ÖffRecht ÖII – März 2013 – 1. Staatsexamen Baden-Württemberg
Vielen Dank an Benjamin für die Zusendung eines Gedächtnisprotokolls zu der im März 2013 gelaufenen zweiten Klausur im Öffentlichen Recht in Baden-Württemberg. Ergänzungen oder Korrekturanmerkungen sowie Lösungsansätze sind wie immer gern gesehen.
Unser Examensreport lebt von Eurer Mithilfe. Deshalb bitten wir Euch, uns Gedächtnisprotokolle Eurer Klausuren zuzuschicken, damit wir sie veröffentlichen können. Nur so können Eure Nachfolger genauso von der Seite profitieren, wie Ihr es getan habt. Vorab vielen Dank!
Sachverhalt
Teil 1:
A und B bewohnen zwei direkt nebeneinander gelegene Grundstücke innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils der baden-württembergischen Stadt S. In dem eher ruhigen Ortsteil finden sich neben einigen Läden des täglichen Bedarfs und einer evangelischen Kirche nur Wohngrundstücke, die mit großzügigen Abstandsflächen zwischen den Häusern bebaut sind. Dem A gehört ein „stattliches“ Boot (Höhe 3m), welches er nur an bestimmten Wochenenden zu den umliegenden Seen transportiert, aber überwiegend (mit Anhänger) auf dem eigens mit Pflastersteinen befestigten Stellplatz auf dem eigenen Grundstück belässt. Der Stellplatz ist so gelegen, dass die Außenwand des Bootes die Grenze zum Grundstück des B nahezu berührt. Durch Wartung und Transport des Bootes entsteht nicht unerheblicher Lärm bei den Reparaturarbeiten sowie durch die An- und Abfahrt.
Hiergegen wendet sich der B, da das Ganze im Grunde einem Gebäude entspreche und daher unzulässig sei, genauso wie die Lärmverursachung und die im Übrigen festzustellende Verschandelung der Landschaft durch den Anblick des Bootes.
B beantragt bei S am 03.12.2012 in der Angelegenheit gegen A vorzugehen. Die zuständige Behörde will sich aber nicht in Nachbarstreitigkeiten einmischen und bleibt untätig. Eine Antwort auf sein Schreiben erhält der B nicht. Er erhebt daraufhin Mitte Februar 2013 Klage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht. S erlässt am 7.3.2013 einen negativen Bescheid gegenüber B, mit der Aussage, der Antrag des A sei unbegründet, jedenfalls könne man gegen A nicht vorgehen. B will seine Klage weiterverfolgen.
Aufgaben:
Hat die Klage in der Hauptsache Aussicht auf Erfolg?
Teil 2:
Der Bürgermeister B von S erteilt dem A eine Baugenehmigung. Gemeinderatsmitglied G befürchtet darin den Beginn einer Wandlung der Eigenart des bislang sehr ruhigen Ortsteils. Er meint, der B hätte den Gemeinderat jedenfalls informieren müssen.
Aufgaben:
Er fragt einen Rechtsanwalt, ob dies zutrifft und ob ggf. eine gerichtliche Überprüfung der Angelegenheit möglich ist.
Lösungsvorschläge?
Wie wärs wenn du selber erstmal einen machst?
Pass mal auf Kollege, ich habe einen vor mir liegen, wenn du mir schon so bloede kommst dann kannste das vergessen…ich wollte einen als Vergleich haben du Möchtegern Anwalt
Ich will nicht wissen wie oft du Armen Büchern in der Bibliothek die Seiten rausgerissen hast, damit andere ihre Hausarbeit verhauen..das war eine frage mehr nicht….die Gegenfragen kannst du dir sparen!!!
Ja, gehts noch? Hauptsache jetzt mal Rumgepolter, oder was? Wenn man schon eine schöne Lösung hat dann kann man sie doch mal präsentieren und anschließend um eine Diskussion bitten. Stattdessen wird aus purer Schreibfaulheit eine Ein-Satz-Frage ins Forum gehämmert mit dem O-Ton: Sollen sich doch andere die Mühe machen was zur baulichen Anlage bei Schiffen (Containern) wegen Dauerhaftigkeit des Verbleibs etc. zu schreiben. Mein Wissen gehört mir, oder wie? Unverschähmtheit, werter Kollege!
