Sachverhalt der 1. Zivilrecht Examensklausur – Juni 2011 – 1. Staatsexamen NRW und HH
Hier das Gedankenprotokoll der 1. Zivilrechtklausur im 1. Staatsexamen im Juni 2011 in NRW. Ergänzungen – insbesondere hinsichtlich der unterschiedlichen Datumsangaben – sind sehr erwünscht.
Sachverhalt
1.Teil:
V ist Eigentümer eines Mehrfamilienhauses in Köln. Im Jahr 1975 hat er einen Mietvertrag mit Mieter M über eine 4-Zimmer-Wohnung geschlossen, die zum Zeitpunkt des Mietbeginns frisch renoviert war. In dem Formularvertrag war folgende Klausel bezüglich Schönheitsreparaturen enthalten: „Der Mieter hat Schönheitsreparaturen (Tapezieren, Streichen der Wände, Streichen der Heizkörper) durchzuführen“. Im Jahr 1980 heiratet M die F, die ebenfalls in der Wohnung wohnte. Im Jahr 2005 hatte V das Gründstück mit dem Mehrfamilienhaus formwirksam auf seine Tochter T übertragen.
Am xx.xx.2010 stirbt der M. Alleinerbe ist sein Sohn aus erster Ehe. F, die schon seit 2009 an einer Querschnittslähmung litt und sich nicht mehr bewegen konnte, lebte noch ca. 2 weitere Monate (in der Klausur war das genau Datum angegeben), bevor sie mit Hilfe ihres Sohnes B in ein Pflegeheim umsiedelte. Dort verschlechterte sich ihr Zustand so weit, dass sie letztendes völlig geschäftsunfähig wurde.
B kündigte am xx.xx.2010 den Mietvertrag gegenüber ordentlich. F hatte dem B zuvor aber eine Generalvollmacht erteilt, in der er auch zur Abwicklung von Wohnungsangelegenheiten ermächtigt wurde. Im April 2010 hatte F zudem nochmal ihren Wunsch bekräftigt, das Mitverhältnis ihrer alten Wohnung enden zu lassen.
Am xx.xx.2010 trafen sich B und T und einigten sich darüber, dass Mietende der 30.11.2010 sein sollte. T zeigte dem T die Mieträume und wies daraufhin, dass die letzte Renovierung von M und F im Jahre 1994 durchgeführt worden sei. Die Räume befänden sich für die weitere Vermietung in einem unakzeptablen Zustand und müssten dringend renoviert werden. Dies ergebe sich aus der Klausel über Schönheitsreparaturen. T verlangt daher von F die Renovierungskosten. Ein Kostenvoranschlag bei einem Malerunternehmen habe ergeben, dass die Kosten insgesamt 11.000 Euro betragen.
Mit Schreiben vom xx.xx.2010 fordert T die F zur Zahlung der Renovierungskosten auf. B entgegnet, dass die Schönheitsreparaturen-Klausel in dieser Form nach der gängigen Rechtssprechung und Literaturauffassung unwirksam sei und F ihre Rechtsaufassung nochmal überprüfen müsse. In der Zwischenzeit gelingt es T die Wohnung zum 1.12.2010 an einen neuen Mieter zu vermieten, der die Schönheitsreparaturen selbst und auf eigene Kosten durchführt.
Frage 1:
Kann T von F die Zahlung von 11.000 Euro verlangen?
2. Teil:
V ist Eigentümer einiger Büroräume und will diese an die A-GmbH vermieten. Mitbeginn soll der 1.08.2008 sein. Die Miete beträgt 3000 Euro. Die A-GmbH wird bei der Unterzeichnung des Vertrags vom alleinbevollmächtigten Geschäftsführer G vertreten. Unterhalb der Unterschrift wird auf der Urkunde durch einen zusätzlich per Schreibmaschine hinzugefügten Text vermerkt, dass G den Schuldbeitritt erklärt und als persönlicher Schuldner für alle Verbindlichkeiten der A-GmbH aus dem Mietverhältnis hafte. Der Geschäftsführer wird Ende 2008 aus dem Dienst der GmbH entlassen.
