LG Hamburg: Einstweilige Verfügung gegen Jan Böhmermann
Das Landgericht Hamburg hat am gestrigen Tage auf Antrag des Präsidenten der Republik Türkei, Recep Tayyip Erdoğan, eine einstweilige Verfügung gegen den Fernsehmoderator Jan Böhmermann erlassen und diesem die Äußerung bestimmter Passagen seines in der Sendung „Neo Magazin Royale“ am 31. März vorgetragenen Gedichts mit dem Titel „Schmähkritik“ untersagt (Az. 324 O 255/16). Das Gericht erachtet große Teile des Gedichts für schmähend und ehrverletzend. Damit liegt eine erste zivilgerichtliche Entscheidung vor, die die zivilrechtliche Zulässigkeit der Weiterverbreitung der Aussagen durch den Fernsehmoderators zum Gegenstand hat, die gewissermaßen eine Staats- und Regierungskrise ausgelöst hatten. Es geht hier also um die Geltendmachung eines zivilrechten Unterlassungsanspruchs gegen den Fernsehmoderator im Rahmen eines Eilverfahrens gemäß § 935 ZPO. Im Folgenden sollen kurz die wichtigsten Aussagen aus der bislang verfügbaren Pressemitteilung, die auch eine genaue Übersicht über die zulässigen und unzulässigen Passagen enthält, dargestellt werden.
Maßstab der gerichtlichen Prüfung
Das Gericht misst die Äußerungen Böhmermanns an der Kunst- und Meinungsfreiheit und nimmt im Rahmen der einstweiligen Verfügung eine Abwägung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG iVm. Art. 1 Abs.1 GG) des Antragstellers vor. Dabei äußert sich das Gericht vor allem zum Wesen sowie zu den Besonderheiten von Satire, der Übertreibungen und Verzerrungen gerade immanent seien:
Der Entscheidung liegt eine Abwägung zwischen der Kunst- und Meinungsfreiheit einerseits und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Antragstellers zugrunde. Als Satire vermittle das angegriffene Gedicht ein Zerrbild von der Wirklichkeit, mit der sich der Antragsgegner mithilfe des Gedichts auseinandersetze. Bei dieser Kunstform, der Übertreibungen und Verzerrungen wesenseigen seien, müsse für die rechtliche Beurteilung zwischen dem Aussagegehalt und dem vom Verfasser gewählten satirischen Gewand, der Einkleidung, unterschieden werden. Zudem seien die konkrete Präsentation und der Zusammenhang zu berücksichtigen, in den das Gedicht gestellt worden sei. In Form von Satire geäußerte Kritik am Verhalten Dritter finde ihre Grenze, wo es sich um eine reine Schmähung oder eine Formalbeleidigung handele bzw. die Menschenwürde angetastet werde.
Anwendung im konkreten Fall
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe erachtet das Gericht bestimmte Passagen des Gedichts für unzulässig und ordnet diese als schmähenden sowie eheverletzenden Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht ein. Trotz dessen, dass es sich beim Antragsteller um eine Person des politischen Lebens handle, die sich aufgrund ihres öffentlichen Wirkens auch harsche Kritik gefallen müsse, überschritten Teile des Gedichts das vom Antragsteller hinzunehmende Maß. Nach Auffassung des Gerichts werden in dem Gericht durch bestimmte Passagen nämlich rassistisch einzuordnende Vorurteile sowie sexuelle Bezüge aufgegriffen, die nicht mehr hinnehmbar seien.
Diese Grenze sei nach Auffassung der Kammer durch bestimmte Passagen des Gedichts überschritten worden, die schmähend und ehrverletzend seien. Zwar gelte für die Einkleidung eines satirischen Beitrages ein großzügiger Maßstab, dieser berechtige aber nicht zur völligen Missachtung der Rechte des Antragstellers. Durch das Aufgreifen rassistisch einzuordnender Vorurteile und einer religiösen Verunglimpfung sowie angesichts der sexuellen Bezüge des Gedichts überschritten die fraglichen Zeilen das vom Antragsteller hinzunehmende Maß.
