Sachverhalt der Klausur Handels- und Gesellschaftsrecht – Dezember 2011 – 1.Staatsexamen Hamburg
Wir bedanken uns bei Christian für die Zusendung eines Gedächtnisprotokolls der heute gelaufenen Klausur im Handels- und Gesellschaftsrecht!
Sachverhalt
Die H-KG betreibt in eine Hotelanlage. Die KG hat 200 Kommanditisten, X ist ihr einziger Komplementär. Jeder Gesellschafter hat (wirksam) eine Einlage iHv. 10.000 € geleistet und hat eine Stimme (für Gesellschafterbeschlüsse). Die Hotelanlage könnte nach Meinung des X renoviert werden, dafür wird neues Kapital benötigt. X hat die Idee, weitere 100 Kommanditisten zu je 10.000 € Einlage in die Gesellschaft aufzunehmen. Dies schlägt er am 1.8.2011 schriftlich allen Gesellschaftern vor und setzt zur Abstimmung eine Frist bis zum 31.8.2011.
Der Gesellschaftsvertrag regelt u.a.:
§ 16
Nr. 1 Die Gesellschafterversammlung entscheidet insbesondere über
Lit. k. … die Änderung des Gesellschaftsvertrags
Nr. 2 … Sind 75% (?) der Stimmen auf 5 Gesellschafter konzentriert tritt an Stelle der ¾-Mehrheit eine 9/10 Mehrheit; sind mehr als 90% in der Hand eines Gesellschafters ist Einstimmigkeit erforderlich.
§ 17
Nr. 1 Beschlussfassungen können entweder in der Gesellschafterversammlung oder in schriftlicher Abstimmung getroffen werden.
Nr. 2 Bei schriftlicher Abstimmung müssen mindestens 10% der Gesellschafter teilnehmen.
Nr. 3 Abstimmung erfolgt mit einfacher Mehrheit, wenn sich nicht aus diesem Vertrag oder aus Gesetzt etwas anderes ergibt. Stimmenenthaltungen gelten als nicht abgegebene Stimmen.
Die Abstimmung verläuft mit geteilter Resonanz; 100 Gesellschafter antworten – davon stimmen 76 für die Änderung (Aufnahme der neuen Gesellschafter) und 24 dagegen. X enthält sich.
X beginnt mit der Ansprache von Investoren und trifft dabei auf seinen alten Schulfreund, den Antiquitätenhändler B. Die Geschäfte des B laufen schlecht. Um seinem alten Schulfreund unter die Arme zu greifen, bietet X in Namen der H-KG dem B eine antike Kommode zum Kaufpreis von 50 € an (tatsächlicher Wert: 5.000 €). Dem B gefällt dieser „Plan“. Als B die Kommode abtransportiert wird er in einen Unfall verwickelt und die Kommode total zerstört.
A, Kommanditist der H-KG hat von der Abstimmung nichts mitbekommen, da er auf Weltreise war – jedenfalls hält er nichts von der Renovierung und Aufnahme weiterer Gesellschafter. Er ist der Meinung die Beschlussfassung war unwirksam und jedenfalls wurde die notwendige ¾ Mehrheit nicht erreicht. X entgegnet, das Verfahren wäre absolut in Ordnung und eine einfache Mehrheit würde ausreichen.
Frage 1: War die Änderung des Gesellschaftsvertrags wirksam?
Frage 2: Welche Ansprüche stehen der H-KG gegen X und B zu? Welche Möglichkeit hat A die Ansprüche im eigenen Namen geltend zu machen?
Also mich hat der Sachverhalt total erschlagen. Frage 1 habe ich lediglich mit Auslegung des Vertrages und 119 II HGB beantwortet und die Änderung für unwirksam erklärt.
Bei Frage 2 habe ich gegenüber X einen SE-Anspruch aus § 280 I BGB i.V.m. der Treuepflicht ggü. der Gesellschaft konstruiert. Bei Ansprüchen gegen B habe zuerst §§ 989, 990 BGB geprüft und eine Vindikationslage daran scheitern lassen, dass B gutgläubig Eigentum erworben hat wegen 366 HGB (Die verfügungsbefugnis des X habe ich vorher scheitern lassen und bin so auf gutgläubigen Erwerb gekommen. Danach habe ich den Kaufvertrag zwischen B und X für nichtig gem. § 138 BGB erklärt und einen Anspruch aus §§ 812, 818 II BGB bejaht.
Dann war die Zeit um… im ersten Teil habe ich nicht mit dem Gesetz gearbeitet und habe ein richtig schlechtes Gefühl. Was habt ihr so geprüft und bejaht?
Die Klausur war in Teil 1 der Tat mal etwas anders – ich habe dort auch kaum mit dem Gesetz gearbeitet.
Habe hinsichtlich der Mehrheitsverhältnisse und der Besonderheit einer „Gesellschafterversammlung“ etwas mit dem Vereinsrecht (§§ 32, 33 BGB) verglichen – allerdings soweit ohne konkret darzustellen, dass es eine Publikums-KG.
Im Ergebnis war die Änderung bei mir einmal aufgrund der Art der Beschlussfassung und aufgrund der Mehrheitsverhältnisse unwirksam.
Im 2. Teil habe ich gegen X auch § 280 I, 241 II aus dem Gesellschaftsvertrag geprüft und bejaht
Gegen X habe ich dann noch einen Anspruch aus § 823 geprüft und innerhalb dessen die Eigentumsübertragung geprüft (die ich aufgrund von Evidenz im Rahmen der Vertretung bei der Einigung abgelehnt habe; damit scheiterte auch ein gutgläubiger Erwerb).
Gegen B habe ich auch §§ 990,989 geprüft und bejaht.