OLG Düsseldorf: Michael Wendler darf sich nicht mehr „Der Wendler“ nennen – Das examensrelevante Namensrecht nach § 12 BGB
Mit Urteil vom 21.05.2013 (I-20 U 67/12) hat das Oberlandesgericht Düsseldorf entschieden, dass der unter dem Künstlernamen Michael Wendler bekannte Schlagersänger die Bezeichnung „Der Wendler“ nicht mehr ohne klärenden Namenszusatz verwenden darf.
Auf den ersten Blick scheint der Fall vorwiegend für die Boulevard-Presse interessant zu sein. Er eignet sich jedoch auch als Aufhänger, um im Examen die Grundzüge des Namensrechts nach § 12 BGB abzuprüfen.
I. Sachverhalt
Bereits seit einigen Jahren liegen die Schlagersänger Michael Wendler (bürgerlicher Name: Michael Norberg) und Frank Wendler im Streit darüber, wer von ihnen sich „Der Wendler“ nennen darf. Michael Wendler ist überregional bekannt und trat bisher meist unter der Bezeichnung „Der Wendler“ auf. Er hat bereits zahlreiche Alben und Singles veröffentlicht, von denen mehrere mit Gold oder Platin prämiert wurden.
Der deutlich weniger bekannte und erfolgreiche Hobbysänger Frank Wendler hatte sich 2008 die Wortmarke „Der Wendler“ beim Deutschen Patent- und Markenamt eintragen lassen. In seiner Klage vor dem Landgericht Düsseldorf hat Frank Wendler von Michael Wendler verlangt, die Verwendung des Künstlernamens „Der Wendler“ zu unterlassen.
II. Die Entscheidungen der Gerichte
1. Die Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf
Die Klage ist vor dem Landgericht Düsseldorf erfolglos geblieben (Urteil vom 14.03.2012, Az. 2a O 317/11). Das Landgericht Düsseldorf hat ausgeführt, es stehe dem Kläger kein Anspruch aus dem Namensrecht gem. § 12 BGB zu, weil der Beklagte dieses nicht verletzt habe. Aufgrund der Bekanntheit von Michael Wendler bestand nach der Auffassung des Landgerichts Düsseldorf keine Gefahr der Zuordnungsverwirrung der beiden Sänger. Die Öffentlichkeit verbinde mit der Bezeichnung „Der Wendler“ in erster Linie den Beklagten Michael Wendler, nicht den deutlich weniger bekannten Kläger Frank Wendler.
Auch nahm das Landgericht keine Verletzung von Markenrechten des Klägers an. Er habe sich zwar im Jahr 2008 beim Deutschen Patent- und Markenamt die Bezeichnung „Der Wendler“ als Wortmarke eintragen lassen. Jedoch trete Michael Wendler bereits seit 1998 unter diesem Künstlernamen auf und habe eine überregionale Bekanntheit erlangt, weswegen ihm an diesem Namen ältere Rechte zustünden. Vielmehr müsse Frank Wendler auf die Widerklage von Michael Wendler seine Marke gem. §§ 51 Abs. 1, 13 MarkenG i.V.m. § 12 BGB löschen lassen. Denn der eingetragenen Marke des Klägers stehe ein prioritätsälteres Recht i.S.d. § 13 MarkenG, nämlich das Namensrecht des Beklagten an seinem Künstlernamen, entgegen. Auch Künstlernamen seien nach § 12 BGB geschützt, wenn der Namensträger mit dem Künstlernamen Verkehrsgeltung erlangt habe. Dieses sei vorliegend der Fall.
2. Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf
Auf die Berufung von Frank Wendler hin hat das Oberlandesgericht Düsseldorf am 21.05.2013 (Az. I-20 U 67/12) entschieden, dass der Schlagerstar Michael Wendler die Bezeichnung „Der Wendler“ nicht mehr ohne den klarstellenden Zusatz, um welchen Wendler es sich handelt, verwenden dürfe. Die Klarstellung könne durch die Hinzufügung des Vornamens geschehen. Es handele sich um einen Fall der Koexistenz gleichnamiger Personen. Zwar handele es sich bei dem Namen des Klägers um den bürgerlichen Namen, den er von Geburt an trägt. Der Künstlername des Beklagten sei aber in der deutschen Schlagerszene von solcher Bekanntheit, dass auch Michael Wendler ein Recht an der Namensbezeichnung gem. § 12 BGB erlangt habe, welches dem Recht an einem bürgerlichen Namen gleichstehe. Die Sänger seien – unabhängig davon, wer den Namen zuerst getragen habe – zur wechselseitigen Rücksichtnahme verpflichtet. Keiner der beiden dürfe die Bezeichnung „Der Wendler“ verwenden, ohne klarzustellen, um welchen Wendler es sich handelt.
Das Oberlandesgericht bestätigte jedoch das Urteil der Vorinstanz insofern, als es Frank Wendler auf die entsprechende Widerklage zur Löschung seiner Wortmarke „Der Wendler“ verurteilte.