In Betracht kommt eine verpflichtungsklage? Die EGL in der Begründetheit könnte die Beseitigung baurechtswidriger Anlagen: in Berlin: § 79 I Satz 1 BauO Bln.
Formelle RMK: Problem: bauliche Anlage nach § 29 BauO
Im Ergebnis: ( +)
Materielle RMK:
Kein Verstoß gegen öffentlich rechtliche Vorschriften:
Formelle Illegalität: genehmigungspflichtig? §§ 61 ff. –> keine Ausnahmen
=> ( + )
Unstreitig muss auch die Materielle Illegalität bei Beseitigungsansprüchen vorliegen –> genehmigungsfähig?
Richtet sich nach § 4 BauNVO ( allgemeines Wohngebiet )
Ausnahmen nach § 4 III iVm 31 I BauNVO nicht ersichtlich
Befreiung nach 31 II ebenfalls nicht ersichtlich
Ausnahme nach § 12 BauNVO? Stellplatz? Im Ergebnis: (-)
=> materielle Illegalität ( +)
Richtiger Adressat: §§ 13, 14 ASOG ( Verhaltensstörer) (+)
Rechtsfolge: Ermessen –> Hier: Ermessennichtgebrauch! Verstoß gegen drittschützende Normen:Gebietserhaltungsanspruch, Gebot der Rücksichtnahme § 15 I BauNVO, 31 II BauGB, BImSCHG
Beachte; bei GdR: nur Art der baulichen Anlage und nicht Maß
VHM nach § 11 ASOG, Verwirkung beachten
Im Ergebnis : Klage begründet…
Lösungsvorschläge für TEIL 2 ???
Letztlich wurden folgende zwei Urteile des VGH Mannheim verarbeitet:
Teil 1: VGH Baden-Württemberg, 05.04.2011 – 5 S 194/10
Teil 2: VGH Baden-Württemberg, 09.03.2012 – 1 S 3326
(letzteres wurde übrigens hier: https://www.juraexamen.info/vgh-mannheim-zum-mitentscheidungsrecht-des-rates-bei-erteilung-einer-baugenehmigung/ besprochen)
Beste Grüße und nicht soviel streiten 😉
Ist die losungsskizze von Jura richtig?
Hallo, meine Lösung weicht ein wenig von der deinen ab:
Teil 1: In Betracht kommt eine Verpflichtungsklage in Form der Untätigkeitsklage gerichtet auf ein Bescheidungsurteil. Das (wenn nicht landesrechtlich ohnehin abgeschaffte, siehe § 110 JustG NRW) Widerspruchsverfahren ist gem. § 75 VwGO entbehrlich. Der Beseitigungsanspruch richtet sich je nach landesgesetzlicher Grundlage (hier: § 61 I 2 BauO NRW iVm § 14 OBG NNRW). Allerdings komme ich abweichend zur Feststellung, dass es sich vorliegend um einen unbeplanten Innenbereich handelt („im Zusammenhang bebauter Ortsteil“), der nach § 34 II BauGB iVm § 4 BauNVO iVm § 31 I, II BauGB zu regeln ist. Hier kommt es dann zu den gleichen Problemen, wobei das Vorhaben nach § 31 II BauGB abzulehnen ist, da es angesichts der „großzügigen Absatndsflächen“ städtebaulich nicht vertretbar ist und auch das nachbarschaftliche Rücksichtnahmegebot (§ 31 II BauGB iVm § 15 BauNVO?) ungewürdigt bleibt. Die Genehmigungspflichgtigkeit des Bauvorhabens ist jedoch kein Punkt der formellen Illegalität sondern ein allgemeiner. Ist ein Vorhaben nämlich genehmigungsfrei, bedarf es der Frage eines Bauantrages (Punkt der formellen Illegalität) und der Vereinbarkeit bauordnungs- als auch bauplanungsrechtlicher Vorschriften (Punkt der materiellen Illegalität) ja gerade nicht. Die Störerproblematik richtet sich widerrum nach Landesrecht (§ 18 OBG NRW), wobei man kurz anmerken kann, dass das Schiff als bauliche Anlage eine Sache ist und nicht etwa auf das Parken als Verhalten einer Person abzustellen ist. Ansonsten stimme ich der Lösung zu, würde sie in dem Umfang in einer Examensklausur zugegeben aber wohl nicht schaffen.
