PayPal – Willste? Kriegste! – Erste Einschätzung der Rechtslage
Paypal-Gewinnspiel-Aktion
Deutschlandweit hat das Online-Bezahlsystem PayPal zigtausende Emails an Nutzer versendet, in welchen die frohe Botschaft kundgetan wird, sie hätten 500 € gewonnen.
Tatsächlich handelt es sich dabei nicht etwa um Spam- oder Phishingmails. PayPal ist wirklich der Absender dieser Gewinnnachricht.
Unter dem Motto „Willste? Kriegste!“ verteilte der Bezahlriese über einen Zeitraum von knapp zehn Wochen hinweg insgesamt 50.000 € in 500 €-Portionen.
Zitat der PayPal Seite:
Die 50.000 Euro-Verlosung
Wenn Sie bereits ein PayPal-Konto haben, sichern Sie sich jede Woche die Chance auf einen von zehn Gewinnen über 500 Euro. Das geht ganz einfach. Suchen Sie sich zum Beispiel einen Artikel aus unseren 150 Sommerangeboten aus, bezahlen Sie mit PayPal und zack: Sie nehmen an der Verlosung teil.
Weiter heißt es:
Das Gewinnspiel wird in einem Aktionszeitraum von zehn Wochen in der Zeit vom 27. Mai 2013 bis 02. August 2013 durchgeführt. Während dieses Aktionszeitraums nimmt der Teilnehmer durch jede mit seinem registrierten PayPal-Konto veranlasste Zahlung am Gewinnspiel teil. Einer gesonderten Anmeldung zum Gewinnspiel bedarf es nicht.
Alle Gewinner werden per E-Mail an die E-Mailadresse benachrichtigt, mit der sie die Zahlung veranlasst haben, die zum Gewinn geführt hat. Die Auszahlung des Gewinns erfolgt ausschließlich zugunsten des mit dieser E-Mailadresse verknüpften PayPal-Kontos; eine anderweitige Auszahlung ist nicht möglich.
Die Betroffenen freuen sich an dieser Stelle zunächst riesig! 500 € sind eine Menge Geld, die jeder gut gebrauchen kann. Wenig später folgt die Ernüchterung.
PayPal teilt auf der facebook Fanpage mit:
Am 07.06.2013 wurden einige PayPal Kunden darüber informiert, dass sie bei einem Gewinnspiel( „Willste? Kriegste!“) für getätigte Transaktionen im Zeitraum 27.05. – 31.05.2013 gewonnen haben. Leider ist diese E- Mail aufgrund eines technischen Fehlers versendet worden. Dafür möchten wir uns entschuldigen.
Die Verlosung hat noch nicht stattgefunden. Wir identifizieren gerade die Transaktionen unserer Kunden, die teilnahmeberechtigt sind. Anschließend wird es unsere Verlosung unter den teilnahmeberechtigten Kunden geben und die Gewinner werden entsprechend in einer separaten E-Mail benachrichtigt.
Reaktionen in Social Networks
So ein Verhalten stinkt doch, denken sich vor allem mehrere hundert Facebook Nutzer. Kommentare voller Zorn und Unmut überschlagen sich und immer wieder derselbe Verweis auf eine im Studium stiefmütterlich behandelte Norm: § 661a BGB Gewinnzusagen.
„Ein Unternehmer, der Gewinnzusagen oder vergleichbare Mitteilungen an Verbraucher sendet und durch die Gestaltung dieser Zusendungen den Eindruck erweckt, dass der Verbraucher einen Preis gewonnen hat, hat dem Verbraucher diesen Preis zu leisten.“
In den Forenkommentaren finden sich Äußerungen wie: „Super, der Paragraph ist ja dermaßen eindeutig!“ – „Sammelklage!“.
Was ist also dran an einem Anspruch gegen PayPal? Bestünde ein solcher wirklich, so könnte im Extremfall bei geschätzten 20 Millionen Nutzerkonten eine Summe von 10.000.000.000 € rauskommen. Das dürfte selbst für PayPal bzw. den Mutterkonzern ebay bei einer Marktkapitalisierung von ca. 60.000.000.000 € zu viel des Guten sein.
Was wäre hier also rechtlich denkbar?
