LG Detmold: Eigentumserwerb durch Bepflanzung eines Grundstücks
Wir freuen uns, heute einen Gastbeitrag von Jan Willem Kothe veröffentlichen zu können.
Jan Willem Kothe, Jahrgang 1994, ist Student der Rechtswissenschaften an der Bucerius Law School, Studentische Hilfskraft am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Internationales Privat- und Handelsrecht und Rechtsvergleichung.
LG Detmold: Eigentumserwerb durch Bepflanzung eines Grundstücks
Das LG Detmold hatte kürzlich über einen examensrelevanten Sachverhalt mit Bezug zum Sachenrecht zu entscheiden (Urteil vom 26.3.2014 – 10 S 218/12). In der Sache ging es um die Frage, ob die Bepflanzung eines Grundstücks durch einen Mieter zum Eigentumserwerb der Pflanzen auf Seiten des Vermieters führt.
Der Sachverhalt kann hervorragend im Rahmen von Sachenrechtsklausuren und sicherlich auch im 1. und 2. Staatsexamen abgeprüft werden. Der BGH hatte sich nämlich bereits mit ähnlichen Fallgestaltungen, etwa dem Eigentumserwerb beim Einbau einer Einbauküche (BGH, Urteil vom 20.11.2008 – IX ZR 180/07) oder beim Einbau einer Bowlingbahn (BGH, Urteil vom 26. 09.2006 – XI ZR 156/05), beschäftigt. Der hiesige Sachverhalt kann aber sicherlich auch ohne Kenntnis der höchstrichterlichen Rechtsprechung vertretbar gelöst werden, denn die Entscheidung des LG Detmold lässt viel Raum für Argumentation im Einzelfall.
Sachverhalt
Das Landgericht Detmold entschied, dass ein Mieter keinen Schadensersatz von seinem ehemaligen Vermieter verlangen kann, wenn dieser nach Ablauf des Mietverhältnisses eine Hecke beschädigt, die der Mieter während des laufenden Mietverhältnisses auf dem gemieteten Grundstück gepflanzt hatte. Umstritten war zwischen den Parteien, in wessen Eigentum sich die Hecke zum Zeitpunkt der Beschädigung befand.
Entscheidung
Folgende Ansprüche auf Schadensersatz kommen in Betracht:
I.
Nach Auffassung des LG Detmold wurde die Hecke mit dem Einpflanzen durch den Mieter wesentlicher Bestandteil des Grundstücks nach §§ 93, 94 Abs. 2 BGB. Damit ging die Hecke gemäß § 946 BGB in das Eigentum des Grundstückseigentümers über. In Betracht kam hier der Ausschluss der Übertragung des Eigentums nach § 946 BGB, wenn ein Fall des § 95 Abs. 1 BGB vorgelegen hätte, wonach Sachen, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit Grund und Boden verbunden werden, keine wesentlichen Bestandteile des Grundstücks sind. Bei der Entscheidung, ob eine Sache nur zu einem vorübergehenden Zweck mit einem Grundstück verbunden wurde, kommt es maßgeblich auf den objektiv zum Ausdruck gebrachten Willen des Eigentümers einer Pflanze zum Zeitpunkt des Einpflanzens an. Hierbei besteht nach ständiger Rechtsprechung (BGH NJW 96, 917) grundsätzlich eine Vermutung zu Gunsten des Mieters, so dass für Gegenstände, die während des laufenden Mietverhältnisses eingebracht werden, grundsätzlich nur vorübergehend mit dem Eigentum des Vermieters verbunden sein sollen.
Diese Vermutung kann bei größeren Pflanzen jedoch nur eingeschränkt Anwendung finden. Insbesondere bei großen Sträuchern und Bäumen ist es nach einiger Zeit nur schwer möglich, diese an eine andere Stelle umzupflanzen. Im Urteil des LG Detmold wurden im Übrigen weitere Umstände für die sachenrechtliche Bewertung herangezogen. Dass LG Detmold stellte etwa darauf ab, dass der Mieter die Hecke gleichzeitig mit dem Rasen eingepflanzt hatte. Dies ließ nach Auffassung des Gerichts darauf schließen, dass die Hecke – genauso wie der Rasen – dauerhaft beim Grundstück verbleiben sollte. Des Weiteren gab der Vermieter im gegenständlichen Verfahren an, er habe die Hecke habe nur aus Gründen des Sichtschutzes gepflanzt, wodurch ein besonderer „auf das konkrete Grundstück bezogener Zweck“ vorlag. Aus den Umständen war deshalb zu schließen, dass die Hecke auf dem fraglichen Grundstück verbleiben sollte und daher auch wesentlicher Bestandteil des Grundstücks im Sinne von § 94 Abs. 1 BGB werden sollte. Der Mieter hatte die Hecke also nicht nur zu einem vorübergehenden Zweck eingepflanzt. Mit dem Einpflanzen ging die Hecke daher in das Eigentum des Vermieters über. Als der Vermieter die Hecke dann nach Ablauf des Mietverhältnisses beschädigte, war nicht das Eigentum des ehemaligen Mieters betroffen, so dass ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung des Eigentums (etwa gemäß § 823 Abs. 1 BGB bzw. gemäß §§ 989, 990 BGB) nicht in Betracht kam.
Denkbar wäre in diesem Fall zudem ein Anspruch aus § 539 Abs. 2 BGB, der dem Mieter das Recht einräumt, Sachen wegzunehmen, mit denen er die Mietsache versehen hat. Der Kläger begehrte im vorliegenden Fall jedoch Schadensersatz aufgrund der Beschädigung der Hecke, so dass das Wegnahmerecht nicht zielführend wäre.
In Betracht kommt auch ein Anspruch aus §§ 812 Abs. 1 S.1 Alt. 1 i.V.m. 946, 951 BGB. Nach § 951 BGB erwirbt der Mieter durch den Verlust seines Eigentums in Folge einer Verbindung einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung. Hierzu hätte es im gegenständlichen Verfahren jedoch entsprechenden Sachvortrag durch den Mieter bedurft. Sofern der Vermieter sich glaubhaft einlassen würde, dass er durch das Bepflanzen mit der Hecke nicht bereichert wurde, käme der bereicherungsrechtliche Anspruch nicht in Betracht.
Denkbar war ebenfalls eine Verletzung des Besitzes des Mieters durch die Beschädigung der Hecke, was ebenfalls Ansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB hätte begründen können. Im vorliegenden Fall war der Mieter jedoch bereits ausgezogen, als die Beschädigung eintrat. Er hatte daher den Besitz zum Zeitpunkt der Beschädigung bereits verloren. Ebenso schied eine Verletzung (nach)vertraglicher Nebenpflichten im Sinne von § 241 Abs. 2 BGB aus, was Schadensersatzansprüche nach § 280 Abs. 1 BGB hätte begründen können, denn der Vermieter darf mit seinem Eigentum, in diesem Fall also der Hecke als wesentlicher Bestandteil des Grundstücks, nach Beendigung des Mietverhältnis nach Belieben verfahren, vgl. § 903 BGB.
Der § 539 II BGB könnte ein Schuldverhältnis hinsichtlich der grds. Pflicht zur Duldung der Wegnahme begründen. Ein solches Schuldverhältnis könnte gegenseitige Schutz-und Rücksichtnahmepflichten bedingen. Die Beschädigung der Pflanzen könnte insoweit Pflichtverletzung sein.
Daraus könnte eine grds. Schadensersatzpflicht erwachsen. Ein Schaden könnte in einer Beeinträchtigung und Minderung eines Besitzerwerbrechtes o.ä. begründet liegen.