Z II sollte bald noch reinkommen. 🙂
Ich hätte an § 988 BGB gedacht, gegebenenfalls analog ?!