Gehen wir das Ganze mal systematisch an: Sinn und Zweck der Vorschrift ist es unerwünschten Geschäftspraktiken entgegenwirken. Damit sind Maschen gemeint, welche durch das Vortäuschen von Gewinnen Verbraucher zur Bestellung von Waren oder Leistungen bewegen sollen. Der Empfänger einer solchen Mitteilung soll daher einen einklagbaren Anspruch erhalten [Palandt/Sprau, § 661a BGB, Rn.1].
PayPal sprich in seiner „Stellungnahme“ davon, dass „diese E- Mail aufgrund eines technischen Fehlers versendet worden [ist].“ Deshalb setze ich in dem was folgt voraus, dass PayPal diesen technischen Fehler beweisen kann.
I. Konstruktion 1: Ein PayPal-Mitarbeiter hat eine hergestellte Gewinnzusage an eine oder mehrere Personen übermittelt. Ein technischer Fehler führte dazu, dass die Mail statt an einige wenige Menschen an sehr sehr viele versendet wurde.
Ist § 661a BGB erfüllt?
1. Zunächst müsste es sich bei dem Schreiben um eine Gewinnzusage oder eine vergleichbare Mitteilung handeln. Es handelt sich dabei um die Ankündigung jeder Art von Leistung oder ähnlichem. [Beck’scher Online-Kommentar BGB/Kotzian-Marggraf, § 661a BGB, Rn. 2]. Hier wird die Auszahlung bzw. Aufbuchung von 500 € auf das PayPal-Konto versprochen. Eine Leistung wird demnach angekündigt.
2. Die Mitteilung muss zugesendet werden. Es können Briefe, E-Mail-Mitteilungen oder Faxschreiben sein. [Beck’scher Online-Kommentar BGB/Kotzian-Marggraf, § 661a BGB, Rn.3]. PayPal hat vorliegend eine Email versendet.
3. Berechtigter kann nur ein Verbraucher iSd § 13 BGB sein, also eine natürliche Person, die nicht im Rahmen einer gewerblichen oder selbstständigen Tätigkeit angesprochen ist [Beck’scher Online-Kommentar BGB/Kotzian-Marggraf, § 661a BGB, Rn. 4]. Vorliegend sollte für den größten Teil der Nutzer, welche sich angesprochen fühlen und welche Empfänger der Email sind, die Verbrauchereigenschaft zu bejahen sein.
4. Gegenstand des Anspruchs gemäß § 661a BGB ist schließlich der „Preis“, also die in der Gewinnzusage oder Mitteilung versprochene Leistung. Vorliegend sind das 500 €.
Wir können hier also feststellen, dass § 661a BGB vollkommen erfüllt ist. Im status quo haben die betroffen Personen also einen Anspruch in Höhe von 500 € gegen das Unternehmen. Dieser entsteht mit Zugang § 130 BGB analog (zur Erklärung sogleich) der Gewinnmitteilung.
Bleibt das so? – Handlungsmöglichkeiten von PayPal
Möglicherweise steht PayPal die Möglichkeit offen, bei der Angelegenheit mit einem blauen Auge davonzukommen.
Das Absenden einer Gewinnzusage stellt keine Willenserklärung dar. Vielmehr handelt es sich dabei um eine rechtsgeschäftähnliche Handlung [Palandt/Sprau, § 661a BGB, Rn. 1]. Diese sind auf einen tatsächlichen Erfolg gerichtete Erklärungen, deren Rechtsfolgen kraft Gesetzes eintreten [Palandt/Ellenberger Überbl v § 104 BGB Rn. 6]. Auf die Mehrzahl dieser Handlungen sind die Vorschriften über Willenserklärungen entsprechend anwendbar, so auch diese über Willensmängel gemäß §§ 116 ff. BGB. Dabei ist jedoch nicht schematisch zu verfahren. Bei jedem Handlungstyp ist seiner Eigenart und der typischen Interessenlage Rechnung zu tragen [Palandt/Ellenberger, Überbl v § 104 BGB, Rn. 7]. Auf den Punkt gebracht bedeutet dies, dass die Anfechtung wegen Irrtums gemäß § 119 Abs. 1 u. 2 BGB analog möglich ist, mit Ausnahme des Irrtums über die Rechtsfolgen der Gewinnzusage, der wegen des Schutzzwecks des § 661a BGB unbeachtlich bleiben muss [Münchener Kommentar zum BGB/Seiler, § 661a BGB, Rn. 10].
