Paintball verstößt nicht gegen die Menschenwürde
Der Beck-Ticker berichtet, dass Paintball nicht gegen die Menschenwürde verstößt. Das OVG Lüneburg stellte fest, dass die Spieler sich nicht wechselseitig zum bloßen „Objekt“ machen. Es bestätigt damit die Rechtsansicht der Vorinstanzen.
Meines Erachtens eine interessante Feststellung angesichts der Laserdrome-Entscheidung des BVerwG:
Unterhaltungsspiele können aber auch dadurch gegen die verfassungsrechtliche Garantie der Menschenwürde verstoßen, dass beim Spielteilnehmer eine Einstellung erzeugt oder verstärkt wird, die denfundamentalen Wert-und Achtungsanspruch leugnet, der jedem Menschen zukommt. Das geschieht insbesondere dann, wenn Gewaltakte gegen Menschen in der Absicht dargestellt werden, den Beteiligten ein sadistisches Vergnügen an dem Geschehen zu vermitteln. Denn eine solche Tendenz schließt die Vorstellung von der Verfügbarkeit des Menschen als bloßes Objekt ein, in dessen Leben und körperliche Integrität nach Belieben eingegriffen werden kann. (BVerwGE 115, 189 Laserdrome).
Wichtig ist bei Art. 1 Abs. 1 GG, dass ein Eingriff in die Menschenwürde nicht zu rechtfertigen ist. Insofern ist bei der Definition des Schutzbereichs restriktiv vorzugehen, so dass die Abwägung bereits auf dieser Ebene stattfindet.
Sofern man sich mit der Frage der Vereinbarkeit von Paintball-Veranstaltungen und Art. 1 Abs. 1 GG im Rahmen einer Klausur beschäftigt, sollte auf jeden Fall ähnlich wie beim Laser-Tag-Spiel argumentiert werden. Ob man sich im Ergebnis für oder wider die Verfassungswidrigkeit entscheidet, ist bei entsprechender Argumentation hingegen unerheblich.
PS: Wer weiß, wo man gut und günstig im Raum Köln/Bonn Paintball zocken kann? Hätte nämlich mal Lust 😀
Restriktive Auslegung des ist aufgrund des absoluten Schutzes durchaus verständlich und iE auch richtig.
Eine Abwägung hinsichtlich der gegenüberstehenden Schutzgüter auf Ebene des Schutzbereichs dürfte jedoch grob fehlerhaft sein. Selbst die (fragwürdige) Lehre vom Gewährleistungsbereich geht nicht so weit, eine solche Abwägung zu behaupten.
@Malte: Eine restriktive Auslegung, in der du alle Argumente verballerst, ist i.E. nichts anderes als eine vorgezogene Abwägung.
Zur Klarstellung: die Argumentation im Rahmen des Schutzbereichs ist natürlich nicht als „Abwägung“ zu deklarieren, sondern lediglich als Auslegungsvorgang.
Mal abgesehen von der juristisch exakten Einordnung: Die Rechtsprechung sollte endlich erkennen, dass (in den allermeisten Fällen) nicht etwa das simulierte Töten von Menschen, sondern der sportliche Wettkampf (Ausdauer, Taktik, Geschicklichkeit) im Vordergrund solcher Freizeitaktivitäten steht. Eine entsprechende Entschärfung durch z.B. gelbe statt (blut-)rote Farbkugeln halte ich für völlig ausreichend.
@Christoph: Ich wäre auf jeden Fall dabei. Entsprechende Örtlichkeiten sollten sich finden lassen.
Jo, Christoph. Ich hab gehört, dass die in Aachen auch eine Variante des Paintball-Spiels anbieten, bei der man einen Menschen, der im Hasenkostüm verkleidet ist, jagen muss.
Schlüpf du doch mal ins Bunny-Outfit, dann können wir hier auf juraexamen.info anschließend berichten, inwiefern du dich in deiner Menschenwürde verletzt gefühlt hast…
Sollte man dann in der Klausur u.U. die Meinung des BVerwG nennen und die Meinungen der anderen Gerichte?
Ich bin immer leicht irritiert, wenn untere Instanzen den höheren Instanzen in ihren Entscheidungen widersprechen. Ich fühle mich dann leicht gezwungen, der höheren Instanz zu folgen.
Kennt ihr das?
lg an alle
Hallo Linda,
gerade in einem solchen Fall macht es mMn. Sinn, sich mit der Kernaussage des BVerwG auseinanderzusetzen und wenn es angelegt ist, auch der des EuGH („Omega Spielhalle“). Allerdings würde ich es in einer Klausur (1. Examen) grds. vermeiden, die Gerichte und die Entscheidungen beim Namen zu nennen. Also: Auseinandersetzung in der Sache ja, Nennung der Gerichte, Autoren, Entscheidungen nein. Auch muss sicher nicht der ganze Instanzenzug nachgezeichnet werden.
Es reicht mMn, wenn du an den wichtigen Stellen des Falles die Probleme deutlich herausstellst und diskutierst. Der Spagat besteht dann darin, an den jeweiligen Stellen das Gespür für die Tiefe der Argumentation zu haben. Dazu sollte der Sachverhalt ganz genau studiert werden und auch auf den Gesamtfall geblickt werden (Länge und Anzahl der Prbleme); das „Herr Lehrer, ich weiß was!“ Syndrom kann hier ganz schnell zum Problem werden. Also: Klausuren schreiben und üben!
Auch an Instanzgerichten sitzen ja fähige Juristen; mann konnte das Problem also uU also auch anderes sehen. Das kann man durchaus in eine Bewertung mit einfließen lassen, bietet es doch Argumentationsmaterial. Aber in einer Klausur muss sicher nicht die komplette Rechtssprechung und der Meinungsstand in der Literatur nachgezichnet werden; das ist auch sischer ein Problem beim Lernen. Auswendig gelerntes Meinungsstreitwissen bringt aus meiner Sicht nicht sehr viel mehr als ein falsches Sicherheitsgefühl. Klar, einige Sachen müssen auf der Pfanne sein, aber längst nicht so viel, wie man meint.
Wenn ich in einem Fall genau weiß, dass die obergerichtliche Rechtssprechung in eine Richtung geht, dann muss ich das befolgen oder jedenfalls berücksichtigen; ob ich das ganze dann „Meinung der Rechtsprechung „oder gar noch „BGH“ oder „OLG xy“ nenne, ich mMn im ersten Examen recht egal.
Grüße
Simon