Teil 2: Das Einvernehmen der Gemeinde nach § 36 BauGB ist Teil des Baugenehmigungsverfahrens und wäre in einer einheitlichen Klausur im Punkt formelle Illegalität zu prüfen. Vorliegend handelt es sich (sofern ich den Link des Kollegen richte verstehe und den Sachverhalt dem Problembewusstsein entsprechend interpretiere) um einen Fall der Identität von Bauaufsichtsbehörde und Gemeinde, bei der auf das Einvernehmen grundsätzlich verzichtet werden kann. Dies allerdings eben nur dann wenn wenigstens der übrigbleibenden Informationspflicht entsprochen wurde, was hier nicht der Fall ist. Daher wäre die Genehmigung rechtswidrig erteilt und der Bau folglich formell illegal.
Streiten kann sehr viel Spaß machen und ist schöner Teil des juristischen Berufs. Beleidigungen sind jedoch keine Argumente und gehören nicht hierhin. LG und viel Erfolg beim Examen, stud-iur
Bei der formellen Illegalität wird geprüft, ob gegen ein bestehendes Genehmigungserfordernis verstoßen wurde. Daher erscheint es mit richtig, die Genehmigungsbedürftigkeit hier inzident zu prüfen.
Bei der materiellen I. wird anschließend der Verstoß gegen übrige, öffentlich-rechtliche Normen geprüft.
Wichtig war bei der Klausur m.E. die Anlagenqualität sowohl nach BauGB als auch (gesondert) nach BauO festzustellen! Der Begriff des BauGB ist unabhängig!
Später gelangt man über § 34 II BauGB – wie du richtig sagst – zu BauNVO, § 4 und 15. Man hätte m.E. aber zwingend ein Wort zu § 12 BauNVO verlieren müssen. Unabhängig von der Zulässigkeit des Stellplatzes und seiner Nutzung wird man aber wohl über das GdR zu einer unzulässigkeit kommen. Den Dispens nach § 31 II finde ich persönlich etwas fernliegend.
Wichtig war sicherlich auch, zu erwähnen, dass die Verunstaltung allein öffentliche Belange berührt und von B als Nachbarn nicht im Rechtsstreit als Rechtsverletzung geltend gemacht werden kann.
Eine Störer“problematik“ sehe ich in dem SV nicht wirklich.
Ergebnis ist also wohl die materielle Illegalität. Anspruch auf Beseitigungsverfügung aber nur bei Ermessensreduzierung auf 0, welche nicht ersichtlich ist -> Bescheidungsurteil
Teil 2 war dann geschenkt.
u.U. noch Problem einer Prozessstandschaft von Rechten des Rates durch einen einzelnen Ratsherren ansprechen..
https://www.lifepr.de/pressemitteilung/deutscher-anwaltverein-dav-ev/Privater-Bootslagerplatz-in-Wohngebiet-nicht-zulaessig/boxid/231769
Teil 2 ist doch aber eindeutig
als kommunalverfassungsrechtlicher Organstreit zu verstehen, oder? Zitat aus
dem Urteil: “Der Kläger kann in seiner Funktion als Mitglied des Gemeinderats
Feststellungsklage mit der Behauptung erheben, (…) seine Nichtbeteiligung bei
Entscheidungen auf Grundlage der §§ 31, 33 bis 35 BauGB verletze angesichts
der neu gefassten Hauptsatzung seine Rechte als (Gemeinderat)“ Und dann prüfe
ich die Mitentscheidungskompetenzen aus: evtl. 36 BauGB, 36 BauGB analog, anschließend,
ob die Auslegung dieser Norm dann gegen Art. 28 II GG verstößt, und zuletzt Landesbaurecht.