PayPal könnte also die Möglichkeit haben, sich auf die Regeln der Anfechtung zu berufen.
Voraussetzungen:
1. Anfechtungserklärung
Die Anfechtungserklärung ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, deren Abgabe – soweit das Gesetz keine ausdrücklichen Ausnahmen bestimmt – formfrei möglich ist. Es wäre somit an Paypal, jedem Betroffenen gegenüber die Anfechtung (am besten wieder per Email) zu erklären. Der eingangs zitierte Ausspruch auf facebook wird hier jedenfalls nicht ausreichen.
2. Anfechtungsgrund
Vorliegend käme § 120 BGB in Frage, also die Anfechtbarkeit wegen falscher Übermittlung. Der Erklärende muss sich zur Übermittlung seiner Willenserklärung einer Person oder Einrichtung bedienen. Wie in Konstellation 1 vorausgesetzt, hat sich ein PayPal Mitarbeiter (dessen Verhalten wird insoweit zugerechnet) einer solchen Einrichtung bedient.
Erfasst werden nur die Fälle, in denen der Erklärende seine (eigene) Willenserklärung durch einen Dritten übermitteln lässt. Der Übermittler muss also eine fremde Erklärung überbringen bzw vermitteln. Die selben Grundsätze für die Verteilung des Verfälschungsrisikos und damit für die Anwendbarkeit der Vorschrift gelten auch für die Versendung bzw den Empfang einer E-Mail oder SMS [Paal, JuS 2010, 953, 954]: Wird die elektronische Nachricht auf ihrem Transportweg – durch technischen Defekt oder sonstige Störung – verfälscht, ist § 120 anwendbar [Beck’scher Online-Kommentar BGB/Kotzian-Marggraf, § 120 BGB, Rn.4].
Weiter müsste es sich um eine unbewusste Falschübermittlung handeln. Eine solche liegt bei einer technischen Einrichtung denknotwendig vor, da diese nicht bewusst handeln kann.
Weiter darf der Empfänger keine Kenntnis vom wirklichen Willen des Erklärenden haben. Ist ihm der wahre Wille des anderen Teils bekannt, gilt dieser ungeachtet seiner falschen Übermittlung [Beck’scher Online-Kommentar BGB/Kotzian-Marggraf, § 120 BGB, Rn.7].
Mithin läge für PayPal in der fehlerhaften Übermittlung ein Anfechtungsgrund vor.
3. Gemäß § 121 BGB hat die Anfechtung unverzüglich zu erfolgen. Unverzüglich bedeutet ohne schuldhaftes Zögern. Die Unverzüglichkeit der Anfechtung verlangt nicht, dass sofort – also etwa noch am Tag der Kenntniserlangung vom Anfechtungsgrund – angefochten werden muss. Bei der Feststellung der Unverzüglichkeit sind vielmehr die berechtigten Belange der Beteiligten angemessen zu berücksichtigen [OLG Hamm NJW 2012, 1156, 1157]. Da Paypal wohl kaum bekannt sein wird, wer genau die Mail erlangt hat, muss hier einige Zeit für Nachforschungen etc. eingerechnet werden. Insofern erscheint eine Frist von mehreren Wochen als nicht unwahrscheinlich.
Folge: Der zunächst mit Zugang der Gewinnzusage entstandene Vertrag wird rückwirkend nichtig gem. § 142 I BGB analog.
Wer aber den Vorteil in Anspruch nimmt, dass sein Irrtum zu einer Vernichtung des Vertrages führt, muss dem Enttäuschten aber zumindest Schadenersatz leisten gemäß § 122 BGB.
Die Teilnehmer, die eine Gewinnzusage erhalten haben, können dabei freilich nicht die 500 € verlangen. Der Geschädigte ist nur wirtschaftlich so zu stellen, wie er stehen würde, wenn er nicht auf die Gültigkeit der Erklärung vertraut hätte. Der enttäuschte Gewinnspielteilnehmer müsste also darlegen, dass er in Erwartung auf die 500 € bereits Aufwendungen gemacht hat. Fälle in denen ein solcher Schaden hier bestehen würde, sind kaum denkbar.