Die übrigen Teile setzten sich dagegen in zulässiger Weise satirisch mit aktuellen Vorgängen in der Türkei auseinander. Der Antragsgegner trage als Staatsoberhaupt politische Verantwortung und müsse sich aufgrund seines öffentlichen Wirkens selbst harsche Kritik an seiner Politik gefallen lassen. Hinzunehmen sei auch, dass der Antragsgegner sich in satirischer Form über den Umgang des Antragstellers mit der Meinungsfreiheit lustig mache.
Überraschender Weise enthält die Pressemitteilung jedoch keine Aussagen zum Gesamtkontext des Gedichts. So hatte sich Böhmermann in der besagten Sendung mit der Reaktion des türkischen Präsidenten auf einen Beitrag des NDR-Satire-Magazins „extra 3“ satirisch auseinandergesetzt und dabei ein Gespräch mit Ralf Kabelka geführt, in dem es unter anderem um die hohe Wertigkeit der unter Art. 5 GG fallenden Kunst- und Meinungsfreiheit sowie die Abgrenzung zur Schmähkritik ging. Böhmermann erläuterte, dass unter den Begriff der Schmähkritik Fälle fielen, „wo man auch in Deutschland, in Mitteleuropa, Sachen macht, die nicht erlaubt sind„. Dies sei allerdings erst der Fall, wenn man eine Person herabwürdige. Sodann erklärte der Moderator: „Ist vielleicht ein bisschen kompliziert, vielleicht erklären wir es an einem praktischen Beispiel ganz kurz„. Sodann trug er das besagte Gericht vor. Unter Berücksichtigung dieses Gesamtkontexts könnte das Gedicht insoweit auch gewissermaßen ein praktischer Lehrbeitrag sein, um die Grenzen zwischen zulässiger Satire sowie unzulässiger Schmähkritik einem breiten Publikum ohne juristische Kenntnisse zu veranschaulichen ( zu diesem „quasi-edukatorischen Gesamtkontext“ auch Thiele, Erlaubte Schmähkritik?). Das Gericht geht darauf jedoch nicht ein. Insbesondere vor diesem Hintergrund ist beispielsweise gerade fraglich, ob und inwieweit sich der Fall Böhmermann, von der berühmten Strauß-Karikatur unterscheiden lässt, die den damaligen bayerischen Ministerpräsidenten als kopulierendes Schwein dargestellt hatte (1 BvR 313/85).
Zudem ist zweifelhaft, inwieweit sich einzelne Aussagen des Gedichts überhaupt isoliert betrachten lassen und damit aus dem Kontext des Gesamtgedichts herausgelöst werden können. Auch dazu enthält die Pressemitteilung keine Aussage.
Konsequenzen
Der Fernsehmoderator darf somit bestimmte Passagen seines Gedichts nicht mehr wiederholen. Die Entscheidung des Landgerichts Hamburg ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Böhmermann kann daher gegen die Unterlassungsverfügung Widerspruch einlegen, über den dann mündlich zu verhandeln wäre. Der türkische Präsident hat hingegen die Möglichkeit, gegen die teilweise Zurückweisung seines Antrages sofortige Beschwerde einlegen, über die dann das Oberlandesgericht zu entscheiden hätte.
Dieser Böhmermann nervt einfach nur noch. Erstens stand hier keine Auseinandersetzung mit der politischen Lage in der Türkei im Fokus, wobei man auch mal nachfragen sollte, ob das wirklich so ist, wie uns die westlichen Medien weiß machen wollen oder die Berichte von kurdischen ,,Aktivisten“. Zweitens hat Böhmermann gleich ein gesamtes Volk als Ziegenficker abgestempelt, denn definitiv sollte dies Erdogan als türkisches Stereotyp zugeschrieben werden. Drittens sollte Böhmermann die Eier haben und zugeben, dass er einfach nur PR in eigener Sache auf Kosten der Ehre eines anderen Menschen machen wollte, um zukünftige lukrative Verträge mit der Medienwelt abschließen zu können. Viertens wäre auch mein nächster Schiss Kunst, wenn man den Kunstbegriff derart weit auslegt, dass so ein Geschreibsel als Kunst durchgeht.