In der Zwischenzeit stirbt V. Erben werden durch testamentarische Verfügung S, T und Neffe N, die alle zu gleichen Teilen erben. Die A-GmbH zahlt bis einschließlich September 2010 ihre Miete, dann stellt sie ihre Mietzahlungen ein. Im Januar 2011 treffen sich S, T und N, um das weitere Schicksal der Erbmasse zu besprechen. Dabei kommen sie auch über den Zahlungsrückstand der A-GmbH ins Gespräch. S und T wollen das Mietverhältnis außerordentlich fristlos kündigen. N ist anderer Auffassung, da er die Gesellschafter der A-GmbH persönlich kenne und das Verhältnis zu ihnen nicht belasten möchte. Gleichwohl kündigen S und T mit Schreiben vom xx.xx.2011 das Mietverhältnis fristlos, wenn die A-GmbH nicht bis zum 10.02.2011 ihre Mietschulden begleiche. Als daraufhin nichts geschieht, verlangen S und T die Rückgabe der angemieteten Räume an die Erben des V. Die A-GmbH ist der Auffassung, die Kündigung sei ohnehin unwirksam, da nur S, T und N gemeinsam kündigen könnten und verweigert die Herausgabe.
S und T konsultieren auch einen Anwalt, da sie sich über die Rechtslage nicht im Klaren sind. Der RA prüft die ganze Sache und setzt am xx.xx.2011 ein Schreiben auf, in der er die A-GmbH zur Rückgabe bewegen will. Nach Abrechnung gemäß der Gebührenordnung für RAe entstehen Beratungskosten in Höhe von 1000 Euro. S und T wenden sich an G und verlangen Zahlung von 1000 Euro wegen der entstandenen Kosten.
Frage 2:
a) Können S und T die Herausgabe der angemieteten Räume an die Erben des V verlangen?
b) Können S und T von G Zahlung in Höhe von 1000 Euro verlangen?
ihh!
Wie konnte man sich den da von einer geschliffenen Formulierung abgesehen von anderen Klausurschreibern absetzen?
Ist ja dann eine ganz unbequeme Klausur was die Bewertung angeht wenn jeder dasselbe schreibt.
Falls jemand, der die Klausur geschrieben hat, Auskunft geben möchte, würde mich interessieren, welche Normen ihr geprüft habt.
Viel Erfolg weiterhin!
Sachverhalt auf den Tisch geknallt.Oh ne, schon wieder so’n typischer ZivR Roman. keine Panik, keine Panik.Also ran an die Buletten:
Frage 1:
Primäranspruch aus Vertrag. n ö
1.Schadensersatz gem. 280, 281:
a)wirks SV
aa)Vertragsschluss durch V und M +
T neue Gläubigerin, da Grundstück Übereignet.F spätestens mit dem Tod des M ins Mietverhältnis eingetreten gem. 563 I.
bb)wirksam
aaa)nichtg?AGB?
Komplett durchgeprüft und zum Ergebnis gekommen,dass Klausel unswirksam (keine Pflichtg zur Vornahme der Reparaturen)Vertrag im übrigen wirksam.
bbb) Mittlerweile wirksam durch F vertreten durch B gekündigt. spielt keine Rolle, da Wirkung ex nunc.
b)Pflichtverletzung -, da AGB unwirksam. keine Leistungspflicht.
Also –
2. andere Ansprüche: nö
Frage 2 a)
A. 546 I
vss:
1. Wirksames Mietverhältnis muss zunächst bestanden haben.V und A-Gmbh vertreten durch G +. erbe also T,S und N nun Vertragspartner.A nun neue Alleingesellschafterin.
2. mietverhältnis muss beendet worden sein.
kündigung gemäß 543 II Nr.3 a alles unproblematisch. problem Erbengemeinschaft kann nur gemeinschaftlich kündigen gem 2038 s.1. ausnahme: Mehrheitsbeschluss reicht wenn zur Erhaltung des Nachlasses notwendig.Hier +.