II. Konstruktion 2: Wie oben, allerdings bedient der Mitarbeiter das Gerät dieses Mal falsch.
Geht der Fehler der computergefertigten Erklärung hingegen auf einen Bedienungsfehler zurück, gilt nichts anderes, als wenn sich der Erklärende verschreibt bzw vergreift; in diesen Fällen kommt die Annahme eines zur Anfechtung berechtigenden Erklärungsirrtums in Betracht (Brehm, FS Niederländer, 1991, S. 233, 240; einschr. Köhler, AcP 182 (1982), 126, 136). Das selbe gilt bei fehlerhaftem Datentransfer, wenn die Erklärung zwar richtig eingegeben, aber durch eine unerkannt fehlerhafte Software des Erklärenden unrichtig (verfälscht) an den Empfänger weitergeleitet wird (BGH NJW 2005, 976, 977). Zum gesetzlich besonders geregelten Fall der unrichtigen Übermittlung einer Willenserklärung durch eine verwendete Einrichtung (Internetdienst) iÜ vgl. § 120 BGB [Beck’scher Online-Kommentar BGB/Wendtland, § 119 BGB, Rn. 29].
Statt § 120 BGB würde man sich hier auf § 119 BGB als Anfechtungsgrund berufen.
III. Konstruktion 3: PayPal hat die Gewinnmitteilung schon vorbereitet und irgendwo im System abgelegt. Das System von PayPal hat sodann ohne Zutun und ohne „Aufforderung“ den Emailversand getätigt. Es sollte keine Testmail oder ähnliches versendet werden, sondern die Technik war außer Rand und Band und hat einfach drauf losgesendet.
Sollte diese Konstellation vorliegen, muss man unweigerlich an die abhandengekommene Willenserklärung denken, also die Situation, dass eine Willenserklärung ohne Willen des Erklärenden in Verkehr gebracht wurde (z.B. durch die Putzfrau).
Eine Willenserklärung ist abgegeben, wenn der Erklärende alles getan hat, was für das Wirksamwerden der Willenserklärung erforderlich ist. Zur Vollendung des Erklärvorgangs besteht bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen zusätzlich die Notwendigkeit, diese an den Empfänger zu richten. Dies manifestiert sich bei schriftlichen Willenserklärungen unter Abwesenden durch die Absendung der Nachricht, bei einer Email also mit dem Sendebefehl und dessen Ausführung [Münchener Kommentar zum BGB/Einsele, § 130 BGB, Rn.13]. Dieser Befehl würde in der vorliegenden Situation fehlen und die technische Einrichtung hat die vorbereitete Willenserklärung selbstständig in Verkehr gebracht. Die Sachlage ist also mit dem des Putzfrauenfalls identisch – die Willenserklärung ist ohne den Willen des Erklärenden in den Verkehr gelangt.
Ob eine solche Erklärung wirksam ist oder nicht, bemisst sich danach, ob der Erklärende die Inverkehrbringung zu vertreten hat. Diese Fälle entsprechen in ihrer rechtlichen Situation denen des fehlenden Erklärungsbewusstseins und die Willenserklärung wird aufgrund des entstehenden Rechtsscheins als abgegeben angesehen.
„Vertretenmüssen“ wird beispielsweise angenommen, wenn eine Person im Organisationsbereich des Erklärenden (z.B. seine Sekretärin) eine Mitteilung in der Meinung aufgibt, diese sei versehentlich liegen geblieben, der Erklärende diese aber in Wirklichkeit absichtlich zurückhielt.
Hier ist wie immer zu differenzieren: Würde bei der Sekretärin das Vertretenmüssen wohl zu bejahen sein, käme dies bei der fremd angestellten Putzfrau wohl eher weniger in Frage. Bei einem Computersystem wie im PayPal-Fall lässt sich leicht in beide Richtungen argumentieren. Zum einen ließe sich sagen, dass Softwarefehler in deren Organisationsbereich fallen oder aber auch genau das Gegenteil, weil man in eine Software Vertrauen haben kann und solche Fehler nicht vorhersehbar sind.
Rechnet man die Erklärung zu, stellt sich noch die Frage, wie mit mangelndem Erklärungsbewusstsein umzugehen ist.
