Notiz: „Reichsbürger“ ist kein tauglicher Schöffe!
Das OLG Hamm hat mit Beschluss vom 14.06.2017 – 1 Ws 258/17 entschieden, dass ein Schöffe, der sich selbst als „Reichsbürger“ bezeichnet, nach § 51 Abs. 1 GVG seines Amtes zu entheben ist. Da es sich bei der Besetzung des Gerichts um einen absoluten Revisionsgrund nach § 338 StPO handelt und immer der Entzug des gesetzlichen Richters i.S.d. Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG im Raum steht, ist die Ablehnung eines Schöffen besonders genau zu prüfen. Derart könnte die Entscheidung etwa in eine Revisionsklausur des 2. Staatsexamens Einzug finden.
Der Schöffe hatte sich im Vorfeld einer Verhandlung dahingehend geäußert, dass aufgrund eines sog. „UPIK-Verzeichnisses“ beweisbar sei, „dass es sich beim Landgericht um eine Eingetragene Firma“ handle. Der Hilfsschöffe hatte daher selbst beantragt, von der Schöffenliste gestrichen zu werden. Einem Schreiben an das Landgericht beigefügt war ein Text, aus dem hervorging, dass die Bundesrepublik Deutschland kein Staat sei und über keine Staatsgerichte, sondern lediglich über „Privatgerichte oder Ausnahmegerichte“ verfüge. Ausdrücklich bezeichnte sich der Hilfsschöffe jedoch nicht als sog. “Reichsbürger“ oder Angehöriger einer ähnlichen Gruppierung.
Das Gericht erkannte eine „gröbliche Verletzung von Amtspflichten“ i.S.d. § 51 GVG. Diese Vorschrift ist sodann in der Klausur Anknüpfungspunkt für die Prüfung. Eine gröbliche Verletzung der Amtspflichten ist i.d.R. bei Mitgliedschaft in einer Partei bzw. Organisation, die verfassungsfeindliche Ziel verfolgt, anzunehmen. Inhaltlich muss sodann der Bezug zur freiheitlich demokratischen, rechts- und sozialstaatlichen Ordnung der Bundesrepublik genommen werden, die der Schöffe ablehnt. Die Ablehnung des gesamten Staatswesens der Bundesrepublik muss dann in der Folge eine gröbliche Verletzung von Amtspflichten sein, da letztlich die Rechtsgrundlage dieses Staates und damit auch des Richter- und Schöffenamtes nicht anerkannt wird. Ob die Person sich selbst als „Reichsbürger“ bezeichnet oder sich inhaltlich auf deren Seite stellt, ist im Ergebnis irrelevant. Maßgeblich ist, dass das rechtsstaatliche Wesen der Bundesrepublik und somit das Gewaltmonopol, das der Schöffe ja letztlich ausüben soll, abgelehnt wird. In diesen Fällen kann also dahinstehen, ob der Schöffe auch „formal“ Angehöriger einer der Reichsbürgerbewegung zugehörigen Gruppierung ist oder sich ausschließlich deren Argumentation zu eigen macht.
Eine Entscheidung, die leicht in Examensklausuren eingewoben werden kann, und dann an der richtigen Vorschrift des § 51 GVG durchgeprüft werden sollte.
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