Rechtsprechungsüberblick in Strafsachen
Im Folgenden eine Übersicht über im letzten Monat veröffentlichte interessante Entscheidungen des BGH in Strafsachen (materielles Recht).
I. BGH, Urteil vom 11.06.2013 – 1 StR 86/13
Es liegt – mangels Zueignungsabsicht – kein schwerer Raub vor, wenn in der Rockerszene ein Mitglied einem anderen mittels Schlägen mit einer schweren Taschenlampe gegen dessen Kopf seine „Kutte“ abnimmt und diese anschließend im Vereinslokal auf den Boden wirft, um damit symbolisch dessen Mitgliedschaft im jeweiligen Rockerclub zu beenden. (Anm.: In der Entscheidung werden auch andere examensträchtige Themen – bedingter Tötungsvorsatz, heimtückischer Mord, Rücktritt vom Versuch – angesprochen, daher ist das Urteil unbedingt lesenswert!)
II. BGH, Beschluss vom 16.7.2013 – 2 StR 163/13
Bei der Erpressung ist die Rechtswidrigkeit des erstrebten Vermögensvorteils normatives Tatbestandsmerkmal, auf das sich der zumindest bedingte Vorsatz des Täters erstrecken muss. Stellt sich der Täter für die erstrebte Bereicherung eine in Wirklichkeit nicht bestehende Anspruchsgrundlage vor, so handelt er in einem Tatbestandsirrtum im Sinne des § 16 Abs. 1 S. 1 StGB. (Konkret ging es um die Verurteilung wegen eines erpresserischen Menschenraubes bzw. einer versuchten räuberischen Erpressung, bei der der BGH nicht auszuschließen vermochte, dass sich die Täter einen Anspruch auf einen vom Geschädigten nicht ausgezahlten Werklohn vorstellten.)
III. BGH, Beschluss vom 23.07.2013 – 3 StR 96/13
Die Eingabe falscher Identitätsdaten in ein EDV-System durch einen Bankmitarbeiter, dem hierzu umfassende Befugnisse eingeräumt waren, um hierdurch Konten zu eröffnen, die danach von Mittätern ohne spätere Ausgleichsabsicht bis an das Kreditlimit überzogen werden, stellt keinen Computerbetrug des Bankmitarbeiters dar. Denn dieser steht bei entsprechenden Befugnissen „im Lager“ der Bank, so dass er für sie verfügt und sich hierbei nicht irrt. Vielmehr stellt eine solche Verhaltensweise eine Untreue des Bankmitarbeiters zu Lasten der Bank dar bzw. eine Teilnahme hieran durch die außenstehenden Mittäter.
IV. BGH, Urteil vom 31.7.2013 – 2 StR 38/13
Ein heftiger Faustschlag gegen die Schläfe des Opfers und ein wuchtiger Tritt gegen dessen Oberkörper stellen eine das Leben gefährdende Behandlung im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB dar.
V. BGH, Beschluss vom 1.8.2013 – 4 StR 189/13
Der Versuch, eine Prostituierte mit Gewalt zu einer unentgeltlichen sexuellen Dienstleistung zu zwingen, ist – anders als bei freiwillig erbrachten sexuellen Gefälligkeiten, bei denen später die vereinbarte Geldzahlung mit Nötigungsmitteln verweigert wird – keine versuchte räuberische Erpressung, da erzwungenem sexuellen Verhalten kein Vermögenswert zukommt. Solche deliktischen Verhaltensweisen sind vielmehr nach §§ 177, 240 StGB zu ahnden.
VI. BGH, Beschluss vom 21.8.2013 – 1 StR 332/13
Bei einem Zusammentreffen von Diebstahl und Sachbeschädigung (hier: bandenmäßiger Einbruchsdiebstahl nach § 244a und Sachbeschädigung) tritt die Sachbeschädigung jedenfalls dann nicht als typische Begleittat hinter den Einbruchsdiebstahl zurück, wenn der angerichtete Schaden höher als der Wert der Beute gewesen ist. Es besteht dann Tateinheit zwischen den gleichzeitig verwirklichten Delikten.
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