Die Rspr. geht davon aus, dass mangelndes Erklärungsbewusstsein sowohl bei ausdrücklichen als auch bei konkludenten Willenserklärungen nicht dazu führen kann, dem Verhalten den Charakter einer Willenserklärung zu nehmen. Mangelndes Erklärungsbewusstsein ist daher nach den Regeln des § 119 I BGB über die Anfechtung wegen Erklärungsirrtums zu behandeln [Münchener Kommentar zum BGB/Armbrüster, § 119 BGB, Rn.1].
Insofern würde man bei einer rechtsgeschäftsähnlichen Handlung ebenfalls zur Anwendung der Anfechtungsregeln gelangen, ggf. doppelt analog.
Würde man die Zurechnung verneinen und im Ergebnis davon ausgehen, dass die Erklärung ohne Willen des Erklärenden in den Verkehr gebracht wurde, so ist sie unwirksam. Eine Anfechtung erübrigt sich.
Hier drängt sich sodann die Frage auf, ob dem Empfänger ein Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens analog § 122 BGB zusteht. Nicht eindeutig äußert sich in diesem Zusammenhang die BT-Drucks. 14/4987 S. 11: Danach soll der „Erklärende“ zwar analog § 122 haften, wenn der Sende-Befehl bei einer E-Mail ohne seinen Willen aktiviert wurde; unklar ist aber, ob sich dies nur auf den Fall einer dennoch dem „Erklärenden“ zurechenbaren Erklärung oder auch auf den hier behandelten Fall beziehen soll, dass diese Erklärung dem „Erklärenden“ nicht mehr zurechenbar ist. Weitgehend wird eine solche Haftung jedenfalls abgelehnt [Palandt/Ellenberger, § 122 BGB, Rn. 2].
Denkbar ist weiterhin ein Anspruch nach §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 auf Ersatz des Schadens, den der Empfänger im Vertrauen auf die Gültigkeit der Erklärung erlitten hat. Da es sich hierbei aber um eine Verschuldenshaftung handelt, müsste der Fall so gestrickt sein, dass der Erklärende von der Absendung seiner Erklärung erfährt und den Empfänger hierüber nicht aufklärt [Münchener Kommentar zum BGB/Einsele, § 130 BGB, Rn.14].
IV. Fazit: Dass vor Gericht jemand Erfolg mit dem Vorbringen nach § 661a BGB haben kann, halte ich für unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich. Entscheidend und von großem Gewicht ist für mich die Offensichtlichkeit des Fehlers, denn auf der Gewinnspielseite verspricht PayPal lediglich zehn Gewinne pro Woche. Damit dürfte tatsächlich von der oben angenommenen Beweisbarkeit der technischen Panne auszugehen sein.
Für Empfänger der Email bedeutet dies aber: Augen auf! Ein Anspruch nach §661a BGB sehe ich hier als entstanden an. Trudelt in der nächsten Zeit keine Email ein und es liegt tatsächlich eine der obigen Konstellation vor, hat PayPal die Anfechtungsfrist verstreichen lassen! Man könnte sodann tatsächlich einen Anspruch auf 500 € haben. Insofern kann ich mich Stiftung Warentest anschließen und zumindest dazu raten, die Gewinnmitteilung vorsorglich zu archivieren.
Update:
Noch am Freitag den 07.06.2013 hat PayPal begonnen die Anfechtungserklärungen an die Betroffenen zu versenden:
Ungültige Mitteilung zum PayPal-Gewinnspiel
Guten Tag Max Mustermann,
heute haben wir Sie darüber informiert, dass Sie beim Gewinnspiel „Willste? Kriegste!“ gewonnen haben und eine Gutschrift auf Ihrem Konto erfolgt ist.
Leider wurde diese Email aufgrund eines Fehlers und technischen Versehens versandt und ist daher ungültig. Auf ihrem PayPal-Konto wurde kein Geld gutgeschrieben. Wir bedauern diesen Fehler und entschuldigen uns für alle eventuell entstandenen Unannehmlichkeiten.
Das Gewinnspiel läuft noch weitere 9 Wochen. Gewinner dieser Woche und aller folgenden Wochen erhalten eine Gutschrift auf Ihrem PayPal-Konto und werden separat per Email benachrichtigt.
Wir entschuldigen uns nochmals für eventuelle Unannehmlichkeiten und bedanken uns für Ihr Verständnis.