Also Vss 546 +
3. inhalt: Räumung
B.Herausgabe 985 + kein RZB mehr nach Kündigung.
Frage 2 a:
Hatte nicht mehr viel Zeit, daher hab ich nur einen Aufsatz über die Rechtsnatur des vertraglichen Schuldbeitritts gem 311 verfasst.
was habt ihr so geprüft.
Habe ich etwas anders:
1. Aufgabe
SE-Anspruch, Klausel ist allerdings wirksam weil reine Abwälzung der Schönheitsreparaturen als Teil der für die Gebrauchsüberlassung geschuldeten Miete möglich, kein starrer Fristenplan also auch keine unangemessene Benachteiligung
Problem aber ob Schaden entstanden: nur nach tatsächlichem Schadensbegriff +, nach normativem nicht wg § 843 Abs. 4, weil der Nachmieter anshlißend renoviert hat
selbst nach normativm Schadensbegrff nur 10.000 Euro, weil die 1900 gem. § 249 II S. 2 ja nur erstattet werden, wenn sie tatsächlich anfallen
Aufgabe 2:
BGH Urteil zum Verhältnis zwischen § 2038I und § 2040, Problem ob die Kündigung eine Verfügung ist, laut BGH ja, weil Verfügung über Recht das aus Nachlass folgt, Recht den Mietzins zu verlangen wird aufgehoben durch Kündigung
Nach § 2040 gemeinschaftlichkeit, nach § 2038 genügt in Verbindung mit 745I auf den 2038 II verweis aber Stimenmehrheit
Problem: welcher § setzt sich durch? Nach BGH 2038, auch wenn Verfügung vorliegt. Sonst könnten Erben zwar mit Stimmenmehrheit Verpflichtung begründen, diese aber nicht aufheben
Grundsatz der Gesamthand spricht auch nicht dagegen, weil der schon durch 2038 durchbrochen wird
Deswegen Anspuch sowohl nach 546 als auch nach 985 +
3. Aufgabe
Schuldbeitritt gesetzlich nicht geregelt, folgt aus 311I und bedarf grundsätzlich keiner Form, deswegen wirksam
Schuld auch entstanden, Anspruch aber nicht durchsetzbar, weil der Geschäftsführer aus 242 bgb einen Auskunftsanspruch gegen die Erbengemeinschaft hat
Urteil zur 1. Aufgabe: Schönheitsreparaturklausel ohne Fristenplan: BGH VIII ZR 192/04
Urteil zur zweiten Aufgabe: BGH v. 11.11.2009 – XII ZR 210/05
Mich würde die Lösung zu der letzten Aufgabe interessieren.Habt ihr da was im Angebot?
p.s. Ich finde nicht,dass man die Rechtsprechung kennen musste, um zu vertretbaren Ergebissen zu kommen.Stand alles im Gesetz.Bis auf den Schuldbeitritt;-)
Ist mit Gesetz definitiv lösbar. Allerdings war das Verhältnis zwischen § 2038 und § 2040 bei Verfügungen ja sehr lange umstritten. Solange man den Streit darstellt ist es natürlich egal, wofür man sich entscheidet.
@jona
Hab diese Klausel abgelehnt, da sie für den Mieter m.E. zu unbestimmt ist, und damit gegen das Transparenzgebot verstößt.Für den Mieter geht nicht hervor wie oft er Renovieren muss.Ob am Anfang, währenddessen oder am des Ende Mietverhältnisses.Da er nicht absehen kann unter welchen Voraussetzungen er sich schadlos halten kann,habe ich eine unangemessene Benachteiligung bejaht.
Sag mal bitte auf welchen Anspruch du die Forderung in Aufgabe drei gestützt hast.Hast du einen SEA geprüft? Ich kam zeitlich ohnehin nicht so weit, aber selbst wenn, hätt ich mir erst mal nen Anspruch schnitzen müssen. danke
Bei Aufgabe 1 habe ich einen Anspruch aus §§ 280 I, III, 281 I geprüft und die Klausel durchgehen lassen, da sie keine starren Fristen enthält und Schönheitsreparaturen heißt, dass der Mieter auch nur im Falle der Notwendigkeit solcher Maßnahmen diese durchzuführen braucht.
