OVG Berlin-Bbg: Online Hausverlosung ist unzulässig
In seinem Beschluss vom 08.02.2012 (Az. 1 S 20.11) hatte sich das Oberverwaltungsgericht Berlin mit der Frage auseinanderzusetzen, ob eine Online-Hausverlosung zulässig ist. Dem lag folgender sachverhalt zugrunde: Der Anbieter wirbt im Internet mit dem Slogan: „Erste legale Hausverlosung dieses Hauses in Deutschland„. An der Verlosung kann jeder teilnehmen, der ein Los für 59 Euro erwirbt. Insgesamt sind 13900 Lose zu erwerben, nach deren Verkauf die Verlosung erfolgt. Eine Besonderheit liegt hier darin, dass eine Teilnahme unmittelbar über das Internet nicht möglich ist. Vielmehr ist ein kontakt per Mail bzw. per Briefpost erforderlich, um am „Gewinnspiel“ teilnehmen zu können.
I. Das Urteil das OVG
Das OVG hatte zu prüfen, ob ein verbotenes öffentliches Glücksspiel im Internet iSd § 4 abs. 4 GlüStV vorliegt.
Die entsprechenden Definitionen ergeben sich aus § 3 Abs. 1 und 2 GlüStV:
(1) Ein Glücksspiel liegt vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Die Entscheidung über den Gewinn hängt in jedem Fall vom Zufall ab, wenn dafür der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist. Auch Wetten gegen Entgelt auf den Eintritt oder Ausgang eines zukünftigen Ereignisses sind Glücksspiele.
(2) Ein öffentliches Glücksspiel liegt vor, wenn für einen größeren, nicht geschlossenen Personenkreis eine Teilnahmemöglichkeit besteht oder es sich um gewohnheitsmäßig veranstaltete Glücksspiele in Vereinen oder sonstigen geschlossenen Gesellschaften handelt.
Beides ist hier erfüllt. Insbesondere steht dem Grundsatz der Öffentlichkeit nicht entgegen, dass der Teilnehmerkreis auf die Anzahl der Lose (13900) beschränkt ist. Denn hier ist dennoch von vornherein der Teilnehmerkreis nicht abgeschlossen, sondern für alle Beteiligten offen, sodass die Definition erfüllt ist.
Fraglich ist aber, ob das Glücksspiel tatsächlich im Internet veranstaltet wird, schließlich sind hier auch Elemente außerhalb des Internets erforderlich. Das OVG hält dies dennoch für erfüllt:
„Für das Tatbestandsmerkmal von § 4 Abs. 4 GlüStV «im Internet» sei nicht eine bestimmte «Internet-Technik», sondern eine am Normzweck orientierte, auf den Vertriebsweg «Internet» abstellende Auslegung maßgeblich. Eine Ausspielung, die über das Internet angeboten und maßgeblich darüber vertrieben werde, verliere den Charakter einer Veranstaltung «im Internet» nicht dadurch, dass die weiteren Schritte per E-Mail oder Briefpost erfolgen sollen, weil die Veranstaltung ohne die Nutzung des Internets schlechterdings nicht durchführbar sei.“
Zudem wird auch auf einen eventuellen Nachahmungseffekt abgestellt, dem durch ein Verbot vorzubeugen ist. Hintergrund dieser Argumentation ist vor allem § 1 Nr. 1 GlüStVder zum Ziel hat, das „Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen“. Es ist damit eine Auslegung im Sinne dieses Schutzzweckes geboten. Gerade aus der veröffentlichung im Internet resultiert ein erhöhtes Gefährdungspotential, auch wenn eine Teilnahme unmittelbar über diesem Weg nicht möglich ist. Aus diesem Grund ist eine solche weite Auslegung geboten. Auch die Widerholungsgefhar ist ein Argument für eine restriktive Auslegung, kann doch nur so ein effektiver Schutz garantiert werden.
II. Alternative – zulässige – Gestaltungsmöglichkeiten
Allerdings ist eine solche Hausverlosung nicht per se unzulässig. Sie verstößt nur dann gegen den Glücksspielstaatsvertrag, wenn die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Dies liegt dann nicht vor, wenn eine Wissenskomponente zumindest zum mitbestimmenden Faktor wird, das heißt wenn bspw. zusätzlich noch Fragen gestellt werden, um ein Los zu bekommen. Hierbei muss aber abgesichert sein, dass die Fragen tatsächlich an die Wissenskomponente anknüpfen und (insbesondere aufgrund ihrer fehlenden Schwierigkeit) nicht nur zum Schein gestellt werden.
III. Die rechtlichen Rahmenbedingungen – der Glücksspielstaatsvertrag
Abschließend noch einige Hinweise auf den dem Urteil zugrundeliegenden rechtlichen Rahmen: den Glücksspielstaatsvertrag. Hierbei handelt es sich um einen Staatsvertarg zwischen den einzelnen Bundesländern, der durch Zustimmungsgesetze in den jeweiligen Landesparlamenten ratifiziert wurde. Insofern ist eine parallele Anwendung zu Staatsverträgen des Bundes geboten (vgl. Art 59 GG). Aufgrund der Entscheidung des EuGH v. 8.9.2010 (C-316/07) war dieser Staatsvertrag zumindest aber hinsichtlich des enthaltenen Sportwettenmonopols unzulässig, sodass er von den Bundesländern erneut abgeändert werden musste, was durch den Glücksspieländerungsstaatsvertarg erfolgte. Für die hier relevanten Normen trat aber keine Änderung ein. Insgesamt wird damit die Einschränkung des Glücksspiels in Deutschland bundeseinheitlich geregelt.
Siehe zur Strafbarkeit einer verbotenen Hausverlosung im Internet unseren Beitrag vom 27.04.2011.
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