Viele Grüße
Ihr Team von PayPal
Zur Klarstellung: Diese Mitteilung stellt eine Anfechtung der Email vom 7.6.2013 in Bezug auf das Gewinnspiel nach
§§ 119, 120 BGB dar.
Toller Beitrag! Und sicherlich examensrelevant.
Mir fehlt noch die Konstruktion, die vor allem in der Praxis relevant ist. Nämlich dann, wenn sich jemand darauf beruft, gar keine Anfechtungserklärung erhalten zu haben. Ich glaube kaum, dass PayPal nun 2,5mio Einschreiben raushaut.
In diesem Fall wäre eine Auslegung von § 661a BGB am interessengerechter. Da der Sinn und Zweck die Vermeidung des unlauteren Wettbewerbs ist, wird man in § 661a BGB den Vorsatz hineinlesen müssen (inkl. einer Vermutung für den Vorsatz). Die fahrlässige Gewinnmitteilung soll im Ergebnis keinen Anspruch aus § 661a BGB begründen.
Ich halte eines teleologische Reduktion des § 661a BGB (nur bei Vorsatz) auch für sachgerechter. Immerhin handelt es sich um eine Ausnahmevorschrift mit Sanktionscharakter, was dem BGB mit wenigen Ausnahmen (z.B. § 817 S. 2) eher fremd ist.
Ansonsten aber guter Beitrag!
Eine generelle Reduktion der Norm halte ich für problematisch. Sie soll ja gerade dem Verbraucherschutz dienen. Der Verbraucher weiß aber gerade nicht, unter welchen Umständen die Erklärung zu ihm gelangt ist. Er ist also nur dann umfassend geschützt, wenn die Erklärung grundsätzlich erstmal wirksam ist.
Aus Ausweg greifen dann aber – wie hier dargelegt – die allgemeinen Vorschriften zur Willenserklärung (entsprechend). Hier wäre dann zu klären wie die Erklärung zu dem Verbraucher gelangen konnte. Für den Fall der abhandengekommenen WE (da hat ja der Absender gerade keinen Vorsatz) kann man dann natürlich streiten wie man ihn lösen möchte und wer in diesem speziellen Fall das Risiko tragen soll.
Würde nur noch einmal anmerken, dass die hier dargestellte Lösung zur abhanden gekommenen WE nicht die des BGH und damit nicht h.M., sondern die von Medicus, Larenz etc… Der BGH verneint die Wirksamkeit der WE.
den BGH mit der herrschenden Meinung gleich zu setzen halte ich aber für sehr gewagt 😉
ALso habe nach der E-Mail gleich mal eine Shopping-Tour gestartet und fast die kompletten 500€ ausgegeben. Das ist doch ein Vertrauensschaden nach §122 BGB. Ich hätte sie sicherlich nicht ausgegeben, wenn ich nicht auf den Gewinn vertraut hätte. Was meint ihr, einklagen?
Leider nein, da sich der Vertrauensschaden lediglich auf das negative Interesse bezieht. Würde man entgegen diesem auf das positive Interesse abstellen, also auf das Interesse, das der Empfänger so zustellen wäre, als hätte PayPal die 500 EUR ausgezahlt, würde der Sinn der Anfechtung leer laufen.
So sicher wäre ich da nicht. Immerhin ist der Verletzte so zu stellen, wie er stehen würde, wenn er nicht auf die Gültigkeit des Rechtsgeschäfts bzw. der Erklärung vertraut hätte. Ist also die Shoppingtour in freudiger Erwartung auf den Gewinn erfolgt und man hätte diese Anschaffungen sonst nie getätigt, ist ein Vertrauensschaden zumindest denkbar. Hätte derjenige nicht auf den Gewinn vertraut, hätte er die Shoppingtour nicht gemacht und sein Vermögen wäre dementsprechend um 500 € höher.
Das ist meines Erachtens kein Fall des positiven Interesses. Dieses zielt darauf ab, durch die andere Partei so gestellt zu werden, als ob die andere Partei ordnungsgemäß erfüllt hätte. Der Schaden würde unabhängig davon eintreten, ob ich das Geld ausgegeben habe oder nicht.
