Pornos: Geistige Schöpfung oder primitiver Sex?
Ein Urteil, das Gesprächsstoff für jede Party (auch mit Nicht-Juristen) liefern kann, hat das LG München vor wenigen Tagen veröffentlicht (Beschluss v. 29.5.2013 – 7 O 22293/12).
Es hatte sich – im Rahmen eines Auskunftsanspruchs gegen Filesharingbetreiber – mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die beiden Pornofilme „Flexible Beauty“ und „Young Passion“ dem Urheberrecht unterliegen. Hierfür bedarf es nach § 2 UrhG einer sog. „persönlichen geistigen Schöpfung„. Diese liegt nur dann vor, wenn das Werk einem Denkprozess entstammt, es also als Resultat einer künstlerischen oder ähnlichen Betätigung anzusehen ist. Natürlich dürfen die Hürden hier – auch im Hinblick auf die weit auszulegende Kunstfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 GG – nicht sehr hoch gelegt werden. Es ist also lediglich ein Mindestmaß an geistiger Schöpfung und Individualität notwendig.
Im konkreten Fall wird aber selbst dies abgelehnt. Das Gericht begründet dies wie folgt.
Die Antragstellerin hat die Schutzfähigkeit des Films „Flexible Beauty“ lediglich pauschal behauptet. Auch auf den substantiierten Sachvortrag des Beteiligten … hat sie nicht erwidert. Die Kammer unterstellt daher, dass dessen Sachvortrag zutrifft und der 7 Minuten und 43 Sekunden lange Film lediglich sexuelle Vorgänge in primitiver Weise zeigt (vgl. Schriftsatz vom 28.12.2012 S. 14 = Bl. 38; Fotostrecke gem. Anlage BF6; DVD gem. Anlage BF5). Hierfür kann kein Schutz als Filmwerk (§ 94 UrhG) beansprucht werden: Es fehlt offensichtlich an einer persönlichen geistigen Schöpfung (§ 2 Abs. 2 UrhG).
Dem Gericht fehlte also offensichtlich die Handlung des Films, die bekanntermaßen bei Pornofilmen gerade das tragende Element ist (man denke nur an den legendären Satz: „Warum liegt hier überhaupt Stroh?“). 😉
Letztlich läuft der Fall also – so kurios dies im konkreten Fall klingen mag – auf eine Einzelfallabwägung hinaus. Es muss also geprüft werden, ob der Film lediglich Geschlechtsverkehr in primitiver Weise darstellt, oder ob nicht zumindest ergänzend eine Handlung hinzutritt, die den Film gerade „einzigartig“ macht.
Fazit:
Richter haben also demnächst eine gute Ausrede, wenn sie beim Pornoschauen erwischt werden…
…und Pornoproduzenten kann nur geraten werden: Mehr Handlung und Text in Pornos, dann klappt’s auch mit dem Urheberrecht…
Danke für den Beitrag, hat erheitern können! Allerdings: Die gefolgerten Schlüsse dürften dann doch fast schon zu viel des Guten sein. Aus den zitierten Passagen ergibt sich eher eine dürftige, da nicht ausreichende anwaltliche Vertretung… Das Gericht beruft sich ja nur darauf, dass von der Klägerseite nichts vorgetragen wurde, was als persönliche geistige Schöpfung taugen könnte, nicht, dass die Klagegegenstände solche Merkmale nicht beinhalten würden…
Mit Verlaub: Bei dem hier vorliegenden BESCHLUSS (nicht Urteil) ging es überhaupt nicht um die Schöpfungshöhe überhaupt, sondern nur um die Darlegungslast. Die Entscheidung wird in ihrer Aussagekraft zur Zeit von einem Großteil der Kommentatoren völlig fehlgewertet bzw. überbewertet.
Inhaltlich hat sich das Gericht nämlich überhaupt nicht mit der Frage auseinander setzen müssen, ob die hinreichende Schöpfungshöhe vorlag. Jeder, der Rechte als Urheber oder sonstwie nach dem dem Urheberrecht ihm möglicherweise zustehende Rechte geltend macht, muss die Voraussetzungen hierfür auch darlegen und beweisen. Das haben die hier Abmahnenden aber nicht gemacht, sondern nur pauschal auf die Schutzfähigkeit verwiesen. Die Gegenseite hat dies bestritten, weshalb das Gericht nicht anders konnte, als im Wege der prozessualen Wahrheit davon auszugehen, dass keine Schutzfähigkeit vorlag.
https://irights.info/nicht-kreativ-genug-eine-porno-ente-erobert-die-schlagzeilen
„Richter haben also demnächst eine gute Ausrede, wenn sie beim Pornoschauen erwischt werden“.
Falls es wirklich einen Zusammenhang zwischen Humor und Intelligenz geben sollte, hätten Sie Herr Stiebert wohl wenig zu lachen.
Pornofilme sind trotzdem als Laufbilder schutzfähig. Im vorliegenden Fall scheiterte dies nur daran, dass die Filme nie in Deutschland erschienen sind. Außerdem konnte der Kläger seine Aktivlegitimation nicht ausreichend belegen. Die fehlende schöpferische Qualität von Pornofilmen war weder Knackpunkt in diesem Fall, noch ist es von der Materie etwas Neues.
Anscheinend war der Autor so sehr auf den Aufhänger des Falls fixiert, dass inhaltliche Elemente nebensächlich wurden.
Ein Hoch auf die Kommentarfunktion!