Öffentliches Recht ÖII – April 2016 – 1. Staatsexamen NRW
Vielen Dank auch für die Zusendung eines Gedächtnisprotokolls der zweiten gelaufenen Klausur des 1. Staatsexamens in NRW im Öffentlichen Recht. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.
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Sachverhalt
Fall 1:
Das Land NRW möchte das Staatshaftungsrecht für Landesbeamte ändern. Daraufhin ergeht in einem ordnungsgemäßen Verfahren im Landtag das „Gesetz zur Neuregelung des Staatshaftungsrechts für Beamte“. Inhalt ist, dass Beamte bis zu einer Haftungssumme von 500 € im Außenverhältnis eigenständig haften und erst danach die Haftung des Staates eintritt.
Ziel ist, dass die Beamten angehalten werden, sorgfältiger zu arbeiten und zum anderen den Haushalt zu entlasten.
Es regt sich innerhalb des Landtages Widerstand gegen das Gesetz. Der Abgeordnete M hat verfassungsrechtliche Bedenken an der formellen Rechtmäßigkeit des Gesetzes und ist der Meinung, dass den Bund die entsprechende Kompetenz treffen würde. Außerdem könne es in Anbetracht der Fürsorgepflicht des Staates für seine Beamten aus Art. 33 V GG nicht sein, dass der Beamte nun ebenso wie ein normaler Arbeitnehmer hafte. Schließlich würden die Beamten zukünftig weniger Entscheidungsfreudig agieren. Auch sei das Gesetz nicht verhältnismäßig und sozial ungerecht.
Frage: Ist das Gesetz formell und materiell mit dem Grundgesetz vereinbar?
2. Fall:
A ist Lehrerin in Münster und verbeamtet. Sie soll am Freitag Nachmittag mit ihrer Klasse zu einer Klassenfahrt ins Sauerland fahren. Da sie selbst noch in Münster unterrichten muss, fährt ihr Kollege mit der Klasse vor und sie folgt am späten Nachmittag im Wagen ihres Ehemannes E. Auf dem Weg ins Sauerland dreht A verkehrsbedingt auf einer Straße. Dabei hat sie aus Unachtsamkeit den U übersehen, der auf der anderen Seite mit seinem Wagen entgegen kommt. Es kommt zum Unfall, wodurch ein Sachschaden in Höhe von 3.000 € entsteht.
U verlangt vom Land Nordrhein-Westfalen Schadenersatz. Hat er einen solchen Anspruch?
Bearbeiterhinweis: Es wird auf §§ 1, 9 V StVO hingewiesen. Zudem ist das Gesetz aus Fall 1 außer Acht zu lassen.
Lösungsansätze:
Teil 1)
– Art. 74 I Nr. 25 GG ist einschlägig; Art. 72 II GG greift nicht
– Art. 33 V GG ist grundrechtsgleiches Recht (fraglich, ob sich Beamte auch darauf berufen können; i.E. ja); Schutzbereich ist mit Beamtenstatusgesetz auszulegen (dort findet sich u.a. auch Fürsorgepflicht des Staates für Beamte)
– weitere Argumente für VHMK-Prüfung: Art. 104a I GG (Länder tragen Kosten für Aufgabenwahrnehmung = Tätigkeit der Beamten); besonderes Verhältnis Beamte-Staat; im Zivilrecht gilt verschuldensabhängige Haftung iRd. sog. innerbetrieblichen Schadensausgleichs (analog § 254 BGB)
Teil 2)
– § 7 StVG (-), da Land nicht Halter des PKW
– § 839 BGB, Art. 34 GG (problematisch: zeitlich/örtlicher Zusammenhang des Unfalls mit Klassenfahrt; Anwendbarkeit des Haftungsprivilegs aus § 1359 BGB)