Kann man tatsächlich (mit Belegen) nachweisen, dass man nach Erhalt der Mail eingekauft hat, könnte es gut aussehen. Es fragt sich nur wie entscheidend es ist, dass das Geld noch nicht auf das Konto gebucht war und ob man um wirklich „vertrauen“ zu können wenigstens den Kontostand prüfen muss.
So gesehen stimmt es wohl.
Wobei Paypal in der Gewinner-Email schrieb:
„Schauen Sie gleich mal in Ihrem PayPal-Konto nach, denn dort haben wir Ihnen die 500 Euro gutgeschrieben.“
Sollte sich doch irgendwann mal der BGH damit beschäftigen. Ich tippe
auf „dies kann hier dahinstehen, weil teleologische Reduktion von § 661a
BGB“.
Unabhängig davon könnte man den Schaden parallel zur
Bereicherung lösen. Allerdings muss dann bei gekauften Sachen natürlich
der nun vorhandene Vermögenswert abgezogen werden.
Ob hier
wirklich ein Vertrauen auf den Erhalt des Gewinns gerechtfertigt ist,
wenn noch gar nichts auf dem Konto gebucht ist, halte ich auch für
zweifelhaft. Schließlich gibt es täglich etliche solcher Spammails und
dementsprechend wird der durchschnittliche Verbraucher erstmal sein
Paypal-Konto überprüfen, bevor er auf so etwas wirklich vertraut. Das
ist ihm angesichts des ständig vorkommenden Gewinn-Mail-Spams auch
zuzumuten.
Im Ergebnis scheitert der Anspruch also an vielen Stellen.
Ist es jedoch nicht so, dass Paypal mit Vertrauen und Sicherheit wirbt?
Viele, so auch ich, haben diese Email mobil empfangen.
Ich habe den Absender übeprüft und eindeutig festgeStellt, dass diese Mail tatsächlich von PayPal stammt!
Ich habe dann bis abends weitergearbeitet und nach dem heimkommen erstmal eingekauft!
Schadensersatz? Facebook kommi erst abend nach dem ausgeben gelesen! auch die angebliche anfechtungsmail ist erst um 19 uhr eingetrudelt, 2 stunden nachdem ich das geld augegeben hatte! vertrauensschutz bzw schadenersatz müssten docj hier greifen! immerhin hat paypal durch die aktion unsummen an gebuhren für transaktionen kassiert, die nachweislich niemals ohne diese gewinnmitteilung enstanden wären!
Hier spielt vieles zusammen. Die oben getroffene Aussage: „Im Ergebnis scheitert der Anspruch also an vielen Stellen.“ ist mir auch zu weitgehend, denn niemand weiß wie der/die Richter die Sache einschätzen werden.
Ich für meinen Teil würde – angenommen ich wäre betroffen und meine Rechtsschutzversicherung würde den Akt decken – eine Klage versuchen. Sicher ist die Obsiegenswahrscheinlichkeit nach dem oben Zusammengetragenen eher gering, aber ein Fall wie dieser ist noch nicht entschieden worden und es gibt mannigfaltige Bewertungsmöglichkeiten. Zwei Unsicherheiten mit denen paypal sich sodann auseinanderzusetzen hätte, wäre zum einen der Beweis der technischen Panne, aber auch der des Zugangs der Anfechtungserklärung, so dieser vom Empfänger bestritten wird. Eine Email kann genauso gut nicht ankommen wie ein einfacher Brief, wo die Rechtslage als geklärt anzusehen ist.
In diesem Fall würde dann nur noch eine teleologische Reduktion der Norm helfen, die ihrerseits die technische Panne voraussetzt. Ob es zu einer solchen kommen muss, steht in den Sternen – es lassen sich (siehe in den Kommentaren) gute Argumente für beide Positionen finden.
Da war PayPal aber auch gut rechtlich beraten, die Anfechtung zu erklaeren. Ich erinnere mich dunkel an so einen Fall mit Otto (?), die auch irrtuemlicherweise mal eine Leistung versprochen hatten, sich dann aber auf einen Fehler im System berufen haben. Ich meinte, das Unternehmen hatte nachher Pech gehabt, weil sie auf einen gueltigen Vertrag in Hoehe des eigtl. Betrags bestanden haben und nicht die Anfechtung erklaert hatten.
ist denn deutsches recht bei paypal anwendbar?