Eine Überprüfung der Baugenehmigung würde jetzt bei mir in Teil 2 gar nicht
vorkommen…das wäre angesichts von Teil 1 auch sinnlos, da dort nur der 36 BauGB
noch eingebaut werden müsste. Es muss schon um eine Rechtsverletzung des
Gemeinderatsmitglied gehen…
Es erscheint aber trotzdem denkbar, dass das Ratsmitglied sich nicht gegen die „Nichtbeteiligung“ sondern gegen die erteilte Baugenehmigung als solche wendet. Diese ist Verwaltungsakt und ist damit (aufgrund von Subsidiarität) mit der Anfechtungsklage anzugreifen.
Unter Klagebefugnis bzw. spätestens in der Begründetheit ist dann eine Verletzung nur solcher Normen erheblich, die geeignet sind, den Ratsherren in seinen Rechten zu verletzen. Verstöße gegen die BauO, Nichteinfügen etc. scheiden daher allesamt aus und es bleibt eigentlich nur § 36 BauGB, über dessen Auslegung im Verhältnis der Organe innerhalb einer Gemeinde man dann streiten kann.
Die Frage ist, ob zwischen Stellplatz und Boot differenziert werden musste
also ich habe nicht zwischen dem platz und dem anhänger+boot differenziert, da das „Gesamtpaket“ ja den begriff der baul. anlage nach 2 lbo erfüllt und wieder um 29 baugb ausdrücklich lagerstätten nennt. jedoch muss ich im nachhinein sagen, dass es vllt keine schlechte idee gewesen wäre zwischen den boot und platz zu differenzieren…leider nun zu spät. wie sieht deine lösung zu dem problem aus?
Boot und Stellplatz dürfen wohl nicht vermischt werden. Es ist jeweils gesondert zu prüfen. Zieht man dann das Urteil des VGH ins Kalkül ist der Stellplatz auf alle Fälle richtig. Die Frage ist nur, ob das Boot auch allein eine Bauliche Anlage sein kann (vgl. Wohnmobil etc.), denn insoweit bestehen Unterschiede in der Fallfrage und im Sachverhalt zum VGH. Das Begehren war primär auf das Boot gerichtet und die Sachverhaltsangaben „Boot sei doch kein Gebäude etc.“ forcieren diese Diskussion. Problematisch ist dabei, ob die Tatsache, dass das Boot nicht immer dort parkt, den Charakter als Bauliche Anlage ausschließt. Letztlich wird hier wohl beides vertretbar sein und ist hier zumindest auch beides vertreten worden (etwa 40 – 60 gegen das Boot als bauliche Anlage). Bejaht man das Boot als bauliche Anlage steht die Frage, ob dann nicht (da Gutachten) zusätzlich auch noch auf den Stellplatz einzugehen war…. dazu hatte aber wohl niemand Zeit.
Okay, aber mal im Ernst: wenn laut (gut begründetem) VGH-Urteil ein bepflasteter Bootslagerplatz im Wohngebiet unzulässig ist, wie soll dann das das bloße Aufstellen des Bootes erlaubt sein? Die Trennung, die ihr hier diskutiert, suggeriert irgendwie, dass der Lagerplatz noch einen anderen Sinn und Zweck haben könnte, aber ich sehe nicht den Unterschied zum VGH-Urteil (außer der prozessualen Einkleidung). Der Lagerplatz soll für das Boot sein; ist er unzulässig, darf das Boot da nicht hin. Ich hab die Klausur nicht geschrieben, bin also nicht wirklich „drin“ im SV, aber ich hätte jetzt eher mit dem Bootslagerplatz angefangen, der sicherlich nicht erlaubt sein kann, und wäre dann noch einmal darauf eingegangen, ob vielleicht das Aufstellen des Bootes an sich noch genehmigungsfähig wäre, was ich ebenfalls bezweifle.
Wenn das Boot selbst eine bauliche Anlage ist, dann ist das Boot selbst wohl baurechtswidrig (formell und materiell). Ist das Boot keine bauliche Anlage, dann ist der Stellplatz baurechtswidrig (Dann muss das Begehren des Nachbarn neu ausgerichtet werden, § 88 VwGO). Das spielt insbesondere für die EGL eine entscheidende Rolle. (Nutzungsuntersagung, Abbruchverfügung, allg. EGL)