ÖffRecht ÖII – August 2013 – 1. Staatsexamen BaWü
Vielen Dank an Sven für die Zusendung eines Gedächtnisprotokolls der im August 2013 in Baden-Württemberg gelaufenen zweite Klausur im Öffentlichen Recht. Ergänzungen oder Korrekturanmerkungen sind wie immer gern gesehen.
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Sachverhalt
H ist Eigentümer von Grundstücken, die im räumlichen Geltungsbereich des Bebauungsplans „Lämmerweide“ der Gemeinde G liegen, welchen deren Gemeinderat am 13. Juni 2012 beschlossen hat (Plan 2012). An der Beratung und Beschlussfassung wirkte der seit Längerem in G wohnende und mit seiner Anwaltskanzlei überregional tätige Rechtsanwalt R mit, der seit 2010 Mitglied des Gemeinderats von G ist. Der Bebauungsplan wurde ordnungsgemäß genehmigt und am 3. Dezember 2012 bekanntgemacht. H ist mit diesem Plan nicht einverstanden, da er der Auffassung ist, dass dieser ihn aufgrund der darin getroffenen Festsetzungen in der Nutzung seiner Grundstücke rechtwidrig beschränke.
Dem Plan 2012 war ursprünglich ein um Juni 2005 beschlossener Bebauungsplan (Plan 20059 vorrausgegangen. Auch dieser hatte für denselben Bereich weitgehen identische inhaltliche Festsetzungen enthalten. Ein gegen diesem Plan angestrengtes Gerichtsverfahren war seinerzeit nach Erledigung der Hauptsache durch gerichtlichen Beschluss eingestellt worden, nachdem die Gemeinde G den Plan wegen eines nachträglich festgestellten Verfahrensfehlers selbst aufgehoben hatte. In diesem Gerichtsverfahren war die Gemeinde G durch den Rechtsanwalt R vertreten worden, welcher sich damals auch aufgrund seiner persönlichen Sympathie für die inhaltlichen Festsetzungen des Bebauungsplans schriftlich vehement für dessen Bestand eingesetzt hatte. H ist nicht zuletzt über die Mitwirkung von R bei der Erstellung des Plans 2012 befremdet.
Aufgabe 1)
Fortsetzung 1
H ist ferner Eigentümer eines Wohnhauses, welches abseits weiterer Bebauung auf dem Gebiet der Gemeinde G liegt. Das Grundstück liegt an einem Feldweg und ist über eine 300m lange, von G errichtete Leitung mit der Wasserversorgung verbunden. Da die Hausanschlussleitung, die zum Haus von H führt, nur einen relativ geringen Durchmesser hat, unterliegt die Wasserversorgung des Hauses deutlichen Druckschwankungen. H hatte daher die Gemeinde G bereits seit längerer Zeit aufgefordert, die Leitung im Durchmesser auszuweiten. Anlässlich einer erneuten Beschwerde über zu geringen Wasserdruck sucht Wassermeister W, ein Bediensteter des kommunalen Bauhofs von G, H auf. Um endlich eine Bereinigung der Situation, die auch ihm misslicher erscheint, in Angriff zu nehmen, schließt W dabei im Namen der Gemeinde G mit H eine schriftliche Vereinbarung ab, in der geregelt wird, dass G eine Erweiterung der Wasserleitung veranlassen und H im Gegenzug einen angemessenen Teil der Kosten tragen werde.
Danach geschieht allerdings nichts. Als H beim Bürgermeister eine Einhaltung der Vereinbarung verlangt, lehnt dieser das Ansinnen ab und vertritt die Auffassung, die von W unterschriebene Vereinbarung gehe der Gemeinde nichts an. Das sei auch einhellige Auffassung in der letzten Gemeinderatssitzung gewesen. Denn W habe eigenmächtig gehandelt und damit seine Befugnisse als technischer Mitarbeiter des Bauhofs überschritten. Er als Bürgermeister habe von der, für die Gemeinde trotz der Kostenbeteiligung des H, mit erheblichen Kosten verbundenen Vereinbarung erst nachträglich erfahren. Er wäre angesichts der prekären Haushaltslage der mit ihren 2500 Einwohnern doch recht kleinen Gemeinde mit dem Inhalt auch keinesfalls einverstanden gewesen, sofern ihm der Gemeinderat zu einer solchen Investition nicht ausdrücklich „Grünes Licht“ gegeben hätte. H will sich mit dieser Ablehnung nicht zufrieden geben. Er räumt zwar ein, dass die vorhandene Wasserleitung seinen Wasserbedarf im Wesentlichen decke, doch seien die bisweilen auftretenden Druckschwankungen sehr lästig. Als Einwohner der Gemeinde könne er auf jeden Fall beanspruchen, dass die Gemeinde diesen Zustand durch eine Verbesserung der vorhandenen Leitungen ändere. Im Übrigen verweist er maßgeblich auf die mit W getroffene Abmachung, die sich die Gemeinde zu halten habe.
Aufgabe 2)
Fortsetzung 2
Schließlich entwickeln sich zwischen H und der Gemeinde G auch noch Streitigkeiten über die Beseitigung des Abwassers, welches beim genannten Wohnhaus des H regelmäßig anfällt. Wegen der von weiterer Bebauung entfernten Lage war das Grundstück nicht an das zentrale Abwassernetz angeschlossen. Im Frühjahr 2013 wird nun das Abwassernetz der Gemeinde an das Grundstück des H herangeführt und eine Anschlussmöglichkeit geschaffen. H wird der Abschluss der Arbeiten Ende März mitgeteilt, er wird ferner zum Anschluss seines Grundstücks binnen sechs Wochen aufgefordert. Da H der Aufforderung nicht nachkommt, ergeht gegen ihn Ende Mai durch Bescheid der Gemeinde G auf Grundlage von § 45b V WG und der gemeindlichen Abwassersatzung die Aufforderung, den Anschluss an die zentrale Abwasserbeseitigung zur Einleitung aller Abwässer des Grundstücks bis zum 30. August 2013 zu schaffen (1), während dieser Frist seine Kleinkläranlage außer Betrieb zu nehmen (2) und ab dem genannten Zeitpunkt sämtliches anfallendes Schmutzwasser in die zentrale Abwasserbeseitigung einzuleiten (3).
Nach erfolglosem Widerspruch erhebt H, weil er die Verfügung für rechtswidrig hält, fristgerecht gegen den Bescheid Klage. Als es zur mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht kommt, erklärt H er habe unter dem Eindruck drohender Vollstreckungsmaßnahmen den Anschluss an die zentrale Abwasserbeseitigung nunmehr vorgenommen und leite das Abwasser dort ein. Seine auf die Aufhebung des Bescheids gerichtete Klage hält er jedoch in bisherigem Umfang aufrecht.
Aufgabe 3)
Begutachten Sie die Zulässigkeit der Klage des H.