ÖffRecht ÖI – Januar 2013 – 1. Staatsexamen NRW
Vielen Dank an Ramona für die Zusendung des ersten Gedächtnisprotokolls im Jahr 2013 zu der im Januar 2013 gelaufenen ersten Klausur im Öffentlichen Recht in NRW. Ergänzungen oder Korrekturanmerkungen, sowie Lösungsansätze sind wie immer gern gesehen.
Unser Examensreport lebt von Eurer Mithilfe. Deshalb bitten wir Euch, uns Gedächtnisprotokolle Eurer Klausuren zuzuschicken, damit wir sie veröffentlichen können. Nur so können Eure Nachfolger genauso von der Seite profitieren, wie Ihr es getan habt. Vorab vielen Dank!
Sachverhalt
S lässt seinen täuschend echt aussehenden Kuscheltierhund, den er für seine Tochter gekauft hat, im Auto zurück. Aus Versehen lässt er jedoch die Batterie des Hundes an, sodass dieser sich im Auto bewegt. Als Polizist P am Auto des S vorbeiläuft und den vermeintlich echten Hund erblickt, bleibt er stehen, um zu überprüfen, ob die Temperatur im Auto nicht zu hoch ist. Auf dem Innenthermometer kann er erkennen, dass sich das Auto bereits auf 55 °C erhitzt hat.
Nach erfolgloser Ermittlung des Fahrzeughalters entschließt sich P, das Auto zunächst ohne Schäden zu öffnen. Als ihm dies ebenfalls misslingt, schlägt er die Autoscheibe mit einem Stein ein, um den Hund zu befreien. Sofort nach Einschlagen bemerkt er seinen Irrtum. P sah sich aber zum Handeln genötigt und beruft sich hierbei auf §§ 2, 17, 18 TierSchG.
Aufgaben:
1. S begehrt vor dem örtlich zuständigen Verwaltungsgericht die Feststellung, dass das Vorgehen rechtswidrig war.
Zusatzfrage: Kann S Reparaturkosten i.H.v. 500 € verlangen?
Hallo hat jemand eine Lösung
Ich möchte mich nicht aus dem Fenster lehnen, aber ich würde das über das Modell der „Anscheinsgefahr“ lösen.
Entschädigungsanspruch dann über § 68 POG (RP bzw entsprechenden anderen Landesnormen) analog; dabei ist dann Frage des Einzelfalls, ob S die Anscheinsgefahr schuldhaft und kausal (mit-)verursacht hat.
Das wäre auch meine Lösung. Gibt es schon Meldungen aus Niedersachsen vom Januar-Durchgang?
Ist das eine Feststellungs oder eine Fortsetzungsfeststellungsklage?
Ist das Handeln des P als VA zu qualifizieren (hat es Regelungswirkung?)?
Müsste man hier nicht auch zwischen Anscheinsgefahr und Gefahrenverdacht unterscheiden?
@b34e59774ad4596a5cd74e7fa053e2c6:disqus ja die ABgrenzung würde ich schon bringen; aber so wie ich es nach obigen Angaben beurteilen kann, sehe ich dort eine Anscheinsgefahr.
Denn: dem P bleibt eigtl keine Zeit mehr zu warten (natürlich Abhängig von der konkreten Sachverhaltsangabe)
Liegt denn ein VA vor??Welche Klageart ist denn nun die richtige???
Es liegt schon mangels Bekanntgabe kein VA vor. Die Vollstreckung ist ziemlich unstreitig kein VA sondern ein Realakt. Wurde früher zwar mal diskustiert, aber wird heute eigentlich nicht mehr vertreten. Ich hätte ne FK geprüft. Und dann bei der Vollstreckungsvoraussetzung den Grund-VA geprüft. Der fehlt ja vorliegend, also müsste das gekürzte Verfahren vorliegen. M.E. liegen die Voraussetzungen wegen der Zeitnot vor, wenn man eine Anscheinsgefahr bejaht.
Welche EGL würdet ihr denn für den fiktiven Grund-VA nehmen? Die Generalklausel oder wegen des intensiven Grundrechtseingriffs eher § 40 PolG NRW (Durchsuchung von Sachen – z.B. insb. nach Nr. 3 für eine Sicherstellung)? Bei dem Eintreten von Türen nimmt man doch deshalb als Grund-VA, der vollstreckt wird, § 41 PolG NRW (Betreten und Durchsuchung von Wohnungen).
Und bei den Kosten kommt es dann an, ob der Anschein zurechenbar gesetzt wurde. Falls nicht, könnten die Kosten nach § 67 PolG NRW i.V.m. § 39 Abs. lit.a) OBG analog zurückverlangt werden.
Besteht denn auch ein Anspruch aus dem – gewohnheitsrechtlich anerkannten – enteignenden Eingriff?
Lief fast identisch in Bayern 2008/I.
ich hätte standardmaßnahme sicherstellung und nicht verwaltungsvollstreckung gemacht und dementsprechend ffk geprüft
es geht dem p doch mehr darum gewahrsam an dem hund zu begründen als einen VA durchzusetzen
Worum es P geht, ist aber nicht das maßgebende Abgrenzungskriterium. Das Einschlagen einer Autoscheibe ist nicht von einer EGL gedeckt, die die Sicherstellung einer Sache im Auto ermöglicht.
Daher wie gesagt, Generalklausel + unm. Zwang als Realakt (ganz h.M.).
Selbst wenn man eine Sicherstellung annähme, würde diese mangels Adressat keinen VA darstellen und wäre daher über die FK anzugreifen.
Gefahrverdacht liegt m.E. nicht vor, da der P lt. SV den Hund für echt und damit eine Gefahr für gegeben hält – er ist sich also nicht darüber im Klaren, dass auch ebensogut keine Gefahr vorliegen könnte.
Dieser Fall war am 19.02.2014 auch der Vortragsfall bei der mündlichen Prüfung im 1. Examen in NRW.