III. Das Namensrecht gem. § 12 BGB
Der Fall könnte als Einstieg in die mündliche Prüfung genutzt werden, um die Grundzüge des Namensrechts gem. § 12 BGB abzuprüfen. Deswegen hier ein kurzer Überblick:
- Das Namensrecht gem. § 12 BGB ist ein besonderes Persönlichkeitsrecht. Damit ist es ein absolutes Recht, wirkt also gegenüber jedermann.
- Als Namen i.S.d. § 12 BGB sind neben dem bürgerlichen Namen einer Person beispielsweise auch Namen von juristischen Personen und Pseudonyme – soweit der Namensträger unter diesem Namen im Verkehr bekannt ist – geschützt.
- Wird der Name im geschäftlichen Verkehr benutzt, gehen die §§ 5, 15 MarkenG dem § 12 BGB regelmäßig als Spezialgesetz vor.
- § 12 BGB enthält zwei Verletzungstatbestände: die Namensleugnung (§ 12, Alt. 1 BGB) und die Namensanmaßung (§ 12, Alt. 2 BGB). Unter Namensleugnung ist die Bestreitung des Rechts zur Namensführung zu verstehen. Eine Namensanmaßung liegt vor, wenn ein anderer unbefugt den gleichen Namen gebraucht. Dadurch muss die Gefahr einer Zuordnungsverwirrung entstehen und es müssen schutzwürdige Interessen des Namensträgers verletzt werden. Eine Zuordnungsverwirrung liegt vor, wenn der Verkehr annimmt, der Namensträger habe dem Gebrauch seines Namens zugestimmt. Der Namensgebrauch muss unbefugt, also rechtswidrig erfolgen. Als Rechtfertigungsgrund ist insbesondere das Recht der Gleichnamigen relevant: danach darf grundsätzlich jeder seinen Namen im Wirtschaftsverkehr verwenden, wobei gewisse Einschränkungen zu beachten sind. Als weiterer Rechtfertigungsgrund kommt die Meinungs- und Pressefreiheit gem. Art. 5 I GG in Betracht. Schutzwürdig sind Interessen jeder Art. Ausreichend ist es beispielsweise, dass der Eindruck von Beziehungen geschäftlicher oder sonstiger Art erweckt wird oder die Gefahr von Verwechslungen entsteht.
- § 12 BGB enthält einen Unterlassungs- und einen Beseitigungsanspruch. Verlangt der Verletzte darüber hinaus Schadensersatz, ist dieser Anspruch auf § 823 I BGB (Namensrecht als sonstiges Recht) bzw. auf § 823 II BGB (§ 12 BGB als Schutzgesetz) zu stützen.
IV. Fazit
Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte vorliegend die Frage zu entscheiden, welcher der beiden Sänger sich tatsächlich „Der Wendler“ nennen darf: der weitgehend unbekannte Hobbysänger Frank Wendler, der die Markenrechte an dem Namen innehat, oder der überregional bekannte Schlagerstar Michael Wendler. Das Gericht entschied, beide Sänger hätten ein Recht an dem Namen erlangt und seien zur wechselseitigen Rücksichtnahme verpflichtet. Sie seien daher beide in Zukunft gehalten, der Bezeichnung „Wendler“ ihren Vornamen hinzuzufügen und damit klarzustellen, um welchen „Wendler“ es sich handelt.
Das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf liegt noch nicht im Volltext vor. Es bleibt daher abzuwarten, wie die Urteilsbegründung genau ausfällt.
Auch der BGH hat sich kürzlich mit dem Problem der Namensgleichheit auseinandergesetzt: Bei einer Interessenverletzung durch die Nutzung des gleichen Namens könne zwar vom Verletzer Unterlassung dieser Beeinträchtigung verlangt werden, dies sei jedoch nicht als generelles Untersagungsrecht bei Namensgleichen zu verstehen. Wird durch den Gebrauch des Namens eine Verwechslungsgefahr mit einem anderen Namensträger begründet, dürfe der Name nur so verwendet werden, dass eine Verwechslungsgefahr möglichst ausgeschlossen sei. In diesem Rahmen verpflichtete der BGH die Bekleidungskonzerne Peek und Cloppenburg Hamburg und Peek und Cloppenburg Düsseldorf, die beide die Bezeichnung „Peek und Cloppenburg KG“ tragen, aber wirtschaftlich voneinander unabhängig sind, bei der Werbung darauf hinzuweisen, um welches der beiden Unternehmen es sich handelt (BGH, Urteil vom 24.01.2013, Az. I ZR 58/11).
Autorin des Beitrags ist Jennifer Eggenkämper. Sie hat an den Universitäten Trier, Bonn und Köln studiert und ihr erstes Staatsexamen mit dem Schwerpunkt im Medien- und Kommunikationsrecht in Köln absolviert. In Kürze wird sie mit dem Referendariat beginnen.
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