Gehen Sie auch regelmäßig auf Montagasdemos und geben den Rockefellers für alles die Schuld? Erdogan und Merkel haben die Sache gemeinsam mit den Medien aufgebauscht, nicht Böhmermann selbst. Wer konnte ahnen, dass „der Irre vom Bosporus“ (Zitat Martin Sonneborn) so wenig Selbstbewusstsein hat, dass er sich von einem deutschen Internetsatiriker derart beleidigt fühlt. Immerhin schafft er es ja, Hunderte von Menschen an seinen Grenzen und im Land unter seiner Führung verenden zu lassen. Aber Diktatoren zeichnen sich meist durch perfide Eitelkeit aus, da gibt es in der Geschichte kaum Ausnahmen.
Der einzige Stereotyp hier sind daher Sie. Im Internet ohne sachliche Auseinandersetzung nörgeln und dabei Verschwörungen „hinter den Kulissen“ aufzeigen… Ohne jegliche Quellen versteht sich.
Inhaltlich scheinen Sie weder das Gedicht, noch die dahinterstehenden Aussagen verstanden zu haben. Vielleicht sollten Sie sich mal weiteres von Hr. Böhmermann ansehen. Wenn Sie danach weiterhin der Meinung sind, er sei ein Rassist, dann vielleicht Hilfe von Freunden in Anspruch nehmen.
Ihr „nächster Schiss“ wird vielleicht eines Tages Kunst sein. Jedoch nicht, wenn er wie hier vorne rauskommt.
In der Tat können Ihre Fäkalien Kunst darstellen, wenn wenn ein künstlerischer Hintergrund gegeben ist. Was Kunst ist und was nicht, kann nie abschließend geklärt werden. Damit tut sich das BVerfG seit Jahrzehnten schwer. Und das vollkommen zu Recht. Kunst ist einfach ein sehr weit greifender Begriff.
Was Ihre Ausführungen zu der Sache an sich angehen, so ist hier das Ganze schon quasi „zu Tode“ geschrieben worden.
Es ging auch letztlich nicht um eine Auseinandersetzung mit der politischen Lage in der Türkei. Da scheinen Sie etwas vollkommen falsch zu interpretieren. Es ging hier um eine Auseinandersetzung mit dem Versuch des türkischen Präsidenten, die Meinungsäußerungsfreiheit in einem für ihn fremden Land einschränken zu wollen, weil er den satirischen Beitrag der Sendung Extra3 nicht ertragen konnte, welcher sich mit der aktuellen politischen Lage in der Türkei auseinandersetzte.
Gerade ,,entartete“ Kunst ist in der Republik ja als Gegenentwurf zum Dritten Reich als Kunst geschützt. Finden Sie sich damit ab. Dazu zählen dann auch ihre Fäkalien.
Ein sehr interessantes Urteil, das weiterhin Streitpotenzial aufweist.
Ich bin auf die Beurteilungen der nachfolgenden Instanzen gespannt.
M.E. können die fraglichen Äußerungen grds. zunächst mit behördlicher Erlaubnis von Seiten einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt erfolgt sein.
Die Vilefalt verschiedenster Meinungen hierzu kann darauf hinweisen, daß kaum ein derart offenkundig schwerwiegender Fehler vorliegen kann, welcher eine Nichtigkeit einer entsprechenden Erlaubnis von Anfang an begründen kann. Eine Erlaubnis kann zudem gegenwärtig unangefochten sein. Eine Aufhebung kann den Äußernden schwer persönlich belasten.
Eine ebenso, weniger belastende Möglichkeit kann ein Recht auf Gegendarstellung sein. Evtl. kann nur dies daher durchsetzbar scheinen.
Soweit danach entsprechende Äußerungen von behördlicher Erlaubnis gedeckt bleiben können, kann eine zivilrechtliche Unterlassungsklage selbst nur gegen Private kaum von Rechts wegen zwingend erfolgreich sein müssen. Insofern können Zweifel bezüglich entsprechender Klageerfolge bleiben.