Dann hab ich aber gesagt, dass T keinen Schaden hat, da die Nachmieter diese übernommen habe und dann einen Anspruch iVm DSL geprüft.
Bei Aufg. 2a) habe ich auch den Anspruch aus § 546 I, 985 und 812 I 2, 1. Alt. geprüft.
Hab gesagt, dass die Erbengemeinschaft in analoger Anwendung zu § 2038 II iVm § 745 I die Kündigg erklären können.
Bei Aufg. 2 b) hab ich den Anspruch aus §§ 280 I, II, 286 iVm dem Schuldbeitritt geprüft.
Bin dort aber nicht fertig geworden und hab vorher auch noch nie nen Schuldbeitritt geprüft.
Hat jemand bei Aufg. 1 ein Problem bzgl eines möglichen Widerspruchs gem. § 563 III 2 iVm § 210 gehabt?
Ich habe das mit der Unbestimmtheit auch thematisiert, dann aber gesagt, dass er so die volle Freiheit hat und sich die Fälligkeit nach den individuellen Umständen der Wohnabnutzung ergibt.
In Aufgabe drei habe ich einen Verzugsanspruch gegen die Gesellschaft geprüft, also 280I, II, 286 der wegen des unterstellten Herausgabeanspruchs auch durchgeht. Dann den Schuldbeitritt aus § 311I, der auch wirksam ist weil kein Schriftformerfordernis vorliegt und dann aber die Durchsetzbarkeit an dem aus § 242 abgeleiteten Auskunftsanspruch scheitern lassen. Hatte aber auch nur noch knapp vier Seiten, Zeit war heftig diese Klausur.
Oh ja adäquater Verzugsschaden.Gott bin ich ein Idiot.Zum Glück hatte ich keine Zeit, da ich einfach nicht drauf kam worauf die Erbengemeinschaft den Anspruch stützt, hab ich zumindest den Schuldbeitritt lehrbuchartig erklärt und bejaht, da der Mietvertrag keine Formvorgabe hat. immerhin irgendwas hingekritzelt.
Hoffe morgen kommt Sachenrecht oder Kreditsicherungrecht dran.Ich kann mich nicht beschweren, denn für jemanden der Erbrecht komplett auf Lücke gelernt war das ja noch human heute 🙂
Viel Erfolg noch
In der ersten Aufgabe bin ich auch auf 210 eingegangen, allerdings war F ja laut Sachverhalt zu dem Zeitpunkt noch voll geschäftsfähig, sodass der 210 nicht zur Anwendung kommen konnte.
aaarrrrgghhhh!!!!
Ich hab einen wirklich großen Fehler gemacht. Habe nämlich bei der ersten Aufgabe als AGL 280 I, 241 II genommen. Der Rest der Prüfung ist recht stimmig. Meint ihr das bricht mir das Genick???
Ich glaub nicht. Etwas Punktabzug vielleicht, aber wenn der Rest stimmt, ist die Anspruchsgrundlage zweitrangig.
M.E. war AGL hier auch nicht §§ 280 I, III, 281, sondern §§ 280 I, III, 283 wegen Zweckerreichung und damit Unmöglichkeit nach § 275 I aufgrund der Neurenovierung durch die Nachmieterin.
Im Rahmen des Verschulden kommt man dann dazu, ob die Unmöglichkeit zu vertreten ist. Zwar lässt sich die Verschuldensvermutung des § 280 I widerlegen, da die Unmöglichkeit durch die Nachmieterin herbeigeführt wurde. Das Vertretenmüssen ergibt sich aber aus § 287 aufgrund des vorliegtenden Schuldnerverzugs.
So habe ich jedenfalls geprüft…
Ach ja: Nur noch eine Klausur! 😉
@mojo den fehler hab ich auch begangen, stand aber bei der anspruchsgrundlage auch ewig auf dem schlauch, obwohls eigentlich einleuchtend ist..hoffen wir das gibt nicht zu viel abzug